Wolffe | Heil! Wasser! | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 284 Seiten

Wolffe Heil! Wasser!


2. Auflage 2019
ISBN: 978-3-384-02239-4
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 284 Seiten

ISBN: 978-3-384-02239-4
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Zwei Brüder, die unterschiedlicher kaum sein könnten, werden durch einen Missbrauchsfall in einem Osttirolertal zusammengeführt. Der illusionslose, wortkarge Polizist und der romantische, empathische Barbetreiber. Schnell wird klar, dass die reale Welt hinter dem Schleier des heilen Tourismus-Narratives, voller menschlicher Abgründe ist. Doch je tiefer die beiden so verschiedenen Protagonisten hinter die Tourismus-Glamour-Bilderbuchfassade blicken, desto mehr bröckelt der Putz. Rassismus, Missbrauch, skrupellose Gewalt kommen hervor.

Der Autor Jason Wolffe, Jahrgang 1953 Nach dem Studium der Geophysik war der Autor 8 Jahre weltweit auf deutschen Forschungsschiffen unterwegs. Die Geburt seiner ersten Tochter veranlasste ihn an Land zu gehen. Mit dem Vertrieb von Super Computern und PLM (Product Lifecycle Management) in leitender Funktion hielt er sich erfolgreich über Wasser. Dann lockten ihn nicht nur die Berge in der Schweiz. Als Abteilungsleiter eines deutschen Multis und anschließend als Geschäftsführer einer Unternehmensberatung im Bereich Vertrieb und Logistik verdiente er seine Wegglis. Mit 60 Jahren erfüllte er sich seinen Bubentraum und führte 5 Jahre eine Bar/Lounge im schönen Defereggental/Osttirol. Mit der Rente zog der Autor nach Oberschwaben, wo er die Fortsetzung von 'Heil! Wasser!' zu Papier brachte. 'Keltenland'. Vorbemerkung des Autors: •Die Schauplätze dieses Buches existieren tatsächlich, die Personen nicht. Diese sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind in keiner Weise gewollt •Die dramatischen Ereignisse werden aus der Sicht der beiden Brüder, Sergio Berner und Maximilian Fein, geschildert. Ein Hinweis in den Kapitelüberschriften klärt auf, welcher der Brüder der Erzähler ist Mein Dank gilt zuerst meinem Freund Heinz und meinen Kindern. Sowie meinen kritischen Lesern: Christine, Herwig, Ines, Manuel, Marianne, Martha, Robert, Silke. ?
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Prolog 1: Du sollst nicht lügen

13. April 2018 – nachts

Giovannis linkes Augenlid blinzelte. Es zuckte, auf zu, auf zu, auf zu. Zaudernd erwachte er. Um ihn herum war es tiefe Nacht. In seinem Schädel pochte es pausenlos. Ja, es dröhnte ohrenbetäubend und quietschte schrill, wie eine alte Trambahn in einer Eisenbahnunterführung. Der Geschmack auf seiner Zunge erinnerte ihn an vergorenes Sauerfleisch. Eine Reminiszenz an die Küche seiner Mutter.

Sein linkes Augenlid flackerte nun schneller auf und zu. Langsam öffnete sich sein linkes Auge, dann auch das rechte. Sein Hirn nahm widerwillig die Arbeit auf. Es war eigentlich noch im Katastrophenmodus: Ich bin nicht da! Lasst mich in Ruhe!

Es blieb stockfinster. Auch mit zwei geöffneten Augen. Verflucht noch mal, verflucht, verflucht. Es war ganz sicher nicht sein erster Kater. Aber das war verflucht eher ein ausgewachsener Tiger. Er stierte in die totale Dunkelheit. Was er sich nicht erklären konnte, war, wo verflucht bin ich? Wie bin ich hierhergekommen?

Er fühlte seine Arme nicht. Eingeschlafen? Er versuchte sich zu drehen. Seine Arme lagen oberhalb seines Kopfes. Das war ihm schon des Öfteren passiert. Keine Panik! Man muss sich nur aufsetzen, Arme nach unten ausschütteln und Blut in die Arme rinnen lassen. Auf das Kribbeln und das Krabbeln warten. Wieder gefühlig in den Fingerspitzen werden. Einfach wieder funktionsfähig sein. Aber er konnte sich nicht aufsetzen! Sosehr er auch an seinem Körper zerrte. Er war augenscheinlich gefesselt! Verfluchte Scheiße.

