Turton | Der Tod und das dunkle Meer | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 608 Seiten, Format (B × H): 154 mm x 222 mm

Turton Der Tod und das dunkle Meer

Kriminalroman

E-Book, Deutsch, 608 Seiten, Format (B × H): 154 mm x 222 mm

ISBN: 978-3-608-11671-7
Verlag: Klett-Cotta
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Viktor Crime Award und Buch des Jahres der Krimi-Couch1634: Ein Schiff auf dem Weg von Indonesien nach Amsterdam. Eine dunkle Prophezeiung und ein Detektiv, der selbst Gefangener ist. Samuel Pipps und Arent Hayes stehen vor dem Fall ihres Lebens, denn der Teufel ist mit an Bord. Aberglaube, Hexenjagd, Machtgier – Stuart Turton führt uns ins dunkle Meer der menschlichen Abgründe.

Gerade noch hat Samuel Pipps im Auftrag der mächtigen Männer der Ostindien-Kompanie einen kostbaren Schatz in der Kolonie Batavia wiedergefunden. Nun befindet er sich auf dem Weg zu seiner Hinrichtung. Sein Assistent und Freund Arent Hayes ist mit an Bord der Saardam. Genau wie der Generalgouverneur und seine Frau Sara Wessel. Doch kaum auf See, beginnt der Teufel sie heimzusuchen. Unerklärliche Morde geschehen, und ein Flüstern weht durch das Schiff, das alle an Bord dazu verführt, ihren dunkelsten Wünschen nachzugeben. Pipps muss seinem Freund Arent und Sara dabei helfen, ein Rätsel zu lösen, das alle Passagiere verbindet und weit in die Vergangenheit zurückreicht. Bevor das Schiff sinkt und sie alle in die Tiefe reißt.
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Als würde er jetzt erst die Flammen bemerken, die ihn vertilgten, begann der Aussätzige auf sein Gewand einzuschlagen. Er stolperte rückwärts, stürzte von den Kisten herab und schlug mit einem widerwärtig dumpfen Geräusch auf dem Boden auf. Arent griff sich ein Bierfass, war mit wenigen Schritten bei dem Gefallenen, riss mit bloßen Händen den Deckel herunter und löschte das Feuer. Die Lumpen zischelten und der Gestank nach Holzkohle stieg ihm in die Nase. Der Aussätzige wand sich in schrecklichen Qualen und wühlte verzweifelt mit den Händen im Staub. Seine Unterarme waren auf das Schrecklichste verbrannt, sein Gesicht war fast vollständig verkohlt. Allein seine Augen waren noch menschlich zu nennen. Die geweiteten Pupillen pulsierten in dem sie umgebenden Blau, wahnsinnig vor Schmerzen. Ein Schrei zwängte ihm den Mund auf, aber durch seine Kehle kam kein Laut. »Das ist unmöglich«, murmelte Arent. Er schaute zu Sammy hinüber, der an seinen Ketten zerrte, um besser sehen zu können. »Man hat ihm die Zunge herausgeschnitten«, brüllte Arent so laut er konnte, um sich über den Lärm der Menge hinweg Gehör zu verschaffen. »Macht Platz, ich bin eine Heilerin«, erschallte eine gebieterische Stimme. Eine Edelfrau drängte sich an Arent vorbei. Sie zog sich die Spitzenhaube vom Kopf und drückte sie ihm in die Hand, sodass die edelsteinbesetzten Nadeln zum Vorschein kamen, die in ihren dichten roten Locken glitzerten. Kaum befand sich die Haube in Arents Händen, da wurde sie ihm auch schon wieder von einer übereifrigen Zofe entrissen, die versuchte, den Kopf ihrer Herrin mit einem Parasol zu beschirmen und sie gleichzeitig bedrängte, doch wieder in der Sänfte Platz zu nehmen. Arent drehte sich um und schaute zur Sänfte hinüber. In ihrer Hast hatte die Edelfrau den Vorhang vom Haken gerissen und zwei riesige Seidenkissen mit hinausgefegt, sodass diese nun auf der Erde lagen. Im Innern der Sänfte saß ein junges Mädchen mit ovalem Gesicht und beobachtete das Geschehen durch den zerrissenen Vorhang. Sie hatte schwarze Haare und dunkle Augen und war das reinste Spiegelbild des Generalgouverneurs, der steif auf seinem Pferd saß und seine Frau missbilligend in Augenschein nahm. »Mama?«, rief das Mädchen. »Einen Moment, Lia«, antwortete die Adlige. Sie kniete neben dem Aussätzigen, ohne Notiz davon zu nehmen, dass ihr braunes Kleid von Fischabfällen besudelt wurde. »Ich werde versuchen, dir zu helfen«, sagte sie freundlich zu dem Verletzten. »Dorothea?« »Mylady?«, antwortete die Zofe. »Meine Phiole, bitte.« Die Zofe steckte eine Hand in ihren Ärmel, zog ein kleines Fläschchen daraus hervor, entkorkte es und reichte es der Edelfrau. »Dies wird deine Schmerzen lindern«, sagte die Dame zu dem Leidenden, drehte das Fläschchen um und hielt es ihm über die geöffneten Lippen. »Er trägt die Lumpen eines Aussätzigen«, warnte Arent, als der Puffärmel ihres Kleides dem Patienten gefährlich nahe kam. »Dessen bin ich mir bewusst«, entgegnete sie brüsk, während sie beobachtete, wie sich ein zäher Tropfen der Flüssigkeit am Rand der Phiole sammelte. »Ihr seid Leutnant Hayes, nicht wahr?« »Arent reicht vollkommen.« »Arent.« Sie schien den Namen in ihrem Mund hin und her zu bewegen, als hätte er einen seltsamen Geschmack. »Ich bin Sara Wessel.