E-Book, Deutsch, Band 8, 295 Seiten
Herzberg Düsteres Sylt
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-96714-256-3
Verlag: Zeilenfluss
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Küstenkrimi - Nordseekrimi
E-Book, Deutsch, Band 8, 295 Seiten
Reihe: Hannah Lambert ermittelt - Friesenkrimi-Reihe
ISBN: 978-3-96714-256-3
Verlag: Zeilenfluss
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
"Düsteres Sylt" ist Teil 8 der Reihe "Hannah Lambert ermittelt". Jeder Fall ist in sich abgeschlossen. Es kann allerdings nicht schaden, auch die vorangegangenen Fälle zu kennen ;)
Bisher erschienen:
"Ausgerechnet Sylt"
"Eiskaltes Sylt"
"Mörderisches Sylt"
"Stürmisches Sylt"
"Schneeweißes Sylt"
"Gieriges Sylt"
"Turbulentes Sylt"
"Düsteres Sylt"
"Funkelndes Sylt"
"Brennendes Sylt"
"Vergangenes Sylt"
"Trügerisches Sylt" - JETZT BRANDNEU!
"Hannah Lambert ermittelt" ist mit über 1 Mio. verkauften Exemplaren eine der erfolgreichsten Krimi-Serien der letzten Jahre. Alle Teile sind als eBook, Taschenbuch und Hörbuch verfügbar (der neueste Teil als Hörbuch folgt in Kürze).
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1
Niebüll, Montagmorgen Im Büro der Mordkommission herrschte ausgelassene Stimmung. Als Hannah Lambert den Raum betrat, wurde sie von ihren Kollegen Ole und Ralf für einen Montag viel zu gut gelaunt empfangen. Die beiden krümmten sich vor Lachen und prusteten um die Wette. »Was ist denn mit euch los?«, erkundigte sich Hannah, während sie ihren Arbeitsplatz ansteuerte. Nachdem sie ein paar Unterlagen auf dem Schreibtisch abgeladen hatte, äußerte sie ihre erste Vermutung: »Ist eure Bowlinggruppe am Wochenende ausnahmsweise mal nicht Letzter geworden?« »Vorletzter!«, betonte Ole, als ginge es um den Gewinn einer olympischen Goldmedaille. Weiter kam er nicht, denn Ralf übernahm die Erklärung: »Unsere Kollegen aus Norderstedt mussten vorzeitig aufgeben, weil sich Hauptkommissar Gregersen beim Anlaufen den Fuß verstaucht und eine andere sich wohl irgendwie den Magen verdorben hatte. Die wurde mit ’ner Funkstreife und Blaulicht nach Hause gebracht, weil sie nur dort richtig auf Toilette kann und nicht im Bowlingcenter, wo hundert andere auch …« Hannah winkte ab. »Danke! Das sind mir jetzt schon zu viele Details.« Sie lächelte verschmitzt. »Halten wir lieber fest: Ihr seid Vorletzter geworden. Wie wollen wir das feiern, Leute? Ladet ihr mich heute schön zum Mittagessen ein oder …?« »Man erwartet uns in zwei Stunden in Westerland«, unterbrach Ole mit gezwungenem Lächeln. »Schon vergessen? Wir sind mit dem seltsamen SM-Trio verabredet, das bis letzten Monat noch ein Quartett war.« »Und ihr könnt es wahrscheinlich gar nicht erwarten, die drei Herren nach allen Regeln der Kunst auszuquetschen. Wenn der polizeiinterne Buschfunk euch zwei Pappenheimer nicht hätte, könnte der ebenso gut den Betrieb komplett einstellen. Das würde man dann ein Gerüchte-Blackout nennen.« Ole schickte einen vielsagenden Blick in Ralfs Richtung, bevor er antwortete. »Du gönnst uns auch gar nichts. Kann ja nicht jeder im Dienstalltag so verbissen rumlaufen wie du.« Zum ersten Mal verfinsterte sich Hannahs Miene. »Ein Mann ist tot und bislang noch ungeklärt, ob da jemand nachgeholfen hat. Das ist wohl kaum der richtige Anlass, um euch Munition für schlüpfrige Witzchen zu liefern.« »Ich muss rüber ins Archiv«, stotterte Ralf und schoss regelrecht hoch. Erst nachdem der junge Kollege das Büro fluchtartig verlassen hatte, wandte sich Ole erneut an Hannah. »Alles okay bei dir? Du siehst müde aus. Streit mit Frank?