Berger | Weißer Vater | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 320 Seiten

Berger Weißer Vater

Die Geschichte von Klekih-petra

E-Book, Deutsch, 320 Seiten

ISBN: 978-3-7802-1632-8
Verlag: Karl-May-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Klekih-petra ist eine von Karl May erfundene Figur, die in den Romanen um Winnetou einen zwar nur kurzen, aber wichtigen Auftritt hat. Wolfgang Berger hat dabei schon immer interessiert, wie ein junger Deutscher zum Lehrer der Apatschen werden konnte. Eine mögliche Antwort auf diese Frage hat der niederbayerische Kabarettist, Moderator und Autor (Jg. 1971) nun als Roman niedergeschrieben, gleichsam als Vorgeschichte zu all den spannenden Abenteuern um den legendären Apatschen-Häuptling Winnetou. Hierin spielt auch dessen Vater Intschu tschuna bereits eine bedeutende Rolle.
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Zielgruppe


Für alle, die spannende Abenteuer- und Indianerromane lieben!


Autoren/Hrsg.


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1. Unruhen
„Nein“, sagte ich ganz entschieden, als ich auf dem Tisch im Bierkeller der ‚Roten Schänke‘ im sächsischen Waldenburg vor meinen Kommilitonen und einigen Schülern stand. Ich war einer der wenigen, die bereits im letzten Jahr des Studiums die jüngeren Jahrgänge unterrichten durften, weil ich selbst hervorragende Noten und außerdem ein gutes Händchen im Umgang mit den Schülern hatte. Mein besonderes Steckenpferd war die englische Sprache. Durch das Gewölbe zog dicker Rauch, die Einrichtung war alt und die Tische zerkratzt. Trotzdem liebte ich diesen Ort, an dem ich mich zu Hause fühlte, an dem wir uns schon so oft getroffen hatten, um über Gott, die Welt und die Oberschicht zu diskutieren. „Wir müssen uns endlich wehren. Ich lese in der Zeitung, dass man in Amerika die Sklaverei weiterhin aufrechterhalten will. Wollen wir etwa auch wie Sklaven sein? Ist der Adel etwa besser als das gemeine Volk? Sollen wir ewig die Unterdrückten bleiben? Wir haben von unseren Lehrern viel beigebracht bekommen und die Schulzeit auch erfolgreich absolviert. Wir fordern doch nicht viel von der Obrigkeit. Ich finde es beschämend, dass ich mich genau in diesem Moment strafbar mache, weil ich hier vor euch spreche. Was gibt es einzuwenden gegen die Redefreiheit oder ein Versammlungsrecht? Ich studiere, um mir eine Meinung zu bilden. Ich studiere, um mehr werden zu können als ein Knecht der Mächtigen. Ich habe doch ein Recht darauf, an nichts oder an etwas anderes zu glauben als die feinen, adeligen Herren. Warum haben sie uns unseren geliebten Freund und Lehrmeister Herrn Hoffmann weggenommen, nur weil er seine Meinung kundgetan hat? Wir schreiben das Jahr 1848, wir leben doch nicht mehr im Mittelalter. Freunde, wir sollten uns bewaffnen und ihnen mutig entgegentreten. Sie gehen militärisch gegen uns vor und wollen uns so klein halten. Das dürfen wir uns nicht länger gefallen lassen. Heute sitzen sie im Waldenburger Schloss und feiern und schlemmen. Es ist ihnen dabei völlig egal, wie es uns allen geht. Ich sage euch ganz deutlich, wir müssen schleunigst dagegen aufbegehren.“ In dem stickigen Bierkeller waren ungefähr 120 Menschen versammelt, die „Ja, wehren wir uns!