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E-Book

E-Book, Deutsch, 320 Seiten

Bell Dark Charm

E-Book, Deutsch, 320 Seiten

ISBN: 978-3-641-24926-7
Verlag: cbt
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Eine Stadt voller dunkler Magie, ein rachsüchtiger Geist und ein Mädchen, das nie aufgibt
Als Jude im Trauerzug für Voodoo-Queen Ivory Monette Jazztrompete spielt, hat sie keine Ahnung, worauf sie sich einlässt. Die mächtige Magierin ergreift Besitz von ihr und wird keine Ruhe geben, bis sie weiß, wer sie ermordet hat. Um Ivorys rachsüchtigen Geist wieder loszukriegen, muss Jude sich an die gefährlichsten Orte von ganz Baton Noir wagen: in verwunschene Sümpfe und geheime Vampirclubs. Magie kommt da nicht ungelegen. Doch als Jude begreift, woher ihr Gefahr droht, ist es beinahe zu spät.

Alex Bell ist eine erfolgreiche britische Kinder- und Jugendbuchautorin und lebt in Hampshire. Sie hat sich außerdem entschieden, ihren Jura-Abschluss für etwas Gutes einzusetzen, und arbeitet als Rechtsberatung für ein Bürgerbüro. Den Großteil ihrer Freizeit verbringt sie damit, den Launen ihrer Siamkatze nachzukommen. Auf Deutsch ist von ihr bisher die Kinderbuchreihe »Der Polarbären-Entdeckerclub« erschienen.
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Kapitel 1
»Bist du Jude Lomax?« Jude spuckte eine Portion Blut auf das Kopfsteinpflaster und blinzelte zu dem verwahrlosten Jungen hoch. »Wer will das wissen?«, knurrte sie. Vorsichtig befühlte sie ihren Zahn mit der Zunge. Er wackelte. »Benny schickt mich«, sagte der Junge und schwenkte einen Briefumschlag. »Ich soll mich nach einer Rothaarigen umsehen, hat er gesagt. Und dass sie sich wahrscheinlich entweder gerade prügelt oder schon irgendwo im Rinnstein liegt.« Jude verzog das Gesicht. Sie war absolut nicht in Stimmung für Schlaumeier. »Gib mir die Nachricht und verzieh dich«, schnauzte sie. Der Junge zuckte die Achseln, ließ den Umschlag einfach auf das schmutzige Kopfsteinpflaster fallen, drehte sich um und verschwand. Mühsam setzte Jude sich auf und lehnte sich an die nächstbeste Mauer. Es roch, als hätte jemand hingepinkelt, aber sie rümpfte nicht einmal die Nase. Jede einzelne Stelle an ihrem Körper tat weh, die Rippen, der Kopf, die Schultern – und ihre Seele übrigens auch. Von der Schnittwunde an ihrer Stirn tropfte Blut in ihre Augen, jeder Atemzug schmerzte höllisch, und außerdem war ihr übel. Was für ein beschissener Morgen. Überhaupt ein beschissenes Leben, alles in allem. Mit einem vorsichtigen Rundumblick vergewisserte sie sich, dass Sidney Blues Sampson tatsächlich verschwunden war und nicht etwa noch mal auftauchte, um ihr weitere Tritte zu verpassen. Aber sie konnte ihn nirgends sehen. Anscheinend hatte ihr Vermieter sich verzogen, nachdem er sie großzügig mit Drohungen überschüttet und Stiefeltritten eingedeckt hatte. Am Abend zuvor hatte Jude wie üblich ihren Trompetenkoffer unter den Arm geklemmt und sich auf den Weg nach Moonfleet Manor gemacht, wo sie einmal in der Woche spielte. Aber an der Türe wurde sie abgewiesen. Der Meister hatte einen schlechten Tag, erklärte Paris mit dem gewohnt höhnischen Grinsen auf den perfekt geformten Lippen. Jude war das Herz bis in die Stiefel gerutscht. Sie hatte fest mit dieser Gage gerechnet, und jetzt blieb ihr nichts anderes übrig, als rasch noch irgendeine andere Arbeit zu finden. Also klapperte sie alles ab: jeden Jazz Club, jede Spelunke im Hurricane Quarter, jede Kneipe und jede miese Kaschemme im Meatpacking District, jeden Nachtclub und jede Spielhölle im Ruby Quarter der Vampire, jedes Dampfboot und jedes Vergnügungsschiff, das am Paradise Pier lag. Aber eine Trompetenspielerin war an diesem Abend nicht gefragt. Als sie auf dem Rückweg den Cadence Square überquerte, war ihr Blick auf einen Teller Congri – mit Reis gemischte Schwarzaugenbohnen – gefallen, der dort in einem Kreis aus