Wolfe | John Sinclair - Folge 1882 | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 1882, 64 Seiten

Reihe: John Sinclair

Wolfe John Sinclair - Folge 1882

Dämonen der Angst
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-7325-0128-1
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Dämonen der Angst

E-Book, Deutsch, Band 1882, 64 Seiten

Reihe: John Sinclair

ISBN: 978-3-7325-0128-1
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Professor Stevenson zuckte in seinem Schreibtischstuhl zusammen, als er ein Geräusch hinter sich hörte. Zugleich stieg ihm modriger Geruch in die Nase. Langsam drehte der Arzt sich um - und starrte in die rot glühenden Augenhöhlen eines halb verwesten Pferdes! Die Schädelhaut der Kreatur hing in Fetzen, aus den Nüstern quollen feine Rauchfäden. Das Vieh schnaubte Stevenson seinen heißen, fauligen Atem ins Gesicht. 'Weg hier!', dachte der Professor in panischer Angst, 'Nur weg hier!'.

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Die Spinne trappelte über Rebeccas geschlossene Lippen.

Andere Frauen wären vielleicht in Panik verfallen, hätten den Achtbeiner von ihrem Gesicht gefegt oder sich hektisch zur Seite gerollt und gekreischt. Nicht so Rebecca Stills. Sie mochte Spinnen.

Danny hatte das nie verstanden. »Du spielst mir das doch nur vor!«, hatte er immer gesagt. »Du machst einen auf harte Lady. Niemand kann die Viecher wirklich mögen.«

»Das behaupten meine Eltern von dir auch«, hatte sie darauf immer geantwortet. »Und doch tu ich es.«

»Was tust du? Spinnen mögen oder mich?«

»Beides.«

»Ich hasse sie!«

»Spinnen oder meine Eltern?«

»Beides.«

Dann hatten sie gelacht, sich umarmt, sich geküsst und am Leben erfreut.

Bis zu dem Tag, an dem Danny etwas kennengelernt hatte, das er noch mehr hasste als Spinnen und Beckys Eltern zusammen: den Krebs in seiner Lunge. Die Krankheit hatte Danny innerhalb eines halben Jahres aufgefressen und Rebecca zur Witwe gemacht.

Sie räusperte sich und kämpfte gegen die Tränen an, wie jedes Mal wenn sie aus der Welt der Träume in die Realität ihres tristen Lebens zurückkehrte.

Sie wartete, bis das Kitzeln auf dem Gesicht verschwand, drehte sich so vorsichtig zur Seite, dass sie die Spinne nicht versehentlich zerdrückte, streckte die Hand nach dem Schalter über dem Nachtschränkchen aus und knipste das Licht an.

Der Schein der schlichten Lampe erhellte das Zimmer. Danny hätte die Glühbirne hinter dem dicken geriffelten Glas in seiner typischen Art vermutlich scherzhaft als Luxuslüster bezeichnet. Noch so eine Erinnerung, wie sie Becky jedes Mal beim Erwachen überfielen, diesmal eine, die sie zum Schmunzeln brachte.

Der Rest des Hotelzimmers passte zu der hässlichen Deckenleuchte: ein einfaches Nachtschränkchen, ein kaputter Schrank, ein Stuhl mit zerschlissenem Polster und ein wackliger Holztisch mit einigen Brandflecken.

Und natürlich die Spinne, die auf dem unbenutzten Kopfkissen des Doppelbetts hockte und Rebecca anzuglotzen schien – was selbstverständlich ein idiotischer Gedanke war.

»Na, meine Kleine«, sagte Becky. »Wie kommst du denn hier herein?«

Mit einem raschen Blick zum Fenster vergewisserte sie sich, dass es geschlossen war. Aber oft genügte Spinnen der winzigste Spalt, um in ein Haus zu gelangen. Vielleicht war sie während des morgendlichen Lüftens hereingeschlüpft. War ja auch egal.

