Cussler Cyclop
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-641-13470-9
Verlag: Blanvalet
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Ein Dirk-Pitt-Roman
E-Book, Deutsch, Band 8, 512 Seiten
Reihe: Die Dirk-Pitt-Abenteuer
ISBN: 978-3-641-13470-9
Verlag: Blanvalet
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Seit er 1973 seinen ersten Helden Dirk Pitt erfand, ist jeder Roman von Clive Cussler ein 'New York Times'-Bestseller. Auch auf der deutschen SPIEGEL-Bestsellerliste ist jeder seiner Romane vertreten. 1979 gründete er die reale NUMA, um das maritime Erbe durch die Entdeckung, Erforschung und Konservierung von Schiffswracks zu bewahren. Er lebte bis zu seinem Tod im Jahr 2020 in der Wüste von Arizona und in den Bergen Colorados.
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3
»Bitte halten Sie die Arme ruhig, wo Sie sie jetzt haben«, sagte der Fremde in freundlichem Gesprächston. »Ich weiß über die Handzeichen Bescheid, die Ihnen Ihre Sicherheitsbeamten beigebracht haben, um sich lautlos verständigen zu können, falls Sie Ihr Leben bedroht sehen.«
Der Präsident saß wie vom Blitz getroffen, ungläubig, aber zugleich mehr neugierig als verängstigt. Einen Augenblick lang traute er sich nicht, etwas zu erwidern, weil er einfach nicht die richtigen Worte fand. Sein Blick hing an dem kleinen Päckchen vor ihm.
»Ein irrsinniges Unternehmen«, meinte er schließlich. »Sie werden daran nicht lange Ihre Freude haben.«
»Das ist kein Attentat. Es wird Ihnen nichts geschehen, wenn Sie meine Anweisungen genau befolgen. Können Sie das akzeptieren?«
»Sie haben Nerven, Mister.«
Der Fremde ignorierte den Einwand und redete im Tonfall eines Lehrers weiter, der seiner Klasse gutes Benehmen beibringen will. »Es handelt sich um eine Splitterbombe, die alles zerfetzt, was sich im Umkreis von zehn Metern befindet. Sollten Sie versuchen, Ihre Leibwächter zu alarmieren, werde ich das Geschoß durch eine elektronische Zündung an meinem Handgelenk aktivieren. Bitte setzen Sie Ihr Golfspiel fort, als wäre nichts Besonderes vorgefallen.«
Dem Präsident blieb nicht viel anderes übrig. Schließlich siegte auch seine Neugier, denn er wollte um jeden Preis herausfinden, was hinter diesem ungewöhnlichen Angriff stecken konnte. Während das Cart weiterrollte, versuchte er unauffällig den Mann neben sich zu mustern. Die Gestalt wirkte zerbrechlich, die Hüften waren schmal; der Mann ähnelte auf den ersten Blick Reggie Salazar unglaublich, doch er war mindestens zehn Zentimeter größer. Das Gesicht, oder besser das, was davon zu sehen war, machte einen irgendwie skandinavischen Eindruck. Die Stimme klang kultiviert, die Schulterhaltung und das kühle Benehmen deuteten auf jemanden hin, der es gewohnt war, Autorität auszuüben, doch es lag nichts Böses oder Hinterhältiges im Benehmen des Mannes.