Jemand hatte ihn fixiert! An den Knöcheln. An den Hüften und wahrscheinlich auch an den Händen. Eine Vermutung! Von den Händen gab es keine Rückmeldung. Mein Gott! Mein Gott! Mein Gott, ich bin wie ein Paket verschnürt! Ich bin gefangen! Langsam fraß sich diese bittere Erkenntnis durch seine schmerzende Rübe. Aber von wem?

„HILFE. Hallo. H I L F E!“, rief Giovanni zunächst mit heiserer, krächzender Stimme, dann mehr und mehr verzweifelt.

Stille. Absolute Stille. Nix. Kein Ton! Kein Luftzug! Garnix.

Er überlegte, was das Letzte war, an das er sich erinnern konnte. Sein Kopf hatte etwas dagegen. Kleine Heinzelmännchen malträtierten mit Presslufthämmern seinen Schädel von innen. Alles tat ihm weh, und es war entsetzlich laut in seiner Birne. Nein, wenn es mit solcher Pein einherging, dann wollte er sich doch nicht mehr erinnern.

Seine drei Kinder tauchten aus dem Gedankennebel auf: Ines, Ingrid und Isabella, seine Ex-Frau Carmen und ja, seine neue Flamme. Die neue Flamme??? Wie hieß sie noch? Er wusste ihren Namen nicht mehr. Er hatte aber auch erst zweimal mit ihr gevögelt. Note: so lala. Ihr Name war auf seiner Festplatte gelöscht! Egal. Schatz! Schatz geht immer. War ich mit ihr aus? Sie hatte einen Ehemann. Steckte der dahinter?

In seinem Kopf gab es ein schwarzes Gravitationsloch, alle Erinnerungen wurden hineingezogen, nichts kam mehr heraus. Seine Lippen verzogen sich zu einem bitteren Grinsen. Scheiß Alkohol.

Hatte er etwa randaliert? Hatte ihn die Polizei gefesselt? Lag er in einer Arrestzelle? Bei zu viel Alkohol wurde er mitunter handgreiflich. Verdammt, was habe ich getan? Er hatte nicht die leiseste Idee. Sein Kopf war leer. Leer wie sein Bankkonto.

Sein offizielles Bankkonto.

„Bist du endlich wach?“ Eine Mickey-Mouse-Stimme, die aus dem Nichts kam, ließ Giovanni aufschrecken.

„Was soll das? Wo bin ich? Warum bin ich gefesselt?“ Ein Stakkato von Fragen schoss aus seinem Mund. „Binden Sie mich sofort los!“

„Okay! Wach bist du!“, zwitscherte die Mickey-Mouse-Stimme. „Du bist zu Hause. Du bist in der Schweiz. Und du bist gefesselt, damit wir uns gleich eingehender unterhalten können.“ Und nach einer kleinen Kunstpause schob die Stimme nach, ohne die Stimme zu erheben: „Diese Fesseln werden bald dein geringstes Problem sein.“

„Habe ich dir mal in deinen Garten gepinkelt?“

Diese Frage von Giovanni hatte wahrlich eine Berechtigung, gestellt zu werden, denn sie hatte einen sehr realen Hintergrund. Er war nun mal kein Kostverächter und hurte quer durch die Nachbarschaft und den Freundeskreis. Als Tapezierer hat er tagsüber meist Zeit für eine schnelle Nummer, wenn der Hausherr nicht zugegen war. So weit, so gut. Bis die Damen erkannten, dass er nur ein blasierter Macho war. Zwar mit Nehmer-, aber ohne Geberqualitäten. Dann wurde von den Damen schnell ein Schlussstrich gezogen. Aber egal, es gab ja genügend Nachschub. Okay, manche Ehemänner nahmen es nicht sportlich, und er fing sich welche ein. Selbst wenn sie ihre Frauen gar nicht mehr selbst nagelten. Aber warum sollte er immer eine in die Fresse kriegen? Er gedachte, sein Jagdrevier zu erweitern. Und er hatte bereits damit begonnen.

„Wir können das doch wie Männer klären!“, schob Giovanni nach. „Warum dieses Versteckspiel?“

„Versteckspiel? O nein. Das dient ausschließlich deinem Schutz! Du willst doch hier lebend wieder raus? Oder?“

Sichtlich irritiert, stotterte Giovanni: „Was, was willst du von mir?“

„Namen, n u r Namen“, antwortete Mickey.

