Jungwirth | Broken Dreams | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 1, 488 Seiten

Reihe: Only by Chance

Jungwirth Broken Dreams


1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7363-1176-3
Verlag: LYX.digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, Band 1, 488 Seiten

Reihe: Only by Chance

ISBN: 978-3-7363-1176-3
Verlag: LYX.digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Straße trifft auf High Society

Fünf Jahre saß Tyriq im Gefängnis. Nach seiner Entlassung hat er keinen Cent in der Tasche, doch er ist fest entschlossen, ein neues Leben zu beginnen und seiner alten Gang den Rücken zu kehren. Beides ist schwerer als gedacht. Als er den Geldbeutel der gut situierten Innenarchitektin Avery findet, prallen Welten aufeinander - aber zwischen den beiden knistert es sofort. Mit Avery an seiner Seite fasst Tyriq neuen Mut und will seine längst zerbrochenen Träume verwirklichen. Doch seine Vergangenheit lässt sich nicht so leicht abschütteln und stellt ihre Liebe auf eine harte Probe ...

Auftakt der 'Only-by-Chance'-Serie von Anne-Marie Jungwirth



Anne-Marie Jungwirth ist studierte Betriebswirtin und im Finanzbereich tätig. Den Zahlen gehört ihr Kopf, dem Schreiben ihr Herz. Entschlossen nicht nur davon zu träumen, sondern dieser Leidenschaft wirklich nachzugehen, hat sie nach der Geburt ihres Sohnes ihr erstes Manuskript an einen Verlag gesendet. Ihr Debütroman erschien 2015, weitere folgten. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in ihrer Wahlheimat Österreich.

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1


Tyriq

Der Soundtrack, der den Beginn meines zweiten Lebens begleitete, klang in etwa so: knarr, raschel, knarr. Meine zweite Chance. Das Intro bildete das metallene Knarren der Zellentür. Dieses Geräusch hatte in den letzten fünf Jahren meinen Rhythmus bestimmt, Tag und Nacht für mich geteilt. Ich wollte es nie wieder hören. Ebenso wenig wie das Rascheln der Plastikbeutel, in denen mir meine Habseligkeiten übergeben wurden. Sie rochen wie damals, wie mein altes Leben. So vertraut. Ich wusste nicht, ob ich das gut finden sollte. Schließlich war mein bisheriges Leben alles andere als eine Erfolgsgeschichte gewesen. Wenn es überhaupt eine Geschichte war, dann eine abschreckende. Ich könnte damit von Schule zu Schule ziehen und Kinder davor warnen, den falschen Weg einzuschlagen. Das wäre eine gute Sache, und vielleicht sollte ich wirklich darüber nachdenken. Das Problem war nur, ich hatte keine Perspektive für das Publikum anzubieten. Alles, was ich hatte, war ein Haufen Scheiße. Ich war am Ende des Tunnels, stand aber immer noch in der Dunkelheit. Vorübergehend. Ich wollte das Licht. Ich wollte es wirklich. Mehr als alles andere … Und ich war bereit, hart dafür zu arbeiten. Nicht für die Kinder in den Schulen, die ich nie besuchen würde. Vermutlich nicht einmal für mich selbst. Aber für Mama.

Papa tot, Madox tot …

Sie hatte nur noch mich und mein Versprechen. Ich würde es nicht brechen.

Nicht noch einmal.

Und schließlich stand ich hier und lauschte den Schlussakkorden dieses bedeutenden Moments, dem finalen Knarren des großen Ausgangstores. Das Tor zur Freiheit und der Weg zu unbegrenzten Möglichkeiten. Wobei … wenn man genau hinhörte, war es eher ein Ächzen als ein Knarren. Das spiegelte mein Innerstes perfekt wider. Ich sollte mich erlöst fühlen, rennen, singen oder tanzen, keine Ahnung – irgendwas. Jeden einzelnen Tag in den letzten Jahren hatte ich auf diesen Moment hingefiebert, und jetzt, wo er da war, wurden ihm meine Gefühle nicht gerecht.

Ein paar Schritte von mir entfernt erkannte ich Pepe, meinen besten Freund seit Kindertagen. Er stand auf dem staubigen Parkplatz, mit dem Rücken gegen einen auf Hochglanz polierten BMW gelehnt. Ich musterte ihn von der Ferne und hatte plötzlich das Gefühl, die eine Uniform gegen die andere getauscht zu haben. Während ich drinnen die weiten blauen Hosen mit dem gelben CDCR-Aufdruck des Gefängnisses und ein weißes Shirt unter einem hellblauen Hemd getragen hatte, waren es nun eine weite blaue Hose und ein weißes Unterhemd. Beides unterschied sich nur um Nuancen von Pepes Outfit. Ich musste innerlich lachen. Irgendwie hatte ich gedacht, alles hätte sich geändert in den letzten fünf Jahren. Die Mode in unserem Barrio offenbar nicht.

