Iwoleit / Haitel | NOVA Science-Fiction 26 | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 26, 273 Seiten

Reihe: NOVA Science-Fiction

Iwoleit / Haitel NOVA Science-Fiction 26


1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-95765-933-0
Verlag: p.machinery
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, Band 26, 273 Seiten

Reihe: NOVA Science-Fiction

ISBN: 978-3-95765-933-0
Verlag: p.machinery
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



NOVA Storys: Moritz Greenman: Façonneurs | Marc Späni: Die fünfte Stufe der Entspannung | Thorsten Küper: Confinement | Michael K. Iwoleit: Die Seelen | Michael Friebel: Quantentanz | Bernhard Kempen: Die Geschlechter der Leonen | Norbert Stöbe: Wir kommen | Klaus Berger-Schwab: Ein Job für Krüppel NOVA Sekundär: Thomas Sieber: 'Bedenke deine Handlungen vom Ende her!' Ein Interview mit Prof. Harald Lesch, Teil 1 | Dirk Alt: Der entmythologisierte Kosmos. Stanislaw Lems Katastrophenprinzip | Vandana Singh: Wahre Reise ist Heimkehr. Zu Ehren von Ursula K. Le Guin | Christopher Priest: Ursula | Ursula K. Le Guin (1929-2018): Ich stelle mich vor | Horst Illmer: Kate und ich. Ein Nachruf auf Kate Wilhelm (1928-2018)  Mit einem Editorial von Thomas Sieber und einem Titelbild von Andreas Schwietzke.

Michael K. Iwoleit wurde 1962 in Düsseldorf geboren und lebt heute in Wuppertal. Er absolvierte eine Ausbildung als Biologisch-technischer Assistent, studierte Philosophie, Germanistik und Sozialwissenschaft und ist seit 1989 als Autor, Übersetzer, Kritiker und Herausgeber vor allem im Bereich Science-Fiction und fantastische Literatur. Er ist Mitbegründer und Mitherausgeber der Magazine Nova und InterNova, veröffentlichte fünf Romane, einen Erzähl- und einen Essayband sowie zahlreiche Erzählungen, die teils ins Englische, Italienisch, Spanische, Kroatische, Polnische, Rumänische und Bulgarische übersetzt wurden. In der Science-Fiction-Szene wurde er vor allem für seine Novellen bekannt, für die er fünfmal mit dem Deutschen Science-Fiction-Preis und zweimal mit dem Kurd-Laßwitz-Preis ausgezeichnet wurde. Michael Iwoleit ist NOVA-Mitgründer, -Herausgeber und Gesamt- sowie Storyredakteur.

