Flor | Ich in Gelb | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 216 Seiten

Flor Ich in Gelb

Roman
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-99027-134-6
Verlag: Jung u. Jung
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, 216 Seiten

ISBN: 978-3-99027-134-6
Verlag: Jung u. Jung
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Anregend geistreich und erfrischend böse: Olga Flors bloggende Alice entführt uns in Spiegelwelten wechselnder Identitäten. Als Modebloggerin macht sich NextGirl in der Szene schnell einen Namen. Sie nimmt sich kein Blatt vor den Mund, ihr Urteil ist stets unverblümt, so unverblümt, wie das Urteil eines »Girls« nur sein kann. Das Wunderland, durch das uns Alice in ihrem Blog führt, ist ein Fantasiereich erschreckend realer Figuren. Im Austausch mit Bianca, dem Model, in dem ein Wurm zu monströser Größe heranwächst, erzählt sie, wie sie den »genialen« Modeschöpfer Josef kennenlernt, der ausgerechnet in dem Museum für Naturgeschichte, in dem ihr Vater arbeitet, eine große Show plant. Und wie jede gute Show endet auch diese mit einem Knalleffekt.Kunstvoll und mit leichter Hand verknüpft Olga Flor in ihrem Blog-Roman Kurztexte, Kommentare, Links und Bilder zu einem engmaschigen Netz. Was sie darin aus den Tiefspeichern einer faszinierend fremden Welt zwischen Mode und Körperdesign zutage fördert, schillert in den grellen Farben einer Gegenwart, in der sich der Mensch selbst überlebt hat und zur Fantasiegestalt, zum »Real-Life-Avatar« einer viel reelleren Webidentität wird. Es bleibt die Frage: Wer fälscht wen?

geboren 1968 in Wien, aufgewachsen in Wien, Köln und Graz,. Nach dem Abschluss eines Physikstudiums arbeitete sie im Multimedia-Bereich. Für ihre literarischen Arbeiten wurde sie vielfach ausgezeichnet: u.?a. mit dem Anton-Wildgans-Preis (2012), mit dem Franz-Nabl-Preis (2019) und mit dem Gert-Jonke-Preis für Prosa (2023).
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Autoren/Hrsg.


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6.9.


Jetzt haben sie mir doch glatt die Seite gesperrt, wegen eines einzigen Fotos! Zappenduster plötzlich. Naja. Da wird der Bildträger abgestraft, das ist Netzlogik! Egal.

Ich bin wieder hier, hier und jetzt, das ist das Einzige, was zählt. Wenn mir nur nicht mittendrin der Saft ausgeht. Überhaupt das Drama des zeitgenössischen Menschen: Der Akku hält nicht, was seine Lebensdauer verspricht. Wenn es dem Laptopschirm auf einmal das Licht ausbläst, das Wurmloch sich plötzlich schließt, das kleine private Einstiegsloch in das Innere (Äußere?) dieses wurmstichigen Hyperraums. Das Kaninchenloch, durch das ich zu gerne falle. Eine Katastrophe. Ich meine, ich habe sicher noch irgendeinen stylischen Schreibblock hier vergraben, aber wo bleibt die Reichweite? Nein, solche Grauslichkeiten wollen wir uns gar nicht vorstellen. Stattdessen sonne ich mich lieber im Fensterleuchten vor mir. Und hoffe, dass die ganze Debatte Blogs versus Magazine noch viele schöne Blüten treibt, an denen ich dann herumretuschieren kann. nG

Bianca: Die Anemonengeschichte muss ich noch zu Ende bringen: Eddie holt also die Kamera, sein Stativ und zwei Standscheinwerfer, die den Raum ausleuchten wie die Lichtkegel eines Forschungs-U-Boots. Und mich, die Molluske, doch das wusste ich zu dem Zeitpunkt noch nicht. Die Frisur, sagt er, so wird das nichts, und rennt schon wieder weg, um mit einer kleinen Dose in der Hand zurückzukommen.
Da, sagt er.
Was ist das?, frage ich.
Rasierschaum.
Was soll ich damit?
Mensch, versucht er sich in breitestem Norddeutsch, bist du schwer von Begriff? Schmier’s dir in die Haare!
Rasierschaum? Eine Rasur?
Nein! Jetzt ist er so richtig aufgeregt und fast schon barsch, knete es hinein, ich habe nichts Besseres, das wird so richtig spacig. Ich sprühe mir also den dicken Schaum in die Hand, knete mir Korallenarme aus den Haaren, die ich in die Höhe wachsen lasse. Doch der Schaum ist viel zu weich und hält das Gewicht der Strähnen nicht, sie sinken langsam ab, während meine Kopfhaut zu jucken beginnt. Macht nichts, sagt Eddie und zieht die Schaumwülste wieder nach oben. Wird die Zeit eben zum gestaltenden Faktor. Du hast attitude, sagt er. Zusammen schaffen wir das, du wirst sehen.
nG: So ist es. Das Molluskenbild …
Und zum Thema Geschäft: Josef korrigiert sich, nach dem Gebrüll on/offline: Frauen sind das Wichtigste in seinem Leben überhaupt, sonst würde er doch nicht Mode für sie machen, alles dreht sich bei ihm um Frauen, Frauen sind das Beste, was ihm in seinem Leben je passiert ist.

