Kaiser | Karl Lagerfeld | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 385 Seiten

Kaiser Karl Lagerfeld

Ein Deutscher in Paris

E-Book, Deutsch, 385 Seiten

ISBN: 978-3-406-75631-3
Verlag: C.H.Beck
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



"ES FÄNGT MIT MIR AN, UND ES HÖRT MIT MIR AUF."

Karl Lagerfeld stilisierte sich selbst zum lebenden Logo und zu einem Mythos der Modewelt. F.A.Z.-Redakteur Alfons Kaiser, der Lagerfeld seit langem kannte, stellt in dieser Biographie anhand vieler bislang unbekannter Quellen den charismatischen Modeschöpfer vor. Und er erklärt die vielen Rollen seines Lebens: den jugendlichen Außenseiter im norddeutschen Flachland, das weltgewandte Genie in Paris, den unermüdlichen Zeichner, begeisterten Fotografen, leidenschaftlichen Büchersammler und den preußisch disziplinierten Workaholic.

Was steckt hinter dieser überlebensgroßen Figur, die trotz aller Kommunikationslust die eigene Lebensgeschichte geheim hielt? Alfons Kaiser kommt in dieser Biographie dem Menschen Lagerfeld nahe: dem frühreifen Jungen, der lieber auf dem Dachboden zeichnete, als mit Altersgenossen zu spielen; dem Sohn, der mit seinen Eltern stritt, aber nie von ihnen loskam; dem Konkurrenten von Yves Saint Laurent, den er am Ende überstrahlte; dem Bruder, Onkel, Freund - und schließlich dem Partner von Jacques de Bascher, der großen Liebe seines Lebens.

- Die erste umfassende deutschsprachige Biographie

- Alfons Kaiser kannte Karl Lagerfeld persönlich

- Der Darstellung liegen über 100 Interviews mit Freunden, Verwandten, Mitarbeitern und anderen Zeitzeugen zugrunde

- Erstmals wurden hier unbekannte Fotos, Briefe und Dokumente ausgewertet
Kaiser Karl Lagerfeld jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