Giovanni sammelte sich ein wenig und blaffte: „Ich kenne niemand von euch Schwulen!“

„Ich spreche nicht von Schwulen, ich spreche von Pädophilen.“

Wäre der Raum nicht so stockfinster gewesen, wie er nun mal war, hätte man gesehen, dass die letzte Farbe aus Giovannis hagerem Gesicht verschwand. Dafür roch es plötzlich nach Schwefel und nach Spargel. Da ging wohl was in die Hose.

„Ich kenne auch keine …“ Giovannis Stimme versagte.

„Okay, dann kommen wir jetzt zu den Spielregeln!“, dozierte Mickey.

„Eine Lüge ist gleich ein Finger. Wir fangen mit dem kleinen Finger an und arbeiten uns Richtung Daumen vor, wahlweise auch ein Schlag in den Hoden, den brauchst du ja morgen ganz sicher nicht mehr.“

In seinem ruhigen geschäftlichen Ton verkaufte Mickey Giovanni den Verlust seiner Glieder. Und damit im engeren Sinn den Verlust seiner Männlichkeit.

„Ich, ich kenne keine Pädophilen!“, flüsterte Giovanni zaghaft.

„Oach, echt? Als was würdest du dich denn bezeichnen? Mm-hmm?“

Da Giovanni in Starrheit verfiel, plauderte Mickey weiter: „Als Hetero mit einer kleinen Schwäche für kleine Mädchen? Mm-hmm?“

„Ich, ich hatte, ich hatte nie, niemals etwas mit kleinen Mädchen!!! Niemals, ehrlich!“, flennte Giovanni.

„Tja, das weiß ich besser. Ich weiß, dir sagen die Namen etwas: Rosi, Annalena, Marie. Wer hat die Mädchen zu sich ins Bett geholt? Wer war das?“

„Das war aber nur Streicheln.“

„Was streicheln?“

„So am Bein.“

„Und zwischen den Beinen!“, korrigierte Mickey mit leicht erhobener Stimme.

„Aber nur mit Annalena und Marie, mehr war nicht!“, röchelte Giovanni.

„Das sind schon zwei zu viel!“, donnerte die Stimme von Mickey, als eine Hand die Schulter von Giovanni mit hartem Griff fixierte.

Giovanni war verwirrt, die Mickey-Mouse-Stimme kam direkt von vorn auf ihn zu. Sicher mit einem Abstand von fünf bis sechs Meter. Wem gehörte dann die Hand? Waren hier zwei Typen oder noch mehr am Werk? Der Fremde nahm seine Hand und schüttelte den ganzen Arm. Das Blut schoss hinein.

Mickey plauderte so ganz nebenbei: „Du sollst ja was davon haben!“, als säße er bei einem Kaffeekränzchen. Giovanni versuchte, sich durch ruckartige Bewegung loszureißen, aber er war eingespannt wie in einem Schraubstock. Der Typ musste übernatürliche Kräfte haben. Gut, er selbst war zwar groß und schlank, aber allzu viel Muskelmasse hatte er nicht.

„Was, was haben Sie vor?“, stotterte Giovanni.

„Du hast nix gemacht, ich mach auch nix. Fast nix. Sag tschüss.“

„AUAAAHHH“, schrie Giovanni, „was war das?“ Etwas Kaltes hatte in seinen kleinen Finger gekniffen.

„Jetzt kannst du mit deinen Fingern nur noch bis neun zählen! Das sollte aber zum Tapezieren reichen!“, ulkte Mickey, „das kommt davon, wenn man lügt.“

„Du Schwein, du erbärmliches Schwein!“, jammerte Giovanni. „Was willst du von mir?“

„Ich wiederhole mich ungern. Namen von Pädophilen. Verstanden, Manzoni?“

Giovanni Manzoni schluckte. Die Mickey-Bestie kannte seinen Namen. Giovanni räusperte sich mehrfach und versuchte, ohne Emotion zu antworten.

„Ich kenne keine Namen von Pädophilen.“

Seine Aussage ging in einen tierischen Schmerzschrei über. Irgendwer hatte ihm mit einem harten Gegenstand in den Hoden geschlagen. Er hätte sich zusammengekrümmt, wenn er nicht gefesselt gewesen wäre. So blieb ihm nur zu wimmern. Tränenflüssigkeit sammelte sich in seinen Augen, bis der Damm brach und das...



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