»Ich habe das verrückte Gefühl«, sagte der Präsident ruhig, »daß Sie das alles hier aufführen, um mir etwas mitzuteilen. «
»Gar nicht so dumm. Sie haben eine erstaunliche Auffassungsgabe. Aber ich habe von einem Mann in Ihrer Position nichts anderes erwartet.«
»Wer, zum Teufel, sind Sie?«
»Für unsere Unterhaltung genügt es, wenn Sie mich Joe nennen. Sobald wir den Unterstand dort drüben erreicht haben, erfahren Sie, worum es geht. Dort gibt es einen kleinen Ruheraum.«
Er langte hinter sich und reichte dem Präsident eine Aktenmappe. »Bitte gehen Sie in dem Ruheraum auf die Toilette, und lesen Sie das. Sie haben nicht mehr als acht Minuten Zeit, sonst werden Ihre Leibwächter unruhig. Was dann passieren würde, brauche ich Ihnen ja nicht noch einmal zu erklären. «
Der elektrische Wagen rollte langsam vor der Hütte aus. Wortlos verschwand der Präsident in den kleinen Ruheraum und begab sich auf die Toilette. Er begann mit dem Studium der Aktenmappe. Als er exakt acht Minuten später wieder bei Joe auftauchte, zeigte sein Gesicht nur noch größere Verwirrung. »Was für einen Wahnsinn wollen Sie mir da andrehen?« fuhr er den Fremden an.
»Das ist kein Wahnsinn.«
»Ich kann nicht verstehen, warum Sie sich ein solch verrücktes Unternehmen einfallen lassen, nur um mich zu zwingen, meine Zeit mit der Lektüre von alberner Science-fiction zu verschwenden.«
»Das ist keine Science-fiction.«
»Dann muß Sie jemand auf den Arm genommen haben. «
»Die Jersey Colony existiert«, erklärte Joe geduldig.
»Ja, und Atlantis gibt es auch.«
Joe lächelte nachsichtig. »Sie sind gerade in einem sehr exklusiven Klub aufgenommen worden. Nur ein Präsident vor Ihnen hat jemals etwas von diesem Projekt erfahren. Ich schlage vor, Sie setzen Ihr Spiel fort, während ich Ihnen unterwegs die Sache etwas erläutere. Ich kann Ihnen jetzt natürlich nur ein sehr grobes Bild zeichnen, denn wir haben nicht sehr viel Zeit. Es ist außerdem besser für Sie, wenn Sie einige der Details nicht kennen.«
»Erst noch eine Frage, die müssen Sie mir schon gestatten.«
»In Ordnung.«
»Wo ist Reggie Salazar?«
»Er schläft fest und sicher hinter seinem Umkleideraum.«
»Wenn das eine Lüge ist, holt Sie der Teufel persönlich.«
Nach dem nächsten Loch steuerte Joe einen besonders umständlichen Kurs mit dem Karren, den er so langsam fahren ließ, wie es möglich war, ohne aufzufallen. »Also, dann... 1963, weniger als zwei Monate vor seinem Tod, traf Präsident Kennedy sich mit einer Gruppe von neun Männern in seinem Haus in Hyannis Port, die ihm ein streng geheimes Projekt vorschlugen, das dem aufblühenden Weltraumprogramm einen anderen Akzent geben sollte. Es handelte sich um ein ausgewähltes Team brillanter junger Wissenschaftler, Manager, Ingenieure und Politiker, die alle in ihren Arbeitsgebieten bereits ungewöhnliche Erfolge vorweisen konnten. Kennedy war von der Idee so angetan, daß er sofort eine Regierungsstelle ins Leben rief, die zur Tarnung das Einsammeln von Steuergeldern betrieb, durch die das Projekt mit dem Codenamen Jersey Colony gestützt wurde. Abgesichert wurde die Finanzierung von weitsichtigen Geschäftsleuten, die für jeden Dollar Steuergelder einen eigenen Dollar beisteuerten. Die notwendigen Forschungseinrichtungen entstanden über das Land verteilt in bereits vorhandenen Gebäuden, meist nutzten wir alte Lagerhäuser. Auf der einen Seite sparten wir so Millionen von Baugeldern ein, auf der anderen Seite verhinderten wir, daß man wegen der Errichtung eines großen neuen Forschungszentrums neugierig wurde. «
»Wie haben Sie die Operation geheimhalten können?« fragte der Präsident. »Es muß doch Lecks gegeben haben.«
