Harrison | Das Lied der Harpyie | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 06, 400 Seiten

Reihe: Elder Races

Harrison Das Lied der Harpyie


1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-8025-9673-5
Verlag: LYX
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, Band 06, 400 Seiten

Reihe: Elder Races

ISBN: 978-3-8025-9673-5
Verlag: LYX
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Zwischen der Harpyie Aryal und dem Kämpfer Quentin Caeravorn herrschen alles andere als freundschaftliche Gefühle. Doch dann werden die beiden von dem Anführer der Wyr, Dragos, zu einer Aufklärungsmission ins Elfenland Numenlaur geschickt und geraten dort schon bald in große Gefahr. Sie müssen zusammenarbeiten, wenn sie überleben wollen, und kommen sich dabei unvermutet näher.

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1


Aryal segelte und wirbelte durch die wilde, dunkle Nacht. Anders als die anderen Wyr machte es ihr nichts aus, in der Stadt zu leben. Die Stadt war kantig und rau, auf eine Art, die ihr gefiel. Aber dieses einsame Reich hoch über den Gipfeln der Welt, das war ihr wahres Zuhause. Hierher kam sie, um nachzudenken, über etwas zu grübeln oder ihren Zorn ins All hinauszuschreien.

Sie flog so hoch, dass die Luft selbst für ihre kräftige Lunge zu dünn wurde. Unter ihr lagen die Wolken, Luftschlösser aus dunklem Elfenbein, und über ihr kreisten die Sterne im Tanz der Konstellationen, ihr Licht erzählte uralte Geschichten von Orten in unvorstellbarer Ferne. In dieser Höhe strahlten die Sterne so hell, dass Aryal beinahe glaubte, die Fesseln der Schwerkraft für immer abstreifen und zu ihnen hinauffliegen zu können.

Beinahe.

Jedes Mal gab es diesen Moment, in dem sie den Höhepunkt ihrer Flugkunst erreichte, diesen einen Augenblick der Perfektion, in dem sie schwerelos in der Luft hing und sich nicht mehr höher hinaufarbeitete, sondern einfach nur in vollkommener Balance existierte.

Dann gewann die Schwerkraft die Oberhand und zog sie wieder zur Erde zurück, doch immer würde Aryal die Erinnerung in sich tragen, wie sie diesen einen, perfekten Augenblick erreichen konnte.

Heute Nacht flog sie nicht zum Vergnügen. Sie flog, um allein und in Ruhe über etwas zu brüten.

Sie hatte zwei Hassobjekte. Eines, das sie festhielt und mit aller Leidenschaft nährte. Und das andere, das sie loslassen musste.

Ihr erstes Hassobjekt war Quentin Caeravorn.

Sobald sie eine Möglichkeit fand, nicht erwischt zu werden, das schwor sie bei Gott, würde sie ihn umbringen.

Am liebsten würde sie ihn langsam töten, aber inzwischen war sie bereit, jede Chance zu ergreifen, die sich ihr bot.

Es war schon schlimm genug gewesen, dass sich Quentins Freundin und ehemalige Mitarbeiterin Pia mit Dragos Cuelebre, dem Lord der Wyr, gepaart – und ihn geheiratet – hatte. Am Anfang war Pia eine Diebin gewesen. Sie hatte den mächtigsten Wyr bestohlen, den die Welt je gesehen hatte. Jetzt war sie seine Frau und die Mutter seines Sohns.

Sobald Pia im Cuelebre Tower eingezogen war, waren die Greifen total hin und weg von ihr gewesen; die glaubten wohl alle, dass sie glitzernde Regenbögen pupste oder so was. Und verdammt, nach allem, was Aryal wusste, pupste sie tatsächlich glitzernde Regenbögen.

Im Allgemeinen fiel die Reaktion der Wyr auf Pias Gegenwart eher zurückhaltend aus (vernünftig), besonders da sie sich immer noch weigerte, ihre Wyr-Gestalt zu enthüllen, was Aryal nicht nur für eine kurzsichtige, sondern auch für eine armselige Entscheidung hielt. Wie konnte sie erwarten, von den Wyr anerkannt zu werden, wenn die nicht einmal wussten, was zum Geier sie eigentlich war? Allein die Tatsache, dass sie existierte, bereitete Aryal Zahnschmerzen.

