E-Book, Deutsch, Band 4, 560 Seiten
Reihe: Die Scot-Harvath-Serie
Thor BLOWBACK- Die Wendung
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-98676-175-2
Verlag: Festa Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Thriller
E-Book, Deutsch, Band 4, 560 Seiten
Reihe: Die Scot-Harvath-Serie
ISBN: 978-3-98676-175-2
Verlag: Festa Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
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3
Als die Strykers schließlich im Zentrum des Dorfs hielten, sprangen die Soldaten heraus und gingen sofort in Stellung. Obwohl niemand ein Wort sagte, dachten doch alle das Gleiche, nachdem sie Asalaam einmal komplett umrundet hatten. Nicht eine Menschenseele war zu sehen, das machte alle nervös.
Justin Stokes, ein junger, dürrer Private aus San Diego, der die schlechte Angewohnheit hatte, immer den Mund aufzumachen, bevor er das Gehirn einschaltete, meinte: »Vielleicht machen die ja alle Siesta.«
»Vormittags um 10:30 Uhr?«, entgegnete der 1,93 große Private Rodney Cooper aus Tampa. »Stokes, noch nicht mal meine Oma legt sich morgens um halb elf hin.«
»Was auch immer«, sagte Stokes, »mit diesem Ort stimmt etwas nicht.«
»Es ist ein beschissenes Kaff, das ist los«, gab Schlesinger seinen Senf dazu. »Wo zur Hölle stecken die ganzen Leute?«
»Um das herauszufinden, sind wir hier«, setzte Lieutenant Billings dem Wortgefecht ein Ende. »Wir sind in Gefechtsbereitschaft; Kommunikation nur noch, wenn unbedingt nötig.«
»Ja, Sir, Lieutenant«, antworteten die Männer, während Billings zu Russo hinüberging. Russo stand da und hielt durch das Leuchtpunktvisier seines M4 Ausschau danach, ob sich am anderen Ende der Straße etwas rührte.
»Was meinen Sie, Jimmy?«, fragte Billings.
Russo senkte seine Waffe. »Ich denke, es ist zu ruhig.«
»Vielleicht steht uns ein Überfall bevor.«
»Das glaube ich nicht. Wenn uns jemand angreifen wollte, wäre es schon passiert.«
»Was zur Hölle ist dann hier los? Wo sind die ganzen Dorfbewohner?«
Russo überprüfte noch einmal seinen Feuerwahlhebel. »Ich weiß es nicht. Und ein Gefühl sagt mir, dass ich es auch gar nicht wissen will. Dieses Dorf geht uns nichts an. Wir sind hier, um nach drei amerikanischen Entwicklungshelfern zu suchen. Also tun wir das, und dann machen wir, dass wir von hier verschwinden.«
Die schmale Straße rauf und runter musterte Billings die rissigen, von der Sonne ausgedörrten Fassaden der Lehmziegelhäuser. Bei manchen standen die Türen und Fenster weit offen. »In Ordnung!«, pflichtete er ihm bei. »Wir gehen folgendermaßen vor: Ich gehe mit dem Alpha-Team zu dem Gebäude, das die Missionare als medizinisches Versorgungszentrum nutzten. Sie durchsuchen mit dem Bravo-Team Haus für Haus, aber keine Türen eintreten. Sollten Sie eine finden, die schon offen ist, und keiner antwortet auf ein höfliches Anklopfen, können Sie mit Ihren Männern reingehen und sich umsehen. Aber sagen Sie ihnen, dass sie nichts anrühren sollen. Wir treffen uns in 15 Minuten wieder hier. Alles klar?«
»Ja, Sir! 15 Minuten.« Damit wandte Russo sich an seine Männer. »Es geht los. Vorwärts!«
Der eine Stryker gab dem Bravo-Team die Hauptstraße entlang Deckung, während der andere Billings und dessen Männern folgte, als sie einen Block weiter zu einem verwitterten Gebäude mit Flachdach marschierten, das aussah wie eine Schule oder ein Verwaltungsbau.
»Polizei des Provinzministeriums«, sagte Mike Rodriguez aus dem New Yorker Hinterland, als er ein verblasstes Schild über dem Eingang las. Neben Russo war er der Einzige im Trupp, der halbwegs Arabisch sprach.
Billings warf einen Blick auf das Instruktionsblatt, das sie ihm in Mosul gegeben hatten, und fluchte. »Gottverdammt, die haben die Scheißkarte falsch herum abgedruckt. Wir sollten einen Block weiter in der anderen Richtung sein.«
»Warum gucken wir nicht trotzdem mal rein?«, meinte Stokes. »Es ist ein öffentliches Gebäude. Vielleicht finden wir dadrin ja offizielle Informationen.«
»Wir sind weder dazu autorisiert, da reinzugehen, noch nach Informationen zu suchen«, erwiderte Billings. »Wir sind nur zum Aufklären hier. Finden wir eine offene Tür, dürfen wir reingehen. Aber wenn eine Tür nicht auf ist, können wir sie nicht einfach ein…«
Ehe Billings den Satz zu Ende zu führen vermochte, lehnte Cooper sich mit seiner wuchtigen Schulter gegen die nicht allzu stabile, verwitterte Tür und drückte sie aus den Angeln. Als das ganze Team ihn anblickte, meinte er lächelnd: »Da muss wohl jemand vergessen haben abzuschließen.«
»Den Teufel haben die«, erwiderte Billings. »Der Nächste, der auch nur etwas entfernt Ähnliches versucht …« Der überwältigende Gestank, der aus dem Gebäude strömte, ließ den Lieutenant verstummen.