»Hey«, rief ich Pepe zu. »Ich wusste nicht, dass du kommst.«

»Estúpido, glaubst du etwa, ich verpasse, wenn mein bester Freund herauskommt?« Er breitete seine Arme aus und kam auf mich zu.

Das mochte eine rhetorische Frage sein, aber nachdem wir in den letzten zwei Jahren kein Wort miteinander gewechselt hatten, hätte ich sie vor fünf Minuten noch mit Ja beantwortet. Ich versuchte, den Gedanken an Pepes letzten Besuch abzuschütteln. Es war kurz nach Madox’ Tod gewesen, und wir hatten beide Dinge gesagt, die wir nicht hätten sagen sollen, waren in unserer Rage zu weit gegangen. Ich hegte deswegen keinen Groll mehr auf Pepe. Heute wusste ich, dass es Wut auf mich selbst war, die ich auf ihn projiziert hatte.

Erleichtert, dieses Kapitel nun hinter mir lassen zu können, nahm ich Pepe in den Arm und klopfte ihm auf die Schulter. Ich hatte kein Recht, sauer auf ihn zu sein. Oder auf irgendwen, außer mich selbst.

»Ich bin froh, dass du hier bist, Homie.«

»Und ich erst.« Pepe strahlte, und auch ich konnte nicht anders.

Das merkwürdige Gefühl, das mich vor wenigen Minuten noch beschlichen hatte, war wie weggeweht. »Und nun?«

»Eigentlich wollte ich dich nach Hause fahren. Deine Mutter macht ihr berühmtes Chili.« Pepe fuhr sich übers Kinn und lachte spitzbübisch. »Aber wenn du möchtest, können wir vorher einen Abstecher zu einem Frisör machen und dir einen anständigen Haarschnitt verpassen.«

»Whoa.« Ich boxte Pepe gegen den Oberarm. »Erstens ist das Chili meiner Mama ganz weit oben in den Top Ten der Dinge, die ich im Knast vermisst habe. Und du weißt ja, wie es ist, wenn man auf etwas so sehr hinfiebert. Wenn es dann zum Greifen nah ist, ist der Drang nicht auszuhalten. Also, ein Abstecher – no way! Und zweitens: Ich mag meine neue Frisur.«

»Diese Matte? Du siehst aus wie … wie … keine Ahnung. Ich kenne Menschen mit solchen Frisuren nicht persönlich.«

»Ich hoffe, ich darf mit diesen Haaren trotzdem in deinen schicken Schlitten einsteigen.«

»Schweren Herzens.« Pepe öffnete die Fahrertür und zwinkerte mir zu.

Ich drehte mich noch einmal um, sah hoch zu den Wachtürmen und ließ meinen Blick über die kargen und vertrockneten Außenanlagen schweifen. Ich reckte dem California State Prison mein Kinn entgegen.

Merk dir dieses Gesicht. Denn du wirst es nie wiedersehen.

Vielleicht erscheint das kindisch, für mich war es aber alles andere als das. Noch nie war mir etwas so ernst gewesen. Ich ging ums Auto herum und stieg ein.

Die Ledersitze waren hell, ich hatte fast Angst, sie mit meinen alten Sachen schmutzig zu machen. Pepes letztes Auto war, soweit ich mich erinnern konnte, eine Aufbewahrungsstation für Pizzakartons, Burgertüten und Bierdosen gewesen. Wobei die darin beförderten Wertstoffe vermutlich teurer waren als der alte verrostete Buick selbst. Aber das war lange her.

»Dir scheint es ja richtig gut zu gehen. Du kannst dir einen BMW leisten?«

Pepe musterte mich skeptisch. Sofort fühlte ich mich schuldig, so etwas gesagt zu haben. Schließlich hatte er die letzten Jahre, während ich hinter Gittern saß, vermutlich hart dafür gearbeitet. Ich gönnte es meinem Freund.