Außerhalb des Wyr-Reichs allerdings war Pias Beliebtheit in den Himmel geschossen. Ihre tägliche Post war von einem spärlichen Tröpfeln von Briefen zu einer Lawine angeschwollen, für die sie ein eigenes Büro samt einer kleinen Belegschaft brauchte.

Pia hatte sogar Dragos’ Nachnamen angenommen, ein altmodischer Schritt, über den Aryal die Augen verdrehte. Jetzt war sie Pia Cuelebre.

Nachnamen … das waren Parasiten in Wortform. Sie hafteten auf seltsame Art an Personen, überschritten kulturelle und politische Grenzen, reisten um die Welt, um sich dann ganz nach Lust und Laune und scheinbar zufällig an andere zu heften.

Warum fiel sonst niemandem auf, wie unheimlich Nachnamen waren? Sie drückten einer Person den Stempel auf, aus einer bestimmten Schicht oder Gegend zu stammen, und verknüpften die Identität dieser Person mit einer anderen, als hätte diese Identität für sich genommen keinen Wert.

Im Gegensatz zu vielen anderen der ersten, unsterblichen Wyr weigerte sich Aryal hartnäckig, einen Nachnamen zu wählen, und sie würde auch niemals den Namen eines anderen annehmen.

Pia war ihr zweites Hassobjekt.

Im Laufe dieses Tags hatte sich Aryal zähneknirschend und unter Schmerzen eingestanden, dass sie ihr verächtliches Schnauben über Pia einstellen musste. An dieser bitteren Pille hatte sie ganz schön zu würgen. Versüßt wurde sie durch die tödlichste Waffe aus Pias derzeitigem Arsenal: dem unglaublich niedlichen Gesicht ihres neugeborenen Sohns.

Nach ihrer Hochzeit waren Pia und Dragos in die Flitterwochen gefahren, wo Pia überraschend niedergekommen war. Gestern hatten die beiden ihre Reise auf Dragos’ Landsitz im Norden von New York abgebrochen und waren in die Stadt zurückgekehrt. Als sie am frühen Abend im Tower angekommen waren, hatte ausnahmslos jeder das Baby anfassen, es auf den Arm nehmen und/oder albern mit ihm herumbrabbeln müssen.

Die anderen Wächter führten sich auf, als hätte Dragos über Nacht ganz Asien erobert, während er selbst vor unbändigem Stolz strahlte.

In seiner Menschengestalt war er gut zwei Meter zehn groß, hatte einen gewaltigen, muskulösen Körper und ein hartes, attraktives Gesicht. Obwohl sein Auftreten immer die Schärfe eines Messers haben würde, musste Aryal zugeben, dass sie ihn noch nie so … glücklich gesehen hatte.

Sie für ihren Teil weigerte sich, auch nur in die Nähe von Pia und dem kleinen Hosenscheißer zu kommen. Sie wollte nichts mit ihnen zu tun haben.

Leider war das nicht lange gut gegangen.

Keine vierundzwanzig Stunden, um genau zu sein.

Als sie heute auf dem Flur vor Dragos’ Büro um eine Ecke gestürmt war, hätte sie beinahe Pia über den Haufen gerannt, die ein kompliziert aussehendes Wägelchen mit dem schlafenden Baby darin vor sich herschob.

Pia sah müde aus. Ihr hübsches, herzförmiges Gesicht war blasser als sonst, und ihr unvermeidlicher blonder Pferdeschwanz saß ein wenig schief. An den Schläfen hatten sich Haarsträhnen daraus gelöst. Einer ihrer neuen Vollzeit-Leibwächter hatte sie begleitet. Es war die vorlaute Frau, Eva. Eva stellte sich zwischen Pia und Aryal, ihre kühnen Züge und die schwarzen Augen voller unverschämter Feindseligkeit. Sie war etwa so groß wie Aryal, gut eins achtzig in flachen Stiefeln. Dunkelbraune Haut spannte sich über ihren straffen Muskeln.

