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E-Book, Deutsch, 514 Seiten

Hoffmann Die Todesminen von Stegersting

Die Fahrten des Norbert Lederer 3

E-Book, Deutsch, 514 Seiten

ISBN: 978-3-7549-9752-9
Verlag: neobooks
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



"Wohin bist du unterwegs?" wollte der Junge am Wirtshaustisch der Abenteurer wissen.
"Zu den Silberminen," erklärte Norbert, "ich brauch zweihundert Goldtaler für ein heiliges Schwert. Eckhard in Altenweil hat eins geschmiedet. Für zweihundert Goldstücke würde er es mir verkaufen. Nur mit einer heiligen Waffe kann ich die Uralte, die Gornwald-Behemoth vernichten, die die Leute meines Heimatdorfs umgebracht hat!"
Ein hagerer Glatzkopf in einem blauen Mantelumhang fixierte Norbert: "Du gehst nicht zu den Silberminen, weil du dir Gold verdienen willst. Beowulf vorzeiten hat kein heiliges Schwert gekauft, um die Urmutter der bösen Brut, aus der Grendel hervorging, zu erschlagen. Er hat es aufgefunden in der Halle der Erzbösen selbst, tief in den giftigen Todessümpfen, wohin er den tödlich verletzt fliehenden Grendel verfolgte. Dort nahm er die heilige Waffe auf und erschlug die Erzböse! Nein," raunte der Greis, "was dich zu den Silberminen führt, hat andere, dunkle, schicksalhafte Gründe!"
"Die Silberminen," flüsterte der vermummte Fremde in der schwarzen Kapuzenkutte, der mit am Tisch saß, "die Todesminen!"
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1.
Die Schatten im Tal wurden lang und streckten ihre schwarzen Finger nach den gegenüberliegenden Berghängen, als Jannes Findebur und seine beiden Weggefährten von der talabwärts gelegenen Klamm kommend den Pfad am Wiesenhang entlang durch den Schwärzergrund gingen. Oben am Gipfelgrat klammerte letztes Abendrot sich an den Fels, als kämpfte es mit aller Macht an gegen das Dunkel der einbrechenden Nacht. Es wurde kalt. Jannes hoffte, die Herberge bald vor Einbruch der Dunkelheit zu erreichen.
***
Die Gerdsohnshütte im Schwärzergrund, jenem Seitental unterhalb des Hauermannpasses, über den die Handelsstraße nach Süden aus dem hohen Findelgebirge in die Ebene hinabführte, hatte nie viele Herbergsgäste. Die meisten Reisenden mieden den Schwärzergrund, obwohl der Abstieg durch die Klamm unten im Tal kürzer war, als über die sich weit hinschlängelnde Passstraße. Der Schwärzergrund war verrufen. Vor Zeiten hatten sich hier Schmuggler in den Felsklüften verborgen und aus dem Schwärzergrund heraus hatte Raubgesindel die Händlerkarawanen überfallen. Noch immer lauerten ihre Totengeister in der Schlucht, hieß es. Und Gerüchte gingen um von weitaus schlimmeren Dämonen.
Bis vor einer Generation war die Gerdsohnshütte von der gleichnamigen Familie geführt worden. Aber von Job Gerdsohns Kindern überlebte nur eine Tochter bis zum Erwachsenenalter, alle anderen starben früh. Als Gerdsohn und seine Frau zu alt geworden waren, um die Hütte zu unterhalten, wurde die Tochter mit Hermann Loggersohn verheiratet, einem Bergbauern des Schwärzergrunds, damit er die Gasthütte weiterführte. Sie rannte ihm, wie erzählt wurde, nach wenigen Wochen davon. Sie kehrte nicht zu ihren Eltern zurück. Sie verschwand einfach. Aber weil sie es war, die ihren Mann verlassen hatte und nicht er sie verjagt hatte, behielt er die Gerdsohnshütte. Kurze Zeit später heiratete er erneut. Und seine zweite Frau blieb bei ihm.
***
Die Gerüchte um den verrufenen Schwärzergrund gingen Jannes Findebur durch den Kopf, als er und seine zwei Weggefährten am späten Abend die Gerdsohnshütte erreichten. Es war nicht so sehr das Tal, das heimgesucht war, dachte er. Über der Gerdsohnshütte lag ein Schatten!
Er sagte seinen Gefährten nichts davon. Und weit und breit gab es keinen anderen Ort, um für die Nacht unterzukommen. Sie kehrten ein.