»Ich habe nichts gegen dich, aber hier drin kannst du nicht bleiben. Es ist viel zu gefährlich für dich. Ich könnte mich im Schlaf auf dich rollen. Oder die Putzfrau – wenn es in diesem Etablissement so etwas überhaupt gibt – könnte dich morgen aus Versehen mit dem Staubsauger einsaugen.«

Rebecca Stills schnappte sich das Wasserglas vom Nachtschränkchen und trank es in einem Zug aus. Sie verschluckte sich und musste husten. So heftig, als habe sie eine langjährige Raucherkarriere hinter sich, was nicht der Fall war.

Auch Danny hatte nie geraucht. Dem Krebs war das egal gewesen.

Rebeccas Bronchien rasselten, und es fühlte sich an, als schlage etwas von innen gegen die Brust.

Verdammt, tat das weh! Sie hatte sich doch nicht etwa eine Erkältung eingefangen? Bitte nicht einen Tag vor ihrem Gespräch mit Robert! Wenn sie ihn überzeugen wollte, ihr kostenlos zu helfen, durfte sie nicht wie eine heruntergekommene Bittstellerin wirken – auch wenn sie genau das war.

Ein Schleimbrocken löste sich. Sie würgte ihn wieder hinunter.

Endlich bekam sie sich in den Griff. Der Hustenreiz ließ nach, aber ihr Rachen brannte.

Rebecca schaute zur Seite. Die Spinne saß immer noch auf dem Kopfkissen und starrte sie an.

Als sich der Husten in ein lästiges, aber harmloses Kitzeln im Hals verwandelt hatte, stülpte Becky das Glas über ihren tierischen Besucher, drückte es fest in das Kissen und kippte es gleichzeitig zur Seite, sodass die Spinne hineinfiel.

»Nur keine Panik«, sagte Rebecca mit heiserer Stimme. »Dir passiert nichts.«

Sie redete mit einem kleinen haarigen Vieh. Was war nur aus ihr geworden? Sie brauchte Roberts Hilfe dringender, als sie sich bisher eingestanden hatte.

Die Spinne wirkte nicht, als sei sie sonderlich ängstlich. Weder ballte sie sich zu einem winzigen schwarzen Klumpen zusammen, noch versuchte sie, die Glaswand hochzukrabbeln. Sie saß einfach nur auf dem Boden des Gefäßes und beobachtete Rebecca.

Das Gefühl, dass das Tier sie anstarrte, wurde für die junge Frau schier übermächtig.

Schwachsinn!

Rebecca schwang sich aus dem Bett, fluchte kurz über den kalten Holzfußboden, ging zum Fenster und entriegelte es.

Da kam die nächste Hustensalve über sie. Wieder löste sich Schleim in ihren Bronchien, doch diesmal ließ er sich nicht hinunterschlucken.

Denn er krabbelte durch ihren Rachen! Er pikte seine spitzen Beinchen in Beckys weiche Zunge und schob sich zwischen ihren Lippen hervor.

Oft genügte Spinnen der winzigste Spalt …

Tatsächlich! Es war eine Spinne, die sich aus Rebeccas Mund kämpfte, sich noch kurz irgendwie an der Unterlippe festhielt und dann auf Beckys nackten Fuß purzelte.

Rebecca schrie auf und ließ das Glas fallen. Es zerschellte auf dem Boden.

Ein widerlicher Schmerz fuhr ihr durch den Zeh. Als sei sie auf eine Biene getreten – oder als habe eine Spinne sie gebissen!

Instinktiv zuckte sie mit dem Fuß nach vorne und schleuderte den Achtbeiner davon. Der Spinnenleib prallte gegen die Wand, doch kaum kam das Tier auf dem Boden auf, krabbelte es wieder auf Rebecca zu – in Richtung ihrer ungeschützten Haut.

Becky war viel zu fassungslos, um über die offensichtlichste Frage nachzudenken: Wie konnte sie eine Spinne hochwürgen und aushusten?

Sie machte einen Schritt zur Seite, genau auf die Scherben des zerbrochenen Wasserglases. Zuerst hörte sie das Knirschen, dann spürte sie den schneidenden Schmerz in der Fußsohle. Die Spinne, die sie aus dem Hotelzimmer hatte retten wollen, dankte Rebecca ihre Tierliebe, indem sie ebenfalls zubiss.

