Deutschland und Frankreich als reformpolitische Problemfälle Im Vergleich mit anderen westlichen Industrieländern gelten die Bundesrepublik Deuts- land und Frankreich seit den 1990er Jahren als reformpolitische Problemfälle. Gemessen an einigen zentralen Indikatoren, die zur Bewertung der wirtschafts- und sozialpolitischen Performanz einer Volkswirtschaft und eines politischen Gemeinwesens üblicherweise - rangezogen werden (z. B. Wirtschaftswachstum, Staatsverschuldung, Arbeitslosen- und Beschäftigungsquote), schneiden beide Länder schlechter ab als die meisten anderen St- ten dieser Gruppe. Galt das „Modell Deutschland“ bis in die 1980er Jahre als ein Vorbild an ökonomischer Prosperität und hohem wohlfahrtsstaatlichen Leistungsniveau, wurde die ökonomische Entwicklung in Deutschland in den vergangenen Jahren als der „Abstieg eines Superstars“ interpretiert (Steingart 2004). Noch alarmistischer fragte der Ökonom Hans-Werner Sinn (2004), ob Deutschland überhaupt „noch zu retten“ sei. Auch in Fra- reich wurden in jüngerer Zeit zahlreiche populärwissenschaftliche Bücher ähnlichen Inhalts veröffentlicht, unter anderem Nicolas Baverez’ (2003) „La France qui tombe“ und Alain Duhamels (2003) „Le désarroi français“. Die Debatte über eine als ungenügend bewertete wirtschafts- und sozialpolitische - passung an neue Herausforderungen und Probleme wird in beiden Ländern jedoch schon seit längerer Zeit geführt. So kürte die Gesellschaft für deutsche Sprache bereits im Jahr 1997 den Begriff des „Reformstaus“ zum Wort des Jahres, worin sich die in den 1990er Jahren zunehmend verbreitete Auffassung niederschlug, das politische System der Bundesrepublik sei nicht (mehr) in der Lage, problemadäquate politische Reformen hervorzubringen. Auch in Frankreich wird seit gut einem Jahrzehnt über Ausmaß und Ursache einer diagnostizierten wirtschafts- und sozialpolitischen „malaise“ diskutiert (z. B.
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Problemkontext und Reformbedarf - Parteiendifferenz und institutioneller Kontext in Frankreich und Deutschland - Bürgerliche und sozialdemokratische Reformpolitik in Frankreich - Bürgerliche und sozialdemokratische Reformpolitik in Deutschland - Reformfähigkeit, Reformhürden und Handlungsressourcen im Vergleich
Dr. Christoph Egle ist wissenschaftlicher Assistent an der Ludwig-Maximilians-Universität München.