Jannes war Waisenjunge. Seine Eltern hatte er nie gekannt. Er war auf der Wanderschaft, so lange er denken konnte. Mit dem Bruder und der Schwester zusammen bis vor einem Vierteljahr. Aber im Armenspital von Ostenburg, wo sie überwinterten, grassierte das Schüttelfieber. Viele der Mittellosen, Bettler und Kranken im Spital erlagen ihm. Auch Jannes' Geschwister starben daran. Dabei war es ein milder Winter gewesen! Im Frühjahr war Jannes allein weitergezogen, immer auf der Suche nach einer Gelegenheit, ein paar Viertelkreuzer zu verdienen, um über die nächsten paar Tage zu kommen.
Von seinen Weggefährten, denen er unterwegs zufällig begegnet war, dem ständig gut gelaunten Holger und Ulrich, dem schweigsamen Alten, wusste Jannes kaum etwas, außer, dass sie dasselbe Ziel hatten wie er. Von den Gerüchten um das Schwärzertal hatten die drei sich nicht abschrecken lassen. Ihre Wanderstäbe hatten Eisenspitzen und taugten gut genug dazu, sich zur Wehr zu setzen, wenn es sein musste. Ulrich, der Alte, trug sogar einen Dolch.
Die Herberge hatte an diesem Abend außer den dreien nur einen einzigen weiteren Gast. Die Magd fand, zusammen mit den Neuankömmlingen sei die Hütte ja nun schon fast überfüllt. Aber sie würden sich auf dem Lager nicht drängen müssen, erklärte sie, als sie ihnen die Schlafplätze auf dem Dachboden zeigte. Der fremde junge Mann, der am frühen Morgen eingekehrt war, hatte eine Kammer verlangt, aus welchem Grund auch immer. Er bezahlte sogar extra dafür. Sie hatten ihm die Abstellkammer gegenüber der Küche freigeräumt. „Wer er ist, woher er kommt, hat er uns nicht gesagt,“ raunte die Magd. „Nicht mal seinen Namen wollte er uns nennen. Seit heute früh sitzt er im Winkel der Gaststube, dreckig, als habe er die gesamte letzte Woche im Freien verbracht in seiner schmutzigen Ledermontur mit dem zerrissenen Ärmel, trinkt Bier und schweigt. Unheimlich, wenn ihr mich fragt. Ich schwöre, da sind Blutflecken auf seinem Ärmel. An der Schläfe hat er 'ne frisch verschorfte Wunde. Unserer schwarzen Frau sei Dank hat er sich wenigstens das getrocknete Blut aus dem Gesicht gewaschen. Ein Schwert hat er auch. Wenn ihr mich fragt, er ist ein Karawanensöldner. Unterhalb des Passes, auf der Handelsstraße, haben Raubritter gestern eine Handelskarawane überfallen. Ich bin sicher, er ist einer von den wenigen, die bei dem Überfall mit dem Leben davongekommen sind.“ „Raubritter?“ wollte Holger genauer wissen. Die Magd seufzte: „Zwei Rittersleute aus dem Süden. Seit letztem Herbst treiben sie ihr Unwesen in der Gegend, plündern Höfe, belästigen die jungen Frauen, erzwingen Schutzgelder von durchziehenden Händlern. Die Leute haben den Landvogt um Schutz angefleht, aber er sagt, sie sind Ritter des Kaisers, er kann nichts gegen sie unternehmen. Gestern haben sie es besonders schlimm getrieben, die ganze Karawane zusammengehauen, wohl, weil die Karawanenleute es gewagt haben, Widerstand zu leisten. Ich bete, dass die schwarze Frau uns von dieser Plage befreit!“ Und dann seufzte sie noch einmal: „Dass das Vieh hinten im Stall immer so lärmen muss in der Dämmerung! Immer in den Nächten um Neumond brüllen die Rindviecher, als würden sie abgestochen. Als wenn ein Dämon um den Stall schleicht!“
Jannes freute sich auf einen ruhigen Abend mit Bier und genug zu essen, um sich nicht hungrig schlafen legen zu müssen. Er wollte früh nach oben gehen, bevor die anderen zum Schlafen hinaufkamen. Er hatte die vage Hoffnung, sie könnte ihm erscheinen...
Es wurde nichts daraus. Der Entsetzensschrei des Stallknechts schreckte alle von ihren Plätzen auf. Jetzt standen sie im Stalltor und starrten im schwankenden Licht der Laternen des Stallknechts und des Wirts auf den blutig zerrissenen Kuhkadaver: die Magd, Hermann Loggersohns erschreckt die Hände vors Gesicht schlagende Frau, seine heranwachsende Tochter, sein vielleicht zwölfjähriger Bub, Jannes und seine zwei Gefährten. Auch der stumme Soldknecht stand da, die Hand am Schwertgriff, und spähte in den Stall.
