Gruber | Tiermärchen aus Russland | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 166 Seiten

Gruber Tiermärchen aus Russland

Tiermärchen vieler Völker, Band 4
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-86532-594-5
Verlag: Pendragon
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Tiermärchen vieler Völker, Band 4

E-Book, Deutsch, 166 Seiten

ISBN: 978-3-86532-594-5
Verlag: Pendragon
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



»Iwan Zarensohn sprang über die Mauer in den Garten, sah den goldenen Käfig, darin den Feuervogel leuchten, nahm ihn heraus und wollte gehen …«

Die hier versammelten russischen Märchen, ob sie unter Tieren spielen oder Tiere als Helfer handeln lassen, sie sind mit Herz und Verstand erzählt, komisch und derb manchmal, spöttisch oder zart, immer mitfühlend, oft auch mit großem Atem. Und so gewinnen wir einen erstaunlichen Einblick in die viel beschworene, nirgends besser greifbare »russische Seele«.
Über hundert Nationalitäten und Ethnien versammelte das Riesenreich der Zaren. Nicht verwunderlich, dass die großen Erzähler Russlands auf diesen Schatz der Überlieferung zurückgegriffen haben. Auch die Komponisten: Rimski-Korsakow vertonte den »Goldenen Hahn« nach Puschkin, Strawinski bezog sich auf das Märchen vom »Feuervogel«.
Alexander Gruber hat im 4. Band seiner Reihe »Tiermärchen vieler Völker« 25 aus weit über 600 Märchen ausgesucht und erzählt sie neu.

Gruber Tiermärchen aus Russland jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Die Füchsin und der Wolf 1 + 2
Die Schnepfe
Die Ente, die goldene Eier legte
Vom Feuervogel und vom grauen Wolf
Zar Bär
Der Adler aus Holz
Das Mädchen als Soldat
Iwanko Bärensohn
Die Linde im Wald
Der goldene Hahn
Mascha und der Bär
Auf des Hechtes Geheiß
Vom Kater, vom Hahn und vom Fuchs
Barsoi, Falke, Ross und Barsch
Was die Nachtigall singt
Einundvierzig Brüder und des Jüngsten Pferd
Die Tiere im Winter
Dümming will heiraten
Junker Kranich und Jungfer Reiherin
Gänse, liebe Vögel!
Von der Tiermilch
Der Kater und der Dummerjan
Der Bauer und der Bär
Die Kröte aus dem Sumpf
Der Wettlauf


