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E-Book

E-Book, Deutsch, 236 Seiten

Reihe: Edition Drachenfliege

Fischer Frigg

Baumweltensaga 3

E-Book, Deutsch, 236 Seiten

Reihe: Edition Drachenfliege

ISBN: 978-3-95996-152-3
Verlag: Periplaneta
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Die junge Frigg begibt sich auf eine atemberaubende Reise durch verschiedene Länder und Kontinente. Die Suche nach ihrem Vater führt sie letztendlich ans andere Ende der Welt und darüber hinaus. Frigg trifft auf Feuergeister, Waldmenschen, mythische Wesen und einen Phönix und sie muss einen heimtückischen Mord aufklären, um einen ruhelosen Geist zu besänftigen.
Doch auch den Baumwelten droht Gefahr. Gemeinsam mit ihrem Vater Heimdall, ihrer Großmutter Inanna und den magischen Schwestern Kundrie, Mahhara und Fangdarna versucht Frigg ihre Heimat zu retten – und macht dabei auch eine überraschende persönliche Erfahrung.?
Mit Frigg geht der Kampf um die Baumwelten in eine neue Zeit. Eine magische Reise, eine Ode an die Fremde und an die Familie gleichermaßen und eine Saga von der Kraft der Liebe und der Macht des Feuers.
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4. Im Tal des Röchelnden Flusses
Ibu Rubiahs Clan wohnte schon immer im Tal des Röchelnden Flusses. Der Zwillingswasserfall stürzte in kurzer Distanz hinter dem Dorf in die Tiefe. Sie hatten schon etliche Unwetter und auch Waldbrände überstanden, so auch den der vergangenen Nacht. Es war ihnen gelungen, sich vor dem Feuer zu schützen, das von unglaublich starken Blitzen entfacht worden war. Mit Aschewolken hatten sie sowieso Erfahrung und immer einen Vorrat an Tüchern bereitliegen, mit denen sie Mund und Nase schützen konnten. Der wirkliche Coup aber war, dass sie den Bach, der dem Zwillingswasserfall zuströmte, in einen tiefen Graben umgeleitet hatten, der das Clananwesen von dem Wald trennte. Diese natürliche Barriere war auch als Schutz vor Tigerangriffen gedacht und deshalb mit spitzen Pflöcken versehen, die nur knapp aus dem Wasser herausragten. Das sollte den schwimmfreudigen Raubkatzen die Begeisterung am Bad nehmen. Heute Nacht aber hatte der Graben das Anwesen vor dem sicheren Verderben gerettet. Die Clan-Mitglieder priesen Ibu Rubiahs Weitsicht, auf deren Vorschlag hin alles derart gesichert worden war. Kein Reisspeicher und keine einzige Ziege waren Opfer der Flammen geworden. Kein Dorfbewohner hatte auch nur leichte Brandwunden erlitten. Nur zwei Babys husteten noch etwas wegen der Rauchbelastung in der Brandnacht und der heißen Wolke, die über sie hinweg gezogen war. Und auch kein unbedeutendes Detail: Die Weberei war verschont geblieben. Die Stoffe, die Ibu Rubiahs Clan in der Gegend berühmt machten, rochen zwar nach Rauch, wie alle und alles hier, aber das war auch schon alles. Als Pak Siapa am Mittag nach dem Brand das Tal des Röchelnden Flusses erreicht hatte, waren alle schon am Aufräumen. Die Brandsalben und Tinkturen des Kräuterkundigen brauchten sie dennoch. Verletzte Waldmenschen hatten im Dorf Zuflucht gefunden. Aus ihren etwas wirr klingenden Erzählungen konnte er schließen, dass etliche aus dem Clan nicht überlebt hatten. Sie waren vor den Feuern zur Brücke geflohen, die das Tal weiter hinten überspannte und waren dort in den Tod gestürzt. Eine Abordnung war auf Geheiß Ibu Rubiahs bereits unterwegs, um die Toten zu finden und zu begraben. Doch vielen von ihnen war es gelungen, sich durch das Inferno bis zum Anwesen von Ibu Rubiahs Clan durchzuschlagen. Dort konnten sie ihr rotes Fell im Wassergraben kühlen und waren dann vom Clan aufgenommen worden. Glücklicherweise hatte sich kein Waldmensch an den Pflöcken verletzt. Die Bäume rauchten noch, als Pak Siapa ankam und die Waldmenschen von Riris Clan untersuchte. Sie saßen alle schweigend