Silbermünzen unter den Platanen stand. Bei diesem Anblick hatte ihr Magen sich deutlich gemeldet, und ihre Finger hatten gezuckt, als wollten sie nach dem Geld greifen, aber Jude war stur weitermarschiert, ohne etwas anzurühren, wie jeder vernünftige Mensch in Baton Noir. Alle wussten, dass nur ein Cajou-Zauberer Essen und Münzen dort abgestellt haben konnte – Cajou, jene seltsame, dunkle, mächtige Magie, vor der man sich hüten musste. Dieses Geld oder das Essen zu nehmen, kam der stummen Einladung gleich, alle nur denkbaren Katastrophen in sein eigenes Leben hereinzubitten. Als sie frühmorgens endlich nach Hause gekommen war, hatte ihr Vermieter bereits auf sie gewartet. Und er war absolut nicht in der Stimmung gewesen, sich anzuhören, warum sie mit der Miete im Rückstand war. Ganz und gar nicht. Als sich ihr endlich nicht mehr alles vor Augen drehte, hob Jude den Briefumschlag auf, den der Junge ihr vor die Füße geworfen hatte. Sie zog den Brief heraus, überflog ihn hastig und ihre Laune hob sich mit einem Schlag. Die Done & Dusted Band wurde darin gebeten, bei einer Jazz-Trauerfeier zu spielen. Das bedeutete Arbeit, einen Scheck und nicht krankenhausreif geschlagen zu werden, weil man mit der Zahlung im Verzug war. Als Jude den gesamten Brief auf der Suche nach Einzelheiten überflog, verflüchtigte sich ihre Hochstimmung allerdings schlagartig. Die Beerdigung fand heute statt, genauer gesagt, jetzt gleich. In diesem Teil der Stadt gab es keine Kanäle, daher war eine Fahrt mit dem Sumpfgleiter ausgeschlossen. Sie würde durch halb Baton Noir rennen müssen, falls sie es überhaupt noch rechtzeitig schaffen wollte, und das ausgerechnet jetzt, wo es mehr als fraglich war, ob sie überhaupt bis zu ihrer Haustür humpeln konnte. Sie ächzte und biss die Zähne zusammen. Was blieb ihr schon übrig. Diesen Job durfte sie auf keinen Fall verpassen. Jazz-Trauerfeiern wurden nur für wichtige und besonders vornehme Bewohner von Baton Noir ausgerichtet, und wer konnte schon wissen, wie lange es dauerte, bis der nächste von ihnen ins Gras biss. Sie rappelte sich mühsam hoch und eilte die Treppe hinauf in ihre winzige Wohnung. Glücklicherweise schlief ihr Vater noch, und sie konnte sich ungestört und in Rekordzeit umziehen, ihre Trompete schnappen und wieder zur Tür hinausrennen. Aber obwohl sie es so eilig hatte, blieb sie an der Haustür stehen und rieb die Eingangsstufen mit Ziegelstaub ein, der ausschließlich zu diesem Zweck in einem Eimer neben der Tür aufbewahrt wurde. Angeblich ließen sich dadurch Flüche und Verwünschungen abwehren, die irgendjemand auf das Haus und seine Bewohner ausgesprochen hatte. Jude wusste nicht so recht, ob sie das tatsächlich glauben sollte, rieb aber trotz ihrer Zweifel die Stufen jeden Morgen mit dem rötlichen Staub ein. Sogar an einem Tag wie heute, wo es auf jede Sekunde ankam. Dann ging es nur noch darum, so schnell wie möglich zu rennen. Es war mörderisch heiß, und sie spürte, wie sich der Schweiß zwischen ihren Schulterblättern auf dem Rücken ihres Hemdes abzeichnete. Die blaue Band-Uniform war in der sengenden Hitze steif und unbequem. Die schwarze Schirmmütze im Militärstil rutschte ihr ständig über die Augen, ihre Fliege saß völlig schief, und die Herrenschnürschuhe scheuerten an ihrem rechten Knöchel. Aber sie durfte jetzt nicht langsamer werden oder kurz verschnaufen, sonst kam sie zur spät zur Beerdigung. Sie musste sich durch den Schmerz hindurchkämpfen, ganz einfach. Sie würde es, verdammt noch mal, rechtzeitig zu diesem Auftritt schaffen, und wenn es sie umbrachte! Sie dachte an alles, was sie wütend machte, und schaffte es so, noch schneller zu laufen. »Jude, du musst irgendwie diese ständige Wut in dir loswerden«, sagte ihr bester Freund Sharkey immer. »Sonst braut sich da mächtig was zusammen. Am Schluss bringt es dich womöglich noch um.