Die Schnepfe Da war einmal ein Ehepaar, das hatte drei Söhne. Zwei waren klug, der Dritte ein Dummkopf. Die beiden Klugen gingen arbeiten, bestellten die Felder und säten auf dem einen Erbsen an. Als die reiften, schickten sie den Dummkopf hinaus, damit er den Acker bewachte. Der Dümming flocht sich ein Hüttchen aus Stroh, das da noch herumlag, und hielt Wache. Eine Schnepfe flog herbei und pickte die Erbsen auf, aber der Dümming nahm es in Acht, schlich heran und fing die Schnepfe. Den Hals wollte er ihr umdrehen, aber da fing sie an zu sprechen und sagte: »Iwanuschka, mein Lieber, dreh mir doch nicht den Hals um, ich kann dir noch von Nutzen sein.« – »Ach, und wie willst du das anfangen?« – »Du komm zu mir, und ich geb dir ein Tischtuch.« – »Wozu? Ich hab selber eins.« – »Aber so eins doch nicht! Zu dem brauchst du nur zu sagen: »Tüchlein, Tüchlein, roll dich auf! Breit’ dich aus und stell was drauf! Schnell! Schaff Essen und Getränk zur Stell!« Dann macht es das. Mehr brauchst du gar nicht tun, dann hast du zu essen und zu trinken.« – »Gut!«, sagte Iwan. Er ließ die Schnepfe frei, und die flog davon. Anderntags wollte er zu ihr und das versprochene Tüchlein holen, also machte er sich auf den Weg. Querfeldein ging er und geriet auf eine Pferdeweide. Hirten waren da, die die Pferde hüteten, und er fragte: »Hirten, he! Ihr Pferdehirten! Wo wohnt denn hier die Schnepfe?« – »Da musst du weiter gehen. Frag da, wo sie die Kühe hüten. Die können’s dir sagen.« Er ging also weiter, bis er zu der Weide kam, wo die Kuhhirten die Kühe weideten, und fragte: »Hirten, he! Ihr Rinderhirten! Wo wohnt denn hier die Schnepfe?« – »Geh nur weiter! Wo man die Schweine hütet, kann man es dir sagen.« Er ging also weiter, bis er auf eine Schweineherde stieß. Da fragte er: »Hirten, he! Ihr Schweinehirten! Wo wohnt denn hier die Schnepfe?« – »Geh nur weiter! Wo man die Lämmer hütet, kann man es dir sagen.« Also ging er weiter und stieß auf eine Herde hüpfender wolliger Lämmer. Da fragte er: »Hirten, he! Ihr Lämmerhirten! Wo wohnt denn hier die Schnepfe?« – »Geh! Geh weiter! Wo man die Gänse hütet, kann man es dir sagen.« Er ging weiter und kam zu einer Herde schnatternder, zischender Gänse und fragte: »Hirten, he! Ihr Gänsehirten! Wo wohnt denn hier die Schnepfe?« – »Musst weiter gehen! Wo man die Enten hütet, kann man es dir sagen.« Das war nicht weit. Er ging hin und fragte: »Hirten, he! Ihr Entenhirten! Wo wohnt denn hier die Schnepfe?« – »Da drüben! Geh da drüben hin, wo die weißen Häuser stehn. Das Haus mit den roten Säulen, da wohnt die Schnepfe!« Er ging hin zu dem Haus mit den roten Pfeilern, und die Schnepfe kam heraus. Er grüßte sie und sagte: »Gott zum Gruß, Schnepfe! Du hast mir ein Tischtuch versprochen, weißt du noch? Das will ich holen, gib es mir!« Die Schnepfe ging ins Haus, holte das Tischtuch heraus und gab es Iwanuschka. Iwanuschka nahm es und sagte: »Tüchlein, Tüchlein, roll dich auf! Breit dich aus und stell was drauf! Schnell! Schaff Essen und Getränk zur Stell!« Es geschah wie versprochen. Da schmauste Iwan mit der Schnepfe, bedankte sich bei ihr, als sie gegessen und getrunken hatten, steckte das Tuch ein und machte sich auf den Heimweg, doch auf dem Weg begegnete ihm die Baba-Jaga. »Iwanuschka, liebes Väterchen! Wie schön, dass wir uns treffen! Komm doch herein zu mir, ich wasche dich und bade dich und gebe dir zu trinken. Danach kannst du bei mir schlafen.« Ja, das gefiel ihm. Er ging hinein zu ihr. Sie nahm ihn ins Bad, wusch ihn und legte ihn zur Ruhe, und als er sich niederlegte, sagte er: »Gib aber Acht, Baba-Jaga, dass du nicht sagst: Büchlein, Tüchlein, roll dich auf! / Breit dich aus und stell was drauf!« Dann schlief er wohlig ein, worauf die Baba-Jaga nur gelauert hatte. Schon klaubte sie aus seinen Kleidern das Tuch der Schnepfe heraus und befahl ihm: »Tüchlein, Tüchlein, roll dich auf! / Breit dich aus und stell was drauf!« Das Tuch tat wie befohlen. Die Baba-Jaga verlangte Essen und Wein. Da erschien, was sie wollte. Also nahm sie das Tuch der Schnepfe an sich und legte dem Dümming ein anderes hin. Der stand am nächsten Morgen vergnügt auf, kleidete sich an, steckte das Tuch ein und ging ebenso vergnügt nach Hause. Daheim rief er seinen Vater und sagte ihm: »Väterchen, ich will ein Gastmahl geben. Ruf die Brüder, die Schwägerinnen und alle Verwandten herbei!« – »Ja, wie denn, Söhnchen? Wie willst du ein Gastmahl geben?« – »Lass mich nur machen!« Also lud der Vater alle ein, und als sie da waren und um den Tisch saßen, legte Iwanuschka das Tuch auf den Tisch und befahl: »Tüchlein, Tüchlein, roll dich auf! Breit dich aus und stell was drauf! Schnell! Schaff Essen und Getränk zur Stell!« Aber nichts geschah. Das Tuch lag da, rollte und breitete sich nicht aus, und weder Essen erschien noch Trinken. Der Dümming war verdutzt und wiederholte: »Tüchlein, Tüchlein, roll dich auf! Breit dich aus und stell was drauf! Schnell! Schaff Essen und Getränk zur Stell!