Walter | Das Brautkleid | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 232 Seiten

Walter Das Brautkleid

E-Book, Deutsch, 232 Seiten

ISBN: 978-3-7583-3866-3
Verlag: Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Das Brautkleid

Kofferversteigerung der Bahn in der Bad Godesberger Stadthalle. Für Überraschungen immer zu haben, will Anna Marie endlich einmal an so einem Ereignis teilnehmen. Als auf einer Kleiderpuppe jedoch ein Brautkleid herein- geschoben wird, ist sie überwältigt. Die Koffer sind vergessen. Nach einem kurzen Bietergefecht erhält sie den Zuschlag. Doch wer ist der Mann, der ebenfalls darauf geboten und ihr offensichtlich den Vortritt gelassen hat? Er steht plötzlich hinter ihr und fordert sie zu einem gemeinsamen Cafébesuch auf.
Schon bald wird sie erfahren, wer er ist und was es mit dem Brautkleid auf sich hat. Ihr beschauliches Leben wird dadurch in einen Alptraum verwandelt.
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Kapitel 1
Anna Marie legte die Papiere in die Unterschriftenmappe, klappte sie zu und warf einen kurzen Blick auf ihre Armbanduhr. Jetzt ist es genug. Ich sollte gar nicht hier sein. Sie schob den Stuhl zurück, erhob sich, zog den Blazer von der Rückenlehne des Bürostuhls und griff nach ihrer Handtasche. Erleichtert darüber, dass sich Herr Gürtler, der Firmenchef und ihr direkter Vorgesetzter, gerade zum Mittag außer Haus befand und sie darum nicht noch einmal aufhalten konnte, legte sie die Mappe auf seinen Schreibtisch. Die Sonne hatte fast den höchsten Stand am Himmel erreicht, als Anna Marie auf den Parkplatz vor der Bad Godesberger Stadthalle einbog. Wenigstens einmal wollte sie an einer Kofferversteigerung der Bahn teilnehmen. Hätte sie diesen Termin nicht fest eingeplant, müsste sie sich selbst die Schuld für die späte Ankunft geben. So aber war das eindeutig ihrem Chef zuzuschreiben – oder ihrer Gutmütigkeit. Wieder einmal konnte sie sich, obwohl sie den Urlaubstag schon vor Wochen eingetragen hatte, dem Wunsch des alten Herrn nicht entziehen, wenigstens für eine Stunde im Büro zu erscheinen. Für eine Stunde! Verdammt nochmal! Was bin ich blöd. Hätte ich mir doch denken können, dass es wieder länger dauert als angesagt. Mit diesen Gedanken lenkte Anna Marie ihren Mini durch die Parkreihen. Alles belegt. Mist! War ja auch nicht anders zu erwarten. In der letzten Parkreihe, ganz am Rand, war ein Parkplatz frei. Sie erkannte auch sofort weshalb. Der auf dem Nachbarplatz stehende schwarze Mercedes war von seinem Fahrer über dem Begrenzungsstrich geparkt worden. Aber ihr kleiner Mini passte dennoch hinein. Sie stellte den Motor ab und stieg aus. Bei einem Blick auf die Lücke zwischen den Autos bemerkte sie, dass der Fahrer wohl von der Beifahrerseite würde einsteigen müssen, um seinen Platz hinter dem Lenkrad einnehmen zu können. Selbst schuld, dachte sie grinsend und eilte in die Stadthalle. Es wimmelte von Besuchern, deren Vorfreude, Spannung und Neugier leicht von den jeweiligen Gesichtern abzulesen war. Ihr selbst ging es ja ebenso. Bevor Anna Marie den Saal betrat, ließ sie sich registrieren. Schließlich wollte sie unter allen Umständen etwas ersteigern. Sitzplätze gab es keine mehr. Die Leute standen eng aneinandergedrängt. Wie üblich bei solchen Auktionen, wollte wohl jeder mindestens einen Koffer mit Überraschungsmoment ergattern. Anna Marie suchte sich einen Stehplatz, an dem sie dennoch einen guten Blick zum Auktionator hatte. Gerade wurde ein Koffer – rosarot mit Blümchen – an eine ältere Dame übergeben. Den hat sie doch