Rebecca kam ein sinnloser Gedanke: Danny hatte doch recht! Wie konnte man diese Viecher nur mögen?

Sie wollte aufschreien, den Schmerz herauslassen, doch nur ein ersticktes Husten entrang sich ihrer Kehle. Gefolgt von drei weiteren Spinnen. Eine vierte kroch ihr aus der Nase, biss ihr in die Oberlippe und verschwand in ihrem Mund. Da spürte Becky schon den nächsten Biss, diesmal in die Zunge.

Und es hörte und hörte nicht auf.

Die junge Frau presste die Zähne zusammen und zermalmte das Tier. Ein bitterer Geschmack überfiel sie.

Weg! Sie musste weg von den aggressiven Achtbeinern.

Rebecca taumelte zurück, stieß mit den Waden gegen das Bett und fiel rückwärts auf die Matratze. Ein Quietschen erklang, und sie konnte nicht sagen, ob es von den Bettfedern stammte oder ob sie selbst es ausgestoßen hatte.

Die nächste Hustenattacke! Ihr Mund füllte sich mit wimmelndem, krabbelndem Leben. Sie schluckte und spürte das Schaben der Spinnen in der Speiseröhre.

Wieder bissen sie und bissen und bissen und pumpten ihr Gift in Rebeccas Blutkreislauf. Der Magen der jungen Frau rebellierte vor Schmerzen. Ihre Zunge schwoll an, dann der Hals. Die Luft wurde ihr knapp.

Sie wälzte sich zur Seite, griff nach dem Telefon, aber ihre Bewegungen kamen zu unkontrolliert, zu ruckartig, und sie stieß den Apparat vom Nachtschränkchen.

Funken glühten vor ihren Augen auf. Verzweifelt rang sie nach Luft, riss den Mund auf. Aber so sehr sie sich auch bemühte, sie bekam keinen Sauerstoff in die Lungen.

Ihre Bewegungen erlahmten.

Mit letzter Kraft hob sie den Kopf und sah an sich herab. Ihr Körper war verschwunden unter einem schwarzen Tuch aus Spinnen, die wieder und wieder ihre Giftklauen in Rebeccas Fleisch schlugen.

Vor dem Bett stand Danny.

»Bald sind wir vereint«, sagte er. »Wehr dich nicht. Komm zu mir.«

Sie ließ den Kopf sinken. Sekundenlang fühlte sie noch das Wühlen der Spinnen, die sie von innen auffraßen, so wie der Krebs Danny aufgefressen hatte.

Dann schwanden ihr die Sinne.

Das Letzte, was sie in ihrem Leben spürte, war ein brennender Schmerz zwischen den Schulterblättern. Das Letzte, was sie hörte, war Dannys Stimme.

»Komm zu mir.«

***

»Hier, mein Lieber, vielleicht hilft dir das auf die Beine.« Glenda stellte eine Tasse mit frischem Kaffee vor mir auf den Schreibtisch und grinste mich an. »Du siehst aus, als hinge dir noch das Kopfkissen im Gesicht.«

»Danke«, sagte ich. »Du bist meine Lebensretterin.«

Der Duft stieg mir in die Nase und weckte meine Lebensgeister. Oder wenigstens einen kleinen Teil davon.

»Schlecht geschlafen?«, wollte sie wissen.

»Wohl eher zu wenig«, ließ sich Suko von seinem Schreibtisch aus vernehmen. »Das Einzige, von dem er zu viel hatte, war Bills Whisky.«

»Was muss ich da hören?«, fragte Glenda gespielt streng. »Du feierst rauschende Feste? Und das unter der Woche?«

Ich nahm einen Schluck vom weltbesten Kaffee.

»Erstens haben wir nicht gefeiert, und zweitens hat nichts gerauscht«, klärte ich meine Sekretärin auf. »Sheila und Bill haben mich zum Abendessen eingeladen, um einfach nur ein bisschen zu plaudern und in Erinnerungen zu schwelgen. Und weil es uns endlich wieder einmal gelungen ist, ein paar völlig dämonenfreie Stunden zu genießen, hat Bill mir zum Abschluss ein...



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