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Moritz Greenman: Façonneurs
    Nachdem Olivier aufgelegt und sein Telefon im Sakko hatte verschwinden lassen, hörte Grace ihre Absätze nun umso lauter über den Parkettboden klappern. Sie zögerte kurz, hakte sich dann aber doch bei ihm unter, als sie, gefolgt von der Kuratorin, eine Treppe hinaufstiegen und vor Grace ein Plakat mit dem Titel der Ausstellung erschien: Façonneurs. Grace mochte es nicht, wenn er in ihrer Gegenwart telefonierte. Noch weniger, wenn das andere Leute sahen. Aber bei einem Mann wie ihm hatte sie eben zu akzeptieren, dass sie nicht ständig seine ungeteilte Aufmerksamkeit genoss. Selbst wenn sie ihr türkises Chanel-Kostüm trug. Um ihre Wirkung machte sich Grace jedoch keine größeren Sorgen. Bereits im Auto hatte Olivier ihr mehr als ein Kompliment gemacht, und sie hatte ja seinen Blick gesehen. Genauso wie den des Fahrers und die der Museumsbesucher. Gerade verdrehten wieder ein hübscher junger Mann und seine weniger hübsche Frau, die vor einem scheußlichen Gemälde standen, den Kopf nach ihr. Dann betraten Grace und Olivier den Ausstellungsraum. »Es tut mir sehr leid, Sir«, hörte Grace einen der Ordner hinter sich. »Hier findet im Moment eine Privatführung statt.« Grace drehte sich um und sah, dass sich die zwei schwarz gekleideten Männer mit dem Logo der Tate Moderne auf der Brust in den Eingang gestellt hatten. Sie lächelte. »Du hast eine Exklusivführung für mich bestellt, Schatz? Lieb von dir.« Olivier zwinkerte ihr zu. »Exklusiv für uns. Ich habe es ja auch noch nicht gesehen. Obwohl ich die Projekte natürlich schon kenne.« »Das ist richtig, Miss Robert«, sagte die Kuratorin und trat neben sie. »Ihr Gatte hat nicht nur diese einmalige Ausstellung hier in London möglich gemacht, sondern auch von Anfang an sehr großes Interesse gezeigt und seine kreative Seite eingebracht.« Olivier schüttelte den Kopf. »Glaub ihr kein Wort, Chérie. Miss Hendricks hier ist eine fantastische Kuratorin. Sie und David Miller haben die ganze Arbeit gemacht, ich habe ihnen nur Geld gegeben. Deswegen müssen sie uns jetzt auch kostenlos reinlassen, obwohl wir keine Ahnung von Kunst haben.« Kein Flirt, dachte Grace. Nur die übliche Lobhudelei. Hendricks lachte nervös und rückte ihre Brille zurecht. Als sie sich den Schweiß von der Stirn wischte, tat sie Grace für einen Moment fast ein bisschen leid. Eigentlich sah sie nicht schlecht aus, nur passte die Frisur nicht zu ihrem schmalen Gesicht, und der Hosenanzug saß auch nicht gut. Falls sie sich bei Olivier irgendwelche Hoffnungen gemacht hatte, musste ihr spätestens jetzt klar sein, dass sie nicht sein Typ war. »Sehen Sie sich doch erst einmal um«, sagte Hendricks. »Danach kann ich Ihnen mehr über die einzelnen Projekte erzählen.« Grace folgte der Geste der Kuratorin und ging an Oliviers Seite in die Mitte des rechteckigen Raumes. Er maß ungefähr fünfundzwanzig mal fünfzehn Meter, war gute zehn Meter hoch, und an der Decke hingen vier Leuchten. Deren grelles Licht mochte zu den weißen Wänden passen, nicht aber zu ihrem Kleid, fand Grace. »Das ist alles?«, fragte sie, nachdem sie sich in dem fast leeren Saal umgesehen hatte. »Das ist alles, Chérie. Und es ist eigentlich ziemlich viel.« Grace drehte sich noch einmal im Kreis. An den langen Seiten des Raums standen jeweils drei Objekte, an der Stirnseite zwei. Zwei Plastiken, ein Bild, das an einem Stuhl lehnte, verschiedene Gegenstände auf Tischen oder Podesten, alle in zirka drei Meter Abstand zur Wand. Olivier griff nach Grace’ Hand und zog sie mit sich. »Das hier zum Beispiel. Schau dir das an.« »Eine alte Landkarte und ein Tintenfass auf einem Holztisch?« »Ganz genau, und noch mehr.« Olivier zeigte auf die Wand hinter dem Tisch, und als er sich direkt vor das Ausstellungsstück stellte, erschien am oberen Ende der Wand ein Name. Sergej Tarassow. Ein zwei Meter breites Band aus schwarzen Buchstaben, von denen Grace nicht genau sagen konnte, ob sie auf der Wand oder aber ein Stück davor im Raum standen. Doch bevor sie sich umdrehen und nach einem Projecteur Ausschau halten konnte, lösten sich aus dem Schriftzug weitere Buchstaben heraus. Wie ein Wasserfall floss der Text an der Wand hinab bis zum Boden und dann über den Boden bis kurz vor den Tisch. Olivier wandte sich an Hendricks. »Sehr schön gemacht, wirklich.« »1867«, las Grace laut vor, »leitete der damalige US-Außenminister William H. Seward den Kauf Alaskas von Russland ein. Für siebenkommazwei Millionen US-Dollar …« Sie sah Olivier an und zog einen Mundwinkel hoch. »So viel Text, Schatz.