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E-Book

E-Book, Deutsch, 396 Seiten

Reihe: Edition Drachenfliege

Fischer Lilith

Baumweltensaga 1

E-Book, Deutsch, 396 Seiten

Reihe: Edition Drachenfliege

ISBN: 978-3-95996-148-6
Verlag: Periplaneta
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Gott ist eine Frau. ?Sie heißt Lilith und lebt in Asgard als Weltenchronistin in einer friedliebenden, aber wehrhaften Gemeinschaft rund um ?die Weltenesche Yggdrasil.
Als Ariman, Liliths Zwillingsbruder, Asgard überfällt und den Weltenthron fordert, stellt sie sich ihm entgegen und gerät durch Verrat in der eigenen Familie in Lebensgefahr. Da verbünden sich die Baumwelten unter Führung der trinkfesten Eulenfrau Mahhara ?und einer ziemlich netten Hexe namens Kundrie und schlagen zurück.

In „Lilith“ erhält der nordische Götterhimmel Verstärkung durch Figuren aus der sumerischen Mythologie und neue phantastische Wesen.
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1. Wie alles begann
Träge strömte Uradat Besar durch den kosmischen Urozean. Geheimnisse umwaberten den allumfassenden Schöpfergeist wie Nebel um Moorlöcher. Uradat Besar gehörte zur Gattung der Maulbrüter. Die Erscheinung war so wandelbar wie das Geschlecht. Gerade dümpelte sie oder er in Gestalt eines Walfischs durch die Urflut. Eines Tages zum Fünf-Uhr-Tee biss Uradat Besar in einen Keks, setzte die Teetasse an den Mund und trank. Ein Nanopartikel kam aus dem Nichts angeschossen und blendete ihn oder sie. Er oder sie verschluckte sich, hustete und da passierte es. Sie oder er spuckte alles aus, was er oder sie im Maul hatte, Tee mit Sahne, Shortbread, Galaxien, taumelnde Spiralnebel, Sternenwirbel, schwarze Löcher, Haufen, Superhaufen, vier Schwestern, einen kleinen Stern, kurzum, alles, was je existiert hatte und existieren wird, samt verschiedener Zeitstrahlen in mehreren Paralleluniversen voller Unmöglichkeiten. Alles war fertig gebrütet. Und alles war gut. Alles? Alles, bis auf eine einzige unfertige Zelle, die ihren Weg aus dem riesigen Maul heraus fand, was sie nicht sollte. Aber es war nur eine einzige unfertige Zelle unter all den großartigen Dingen, die er oder sie geschaffen hatte, tröstete sich Uradat Besar darüber hinweg, dass diese entschlüpft war. Der allumfassende Schöpfergeist betrachtete die vielen Universen und Welten und schwamm ganz zufrieden weiter. Zufrieden war auch der kleine Stern, der es sich inmitten vieler anderer Sterne und Spiralnebel in einer Galaxie namens Milchstraße am Firmament bequem gemacht hatte. Sein Glück strahlte er hell ins Multiversum und beleuchtete nebenbei auch das Buch, das er Tag und Nacht in seinen spitzen Sternenfingern hielt und las. So fügten sich die Dinge, von Galaxie zu Galaxie und von Zeit zu Zeit. Der kleine Stern studierte die „Intergalaktische Enzyklopädie“ des Doktor Broud von der Sternenakademie, des berühmtesten Wissenschaftlers des Andromeda-Nebels, einer Nachbargalaxie der Milchstraße. Der Doktor beschrieb in seiner Enzyklopädie alle bekannten taumelnden Spiralnebel, Sternenwirbel, schwarzen Löcher, Haufen, Superhaufen und Zeitstrahlen samt zugehörigen Sternen und Planeten in dem von ihm als „Multiversum“ bezeichneten Lebensraum mehrerer Paralleluniversen. Da der Meister oder die Meisterin der Schöpfung anlässlich des Zwischenfalls mit dem Nanopartikel und der unmittelbar darauf folgenden Sturzgeburt keinen genauen Überblick über ihre oder seine Schöpfung mehr hatte, fühlte Doktor Broud sich nach einem längeren Fünf-Uhr-Tee-Gespräch mit Uradat Besar berufen, im Namen des Herrn oder der Frau, Namen, geographische Lage, Bewohner und alle Arten planetarischer Besonderheiten akribisch aufzulisten. Der Doktor bereiste das vom