Hermann Loggersohn schnaufte grimmig. Er war ein kräftiger Mann in den Fünfzigern, den Jannes bis jetzt immer nur mit verbissenem Gesicht gesehen hatte. „Hab ich dir nicht gesagt, Josef,“ brüllte der Herbergsvater, „dass du die Stalltür ordentlich verschließen sollst? Schon zum dritten Mal haben die Wölfe eine meiner Kühe gerissen!“ „Ich habe sie fest verschlossen,“ verteidigte sich der Stallknecht mürrisch. „Offenbar ja nicht!“ polterte Hermann. „Ich habe dir hundertmal gesagt, die Wölfe kommen in der Dämmerung aus den Bergen herab und reißen das Vieh in den Höfen!“ Der Stallknecht duckte sich vor dem Herbergsvater weg. „Wo sollen da Wölfe hergekommen sein,“ murmelte er trotzig. Jannes spähte in die dunklen Ecken des Stalls jenseits des zitternden Lichts der Laternen. Die Schwärze dort jagte ihm Schauder über den Rücken. Jemand im Stalltor sah ihn von der Seite her an. Es war der junge Karawanensöldner. Für einen Moment begegneten sich ihre Blicke. Der Soldknecht sieht es auch, fuhr es Jannes durch den Kopf. Abrupt wandte der junge Mann in der Ledermontur mit dem zerrissenen Ärmel sich um und ging über den dunklen Hof zur Gasthütte zurück. Mit seinem schulterlangen, dunklen Lockenhaar und so aufrecht, wie er ging, hätte er ebenso gut ein Ritter sein können, dachte Jannes. Doch was Jannes irritierte, war der schwarze, nahezu bläuliche Schatten des jungen Söldners. Jannes wunderte sich, dass er dort in der Dunkelheit, wo das Licht der Laternen im Stalleingang nicht mehr hinreichte, überhaupt einen Schatten haben konnte. Und der Schatten war nicht dort, wo er sein sollte, wo er vom Laternenlicht hingeworfen werden müsste! Er schien nicht einfach die Gestalt des jungen Mannes auf den Boden zu zeichnen. Der Schatten verfolgte ihn!
***
Kurze Zeit später verließ Jannes die Gruppe der diskutierenden Hüttenbewohner vor dem Stall. Er hatte keine Ahnung, ob es auf den Höhen über dem Schwärzergund Wölfe gab. Aber so viel wusste er, dass Wölfe nicht in die Höfe kamen, um Vieh in blutige Stücke zu zerreißen, wie diesen zerfetzten Kuhkadaver. Wenn sie ein Tier rissen, dann, um es zu fressen! Diese Kuh war von etwas Schlimmerem zerrissen worden, als von Wölfen.
Als er durch den Hüttenflur an der Küche vorbeikam, hörte er in der gegenüberliegenden Kammer jemanden sprechen. Der seltsame Söldner, der unbedingt die Kammer haben wollte! Jannes verstand nicht, was der junge Mann hinter der Kammertür sagte, aber es hörte sich an, als rede er auf jemanden ein, als wollte er jemanden beruhigen, beschwören. Nur der Wind um die Hütte heulte zur Antwort. Aber war da nicht eine gehauchte Stimme im Wind? Wann kommst du? Mir ist so kalt! Jannes war sich nicht sicher, ob er die Stimme wirklich gehört hatte. Konnte es sein, dass dieser Soldknecht...?
Jannes ging nicht mehr in die Schankstube zurück. Er ging gleich zum Schlaflager hinauf. Holger und der Alte würden bald nachkommen. Mit klopfendem Herzen stieg er die Stiege zum Dachboden...


Hoffmann, Thomas
Thomas Hoffmann studierte englische Literatur in Berlin. Längere Zeit hielt er sich in England und in Ostafrika auf. Sein Interesse an den Mythen der besuchten Länder spiegelt sich in seinen Romanprojekten wider: „Meine Romane handeln von Urängsten der Völker von den Britischen Kelten und Angelsachsen bis zu den Bantu Ostafrikas, hinter denen sich stets ein Wunsch nach Befreiung, nach Ausbruch aus der Enge des Alltags verbirgt. Es ist diese Suche nach Freiheit, von der meine Romane handeln.“

Thomas Hoffmann studierte englische Literatur in Berlin. Längere Zeit hielt er sich in England und in Ostafrika auf. Sein Interesse an den Mythen der besuchten Länder spiegelt sich in seinen Romanprojekten wider: "Meine Romane handeln von Urängsten der Völker von den Britischen Kelten und Angelsachsen bis zu den Bantu Ostafrikas, hinter denen sich stets ein Wunsch nach Befreiung, nach Ausbruch aus der Enge des Alltags verbirgt. Es ist diese Suche nach Freiheit, von der meine Romane handeln."


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