« »Selbst wenn wir welchen hätten, würde ich es dir als Letztem sagen«, erwiderte Hannah kichernd. »Mein Gott … unser Wochenend-Serienmarathon war erst heute Nacht gegen halb zwei vorbei. Wir haben die ganze Zeit im Bett gelegen und Stranger Things geguckt.« »Wie weit seid ihr gekommen?« »Wir sind mit der dritten Staffel fertig. Warum wohl haben wir bis in die Puppen durchgehalten? Frank sah heut Morgen auch wie ’n Zombie aus. Bei der Besprechung über den Gemeindehaushalt braucht er wahrscheinlich Streichhölzer, um sich wachzuhalten.« Ole nickte anerkennend. »Willst du wissen, wie es in der vierten Staffel weitergeht?« »Legst du Wert auf ’ne Kugel im Kopf?« Ole schüttelte selbigen. »Dann lass dir wenigstens sagen, dass Max und Lucas …« »Wehe!«, fuhr Hannah drohend dazwischen. »Noch ein Wort und ich knall dich wirklich ab!« Diese Drohung wirkte, denn Ole wechselte spontan das Thema. »Wenn du uns nicht dabeihaben willst, kannst du dich auch gern allein mit ...«, er schaute kurz in eine Mappe, die vor ihm lag, »... Arne Wichmann, Stefan Meier und Pavel Dombrowski unterhalten. Ralf und ich haben mehr als genug mit den Akten zu tun, die wir alle auf neuesten Stand bringen müssen. Also reichlich Arbeit für mehrere Monate. Hoffentlich kommt niemand auf die Idee, irgendwen umzubringen. Dann bliebe der ganze Kram nämlich liegen und am Ende müsstest du noch helfen.« »Demjenigen, der uns diesen Aktenscheiß eingebrockt hat, würde ich gerne mal allein im Dunkeln begegnen.« »Wirst du! Schon nächste Woche auf der Bereichsleiter-Tagung. Aber ich bezweifle, dass ihr dort allein seid und das Ganze so lange geht, bis es dunkel wird – nicht mal im November.« Hannah schüttelte eine Weile den Kopf. Sie wollte gerade von Neuem loslegen, als sämtliche Telefone gleichzeitig klingelten. Ein weitergeleiteter Anruf vom Wachtresen, den grundsätzlich jeder Mitarbeiter der Mordkommission annehmen konnte. Weil Ole gerade zur Hälfte unter seinem Schreibtisch hing und dort fluchend mit einem Aktenstapel beschäftigt war, langte Hannah zum Hörer. »Lambert.« »Ich hab hier vorne jemanden, der gerne mit euch reden würde.« »Hat dieser ›Jemand‹ auch einen Namen?« Zunächst erklang nur Gemurmel am anderen Ende der Leitung. Dann abermals der Wachhabende: »Eberhard Ambrosius …« Erneut kurzes Gemurmel. »Professor Eberhard Ambrosius.« Der Name kam Hannah bekannt vor. Weil sie über diesen Umstand nachdachte, dauerte ihre Reaktion vermutlich ein bisschen zu lange. Deshalb hakte der Kollege nach: »Darf ich ihn zu euch schicken?« »Darfst du. Danke!« »Was ist denn los?«, fragte Ole, der inzwischen aus den Untiefen hinter seinem Schreibtisch wieder aufgetaucht war. Hannahs Gesicht lag in Falten. »Sagt dir der Name Eberhard Ambrosius was? Ein Professor …« »Ist das dein Ernst?«, unterbrach Ole lachend. »Den kennt doch jeder in unserem Verein.« Ein Hinweis, der Hannah dazu brachte, sich mit der flachen Hand gegen die Stirn zu schlagen. Dieser Professor war ein, sogar über die Grenzen Deutschlands bekannter Psychologe, dessen Bücher sich speziell mit den Opfern von Verbrechen befassten und in der Ausbildung aller Polizisten zur Standardliteratur gehörten. Es klopfte leise. Ole deutete in die entsprechende Richtung. »Sag nicht, der Typ steht vor unserer Tür!