sicher für die Enkelin ersteigert, überlegte sie. Gleich darauf lief ein Herr in schwarzer Dreiviertelhose, rotem T-Shirt und mit bunten Tattoos auf beiden Armen nach vorne und holte einen großen grauen Samsonite Vierrollen-Trolley ab. Nun stellte der Auktionator ein Paar blaue Pistenski für Kinder vor. Die waren sehr schnell versteigert. Wow! Anna Marie blieb für einen Moment die Luft weg, als einer der Helfer eine Schneiderpuppe hereinschob, auf der ein atemberaubend schönes Brautkleid stilvoll präsentiert wurde. Bei jedem Sonnenstrahl, der auf das Kleid fiel, schien es, als funkelten tausend Glitzersteinchen. „Wer hat Interesse an diesem aus Organza und Spitze gefertigten, mit Strasssteinchen besetzten weißen Ball- oder Brautkleid von Elena Marques in Größe 38?“, fragte der Auktionator. „Ich beginne mit fünfzig Euro. Wir gehen in Zehn-Euro Schritten weiter.“ Ihre Gedanken wirbelten durcheinander, bis sie bei der letzten Überlegung stehen blieben. Das muss ich haben! „Die Dame im roten Kleid. Ja, der Herr mit der Sonnenbrille. Für sich selbst oder Ihre Tochter? Na, ist auch egal. Die Dame mit dem Strohhut“, rief der Auktionator und fuchtelte bedeutsam mit seinem Holzhammer. Wie unter Zwang streckte Anna Marie ihre Hand nach oben. Die Dame mit dem Strohhut hob erneut ihre Hand und gleich darauf erneut der Herr mit der Sonnenbrille. Und wieder überbot ihn Anna Marie, während die Dame im roten Kleid mit ihrer Nachbarin diskutierte und die Dame mit dem Strohhut ihr Handy ans Ohr hielt, aber geistesgegenwärtig die andere Hand nach oben streckte. Der Sonnenbrillenheini bot erneut. Was will denn der Typ mit einem Brautkleid?, fragte sich Anna Marie und streckte, nachdem sie dem Sonnenbrillenheini einen bittenden Blick zugeworfen hatte, wiederholt ihre Hand hoch. Die Damen schienen diesmal abgelenkt und boten nicht weiter. Fast schien es, als wolle der Mann weiterbieten, ließ seine Hand dann aber wieder sinken. „Zum Ersten, zum Zweiten und … zum Dritten.“ Der Hammer schlug hart auf den Tisch. „Ersteigert für einhundertdreißig Euro von der jungen Frau im beigen Hosenanzug. Kommen Sie nach vorne und holen Sie sich Ihr Brautkleid ab.“ Ihre Freude war Anna Marie deutlich anzumerken, als sie sich einen kurzen, aber überglücklichen Jauchzer erlaubte. Dass sie statt eines Koffers ein Brautkleid ersteigern würde, damit hatte sie wahrlich nicht gerechnet. Während sie sich einen Weg zum Auktionator bahnte, fragte sie sich eine Sekunde selbst, was sie sich bei diesem Unsinn gedacht hatte. Außerdem bemerkte sie, dass ihr der Sonnenbrillenheini mit Blicken folgte. Seltsam! War er womöglich ein Bräutigam? Wollte er das Kleid für seine Herzensdame retten? Ein Bräutigam darf das Brautkleid vor der Hochzeit nicht sehen. Das bringt doch Unglück. Also Unsinn! Da steckt was anderes dahinter. Vielleicht zieht er heimlich Frauenklamotten an. Aber was geht es mich an? Nichts! Als sie das Brautkleid in die Arme nahm, lösten sich all die wirren Gedanken in Luft auf. Sie schaute auch nicht mehr nach rechts oder nach links, sondern ging mit dem Kleid direkt zur Kasse. Vor der Kasse standen bereits mehrere Personen, die ihr Ersteigertes ebenfalls bezahlen wollten. Sie musste also einige Minuten warten. „Das haben sie ersteigert?“, fragte eine ältere Dame, die vor ihr in der Schlange stand. „Sie möchten wohl bald heiraten?“ „Nein, dazu fehlt mir leider noch der richtige Mann“, antwortete Anna Marie freundlich. „Aber wer weiß …“ „So wunderschön wie Sie sind, junge Frau, wird das nicht lange dauern“, meinte sie freundlich lächelnd. „Besuchen Sie solche Kofferversteigerungen regelmäßig?