Joe zuckte mit den Achseln. »Eine einfache Technik. Jedes einzelne Forschungsteam hatte sein eigenes Projekt. Sie arbeiteten an verschiedenen Orten. Der alte Trick: die eine Hand wußte nicht, was die andere tat. Aufträge für die Hardware wurden an viele kleine Fabriken vergeben. Es war im Grunde ganz einfach. Schwierig war nur, das Ganze unter den Augen der NASA zu koordinieren, ohne daß jemand den Plan dahinter erkannte. Deshalb haben wir Vertrauensleute in die Sicherheitsdienste von Cape Canaveral und Houston eingeschleust, auch beim Pentagon, um jede Untersuchung im Keim ersticken zu können.«
»Wollen Sie damit sagen, das Verteidigungsministerium hatte keine Ahnung von dieser Sache?«
Joe lächelte. »Das war nun wirklich einfach. Ein Mitglied des Harten Kerns ist ein hoher Stabsoffizier, dessen Name Sie nicht zu interessieren braucht. Er hatte keine Schwierigkeiten, in den labyrinthischen Archiven des Pentagons ein weiteres geheimes Militärprojekt zu verstecken. « Joe hielt an, damit der Präsident den nächsten Ball spielen konnte. Als er sich wieder in das Cart setzte, war er noch immer nicht ganz überzeugt. »Scheint mir unmöglich, daß man die NASA so an der Nase herumführen konnte.«
»Auch dort gehört einer der wichtigsten Direktoren zum Harten Kern. Von Anfang an war sein Traum gewesen, eine feste Mondstation einzurichten, anstatt die Kräfte mit mehreren bemannten Landeaktionen zu verschwenden. Aber er begriff auch, daß die NASA sich nicht leisten konnte, zwei komplizierte und teure Programme gleichzeitig durchzuziehen, deshalb stieß er zu den Gründern der Jersey Colony. Bei diesem Projekt konnte er wenigstens sicher sein, daß ihm weder die Exekutive oder der Kongreß noch das Militär dreinredeten.«
»Ich muß also als Tatsache akzeptieren, daß die Vereinigten Staaten bereits fest auf dem Mond sitzen. «
Joe nickte entschieden. »Ja, Mr. Präsident, so ist es.« Er ließ den Karren wieder anrollen. »Es würde Wochen dauern, Ihnen alle Probleme, alle Rückschläge und Tragödien zu berichten, mit denen wir zu kämpfen hatten. Allein die Konstruktion der Versorgungseinrichtungen für die Station war eine wissenschaftlich-technische Meisterleistung. Dann mußten wir das ganze Material von einer privaten Raketen-Firma, die vom Harten Kern gesponsert wurde, als Satelliten in den Orbit schießen lassen.«
»Und das alles immer unter den Augen der NASA-Experten?«
»Wir haben unsere Raketen als großformatige Nachrichtensatelliten getarnt, in jedem haben wir eine kleine Kapsel mit einem Astronauten untergebracht. Ich kann leider jetzt nicht auf die Einzelheiten eingehen, so interessant es auch wäre, Ihnen darzustellen, wie diese Männer unter extremen Bedingungen und mit völliger Funkstille unter Verwendung im Orbit zurückgelassener Space Labs und noch kreisender Raketenstufen eine Raumstation errichteten, auf der dann das eigentliche Mondfahrzeug zusammengebaut wurde. Allein die Arbeit an der Konstruktion des leichten, solarbetriebenen Spezialmotors, der mit Wasserstoff angetrieben wird, hat zehn Jahre gedauert. Als der Transporter dann fertig war, zog er alles Material, das wir im Orbit auftreiben konnten, darunter befand sich sogar ein altes sowjetisches Labor, zum Mond. Aus diesen Materialien wurde dann die Jersey Colony konstruiert. Fehlschläge konnten wir uns von Anfang an nicht leisten. Es war der erste wirkliche Pionier-Treck von der Erde in eine andere Welt – der vielleicht wichtigste evolutionäre Schritt, seit der erste Fisch vor dreihundert Millionen Jahren an Land ging. Bei Gott, wir haben es geschafft. Während wir uns hier unterhalten, leben und arbeiten zehn Menschen da oben zweihundertvierzigtausend Meilen entfernt in einer fremden,...