« Jude wusste, wie zerstörerisch diese Wut war, aber manchmal fühlte sie sich an wie ein wildes Tier, das sie einfach nicht in den Griff bekam, sosehr sie sich auch anstrengte. Manchmal war die Wut aber auch wie ein Freund und half ihr dabei, über sich hinauszuwachsen, wenn sie eigentlich nicht mehr konnte. Mit stampfenden Schritten und schweißnassem Rücken lief sie weiter und war froh darüber, dass die Wut ihr Energie verlieh. Sobald sie Musik hörte, wusste sie, dass sie das Hurricane Quarter erreicht hatte. In diesem Stadtteil wurde Tag und Nacht Jazzmusik gespielt, drang durch die Türen der Clubs und Spelunken. Aus allen Musikboxen und auf Plattenspielern tönte Jazzmusik, kam kratzend und knisternd aus den Radios der Friseursalons und Schuhputzerstände. Abgestandener Rumdunst hing in der Luft, in den fettigen Pfannen der Hotdog-Karren brutzelten Zwiebeln, es roch nach billigem Parfüm und Austernfässern, die zu lange in der sengenden Sonne gestanden hatten. Jude fand es einfach großartig. Sie mochte jeden Pflasterstein, jede krumme Holzplanke, jeden schmiedeeisernen Balkon, jedes verwinkelte Gässchen, jeden Hotdog-Karren, jeden Blumenkübel, jede Leuchtreklame und jeden Laternenpfahl. Die Cajou-Magie hatte Baton Noir zwar in eine zwielichtige und korrupte Stadt verwandelt, aber was Jude betraf, gab es nach wie vor keinen schöneren Ort auf der Welt. Endlich stürmte sie um die Ecke und war im Hauptquartier der Done & Dusted Brass Band angekommen. Sie war halb verhungert und hatte insgeheim gehofft, ihr würden noch ein paar Minuten für einen blitzschnellen Küchenbesuch bleiben, um sich mit einer Tasse dampfendem Malzkaffee und einem mit Zucker bestreuten Krapfen zu stärken, aber die Beerdigung fing schon an. Alle hatten sich in Reihen vor dem Sarg aufgestellt, der auf einem schwarzen, auf Hochglanz polierten Kutschwagen lag. Wie in Baton Noir üblich waren vor die Kutsche keine Pferde gespannt, sondern man hatte an der Vorderseite ein langes Seil befestigt, an dem vier starke Männer den Wagen ziehen würden. Jude war offenbar nicht als Einzige zu spät gekommen. Eine ganze Menge der Bandmitglieder fehlte. Aber zumindest war Sharkey da und wie immer mit Cajou-Charms übersät. Er trug sie als Anhänger an Halsketten, als Anstecker am Vorderteil seiner Banduniform, und sie baumelten an Armbändern um seine dünnen Handgelenke. Sharkeys Haut war beinahe schwarz, und er hatte so auffällig hohe Wangenknochen, dass immer mindestens drei Mädchen gleichzeitig hinter ihm her waren. Jude gehörte nicht dazu (selbst wenn ihr Ex-Freund da anderer Meinung gewesen war). Sie kannte Sharkey oder Kerwin, wie er damals noch hieß, seit ihrer Kindheit. Er war zwei Jahre älter als Jude und wie ein großer, gelegentlich etwas nerviger Bruder für sie. Obwohl Sharkey genauso arm war wie sie selbst, hatten seine Bewegungen etwas Vornehmes; seine braunen Augen blickten seelenvoll und die gerade Nase wirkte irgendwie edel. Seine Familie wohnte schon so lange in Baton Noir, dass sogar Sharkeys Akzent von Gumbo, der lokalen Spezialität, durchtränkt zu sein schien. Er spielte Saxofon in der Reihe hinter ihr, und Jude hob grüßend die Hand, als...


Bell, Alex
Alex Bell ist eine erfolgreiche britische Kinder- und Jugendbuchautorin und lebt in Hampshire. Sie hat sich außerdem entschieden, ihren Jura-Abschluss für etwas Gutes einzusetzen, und arbeitet als Rechtsberatung für ein Bürgerbüro. Den Großteil ihrer Freizeit verbringt sie damit, den Launen ihrer Siamkatze nachzukommen. Auf Deutsch ist von ihr bisher die Kinderbuchreihe »Der Polarbären-Entdeckerclub« erschienen.

Reinhardus, Sabine
Sabine Reinhardus, Jahrgang 1958, studierte Modedesign an der UdK in Berlin und Literarisches Übersetzen in München. Sie übersetzt seit vielen Jahren Kinder- und Jugendbücher, aber auch Sachbücher aus dem Englischen, Französischen und Niederländischen. Sie lebt in Genf.


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