«Karl For Ever»: Gedenkfeier im Grand Palais am 20. Juni 2019 Erinnerung
Es war wie immer, wenn Chanel zur großen Schau lädt. Auf den Treppen zum Grand Palais wies man junge Männer in schwarzen Anzügen in ihre Rolle als Ordner ein. An der Avenue Winston Churchill staute sich der Verkehr, weil die dunklen Limousinen auch in der zweiten Reihe parkten. Vor dem Haupteingang des Riesengebäudes aus der Belle Époque standen die Damen im Tweed-Kostüm und taten unentschlossen, damit sie noch einmal fotografiert wurden, bevor sie hineingingen. Die Sonne, die schon schräg stand, schimmerte an diesem letzten Abend vor Beginn des Sommers melancholisch durch das Dach des Glaspalasts. Aber es war nichts wie sonst an diesem 20. Juni 2019 in Paris. Denn all die fiebrigen Vorbereitungen, die gespannte Erwartung der Gäste, die zur Schau gestellten Eitelkeiten – sie drehten sich um eine Leerstelle in ihrer Mitte. Karl Lagerfeld, das Zentralgestirn des seltsamen Paralleluniversums Mode, war vor vier Monaten gestorben. Nun kamen sie alle noch einmal zusammen, die um ihn gekreist waren, seine Familie, wie sich die engsten Mitarbeiter immer schon nannten, «Karl’s family», und seine erweiterte Familie, 2500 Gäste, angereist aus aller Welt, gekleidet oft in Schwarz, manchmal aber auch in Rosa oder Weiß, weil er es nicht mochte, wenn man trauert. «Karl For Ever», so hatte man das offizielle Gedenken genannt. Eine Trauerfeier sollte es nicht sein, denn Lagerfeld hasste den verklärenden Rückblick – er hatte nicht einmal an den Beerdigungen seiner Eltern und seiner Schwestern teilgenommen. Also wurde es eine fröhliche Gedenkfeier, die mit einem Schaulaufen der Prominenten begann, mit Einspielfilmen, Konzerten, Tanzeinlagen und Lesungen weiterging und mit einem Champagner-Empfang endete. 2500 Menschen in seinem Namen versammelt – das hätte ihm gefallen, denn eine seiner großen Stärken war es, Menschen zusammenzubringen. Le Tout-Paris wurde vorgefahren. Première Dame Brigitte Macron, die Lagerfeld schon deswegen geschätzt hatte, weil ihr Mann Emmanuel Macron als Premierminister den ungeliebten François Hollande abgelöst hatte; die ehemalige Première Dame Carla Bruni-Sarkozy, die lange als Model, auch für Chanel, gearbeitet hatte; Caroline von Monaco, eine der besten Freundinnen des Modeschöpfers, mit schwarzer Schleife an der weißen Bluse, und ihre Tochter Charlotte im knöchellangen schwarzen Kleid. Auch seine einstigen Musen schritten die Treppen im Glaspalast hinab, ganz langsam, um den Fotografen kein unglückliches Bild zu bieten: Inès de la Fressange, Claudia Schiffer, Caroline de Maigret. Das Model Gigi Hadid sagte gerührt in die Kameras: «Ich habe mich heute so angezogen, als ob ich ihn jetzt wirklich treffen würde.» Der Mann, der dem Modeschöpfer in seinen letzten Jahren am nächsten war, lächelte sibyllinisch. Sébastien Jondeau, der Leibwächter, Fahrer und Vertraute, erschien zugeknöpft im Dreiteiler, schweigsam über diesen Tag hinaus. Lagerfeld wollte, dass seine Asche mit der seiner Mutter und seines schon vor drei Jahrzehnten verstorbenen Lebensgefährten Jacques de Bascher vermischt wird. Sébastien Jondeau hatte den letzten Willen längst erfüllt: Nach der Einäscherung im Krematorium des Mont-Valérien-Friedhofs in Nanterre hatte er die Asche an einen unbekannten Ort gebracht, so dass der Verstorbene verschwand, wie er es sich zu Lebzeiten gewünscht hatte – ohne eine Spur zu hinterlassen. Im Palast der Weltausstellung von 1900 hatte Karl Lagerfeld bis zu der Couture-Schau im Januar 2019, zu der er wegen seiner Krankheit nicht mehr erschienen war, vier Mal im Jahr seine Welt ausgestellt, zwei Mal beim Prêt-à-Porter, zwei Mal bei der Haute Couture. Dieses Mal ging es im Grand Palais nicht um die Kleider der nächsten Saison. In diesen zwei Stunden ging es um ein ganzes Leben, um die vielen Rollen, in die sich ein Mensch in 85 Jahren kleiden konnte, um alle Dimensionen, in denen er dachte, redete, handelte, lebte. Der Modeschöpfer, das war am Ende zu erkennen, war auch ein Schöpfer von Ideen, Büchern, Zeichnungen, Sinnsprüchen, Logos, Beziehungen, Karrieren und Idealen. Also kamen nicht nur die Kundinnen und die Fans, die Manager und die Models, die Schneiderinnen und die Schauspielerinnen. An der Avenue sprang seine Floristin Caroline Cnocquaert aus dem Lieferwagen ihres Blumenladens Lachaume; aus Hamburg kam Marina Krauth vom Buchgeschäft Felix Jud; an seiner eigenen Buchhandlung 7L auf der anderen Seite der Seine hatten Hervé Le Masson und Catherine Kujawski ein handgeschriebenes Zettelchen an die Glastür geklebt, dass heute schon von 16.30 Uhr an geschlossen sei; Schmuckdesigner Aaron Cyril Bismuth trug die Halsketten mit großen bunten Steinen, die auch Lagerfeld sich zu besonderen Gelegenheiten umgelegt hatte; und Birte Carolin Sebastian erzählte vom Beginn ihrer Karriere als Model in den neunziger Jahren, als er ihr kurz vor der Chanel-Schau mit einem Augenzwinkern Mut machte in einer Welt, die ihr noch ganz neu war. Im Grand Palais stand an diesem letzten Frühlingsabend nicht die Mode im Mittelpunkt, sondern er selbst.