« Sie schwieg einen Moment. »Sara reicht vollkommen«, fügte sie dann hinzu, seine schroffe Antwort nachahmend. Sie schüttelte die Phiole kurz, wodurch sich der Tropfen löste und im Mund des Aussätzigen landete. Er schluckte ihn mühsam hinunter. Im nächsten Moment erschauderte er und wurde danach sogleich wesentlich ruhiger. Der Blick seiner zuvor noch so wild zuckenden Augen verschwamm. »Ihr seid die Frau des Generalgouverneurs?«, fragte Arent ungläubig. Die meisten Adligen würden ihre Sänfte auch dann nicht verlassen, wenn diese in Brand stand, geschweige denn herausspringen, um einem Fremden zu helfen. »Und Ihr seid Samuel Pipps’ Diener«, blaffte sie zurück. »Ich –« Er verstummte. Ihr Ärger hatte ihn auf dem falschen Fuß erwischt. Weil er nicht sicher war, womit er sie gekränkt hatte, wechselte er das Thema. »Was habt Ihr ihm verabreicht?« »Etwas, um die Schmerzen zu lindern«, antwortete sie, während sie den Korken wieder in den Hals der Phiole zwängte. »Es ist aus den hier heimischen Pflanzen hergestellt. Ich benutze es selbst von Zeit zu Zeit. Dann kann ich besser schlafen.« »Können wir ihn retten, Mylady?«, fragte die Zofe. Sie nahm die Phiole von ihrer Herrin entgegen und steckte sie in ihren Ärmel zurück. »Soll ich Euer Kästchen mit den Heilmitteln holen?« Nur ein Narr würde das versuchen, dachte Arent. Ein Leben im Krieg hatte ihn gelehrt, ohne welche Gliedmaßen man noch überleben konnte und welche winzigen Schrammen einen jede Nacht mit qualvollen Schmerzen aufweckten, bis sie einem dann ein ganzes Jahr nach der Schlacht still und heimlich das Leben raubten. Es war schlimm genug, dass dem Aussätzigen das Fleisch am Körper verfaulte, doch diese Brandwunden würden ihm keine Sekunde der Ruhe mehr gönnen. Bei unablässiger Fürsorge konnte er es vielleicht einen Tag aushalten oder auch eine Woche, aber das Überleben war nicht immer den Preis wert, den man dafür bezahlte. »Nein, danke, Dorothea«, sagte Sara. »Ich denke nicht, dass das nötig sein wird.« Sie erhob sich, ging außer Hörweite und bedeutete Arent mit einer Geste, ihr zu folgen. »Wir können hier nichts mehr für ihn tun«, sagte sie leise. »Das Einzige, was uns noch bleibt, ist Gnade. Könntet Ihr…« Sie schluckte und es schien so, als schämte sie sich ihrer nächsten Frage. »Habt Ihr jemals einem anderen menschlichen Wesen das Leben genommen?« Arent nickte. »Könnt Ihr es schmerzfrei tun?« Arent nickte erneut, was ihm ein leichtes, dankbares Lächeln eintrug. »Zu meinem Bedauern habe ich nicht die Stärke, es selbst zu tun«, sagte sie. Arent drängte sich durch den flüsternden Kreis der Schaulustigen zu einem der Musketiere hinüber, die Sammy bewachten, und bedeutete ihm mit einer knappen Geste, er möge ihm sein Schwert geben. Der junge Soldat, der vor Grauen wie betäubt war, zog die Waffe ohne Widerrede aus der Scheide. »Arent«, rief Sammy ihn näher zu sich heran. »Hast du gesagt, der Aussätzige habe keine Zunge mehr?« »Man hat sie ihm herausgeschnitten«, bestätigte Arent. »Vor einer ganzen Weile schon, denke ich.« »Bring Sara Wessel zu mir herüber, wenn du fertig bist«, sagte Sammy besorgt. »Diese Sache erfordert dringend unsere Aufmerksamkeit.« Als Arent mit dem Schwert zurückkehrte, hatte Sara sich neben den verwundeten Aussätzigen auf die Erde gekniet und wollte eben seine Hand nehmen, bevor sie sich gerade noch rechtzeitig seinen Zustand ins Gedächtnis rief. »Ich kann dich nicht heilen«, gestand sie mit sanfter Stimme ein. »Aber ich kann dir einen Ausweg bieten, bei dem du keine Schmerzen leiden musst, falls du dies möchtest?« Die Lippen des Aussätzigen bewegten sich in hilfloser Qual, doch er brachte nur ein Stöhnen hervor. Er nickte, während ihm die Tränen in die Augen traten. »Ich bleibe bei dir.« Sie schaute über ihre Schulter zu dem jungen Mädchen hinüber, das das Geschehen aus dem Innern der Sänfte beobachtete. »Lia, komm her zu mir, bitte«, sagte Sara und hielt ihr die Hand entgegen. Lia kletterte aus der Sänfte. Sie war höchstens zwölf oder dreizehn Jahre alt und hatte lange, schlaksige Arme und Beine. Ihr Kleid schien ihr nicht mehr recht zu passen – wie eine abgelegte Haut, die sie noch nicht hatte abstreifen können. Mit einem gewaltigen Rauschen brandeten die Teilnehmer der Prozession auseinander, um sie durchzulassen. Ähnlich wie die meisten anderen sah Arent dem Mädchen neugierig entgegen. Im Gegensatz zu ihrer Mutter, die jeden Abend die Kirche besuchte, bekam man Lia nur sehr selten draußen im Freien zu sehen, und es gab Gerüchte, ihr Vater hielte sie versteckt, weil er sich ihrer schämte. Aber während Arent zusah, wie sie zögernd zu dem Aussätzigen hinüberkam, konnte er sich beim besten Willen nicht vorstellen, worauf diese Scham beruhen sollte. Sie war ein hübsches Mädchen, wenn auch ungewöhnlich blass, als sei sie aus Schatten und Mondlicht gesponnen. Während Lia sich näherte, warf Sara einen nervösen Blick zu ihrem Gatten hinüber, der stocksteif auf seinem Pferd saß und dessen Kiefer sich kaum...