« Wieder nichts! Da dachten die Brüder und alle andern, dass er sie veräppeln wollte, packten ihn und warfen ihn zum Haus und zum Hof hinaus. Enttäuscht und wütend ging Iwan wieder den langen Weg zu der Schnepfe und sagte ihr: »Schnepfe, du hast mich betrogen!« – »Nein, hab ich nicht!«, sagte die Schnepfe. »Was ist passiert?« Und Iwanuschka erzählte es ihr. »Ich habe dich nicht betrogen«, sagte sie ihm schließlich, »aber hier hast du ein Pferd.« Und ein Rappe trabte heran. – »Ein Pferd? Was soll ich damit? Ich hab selber eins!«, sagte Iwanuschka. – »Nimm es nur! Wenn du ihm sagst: ›Pferdchen, Pferdchen, wiehere hell!‹, dann wiehert es und lässt Gold aus dem Maul fallen.« Iwanuschka probierte das gleich aus. »Pferdchen, Pferdchen, wiehere hell!«, sagte er. Und der Rappe wieherte und Gold fiel aus seinem Maul, Iwanuschka klaubte es auf und seine ganze Mütze war voll. Da verabschiedete er sich von der Schnepfe, saß auf und ritt den Weg zurück. Aber unterwegs begegnete ihm wieder die Baba-Jaga, die ihn schmeichelnd einlud, die Badestube für ihn einheizte, als er bei ihr eintrat, ihn wusch, badete und trockenrieb, dann aber schlafen legte. »Gib nur Acht«, sagte er ihr noch, »sag nicht: ›Pferdchen, Pferdchen, wiehere hell!‹ zu meinem Rappen.« Und schon schlief er ein. Da lief sie hinaus zu dem Rappen und sagte: »Pferdchen, Pferdchen, wiehere hell!« – schon fing er an zu wiehern, und das Gold fiel ihm in Mengen aus dem Maul. Hat ihr das gefallen? Und ob! Sie holte ihren eigenen Rappen aus dem Stall und tauschte ihn mit dem des Dümmings aus. Als der aufwachte, zog er sich an, sagte. »Ade!«, saß auf und ritt nach Haus. »Was willst du denn mit dem Pferd?«, fragte sein Vater. »Wir haben doch selber eins.« – »Aber doch so eins nicht! Sag der Schwägerin, sie soll einen Teppich hinlegen.« Und als sie den hingelegt hatte, führte Iwan den Rappen herbei, ließ ihn sich drauf stellen und sagte: »Pferdchen, Pferdchen, wiehere hell!« Aber der Rappe wieherte nicht, noch fiel Gold aus seinem Maul, stattdessen hob er den Schweif und ließ ein paar Äpfel auf den Teppich fallen. – »Der veräppelt uns!«, schrien sie alle und prügelten den Dümming vom Hof. Wutentbrannt ging er wieder den langen Weg zum Haus der Schnepfe mit den roten Säulen. »Schnepfe!«, schrie er. »Komm heraus! Komm ’raus!« Sie kam, und er schrie: »Du hast mich belogen und betrogen!« – »Nein!«, sagte die Schnepfe, »das hab ich nicht. Aber hier geb ich dir einen Kasten, darin liegt eine Zange. Du brauchst nur zu sagen: ›Zange, Zange, aus dem Kasten!‹, dann –« Iwan wartete nicht ab und rief: »Zange, Zange, aus dem Kasten!«, da fuhr die Zange heraus und fing an, ihn zu zwicken und zu zwacken und gehörig zu piesacken, dass er unter Stöhnen ausrief: »Schnepfe! Ich bitte dich, nimm sie weg!« Und die Schnepfe befahl: »Zange, Platz!« Da fuhr sie wieder in den Kasten. Den nahm Iwanuschka untern Arm, sagte der Schnepfe Ade! und machte sich auf den Heimweg. Na, wer kam ihm da entgegen? Die Baba-Jaga, die hatte ihn kommen sehen. Sie heizte die Badstube für ihn, wusch ihn und badete ihn und legte ihn schließlich schlafen. Er sagte ihr aber, wohlig müde: »Gib Acht, Baba-Jaga! Sag nicht: ›Zange aus dem Kasten!‹«, und schlief ein. Die muntere Baba-Jaga aber rief: »Zange, Zange, aus dem Kasten!« Und schon fuhr die Zange heraus und fing an, sie zu zwicken, zu zwacken und gehörig zu piesacken. »Auwai! Auwai!«, schrie die Baba-Jaga. »Iwanuschka, Väterchen! Nimm sie weg, nimm sie weg! Ich geb dir auch dein Tuch und deinen Rappen wieder! Nimm sie weg!« – »Also du hast sie mir gestohlen!«, stellte Iwanuschka fest. »Gib sie her!« Unter Jammern und Geschrei holte sie das Tuch hervor und den Rappen aus dem Stall. – »Zange, Platz!«, sagte Iwanuschka, nahm Kasten und Tuch und schwang sich auf den Rappen. So kam er nach Hause. Als er daheim war, sagte er: »Väterchen, ruf alle Verwandten zusammen. Ich gebe ein Fest!« – »Nichts da!«, sagte sein Vater, »Du wirst uns bloß wieder zum Narren halten.« – »Diesmal nicht, glaub mir!« – »Also gut! Zum allerletzten Mal!« Und die Verwandten wurden alle zusammengerufen. Iwan setzte sich an den Tisch, legte sein Tuch darauf und befahl: »Tüchlein, Tüchlein, roll dich auf! Breit...


Alexander Gruber wurde 1937 in Württemberg geboren. Seit 1967 arbeitete er als Lektor und Dramaturg beim S. Fischer Verlag. Später ging er als Chefdramaturg an die Bühnen der Stadt Bielefeld. Er ist erfolgreicher Theaterautor, unter anderem vieler Kinderstücke, die größtenteils auf der Erstfassung der Brüder Grimm gründen, und er hat zahlreiche englische und französische Dramen, darunter viele Opernlibretti, übersetzt und bearbeitet.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.