“ „Nein. Ich bin zum ersten Mal hier.“ „Das erste Mal und dann ersteigern Sie statt eines Koffers ein Brautkleid?“ „Genau!“, antwortete Anna Marie bestätigend nickend. „Dass ich ein Brautkleid und keinen Koffer ersteigern würde, damit habe ich auch nicht gerechnet.“ „Sie schulden mir etwas“, sagte plötzlich eine männliche Stimme hinter ihr. „Wie bitte?“, fragte Anna Marie, als sie sich dem Fremden zuwandte, der sie um Haupteslänge überragte. „Ich wüsste jetzt aber nicht, weshalb ich Ihnen …“, sagte sie, verstummte jedoch, bevor sie den Satz zu Ende brachte. Kein Lächeln verzauberte den Moment, als sie direkt in glasklare, stechend blaue Augen blickte. Nicht einmal in den Augenwinkeln war die geringste Spur davon zu finden. Obwohl es Anna Marie einen Moment eiskalt über den Rücken lief, gelang es ihr nicht, sich einer gewissen Anziehung zu erwehren. Da hob sich die linke Augenbraue des – zugegeben – überaus gutaussehenden Fremden etwas an. „Ich habe Ihnen das Brautkleid überlassen“, bemerkte er. „Ach? Haben Sie das? Na gut, dann …“ Anna Marie stockte und sah ihn fragend an. „Was wollten Sie überhaupt mit dem Kleid? Sind Sie etwa …?“ Sie lachte auf und schüttelte sogleich verneinend den Kopf. „Ich habe mich tatsächlich gefragt, was ein Mann wie Sie mit einem Brautkleid will. Geben Sie es zu, Sie wollten lediglich den Preis hochtreiben.“ „Ich wollte lediglich verhindern, dass eine der Damen das Kleid ersteigert. Kommen Sie, zumindest ein Kaffee sollte drin sein“, fuhr er freundlich bittend fort. Das überaus charmante Lächeln, das sich überraschend auf seinen Lippen zeigte, veränderte die Mimik seines markanten Gesichtes auf angenehme Weise. Vergessen war das kurze Schaudern, das sie einen Augenblick etwas geängstigt hatte. „Na dann …, warum nicht?“, antwortete sie zögernd, während sie sich dem Kassierer zuwandte, der sie in diesem Moment ansprach. Sie reichte ihm das Geld, das er forderte, und nahm das Kleid in Empfang, das ihr ein junger Mann kurz zuvor abgenommen hatte, um einen Kleidersack darüberzustülpen. „Dann lassen Sie uns gehen“, meinte der Fremde mit ausladender Geste. „Mein Wagen steht …“ „Gleich da drüben ist der Trinkpavillon“, unterbrach ihn Anna Marie und deutete in die entgegengesetzte Richtung. „Warum denn in die Ferne schweifen …“ „Ja, ja, der gute Schiller.“ „Fast – Goethe“, berichtigte ihn Anna Marie. „Genau! Da...


Walter, Gabriele
Im Jahre 1954 wurde sie in Schwäbisch Hall geboren. Ihre Kindheit und Jugend verbrachte sie in Schwäbisch Gmünd. 1973 heiratete sie. 1980 zog die Familie nach Nördlingen ins Ries.
Erst Jahre später gelangte Gabriele Walter nach einigen Umwegen in eine Situation, die sie erkennen ließ, dass allein das Schreiben genau das war, was sie schon immer tun wollte. Und so wurde es zu einem wesentlichen Teil ihres Lebens.
Während ihrer jahrelangen beruflichen Tätigkeit als Einzelhandelskauffrau, Ausbilderin und Seminarleiterin durfte sie Menschen aus unterschiedlichen sozialen Schichten kennenlernen und zwischenmenschliche Erfahrungen sammeln, die sich in ihren Erzählungen widerspiegeln.
Ihre Romane handeln von der Liebe, die stets geheimnisvoll und zuweilen sogar gefährlich sein kann, von Schicksalen, wie sie einem täglich begegnen, und mystischen Ereignissen, die der Verstand mitunter nur schwer erklären kann. Es geht jedoch immer um Frauenschicksale und um starke, schwache, träumende, liebende und mit dem Schicksal hadernde Frauen.


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