[1] An den Stahlstreben der großen Halle hingen 56 große Fotos des Designers aus all seinen Epochen: mal mit Bart, mal mit Monokel, mal mit Katze. An den Bildern ließ sich die Dauer erkennen, in der er modisch tätig war, nämlich sechseinhalb Jahrzehnte, wenn man die Zeit bei Pierre Balmain seit 1954 als Beginn ansetzt. Zu sehen war auch seine Lust an der Selbstdarstellung, vom romantisch verklärten Jüngling Ende der Fünfziger mit Seitenscheitel und weißem Einstecktuch bis hin zum überretuschierten Weltstar, der sich in der Pose eines Rockmusikers gefiel oder im überkandidelten Habitus eines Dandys mit Birmakatze im Arm. Sechsundfünfzigfach blickte er hinab auf ein Pariser Gesellschaftsspiel, wie er es so liebte. Eingeladen hatten nämlich alle drei Marken, für die der rastlose Designer bis zuletzt tätig war: Chanel, Fendi und Karl Lagerfeld – und die gehören ganz verschiedenen Besitzern. Bernard Arnault, der Fendi seinem LVMH-Universum einverleibt hatte, dem größten Luxuskonzern der Welt, könnte es auch auf die beiden anderen Marken abgesehen haben. Als sollten solche Verschwörungstheorien gar nicht erst aufkommen an diesem Abend des Gedenkens, unterhielt sich der reichste Franzose entspannt mit Alain Wertheimer, dem Chanel zusammen mit seinem Bruder Gérard gehört. Der nette Umgang wird nicht das Verlangen des unersättlichen Markensammlers stillen. Denn die Wertheimer-Brüder, um die 70 Jahre alt, könnten nach Jahrzehnten im Luxusgeschäft langsam die Lust verlieren an ihrer glänzenden Marke. Schließlich hatte Lagerfeld dreieinhalb Jahrzehnte lang den Wiederaufstieg von Chanel orchestriert. Nun war er nicht mehr. Wie sollte es jetzt weitergehen? Mit den vielen Designer-Kollegen, die gekommen waren, hätte man eine ganze Modewoche bestücken können: Valentino Garavani äußerte «größten Respekt» für einen Freund, den er schon seit den fünfziger Jahren kannte; Stella McCartney, die Lagerfeld bei der Marke Chloé gefolgt war, trug einen schwarzen Spitzenschleier; Tommy Hilfiger, der ihn einst ermunterte, mehr aus der Marke seines Namens zu machen, war aus Nizza angereist; Ralph Lauren kam aus London, wo er gerade von Prinz Charles zum Ritter geschlagen worden war. Gucci-Designer Alessandro Michele umarmte Fendi-Chefin Silvia Fendi. Auch Alber Elbaz und Haider Ackermann waren da. Beide waren einst zu möglichen Thronfolgern bei Chanel stilisiert worden – und beide verharrten in der Möglichkeitsform. Karl Lagerfeld hatte keinen großen Sinn für seine eigene Familie. Umso wichtiger war ihm die Familie, die er sich selbst geschaffen hatte. «Das war seine Stärke, dass er jeden um sich herum genutzt hat für sein Schaffen, für sein Leben, für sein Wissen, um zu erfahren, was auf der Straße los war», sagte Sébastien Jondeau in einem der Einspielfilme, die Opernregisseur Robert Carsen mit Live-Aufführungen zu einer abendfüllenden Hommage am zweitlängsten Tag des Jahres zusammengestellt hatte. «Er war der Multi-Tasker schlechthin, ein Mann, der alles gleichzeitig machte», sagte «Vogue»-Chefin Anna Wintour. «Er mochte Partys, er liebte Menschen, aber er hat sein Privatleben geschützt. Er hat oft gesagt, wenn er sterbe, wolle er verschwinden und nur sein Werk zurücklassen. Das darf nicht passieren.» Und das passierte auch nicht. Der sonst so schweigsame Alain Wertheimer erzählte, ihr Verhältnis habe 1982, als er ihn für Chanel engagierte, als Geschäftsbeziehung begonnen und sei dann zur Freundschaft geworden. Bernard Arnault verglich den...


Alfons Kaiser ist Redakteur bei der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" und dort für das Ressort "Deutschland und die Welt" sowie für das monatlich erscheinende "Frankfurter Allgemeine Magazin" verantwortlich. Am liebsten schreibt er über Mode.


Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.