« Hannah nickte, versuchte, möglichst unbeeindruckt auszusehen. Weil sich nichts tat, stand sie auf und drückte die Klinke herunter. Im nächsten Moment stand sie einem winzigen Mann von gedrungener Gestalt gegenüber, den selbst sie um ein paar Zentimeter überragte. »Guten Morgen!«, begrüßte ihn Hannah, obwohl im Alltag grundsätzlich nur ein Moin über ihre Lippen kam. »Was können wir für Sie tun, Professor Ambrosius?« »Darf ich reinkommen?« »Natürlich! Bitte!« Hannah ging vorweg, umrundete beinahe im Flug ihren Schreibtisch und zeigte auf den Stuhl davor. Im Hintergrund sah sie Ole, der wie erstarrt dasaß und mit offenem Mund den Weg des Zwergs quer durchs Büro verfolgte. »Also, was können wir für Sie tun?«, erneuerte Hannah ihre Frage, als Ambrosius Platz genommen hatte. »Oh … Verzeihung, können wir Ihnen was anbieten? Kaffee, Tee oder …?« Ein Kopfschütteln machte die restliche Auswahl überflüssig. Hannah wollte kein drittes Mal nach dem Anlass dieses Besuchs fragen beschränkte sich daher auf Schweigen. Mit Erfolg, denn Eberhard Ambrosius begann leise. »Ich wohne seit sechs Monaten auf Sylt, unten in Hörnum.« Weil Ambrosius erneut schwieg, probierte Hannah, die Atmosphäre mit einem Kommentar aufzulockern: »Wenn ich gewusst hätte, dass Sie auf Sylt wohnen, dann …« »Ich glaube, es sind sogar schon sieben Monate«, brabbelte der Professor. Er schüttelte energisch den Kopf, womit er wohl Gedanken an diesen Umstand vertreiben wollte und fuhr in schleppender Weise fort: »Bei mir gegenüber wohnt eine junge Frau. Sie lebt in Scheidung, hat eine achtjährige Tochter und regelmäßig Probleme, alles mit der Arbeit unter einen Hut zu bringen.« »Was konkret bedeutet?«, bohrte Hannah vorsichtig, nachdem wieder längere Zeit Stille herrschte. Diese Nachfrage sorgte zunächst für geräuschvolles Atmen. Eberhard Ambrosius war anzusehen, dass er sich Einzelheiten gerne erspart hätte, stattdessen direkt zum eigentlichen Thema gekommen wäre. Dennoch lieferte er mit leicht ärgerlichem Gesicht eine Zusammenfassung: »In den letzten Wochen war ihr Auto häufig kaputt, da bin ich mit ihr einkaufen gefahren. Wenn sie mal ganz kurzfristig wegmuss, bringt sie die Kleine zu mir. Sie ist erst acht.« »Das sagten Sie bereits.« In einem unbemerkten Moment – Ambrosius war entweder voll auf seine Schuhe oder den Boden unter seinen Füßen fixiert – gab Hannah Ole ein Zeichen. Sie griff blitzschnell an ihre Nase und schielte auf den Mann, der ihr gegenübersaß. Ole erhob sich, machte ein paar Schritte, blieb neben dem Professor stehen und schnupperte unauffällig in die Luft. Nachdem er diesen Vorgang wiederholt hatte, legte er nickend den Rückwärtsgang ein und fiel grinsend auf den Stuhl hinter seinem Schreibtisch. Dort langte er nach einer unsichtbaren Flasche, setzte sie an und nahm einen ordentlichen Zug. Resultat war, dass seine Zunge seitlich heraushing und er die Augen verdrehte. Als Ambrosius endlich den Kopf hob und von Neuem anfangen wollte, kam ihm Hannah zuvor. »Verzeihen Sie meine Offenheit! Kann es sein, dass Sie getrunken haben? Womit ich nicht Kaffee oder Tee meine.« »Ich bin voll und ganz Herr meiner Sinne, falls Sie in der Hinsicht Bedenken haben«, erwiderte Ambrosius leicht pikiert. »Und jetzt wäre es nett, wenn Sie mir kurz zuhören. Danach müssen Sie entscheiden, was zu tun ist.« »Darf ich fragen, wieso Sie sich ausgerechnet an mich beziehungsweise uns wenden?« Der Professor ließ sich mit seiner Antwort viel Zeit. Bevor er anhob, verfinsterte sich seine Miene. »Ich kann Ihnen nicht genau erklären, warum, aber ich glaube, dass meiner Nachbarin etwas...