3.9.


Manchmal frage ich mich wirklich, was ich hier tue: jeden Tag etwas festhalten. Und es sind nicht nur die Hundstage im August, wenn die Kampfposter durchdrehen, dass mir Zweifel kommen. Hundstage: ein wunderschönes Wort, da fallen einem doch gleich städtische Schwimmbäder mit fetten Schnitzelfressern und Hundehaufen vor den Zäunen ein, samt den Besitzern der Hundehaufenproduzenten, die einen anfauchen, wenn man ihren Tierchen aus dem Weg gehen will. Nein, das ist es gar nicht.

Ich sage mir jedenfalls, dass das Festhalten der Dinge an sich einen Sinn ergibt. Muss so sein, sonst wäre ja die ganze schöne Journalismusbranche überflüssig. Dann muss das für uns erst recht gelten, für zeitnah agierende Augenzeuginnen wie mich, noch dazu, wenn sie mittendrin sind, surplus +extra+. Ich berichte stets in Echtzeit aus der Mitte des Geschehens. Ich weiß schon, jetzt kommen wieder die Oberschlauen, die sagen, dass so ein Blog keinerlei Qualitätskriterien unterworfen ist, im Gegensatz zu journalistischer Arbeit. Ja, sage ich, eh, aber dafür der Crowdclouddichte! Der Schwarmdummheit! Ich unterwerfe mich hiermit allen Qualitätskriterien, die mir so einfallen, versprochen, werte Followerinnen und Follower. Doch mir reicht das trotzdem nicht. Ich weiß, dass ich mich bewegen muss, und ich werde mich bewegen. Nicht nur von einem Tag zum anderen.

Brühwarm aus der Maske: was die »Mädchen« so machen, in Warteposition. Furchtbar auch, dass man die so nennt, Geschlechtszuordnung, Altersbestimmung als Berufsbezeichnung. Aber nachdem es alle tun, tu ich es eben auch. Auch wenn die meisten älter sind als ich. nG

ExterneExpertin: Eine neue Sprache muss her, meine Rede!
nG: Ja, eine eigene kleine Privatsprache wäre nett, hätte praktisch aber gewisse Nachteile.
ExterneExpertin ((ex)2): Schon versucht?
nG: Die Referenz von Zeichen und Bezeichnetem unterliegt einer Konvention, such das mal. Ist ja logisch, sonst bricht der Kommunikationsweg zusammen wie der Funkverkehr bei einem heftigeren Sonnensturm.
(ex)2: Der Rest: .

2.9.


Natürlich gibt es Gerüchte, die gibt es immer. Gerüchte, die mit Fotografen und Handtüchern zu tun haben, Bianca wird davon gehört haben, aber sie lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Das bewundere ich an ihr.

Was soll man machen, so ist das Geschäft, sagen die Leute. Die Models kommen und gehen. So sagt man das. Je neuer, desto besser, und es gibt immer eine Neuere. Bianca hat Glück, die hat eine echte Nische gefunden, und in der ist sie Alleinherrscherin. Aber mehr ist es auch nicht. Hält nicht ewig vor. Neue Gesichter, sagen sie, frische Gesichter sind immer gefragt, und die Körper stehen schon Schlange. Die kann man im Vorbeigehen benutzen, und niemand protestiert. Die Mädchen nicht, denen hält man Coveroptionen vor die Nase, die dann leider, leider zusehends an Wert verlieren. Die Crew schon gar nicht, die Stylistinnen und Kameraassistenten wollen schließlich auch nachgefragt werden. Die halten die Handtücher bereit. Unser Geschäft basiert auf dem Handel mit ansehnlichem Bildmaterial, sagen sie dann. Oder so. Also meines nicht. Nicht, dass ihr denkt. Ich schreibe das hier ohne Gewinnoption.