allumfassenden Schöpfergeist Uradat Besar geschaffene Meisterwerk bis in seine letzten Winkel. Dann fasste er seine Forschung in dem Lexikon zusammen, das der kleine Stern der Milchstraße nun Seite für Seite verschlang. Geschichten über die unterschiedlichsten Lebensformen, klimatische Besonderheiten, Pflanzenwelten, aber auch Zeitlinien aller Art. Der kleine Stern liebte die gigantischen roten Eidechsen in den Donnersümpfen von Abdalla, die trotz ihrer Körpergröße quasi Einzeller geblieben waren. Er bewunderte, dass die eine einzige Zelle dieser Eidechsen sich zu einer Riesenechse ausgedehnt hatte und in sich so hoch entwickelt und ausdifferenziert war. Er träumte nachts von Planeten, auf die sieben Sonnen gleichzeitig schienen und die unfassbaren Lichtimplosionen ausgesetzt waren, mit erstaunlichen Folgen bezüglich der Vielfalt ihrer Bevölkerung. Und er fühlte mit denen, die sich mit zwei oder noch weniger Sonnen begnügen mussten. Dann gab es noch diesen einen ganz speziellen Planeten. Der Doktor beschrieb ihn besonders detailreich, weil er über einige bemerkenswerte Eigenheiten verfügte. Nicht allein, dass Uradat Besar die ganze Galaxie mitsamt der Erde um nur eine einzige Sonne herum geschaffen hatte. Diese Sonne war dann auch noch der Mittelpunkt und so stark, dass sie allein die ganze Erde wärmen konnte. Dort selbst aber war diese bewundernswerte Konstellation gänzlich unbekannt. Den Erdlingen mangelte es erstaunlicherweise an nichts, obwohl ihr Planet in relativer Dunkelheit verharren musste. Relativ, weil auf und in ihm Feuer brannten, und zwar so unglaublich heiß, dass sie sogar Felsen schmolzen. Die Glut erhitzte Gestein im Inneren der Erde so lange, bis es fast so gut floss wie eine andere Substanz, die die Enzyklopädie als Wasser bezeichnete und von der es dort ebenfalls reichlich gab. Wenn alles heiß und flüssig genug war, holten die Berge Luft, husteten ein-, zwei-, dreimal und spuckten alles aus. Flüssiger Felsen verteilte sich über die äußere Bergflanke, kühlte ab, wurde fest, und schon waren die Feuerberge allein aus sich selbst herausgewachsen. Faszinierend, dachte der kleine Stern. Die Brände auf und in der Erde zerstörten also nicht, sondern sie erschufen vieles, vom einzelnen Berg bis zum ganzen Gebirge. Einmalig, erkannte er. Doch es gab einen Nachteil an dieser Meisterleistung: Qualm und mit ihm die erste und oberste Unklarheit auf dem Planeten. Es gab Wärme, aber eben kein Sonnenlicht, das die Erde eigentlich heizen sollte. Uradat Besars Plan war leicht verrutscht. Denen kann, ja, muss geholfen werden, der kleine Stern atmete kaum vor Aufregung. Der Qualm behinderte nicht nur das Sonnenlicht, sondern auch Sternenglanz und Mondschein. Kein Licht, nirgends, nur Feuer und Rauch. Dahinter versteckte sich, irgendwo, die Erde. Für Luft auf der Erde sorgten immerhin die zahlreichen Farne und Nachtschattengewächse, die in Wärme und Dunkelheit gediehen. Wobei die in Doktor Brouds Enzyklopädie beschriebene sogenannte „frische Luft“, die sich auf einigen anderen Planeten fand, aus Sicht der Erdlinge völlig überbewertet wurde. Zeit, ein paar Dinge zu ändern, träumte der kleine Stern und nahm einen tiefen Atemzug aus frischer, galaktisch staubfreier Atmosphäre. Viel wichtiger war den Erdlingen ein angenehmes Miteinander im Feuerschein ihrer ganz besonderen Berge, wie die vier Schwestern es zelebrierten, die gerade zusammen an einem kleinen Teich inmitten eines Gartens saßen, in dem Farne und Engelstrompeten, Stechäpfel und Tollkirschen sowie eine Vielzahl Alrunen gediehen. Das funktioniert mit Sonnenlicht noch besser, fand der kleine Stern, aus dem Fundus seines Wissens schöpfend. Während der kleine Stern von der Milchstraße aus unverdrossen nach