»Tut mir leid. Das war nicht so gemeint, wie es vermutlich geklungen hat.«

»Nein, schon okay. Du hast recht. Die letzten Jahre waren gut für mich. Ich wollte dir das nur nicht unter die Nase reiben.«

Natürlich wollte er das nicht. Im Gegensatz zu mir war er immer ein guter Freund gewesen. »Das freut mich für dich. Ehrlich. Und ich hoffe, dass du mir beim Chili alles darüber erzählst.«

»Tyriq, ich glaube, deine Mutter wird froh sein, dass du endlich wieder zu Hause bist. Wenn heute jemand im Mittelpunkt steht, dann du. Die Geschichten über mein langweiliges Leben kann ich dir später erzählen.«

»Aber du bleibst doch, oder?«

Pepe schüttelte den Kopf. »Heute ist Familientag. Lass uns das morgen nachholen.«

»Klingt nach einem guten Plan.«

»Klar, kommt ja auch von mir.«

»Ich hatte ganz vergessen, was für ein selbstherrliches Arschloch du sein kannst.«

»Tja.« Pepe startete den Motor, drückte das Gaspedal durch und ließ den Motor aufheulen. »Dann gewöhn dich besser mal wieder dran.«

Ich hakte mit dem Zeigefinger in der Luft eine imaginäre Check-Box ab. »Schon erledigt.«

»Und ich hatte fast vergessen, wie schnell du lernst.«

Und wie wenig ich trotzdem daraus mache … »Jetzt quatsch nicht, sondern bring mich heim.«

Mit quietschenden Reifen fuhr er los. Ein Lebensabschnitt blieb hinter mir zurück und wurde vom aufgewirbelten Staub verschluckt. Abgesehen von einem Topf Chili hatte ich keine Ahnung, was vor mir lag. Vermutlich hauptsächlich Ablehnung und Vorurteile. Aber denen würde ich mich nicht heute widmen.

Ich stand ratlos vor der unbekannten Haustür. Pepe war schon weitergefahren, und ich wagte nicht, an dieser Tür zu klingeln, hinter der meine Mutter nun wohnen sollte. Wann war sie denn umgezogen? Sie hatte es mir nicht erzählt, keine Andeutung gemacht. Dabei war Mama die Einzige, die mich jede Woche besucht hat. Außer wenn sie so krank war, dass sie das Bett nicht verlassen konnte, aber das kam so gut wie nie vor. Sie war robust, die stärkste Frau, die ich kannte. So leicht konnte sie nichts umhauen. Vielleicht war sie nicht immer so gewesen, sondern musste es nur sein, weil das Leben ihr keine besonders guten Karten ausgeteilt hatte. Keinen besonders guten Mann. Und keine besonders guten Söhne.

Ich fuhr zusammen, als sich die Haustür öffnete und meine Mutter im Türrahmen stand. »Tyriq«, rief sie und zog mich in eine feste Umarmung. »Mein Junge!«

»Mama«, brachte ich erstickt hervor.

Sie hielt mich so fest, dass ich kaum mehr Luft bekam, und ich bin wirklich nicht von zarter Statur. Der Tag im Gefängnis ist lang und die Freizeit so öde, dass Krafttraining eine der wenigen verlockenden Beschäftigungen ist. Ich keuchte kurz.

Sie löste sich von mir und musterte mich skeptisch. »Cielo, warum stehst du denn hier vor der Tür und klingelst nicht?«

»Ich wollte gerade«, log ich. »Aber du bist mir zuvorgekommen.«

Sie lächelte und streifte sich die Hände an ihrer Kochschürze ab.

»Und du solltest wirklich langsam aufhören, mich Cielo zu nennen.« Ich war kein Himmel, nicht mal ihrer.

Mama verdrehte die Augen. »Tyriq, du kannst tun und lassen, was du willst. Du bist und bleibst mein Cielo.«

Jetzt war es an mir, skeptisch die Augen zusammenzukneifen. »Woher hast du eigentlich gewusst, dass ich hier unten stehe?« Wann bist du umgezogen und...


Jungwirth, Anne-Marie
Anne-Marie Jungwirth ist studierte Betriebswirtin und im Finanzbereich tätig. Den Zahlen gehört ihr Kopf, dem Schreiben ihr Herz. Entschlossen nicht nur davon zu träumen, sondern dieser Leidenschaft wirklich nachzugehen, hat sie nach der Geburt ihres Sohnes ihr erstes Manuskript an einen Verlag gesendet. Ihr Debütroman erschien 2015, weitere folgten. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in ihrer Wahlheimat Österreich.

Anne-Marie Jungwirth ist studierte Betriebswirtin und im Finanzbereich tätig. Den Zahlen gehört ihr Kopf, dem Schreiben ihr Herz. Entschlossen nicht nur davon zu träumen, sondern dieser Leidenschaft wirklich nachzugehen, hat sie nach der Geburt ihres Sohnes ihr erstes Manuskript an einen Verlag gesendet. Ihr Debütroman erschien 2015, weitere folgten. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in ihrer Wahlheimat Österreich.



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