Apropos (#Handtuch), hier eines der berühmten Handtuchbilder (die weißen Flecken auf der Stirn):

Removed due to copyright infringement.

(Automatische Übersetzungsfunktion: Zurück bewegt aufgrund vom Kopierrecht Einfransung)

Nicht mit mir. Ich weiß, auf welcher Seite der Kamera ich stehe. Gestern im Hauptabendprogramm schon wieder so ein Film, in dem eine skrupellose Zwölfjährige auftaucht – angezogen in dem 90’s-Stil, der im Moment ja wieder so im Kommen ist, der mindestens zweite 50’s-60’s-70’s-30’sin70’ s-Interpretation-40’s-in-80’s-Interpretation-puristische-new-wave-80’s-nerd-90’s-Revival-Durchgang, an den ich persönlich mich erinnern kann, und ich bin eindeutig ein Kind des dritten Jahrtausends, egal, wäre Thema für einen eigenen Blogeintrag, mach ich vielleicht bald. Die skrupellose Zwölfjährige verfolgt jedenfalls einen unschuldigen ausgewachsenen Mann – mindestens mittelalt, 40 oder ärger –, um ihn in den Untergang zu stürzen. Weil wir so sind, wir kleinen Mädchen, muss in den Genen liegen. Ich frage euch: Wer glaubt eigentlich diesen Blödsinn? Und warum wird das ewig wiedergekäut? Außer darum, weil es sich eben verkauft, Kunststück, und warum verkauft sich das so gut? Na, weil die Theorie so einfach ist, was sonst.

So schön einfach wie das Wort Schändung. Immer beliebt: Kinderschänder. Schändung heißt ja eindeutig, dass jemand geschändet wird, die Schande bleibt kleben, und zwar am Opfer, nicht am Täter. Der Täter hat interessanterweise keinerlei Schande auf sich geladen, die lässt er samt den Spuren der Vergewaltigung am Opfer zurück, das sich dann schämen kann aufgrund der Schande, an der es irgendwie selbst schuld sein muss, sonst wäre es ja keine Schande. Eine Opfer-Täter-Verkehrung, die sich in Unschuld gewaschen hat. Zum Kotzen.

Die ewige Altersgeschichte: Keiner will alt werden, da hilft es vermutlich, wenn man sich einreden kann, von einer Zwölfjährigen verfolgt zu werden. Wahrscheinlich werden sie deshalb so gerne verheiratet. Josef sagt, das Altern ist eine Beleidigung, die niemandem erspart bleibt. Und irgendwann steht einem die Option nicht mehr zur Verfügung, sich in jungen Jahren umzubringen. Ich widerspreche ihm da nicht, wer bin ich denn? nG

Weisenrat: Was ist gegen das Sich-Fithalten einzuwenden?
Sabine, Presse und Medien, Paradise Agency: Gegen die Pauschalverurteilung einer ganzen Branche verwehrt sich die Paradise Agency auf das Schärfste. Im Zentrum der Geschäftsgrundsätze der Paradise Agency OEG steht das Wohl unserer Klienten, in deren Auftrag wir nicht nur die Geschäftsanbahnung betreiben, sondern selbstverständlich auch für die Bereitstellung der nötigen Infrastruktur wie Unterbringung, Catering, Work-Life-Balance-Angebote etc. sorgen, was eine professionelle und kundenorientierte Ernährungs-, Fitness-, und Wellnessberatung ganzheitlich einschließt. Basis der...


Flor, Olga
geboren 1968 in Wien, aufgewachsen in Wien, Köln und Graz,. Nach dem Abschluss eines Physikstudiums arbeitete sie im Multimedia-Bereich. Für ihre literarischen Arbeiten wurde sie vielfach ausgezeichnet: u.?a. mit dem Anton-Wildgans-Preis (2012), mit dem Franz-Nabl-Preis (2019) und mit dem Gert-Jonke-Preis für Prosa (2023).

Olga Flor, geboren 1968 in Wien, aufgewachsen in Wien, Köln und Graz, studierte Physik und arbeitete im Multimedia-Bereich. Seit 2004 freie Schriftstellerin. Zahlreiche Auszeichnungen, u.a. Anton-Wildgans-Preis 2012, Veza-Canetti-Preis 2014.



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