“ riefen. Die meisten von ihnen kannte ich persönlich. In der vordersten Reihe standen mit erhobenen Fäusten meine treuesten Freunde Clemens, Ruppert und Konrad. Es war augenscheinlich nicht nur meine Rede, sondern auch eine erhebliche Menge des süffigen Biers gewesen, was sie zornig, mutig, aufrührerisch und schlussendlich zu Kämpfern meiner Worte gemacht hatte. Heute weiß ich, ich war damals noch sehr jung, ein Heißsporn mit einem großen Drang nach Freiheit, ständigen Zweifeln an der Existenz Gottes und leider auch noch ohne das nötige Verantwortungsbewusstsein anderen Menschen gegenüber. Die Menschen skandierten in rhythmischen Parolen „Lasst Lehrer Hoffmann frei!“ und „Peter Berg, komm, führ uns an!“ Ich will es gar nicht beschönigen, ja, es machte mir wirklich Freude, als ich sah, dass ich etwas bewirken konnte mit meinem Talent, Menschen zu begeistern. Es war schon richtig, wir lernten, um zu verstehen und folglich etwas Besseres werden zu können als nur folgsame, dumme Dienstboten. Warum sonst hätte ich Geschichte, die englische Sprache und Philosophie studieren sollen? Also marschierten wir mutig und angetrunken, mit Stöcken, Äxten und Mistgabeln bewaffnet, hinauf Richtung Schloss. Der steinige Weg, der durch die engen Gassen von Waldenburg führte, füllte sich langsam mit Menschen. Immer mehr schlossen sich uns an, die Parolen wurden lauter, aggressiver, die Menschen waren voller Zorn. Als wir um die letzte Wegbiegung kamen, erblickten wir das Schloss, die Zeit war also gekommen. Es ragte furchteinflößend vor uns auf, mit seinen steinernen Zinnen und dem riesigen, massiven Holztor, das aussah wie das gierige Maul eines Ungeheuers. Aber vor allem waren es die bewaffneten Soldaten, die sich mittlerweile in Reih und Glied vor uns aufgebaut hatten, die uns erschrecken ließen. Wir formierten uns vor dem Herrschaftssitz, direkt gegenüber dem militärisch gut ausgebildeten Gegner. Wir nutzten Karren und umgeworfene Marktstände als Barrikaden zum Schutz vor dem mächtigen Feind. Ich wusste zwar, wie man Menschen zum Denken anregt, doch hatte ich keinerlei Kenntnisse von militärischen Strategien. Und genau das sollte uns schlussendlich zum Verhängnis werden. Unser Aufstand war von Anfang an ein aussichtsloses Unterfangen. Als die Soldaten auf der Wehrmauer, angeführt von Major von Hüller, der uns allen nicht nur bekannt war, sondern von jedem auch gefürchtet wurde, mit ihren Flinten die erste Salve in den Pöbel krachen ließen, fielen Ruppert und Konrad leblos neben mir zu Boden. Die Nacht war plötzlich totenstill und eingehüllt von dichten Rauchschwaden. Rauch, der aus denselben Flinten hochstieg, die gerade so viele Leben beendet hatten. Im Nachhinein betrachtet, musste ich noch froh sein, dass meine Eltern zu diesem Zeitpunkt nicht mehr lebten. Denn mir war klar, dass sich die Soldaten jeden vorknöpfen würden, der mir nahestand. Aber es war ohnehin niemand mehr da, ich war allein. Und in dem Moment, als die zweite Salve in die Menge fuhr, wusste ich, sollte ich dieses Gemetzel überleben, würde ich in Zukunft hier nie mehr sicher sein. Ich musste versuchen, schleunigst irgendwie von diesem Ort wegzukommen. Major von Hüller befahl die vorderste Reihe nach hinten und die nächste Linie seiner Untergebenen trat mit angelegten Flinten nach vorne. Nach dem dritten Schuss suchten alle, die noch nicht getroffen waren, schnell das Weite, und ich war mitten unter ihnen. Wir stolperten und fielen in der Dunkelheit über mindestens fünfzig Tote und noch mehr Verletzte. Die im Todeskampf verzerrten Gesichter meiner gefallenen Freunde verfolgen mich seit jener Nacht in meinen Träumen. Es würde keine Stunde vergehen, dann wüssten sie, wo „Peter Berg, komm führ uns an“ zu finden wäre. Schnell lief ich nach Hause, um einige Sachen aus meinem kleinen Zimmer in der Studentenpension zu holen. Ich überlegte, was mir von Nutzen sein könnte. Meine fünf Bücher, die mir Lehrer Hoffmann geschenkt hatte, meine Zeugnisse, die Geburtsurkunde, meine Kennkarte, mein Messer und etwas Kleidung. Ich besaß noch genau 37 Taler, die ich mein Eigen nennen durfte. Schnell stopfte ich meine Habseligkeiten in einen Rucksack, und als ich gerade durch die Haustür treten wollte, hörte ich eine Frauenstimme: „Peter, warte.