mit traurigem Blick in der Mitte des Platzes. Alle fühlten mit ihrer Clanältesten, die ihren Partner Rafin im Feuer verloren hatte, so wie viele andere Angehörige auch. Doch niemand von ihnen war so lange und so innig miteinander verbunden gewesen wie Riri und ihr Rafin. Riri hatte trotz ihres Alters noch wunderschönes langes rotes Fell, eine halbrunde Schnauze, einen Kranz aus blassrosa Haut um die obere Gesichtshälfte und darunter sehr wache, dunkle Augen, die etwas tief lagen, aber normalerweise aufmerksam über ihre Nase und den Mund schauten. Mit ihren beweglichen Fingern und Füßen konnte sie alles greifen, was in der Nähe war. Ihre breiten Schultern luden nicht dazu ein, sich auf einen schwerwiegenderen Konflikt mit ihr einzulassen. Da würden in ihrem Clan alle den Kürzeren ziehen. Als Pak Siapa jetzt die Salben auf ihren verbrannten Rücken strich, war von Riris Stärke nicht mehr viel übrig. Ihr Jüngster, Madi, klammerte sich an die Unterseite ihres Fells und leckte sich ein ums andere Mal seine rechte Greifhand. „Komm, Madi, lass mal sehen, wie ich dir helfen kann“, Pak Siapa setzte das freundlichstes Gesicht auf, das er hatte und das im Normalfall schon strahlte. Er streckte seine Hand zum kleinen Madi aus. Riris jüngster Sohn erwiderte den Blick mit glänzenden Augen. Er ließ sich gerne von Pak Siapa umsorgen, merkte er doch, welche Schmerzen seine Mutter Riri litt, die ihn durch die Feuerhölle getragen hatte. Ihr gesamter Rücken, der Kopf und ein Teil ihrer Schnauze waren verbrannt. Ihm dagegen hatte das Feuer nur die rechte Greifhand versengt. Pak Siapa versorgte ihn liebevoll mit einer Brandsalbe und Madi bemerkte seufzend, wie der Schmerz nachließ. Im gleichen Maße wurde er immer müder. Nach einer durchwachten Nacht und einem langen Tag schlummerte er leicht schnarchend in Pak Siapas Armen, während Riri teilnahmslos vor sich hinstarrte. Pak Siapa rückte Madi auf seiner Brust so zurecht, dass der Kleine nicht gestört wurde, während er die Waldmenschen weiter versorgte. Dann schlang er ein Tuch um ihn, das die älteste Tochter Ibu Rubiahs, Diamant, hinter seinem Rücken zusammen knotete. Schon fühlte sich Madi wie im Fell seiner Mutter. Der Nachmittag verging schnell und als die letzten Sonnenstrahlen hinter dem Urwald versunken waren, saßen Ibu Rubiah und ihre vielen Töchter und Enkelinnen mit den Waldmenschen und Pak Siapa zusammen. Sie scheuten sich, ein Feuer zu entzünden, wie sie es normalerweise taten, damit die Waldmenschen nicht an ihre schrecklichen Erlebnisse in den Flammen erinnert wurden. Niemand hatte in der Nacht geschlafen und so war es schon sehr viel früher als üblich still im Dorf. Die Waldmenschen bekamen den ganzen Raum an der Rückseite des Langhauses von Ibu Rubiahs Clan für sich. Neun Spitzen zeigten auf dem Dach des Hauses gen Himmel. Je eine für Ibu Rubiahs Töchter und deren Familien. Madi und Pak Siapa schliefen in der ersten Koje gleich rechts neben dem bullaugenähnlichen Eingang. Von jener Nacht an blieben sie unzertrennlich. Regen hatte seine Lektion gelernt. Faul in den Wolken abzuhängen galt nicht während dieser, seiner Jahreszeit. So bemühte er sich in den folgenden Nächten besonders eifrig, seinen Fehler wieder gut zu machen. Während es gerade heftig goss, versammelten sich drei zerlumpte Gestalten um ein Feuer. Flussabwärts, in einer der Singenden Höhlen, die zahlreich in den Sandsteinfelsen im Tal des Röchelnden Flusses waren, hatten sie Zuflucht gefunden. Hier hatten sie schon die Brandnacht überstanden. Eine vierte Person lag reglos im Schatten außerhalb des Feuerkreises. Die drei waren ganz in ihre Tätigkeit versunken. Ein einohriger Vagabund mit einer tiefen Narbe über der linken Wange hielt einen abgerundeten Stein in der rechten Hand. Damit zerrieb er Betelnuss Samen in einem anderen Stein, der eine Vertiefung wie eine Schale aufwies und auf dem Boden stand. Rechts neben ihm saß der zahnlose Vagabund, der aus einem kleinen Leinensäckchen hin und wieder ein weißes Pulver in die Vertiefung zu der Masse gab. Löschkalk und Betelsamen waren das wichtigste Gepäck für diese Männer, noch wichtiger als Wasser und Decken. Der dritte im Bunde, mit nur einem Auge, nestelte suchend in einem großen Haufen Lappen. „Du machst mich ganz irre! Was suchst du denn?