seinem Lieblingsplaneten Ausschau hielt und überlegte, ob man auf der Erde im Schein der Feuerberge auch lesen konnte, hielt sich eine der Schwestern auf eben diesem Himmelskörper auf. Ihr Name war Mahhara, in der linken Hand hielt sie ein Blatt direkt vor ihrer Nase, auf das etwas gezeichnet war. Aus der Pfeife in ihrer anderen Hand stieg Tabakqualm nach oben und vermischte sich mit dem der Umgebung. „Wenn man mal Licht braucht“, grummelte besagte Schwester und schaute sich um, ob der nahe Feuerberg nicht endlich wieder seine Abhänge bespucken wollte. Wollte er nicht. Es blieb so dunkel wie Mahharas Haar, das sich gleich abgekühlter Lava über ihr nachtfarbenes Kleid verteilte. Aus ihrem Gesicht, das schimmerte wie Alabaster in einer Neumondnacht, ragte die Nase wie ein Zierbogen. Ihre Miene war grimmig, wünschte sie sich doch nichts weiter als ein wenig Helligkeit, damit sie die Nachricht lesen konnte, aber nichts geschah. Nichts? Ihre Gedanken jagten hinaus ins All, hüpften über die Milchstraße und tanzten über die Sterne. Sie tippten in dem Moment auf die Spitzen des kleinen Sterns, als der gerade über seiner Lektüre eingenickt war und davon träumte, endlich die Erde zu finden. Er kuschelte sich in sein Kissen aus Sternenstaub, während er im Traum zu seinem Lieblingsplaneten reiste, Licht brachte in dunkles Dasein und – sich abstieß. Im selben Moment flammte ein Komet helllodernd übers Firmament und ein kleiner Stern floss über die Milchstraße. Dinge verknüpften sich in einem fantastischen Multiversum der Unmöglichkeiten bisweilen auf unvorhersehbare Art. Aus Gedankenimpulsen konnten wirkliche Dinge werden, wie die Strickstrümpfe der Großmutter von Uradat Besar, die oft unter kalten Füßen litt. Im rhythmischen Geklapper ihrer Stricknadeln machte sie lose Fäden zu einer Masche, an diese Masche hängte sie die nächste dran, dann noch eine, so lange, bis ein fertiger Strumpf an der Nadel schlenkerte, der sie später wärmte. Die Gedanken des kleinsten Sterns am Firmament,waren die Wolle, aus der eine Stricknadel namens Fantasie einen wärmenden Strumpf erschuf. In der Nähe des Teichs brauchte niemand Strümpfe, nur Beleuchtung. Doch der Feuerberg ruhte. Es blieb dunkel und die Nachricht ungelesen. Hilfe nahte. Die älteste der Schwestern, Kundrie, war in die Hütte gegangen, um einen Kienspan an dem kleinen Klumpen vor sich hinglühender Lava zu entzünden, den sie dort in einer Ecke hütete. In der Zwischenzeit bellte Mahhara ungeduldig nach oben: „Hey, kannste nicht mal hierher leuchten?“ Es klang eher nach einer Forderung als einer Bitte, gerichtet an einen nebulösen Schweif, den sie durch den Dunst der Vulkanasche mehr erahnte, als wirklich sah. Sie rief auch mehr im Scherz als in der Annahme, wirklich gehört zu werden. Welch Irrtum! Der kleine Stern zog den üppig feurigen Schweif hinter sich her, den Mahhara bemerkt hatte. Er war schon unterwegs im Auftrag, Licht ins Dunkel zu bringen. Und er hörte Mahharas...


Fischer, Barbara
Barbara Fischer wurde in Weimar geboren, studierte Literaturwissenschaft, Ethnologie und Indonesische Philologie in Köln und schrieb danach u.a. fu¨r die Deutsche Welle historische Feature. 2004 wird sie Dozentin fu¨r Deutsch als Zweitsprache.
Ihr Werdegang als Ku¨nstlerin beginnt bereits in den späten 80er Jahren in der DDR. Seit 20 Jahren veröffentlicht sie immer wieder Texte und Gedichte in Literaturzeitschriften und Anthologien. 2014 erschien der Roman „Liliths Weltenchronik“, der 2019 erweitert und u¨berarbeitet neu aufgelegt wurde. Weitere Baumweltenromane erscheinen 2020 und 2021.
Barbara Fischer ist Mitglied im Haus der Frauengeschichte in Bonn und im Allerweltshaus e.V. in Köln.


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