“ Ich drehte mich um und sah an der Ecke der angrenzenden Schmiede die Ehefrau unseres Lehrers Hoffmann stehen. Sie schlich zu mir herüber und sagte: „Was ihr getan habt war leichtsinnig und dumm, doch treu gegenüber meinem Mann. Wie geht es den anderen?“ Mit Tränen in den Augen antwortete ich ihr: „Die meisten sind tot und ich weiß nicht, was ich jetzt machen soll.“ „Hier hast du etwas Geld“, erwiderte sie, „es ist nicht viel, aber für eine Schiffspassage wird es wohl reichen. Mein Mann würde es sicher gutheißen, dass du es bekommst.“ Ich schaute etwas verdutzt und fragte sie: „Schiffspassage, wohin denn?“ „Geh weg von hier, geh nach Amerika und beginne dort ein neues Leben. Es sind etwa 500 Kilometer bis Bremerhaven. Wenn du dich ranhältst, dann kannst du es schaffen, am 9. April die Reise anzutreten. An diesem Tag läuft ein Schiff nach New York oder Charleston aus, auf jeden Fall irgendwo an die amerikanische Ostküste. Fang ganz neu an! Wie ich gelesen habe, gibt es dort inzwischen auch einige deutsche Siedlungen. Aber jetzt geh ich lieber schnell nach Hause, denn die Soldaten werden sicherlich gleich hier auftauchen. Wenn ich an unserem Stall vorbeikomme, schließe ich das Tor auf. In der rechten Box steht eine Stute, die zwar ihre besten Jahre bereits hinter sich hat, aber den Weg bis Bremerhaven wird sie dich noch tragen. Verkaufe sie dort und denk in Amerika hin und wieder an uns Sachsen.“ Bevor sie ging, dankte ich ihr, umarmte sie so innig, wie ich vorher noch nie einen Menschen umarmt hatte, und sagte: „Ich werde Euch nie vergessen und grüßt bitte Euren Mann von mir.“ Dann schaute ich ihr nach, wie sie lautlos die Gasse entlangschlich, bis sie hinter der Ecke des Fleischerhauses verschwunden war. Mein nächster Gedanke war, dass ich unbedingt noch etwas Essbares auftreiben musste. Also ging ich in die Speisekammer, um mir einen Laib Brot zu holen. Dort angekommen, schrak ich zusammen, weil ich schwere Schritte hörte. Ich verbarg mich flugs im Türrahmen, lugte ängstlich hervor und sah, wie eine hinkende Gestalt geradewegs auf mich zusteuerte. Hektisch keuchend flüsterte der Mann: „Berg, hallo Berg, hallo Peter Berg, ich bin es, Clemens.“ Ich trat aus meinem Versteck. „Clemens, du musst sofort von hier verschwinden,...


Wolfgang "Woife" Berger wurde 1971 als ältestes von drei Kindern im niederbayrischen Simbach am Inn geboren. Seine Eltern sind heute die größten Fans ihres kreativen "Buben". Die niederbayrische Heimat wollte er nie verlassen, er ist sozusagen ein "Vollblut-Niederbayer".Im Jahr 1991 fand er seinen Weg zum Musikkabarett, wo er als "der Fälscher", auf derBühne steht. Woife veröffentlichte bis dato acht Film-DVDs und vierzehn Audio-CDs. In zwei verschiedenen Kolumnen veröffentlichte manseine Texte. Bei seinem erstenWerk als Autor "Gedichtln & Gedichte fia Bayern & Preissn!!" bemerkte er, dass ihm die Rolle des Schreibers sehr gut gefällt.


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