« Olivier zog nun seinerseits einen Mundwinkel nach oben, dazu eine Augenbraue. Dann lachte er und legte einen Arm um Graces Schultern. »Pass auf, Chérie. Dieser Typ ist durch die Seidl-Kammer ins Jahr 1867 und hat die Russen davon überzeugt, Alaska nicht an die USA zu verkaufen. Dafür musste er ihnen nur zeigen, wo es Öl zu finden gibt. Schau, hier auf der Karte die Tintenflecke.« Grace nickte. »Und die Amis haben ihn das machen lassen?« »Die Amis von heute haben ihn das machen lassen«, sagte Hendricks, »weil sie ja in diesem Universum keinerlei Auswirkungen zu befürchten haben. Wie Sie sicher wissen, ist seit letztem Jahr bewiesen, dass das InsTech der Sorbonne Menschen auf Zeitreisen schicken kann. Nur gibt es leider weder Rückflugscheine noch die Möglichkeit der Kontaktaufnahme. Denn sobald die Reisenden ihren Fuß auf vergangenen Boden setzen, befinden sie sich in einem Paralleluniversum, in einem separaten Zeit- beziehungsweise Realitätsstrang.« »Den sie dann formen können, wie sie wollen«, sagte Grace. »Ich weiß. Deswegen habt ihr sie Façonneure genannt.« »Ganz richtig, Miss Robert. Und jetzt stellen Sie sich mal die Auswirkungen dieses einen nicht zustande gekommenen Kaufvertrages vor. Russland nicht nur mit mehr Öl und noch mehr unberührter Wildnis in seinem Besitz, sondern auch mit einem riesigen Stück Land auf dem amerikanischen Kontinent. Was hätte das für den Kalten Krieg bedeutet? Wäre es überhaupt zu einem kalten Krieg gekommen, wenn Russland – auch durch den Rat Tarassows – schon früher alles daran gesetzt hätte, sein Territorium in Amerika zu vergrößern? Die Welt wäre heute mit Sicherheit eine andere.« »Nur dass der Mann das nicht mehr erlebt.« Hendricks nickte ganz euphorisch, so als ob Grace gerade etwas Geniales gesagt hätte. »Ja, so ist es, Miss Robert. So ist es. Genau darin liegt ja die Tragik des Projektes, und auch seine Schönheit. Man könnte sagen, der Oligarch Tarassow hat nicht nur mit einem großen Teil seines Vermögens für diese Reise bezahlt, sondern auch mit seinem Leben. Der Schritt in eine andere Zeit kostete ihn alles. Alles für die Idee, verstehen Sie?« Olivier löste seinen Arm von Grace und drehte sich um. »Joanne, wo sind die Woodvilles?« Die Kuratorin zeigte auf eines der Podeste am anderen Ende des Raums und bedeutete Grace und Olivier, ihr zu folgen. Das hüfthohe Podest erinnerte an eine griechische Säule. Auf der Ablagefläche stand ein silbernes Pendel. Während dieses Mal zwei Textwasserfälle über Wand und Boden liefen, musterte Grace die an der Schnur hin- und herschwingende Pistolenkugel. »Marcus und Sinclair Woodville sind zwei Brüder aus Chicago«, hob Hendricks an. Am Glanz in ihren Augen war deutlich zu erkennen, dass sie diese Façonneure besonders bewunderte. »Der Plan des einen war Tyrannenmord«, fuhr sie fort. »Marcus ist mit einer Waffe zurück ins Jahr 1933, um Adolf Hitler zu erschießen. Sein Bruder reiste währenddessen in eine andere Realität dreißig Jahre später und nach Dallas. Dort hat er den Mord an John F. Kennedy verhindert. Eine Kugel, die ihre Flugbahn ändert, wenn Sie so wollen.« »Aber haben sie es auch geschafft, die Flugbahn zu ändern?«, fragte Grace. »Man weiß es ja nicht.« Olivier nickte und lächelte. »Man weiß es nicht. Und noch etwas: Wenn es keinen Hitler gegeben hätte und damit keinen Zweiten Weltkrieg, wäre die Geschichte völlig anders verlaufen. Also vielleicht auch kein Präsident Kennedy. Ein Pendel schwingt immer sowohl nach vorne als auch zurück. Und was wäre passiert, wenn Kennedy nicht in Dallas umgekommen wäre? Welche guten Folgen hätte das gehabt? Und welche schlechten?« »Sehen Sie, welch scharfen Blick ihr Mann hat, Miss Robert«, sagte Hendricks, ihren eigenen Blick immer noch fest auf die Kugel gerichtet. Grace dachte kurz darüber nach, ob sich Hendricks gerade nicht zu viel erlaubt hatte, schmunzelte dann aber. »Das weiß ich bereits, Miss Hendricks. Sie erzählen mir nichts Neues.« »Na gut, aber vielleicht kann ich Ihnen über das Projekt gleich hier neben Ihnen etwas erzählen. Sagt Ihnen der Name Alexandrine Nebrija etwas?« »Nein.« »Nebrija nennt ihre Arbeit Religionsdesign«, erklärte Hendricks, woraufhin Grace vor die Plastik trat. Erst jetzt erkannte sie, dass es sich um zwei Menschen handelte. Hand in Hand hoben die ungefähr einen Meter...



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