“, fragte der Zahnlose brummelnd, dem ein dickes Furunkel am Kinn prangte. „Pfeffer!“, grantelte der Einäugige zurück. „Das macht nur noch mehr Hunger“, fauchte der Einohrige. „Daran sieht man, dass du nicht das Geringste von Geschmack verstehst“, er hatte gefunden, was er suchte, und humpelte zum Feuer zurück. Ausgefranste Mantelfetzen schleiften über den sandigen Fußboden. Er ließ sich neben dem Stein nieder, griff sich eins der bereitliegenden Betelblätter, streute das frisch zubereitete Pulver aus dem Stein auf das Blatt, drüber etwas Pfeffer, rollte es zwischen seinen vor Schmutz starrenden Fingern zusammen und stopfte es geschickt in seinen Mund. Zwischen Wange und Zunge hatte alles seinen Platz gefunden. Zufrieden vor sich hin murmelnd stierte der einäugige Vagabund ins Feuer. Wieder und wieder strich er sich über seinen Zottelbart, der vom Kinn bis zur Brust reichte. Der Zahnlose knüpfte den vor Dreck unbeugsamen Leinenbeutel zusammen: „Hast recht, es reicht für heute.“ Er griff mit genau denselben schmutzigen Fingern nach dem Pulver, streute es auf das bereit liegende Blatt und schob sich alles in den Mund. „Kein Pfeffer?“, der Einäugige glotzte ihn von der Seite an. Der Zahnlose schüttelte mit dem Kopf. Einohr tat es den anderen beiden nach. Nur Momente später saßen alle drei betelkauend und strichen sich mit einer schmutzstarrenden Hand wieder und wieder über ihre Zottelbärte, die ihnen den Anschein von Drillingen verliehen. „Was machen wir mit dem Lahmen? Er kann doch nicht ewig hier liegen bleiben“, fragte Einauge und wies mit dem Kinn auf die reglose Gestalt im Schatten an der Höhlenwand. „Sobald Tag ist, bringen wir ihn zum Fluss“, antwortete Einohr. „Wir können nicht das Wasser mit dem Leichnam vergiften“, mümmelte Zahnlos. „Was schert‘s uns, wenn die verrecken? Meinst du, die interessieren sich für uns? Meinst du, von denen würde sich je einer um uns kümmern?“, Einohr wurde richtig aggressiv. Sie hatten in ihr Dorf zurückgewollt. Der Krieg hatte sie zermürbt. Doch sie waren verstoßen worden und irrten seitdem ziellos umher. Einauge versuchte es mit Verständnis: „Du hast ja Recht. Es ist wirklich ungerecht, dass die uns in der alten Heimat nicht wieder aufgenommen haben. Ich habe auch genug von diesem leidigen Krieg. Sieh uns nur an, was uns das alles gebracht hat.“ „Ja, alles umsonst, alles Mist“, fauchte Zahnlos. „Vielleicht geh‘n wir zurück und kämpf‘n wieder“, schlug Einohr vor. „Eh, nee Mann, das ist genauso blöd wie klauen und rumziehen“, Zahnlos zeigte sich wenig begeistert. „Na,...


Fischer, Barbara
Barbara Fischer wurde in Weimar geboren, studierte Literaturwissenschaft, Ethnologie und Indonesische Philologie in Köln und schrieb danach u.a. fu¨r die Deutsche Welle historische Feature. 2004 wird sie Dozentin fu¨r Deutsch als Zweitsprache.
Ihr Werdegang als Ku¨nstlerin beginnt bereits in den späten 80er Jahren in der DDR. Seit 20 Jahren veröffentlicht sie immer wieder Texte und Gedichte in Literaturzeitschriften und Anthologien. 2014 erschien der Roman „Liliths Weltenchronik“, der 2019 erweitert und u¨berarbeitet neu aufgelegt wurde. Weitere Baumweltenromane erscheinen 2020 und 2021.
Barbara Fischer ist Mitglied im Haus der Frauengeschichte in Bonn und im Allerweltshaus e.V. in Köln.


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