Turton, Stuart
Stuart Turton ist freiberuflicher Reisejournalist. Sein Debüt 'Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle' war ein überwältigender Publikumserfolg in Großbritannien und wurde u. a. mit dem Costa First Novel Award 2018 ausgezeichnet. Das Buch erscheint in 25 Ländern. Stuart Turton lebt mit seiner Frau und seiner Tochter in London.

Merkel, Dorothee
Dorothee Merkel lebt als freie Übersetzerin in Köln. Zu ihren Übertragungen aus dem Englischen zählen Werke von Edgar Allan Poe, John Banville, John Lanchester und Nickolas Butler.

Stuart Turton ist freiberuflicher Reisejournalist. Sein Debüt 'Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle' war ein überwältigender Publikumserfolg in Großbritannien und wurde u. a. mit dem Costa First Novel Award 2018 ausgezeichnet. Das Buch erscheint in 25 Ländern. Stuart Turton lebt mit seiner Frau und seiner Tochter in London.

Dorothee Merkel lebt als freie Übersetzerin in Köln. Zu ihren Übertragungen aus dem Englischen zählen Werke von Edgar Allan Poe, John Banville, John Lanchester und Nickolas Butler.

Stuart Turton ist freiberuflicher Reisejournalist. Sein Debüt »Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle« war ein überwältigender Publikumserfolg in Großbritannien und wurde u. a. mit dem Costa First Novel Award 2018 ausgezeichnet. Das Buch erscheint in 25 Ländern. Stuart Turton lebt mit seiner Frau und seiner Tochter in London.

Dorothee Merkel lebt als freie Übersetzerin in Köln. Zu ihren Übertragungen aus dem Englischen zählen Werke von Edgar Allan Poe, John Banville, John Lanchester und Nickolas Butler.


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