»Mein Gott«, entfuhr es Schlesinger. »Wissen diese Kerle denn nicht, dass man den Müll zur Abholung rausstellt?«
Billings, nur allzu vertraut mit dem Geruch des Todes, war klar, dass sie keinen Abfall rochen.
»Cooper, Rodriguez, Schlesinger und Stokes, ihr geht mit mir da rein. Der Rest von euch steht hier draußen Wache. Und haltet die Augen offen. Hier könnte sehr bald die Kacke am Dampfen sein.«
»So, wie es riecht, ist sie das schon«, meinte ein rothaariger Private aus Utah, während er sein Gewehr in Anschlag brachte und den Beobachtungsposten bezog.
Die Nase in den taktischen Westen verborgen, betraten Billings und seine Männer das Gebäude. Nachdem sie die Eingangshalle gesichert hatten, trat Cooper die Tür des stockdunklen Hauptbüros ein. Der Rest des Teams stürmte vorwärts und verteilte sich nach rechts und links. »Gesichert – gesichert – gesichert«, erscholl es vielstimmig von den verschiedenen Teammitgliedern, während sie im Schein der auf die Picatinny-Schienen ihrer M4s montierten SureFire-Lampen den Raum durchkämmten.
Der Grund, weshalb man kaum die Hand vor Augen sah, wurde schnell klar. Die Fenster waren zur Gänze mit schweren Wolldecken verhängt.
Rodriguez warf Schlesinger einen verdutzten Blick zu. »Sollen das Verdunklungsvorhänge sein?«, flüsterte er.
Schlesinger fuhr mit dem Strahl seiner Lampe den Rand einer der Decken nach. Seine Antwort bestand in einem Achselzucken.
»Warum wollen diese Kerle hier, mitten im Nirgendwo, kein Licht reinlassen?«
»Vielleicht haben sie versucht, etwas zu verstecken.«
»Oder sie wollten sich vor etwas verstecken.«
Billings war egal, wozu die Decken dienten. »Reißt sie alle runter«, befahl er, »und lasst hier Licht rein.«
Stokes und Cooper traten an die Fenster und fingen an, die Decken herunterzuziehen. Licht durchflutete den Raum. Dabei blickte Schlesinger nach oben, und die Stimme wollte ihm versagen. »Heilige Scheiße!«
Wie ein Mann blickte auch der Rest des Teams nach oben, und die Männer sahen, was Schlesinger sah. An der Decke hingen mindestens 15 verwesende Leichen.
Cooper, der Kräftigste und bis dahin auch einer der Mutigsten im ganzen Trupp, zuckte entsetzt zusammen. Stokes bekreuzigte sich, während Rodriguez und Schlesinger instinktiv ihre Gewehre hoben und feuerbereit die Decke entlangschwenkten, vor und wieder zurück. »Was zum Teufel geht hier vor, Lieutenant?« Die Angst in Schlesingers Stimme war unüberhörbar.
Billings hatte keine Ahnung, was zum Teufel sie sich da ansahen. Die Leichen waren bündig an die Decke gefesselt, die starken Holzstreben hatten sie vollständig verborgen, als das Team den Raum betrat. Billings wollte gerade etwas sagen, da meldete sich knisternd eine Stimme über sein Funkgerät. Es war Russo.
»Alpha One. Hier Bravo One. Hören Sie mich? Over.«
Billings, den Blick nach wie vor starr auf die grauenhafte Szene über sich gerichtet, drückte seine Sendetaste. »Hier Alpha One. Ich höre Sie klar und deutlich, Jimmy. Was haben Sie?«
»Wir haben jemanden gefunden, Lieutenant. Er scheint einer der Dorfältesten zu sein. Wie es aussieht, hat er seit einer Woche nichts gegessen, aber er ist am Leben.«
»Wo haben Sie ihn gefunden?«
»Er hatte sich hinter einem der Häuser versteckt, die wir überprüften. Meine Jungs nehmen an, er war auf der Suche nach etwas zu essen.«
»Weiß er, was mit dem Rest der Dorfbewohner passiert ist?«
»Er sagt, die Überlebenden verstecken sich in der Moschee. Dorthin sind wir gerade unterwegs.«
»Moment mal! Überlebende?«, echote Billings. »Überlebende von was? Und was soll das heißen, sie verstecken sich in der Moschee? Wovor verstecken sie sich denn?«
»Das versuche ich noch rauszukriegen. Der Alte wiederholt in einer Tour ein Wort auf Arabisch, das ich nicht kenne.«
Billings gab Rodriguez ein Zeichen. »Wie lautet das Wort?«, sagte er ins Funkgerät. »Mal sehen, ob Rodriguez es kennt.«
Es entstand eine Pause, als Russo den alten Mann bat, direkt ins Mikro zu sprechen. Kurz darauf erscholl eine angestrengte Reibeisenstimme, die klang wie ein Paar rostiger Türangeln, die dringend geölt werden mussten. »Algul! Algul! Algul!«
»Haben Sie das verstanden?«, fragte Russo, während der Alte wieder Abstand vom Funkgerät nahm.
Billings blickte Rodriguez an und merkte, dass aus dem bereits ohnehin fahlen Gesicht des Soldaten jede Farbe gewichen war. Die an die Decke geschnürten Körper gingen allen an die Nieren, aber sie mussten sich zusammenreißen.
»Haben Sie je Xbox gespielt, Lieutenant?«, murmelte Rodriguez. Sein Blick haftete auf den grotesken Gestalten, die über ihnen schwebten.
»Nein!« Billings wollte nicht einleuchten, welche Verbindung zwischen einem Videospiel und ihrer gegenwärtigen Situation bestehen sollte.
»Algul war das erste arabische Wort überhaupt, das ich je gelernt habe. Ich lernte es bei einem Xbox-Spiel...