»Du bist ja schon gemeingefährlich, wenn du nur einen Flur entlangläufst«, sagte Eva. »Hast du kein Tempo drauf, bei dem es keine Verletzten gibt?«

»Du und ich«, erklärte Aryal ihr mit aufwallender Freude, »wir werden das eines Tages austragen.«

»Machen wir es doch gleich heute«, sagte Eva. »Wir können jetzt sofort in den Trainingsraum am Ende des Flurs gehen. Mit oder ohne Waffen, deine Entscheidung.«

»Nicht so laut«, sagte Pia gereizt. »Wenn ihr das Baby aufweckt, mach ich euch beide fertig.«

Evas Züge wurden weicher, als sie den Insassen des Wagens ansah. Und bevor sie es verhindern konnte, sah auch Aryal hin.

Und war unwiederbringlich verloren.

Es verblüffte sie, wie winzig das Baby war. Sein Gesicht, sogar fast sein ganzer Kopf war kleiner als ihre Handfläche. Es war fest in weichen Stoff gewickelt, was beengend und unbequem aussah, allerdings wusste Aryal rein gar nichts über Babys, und der Kleine wirkte ziemlich zufrieden.

Den Kopf schief gelegt, schlich sich Aryal einen Schritt näher. Eva machte Anstalten, ihr den Weg zu versperren, doch Pia legte ihrer Leibwächterin eine Hand auf den Arm und hielt sie zurück.

Im weichen, zerbrechlichen Körper des schlafenden Babys lag ein lautes Tosen magischer Energie. Staunend schüttelte Aryal den Kopf. Bis zu diesem Moment hatte sie nichts davon gespürt. Wie hatte Pia so viel magische Energie während der Schwangerschaft verbergen können?

Das Baby schlug die Augen auf. Es sah so lebendig, so unschuldig und friedlich aus wie ein Miniatur-Buddha. Seine Augen waren dunkelviolett wie die seiner Mutter. Die Farbe war so tief und rein, dass sie alle Wildheit und alle Mysterien des Nachthimmels zu enthalten schien.

Ein lebenswichtiges Organ in Aryals Brust zog sich zusammen. Sie streckte die Hand nach dem Baby aus, stockte dann aber mitten in der Bewegung, als sie aus den Augenwinkeln sah, wie Pia zusammenzuckte.

Die Erkenntnis traf sie wie ein Aufwärtshaken unters Kinn.

Pia würde ihr das Baby nie anvertrauen, solange sie noch an einem Rest von Abneigung oder Feindseligkeit festhielt. Sie würde ihr nicht zeigen, wie sie das Baby halten musste, und garantiert würde sie nicht zulassen, dass Aryal auf das Kind aufpasste. Niemand würde das, dabei war es schrecklich unfair, denn Aryal hätte sich lieber die Hände abgehackt, als einem Kind auf irgendeine Weise Schaden zuzufügen.

Während sie noch mit dieser Erkenntnis rang, befreite das Baby einen Arm aus seiner Zwangsjacke und steckte sich die Faust ins Auge. Überraschung und Verwirrung zogen über sein winziges Gesicht. Mit herkulischer Anstrengung schaffte es der Kleine, die Faust zu seinem Mund zu zerren, um dann lautstark daran zu nuckeln.

Dieses lebenswichtige Organ in Aryals Brust, das war ihr Herz, und sie hatte es für alle Zeit an ihn verloren.

»Okay«, sagte sie mit heiserer Stimme.

»Was genau ist okay?«, fragte Pia.

Aryal sah sie an. In Pias Blick tanzte irgendein unterdrücktes Gefühl. Triumph vielleicht, oder Belustigung. Was es auch war, es war ihr egal.

Ohne große Hoffnung sagte sie: »Ich nehme nicht an, dass du auch nur darüber nachdenken würdest, deinen Cheerleader-Pferdeschwanz...


Harrison, Thea
Thea Harrison begann bereits mit neunzehn Jahren zu schreiben und veröffentlicht seither äußerst erfolgreich Liebesromane. Mit ihrer Romantic-Fantasy-Serie um die Welt der Alten Völker gelang ihr der große Durchbruch. Derzeit lebt sie in Nordkalifornien.

Thea Harrison begann bereits mit neunzehn Jahren zu schreiben und veröffentlicht seither äußerst erfolgreich Liebesromane. Mit ihrer Romantic-Fantasy-Serie um die Welt der Alten Völker gelang ihr der große Durchbruch. Derzeit lebt sie in Nordkalifornien.



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