E-Book, Deutsch, 600 Seiten
Kern John Armis
2. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7578-6984-7
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die komplette Saga
E-Book, Deutsch, 600 Seiten
ISBN: 978-3-7578-6984-7
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Der erfahrene Krieger John Armis und sein langjähriger Freund Will, treffen eines Tages auf die bildschöne Elfe Amalia. Ihre Heimat wurde von den dämonischen Ahrmonen zerstört und, um deren Tyrannei zu beenden, bittet sie die beiden um Hilfe. Das Abenteuer beginnt.
Martin Kern wurde 1991 im bayrischen Tegernsee geboren. Bereits in seiner Kindheit war er fasziniert von Geschichten über Magie und tauchte in viele fantastische Welten ein. Im Jahr 2011 schloss er seine Lehrzeit im Schreinerhandwerk ab und erwarb vier Jahre später seinen Meistertitel. Fast zeitgleich entdeckte er seine Leidenschaft zum Schreiben.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Strom der Vergangenheit
»Was war das?« Meine Stimme überschlug sich förmlich, nachdem ich von einem starken Luftstoß fast umgeworfen wurde. Verwundert drehte ich mich zu Onkel Aaron, der mit mir gemeinsam auf dem Feld arbeitete. Doch dort, wo dieser vor einer Sekunde noch Möhren geerntet hatte, war jetzt nichts als gähnende Leere – wie vom Erdboden verschluckt. Verwirrt sah ich mich um, registrierte dann eine Bewegung im Augenwinkel. Etwa zehn Meter außerhalb des Ackers, vor einem Apfelbaum, stand er und steckte elegant seine Schwerter weg. Aaron bückte sich und las etwas vom Boden auf. Summend schlenderte er zu mir zurück. Jetzt erkannte ich einen perfekt geviertelten Apfel in seiner Hand. Er warf sich ein Stückchen in den Mund und sagte schmatzend: »Bedien dich.« Anstatt auf diese Einladung zu reagieren, musterte ich meinen Onkel von oben bis unten. »Wie hast du das gemacht?« Er neigte seinen Kopf zur Seite und steckte sich ein weiteres Stück in den Mund. Allmählich zeichnete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht ab. »Spann mich nicht auf die Folter, du weißt genau, was ich meine. Der Luftstoß, dein plötzliches Verschwinden, die Schwerter, der Apfel.« Inzwischen sprang ich aufgeregt von einem Bein auf das andere. »Bitte zeig es mir, ich will dich dieses Mal genau beobachten!« Aaron gähnte ausgiebig und streckte sich wie ein gebrechlicher Mann. »Du verlangst deinem alten Onkel ganz schön was ab, weißt du das?« »Spiel nicht den Tattergreis. Du lässt dir sonst auch nie eine Gelegenheit entgehen, mit einem Kunststücke anzugeben.« Onkel Aaron gluckste belustigt. Es machte ihm sichtbar Spaß, mich in Unwissenheit zu lassen. »Was heißt angeben? Ich wollte lediglich die stumpfe Feldarbeit etwas auflockern. Selbst schuld, wenn du nicht aufpasst.« Letzteres betonte er, als ob dies sein letztes Wort wäre. Doch nachdem er mein enttäuschtes Gesicht vernahm, sagte er: »Also schön, aber danach machen wir uns wieder an die Arbeit.« Auf meinen Lippen breitete sich ein Grinsen aus. Aaron nahm einen festen Stand ein und füllte seine Lungen mit tiefen Atemzügen. Schon nach wenigen Augenblicken schien sich die Luft, um seinem Körper, bläulich zu verfärben. Selbst der Apfelbaum wurde von dieser Energie erfasst. Der Stamm pendelte im Einklang mit meinem Onkel. Ich hielt die Augen weit geöffnet, um nichts zu verpassen. Dann ging alles Schlag auf Schlag: Eine Frucht löste sich und die Schwerkraft erledigte den Rest. Doch ehe der Apfel auf der Erde aufprallte, war da erneut ein Luftstoß, der mich dieses Mal gänzlich umwarf. Am Boden liegend richtete ich meinen Blick rasch wieder auf den Apfelbaum. An der Stelle, wo die Frucht hätte aufschlagen müssen, stand Onkel Aaron mit gezogenen Schwertern. Vor ihm ein aufgespaltener Apfel. Wie hatte er es nur geschafft, im Sekundenbruchteil diese Distanz zu überwinden? »Onkel«, rief ich verärgert, »ich habe es wieder verpasst!« Aaron fing unter Tränen an, laut zu lachen.»Du brauchst dich nicht vor lauter Ehrfurcht auf den Boden werfen!« Schmollend stand ich auf und rieb mir den Hintern, während zu ihm torkelte. Obwohl sein Gelächter ansteckend war, versuchte ich ernst zu bleiben. »Lass es mich auch versuchen«, bat ich ihn und deutete auf die Schwerter in seiner Hand. Aaron steckte die Klingen weg und bot mir abermals ein Stück des Apfels an. »Für solche Kunststücke braucht man erst einmal einen festen Stand. Und, nicht zu vergessen, viel Geschick und Geschwindigkeit«, fügte er zwinkernd hinzu. »Ich bin schnell«, wandte ich ein, »und geschickt allemal!« Angesichts meiner Entschlossenheit fing er wieder an zu kichern. Er hob einen Stock vom Boden auf und drückte ihn mir vor die Brust. »Für den Anfang versuche es damit.« Enttäuscht wog ich ihn in den Händen. »Aber Onkel, ich möchte doch deine Schwerter benutzen.« Er las einen heilen Apfel auf und warf ihn sich abwechselnd von einer Hand in die andere. »Wenn du den hier triffst, dann denke ich nochmal darüber nach. Wie klingt das?« »Einverstanden, aber versprochen ist versprochen, ja?« Aaron zwinkerte mir verschwörerisch zu. Ich nahm selbstbewusst eine Kampfpose ein und wartete konzentriert ab. Mein Onkel fackelte nicht lange. Er warf den Apfel so hoch in die Luft, dass ich den Kopf weit in den Nacken legen musste. Doch die tiefstehende Sonne blendete meine Augen. Blindlings schwang ich den Stock und drehte mich wie ein Kreisel. Erneut verlor ich das Gleichgewicht und landete auf dem Hintern. Onkel Aaron lachte so laut, dass er sich die Hände auf den Bauch pressen musste. »Dreh mir nicht gleich durch«, prustete er und wischte sich eine Träne weg. »Aber immerhin, wenn du den Apfel mit diesem Schwung getroffen hättest, wäre nichts mehr von ihm übrig geblieben.« Er reichte mir seine Hand. Wütend keifte ich den Stock an und warf ihn in die Krone des Baumes. »Mach dir nichts draus, John. Alles hat seine Zeit.« Sein Magen gab ein Grummeln von sich. »Und jetzt ist Zeit fürs Essen. Lass uns den Rest aufsammeln und nach Hause gehen.« Mit geschulterten Körben machten wir uns auf dem Weg zurück zur Hütte. Diese lag abseits eines Dorfes, in welchem wir immer einen Teil der Ernte verkauften. Schweigend marschierten wir über die Felder. Unter der Last des Korbes fiel es mir schwer, mit meinem Onkel Schritt zu halten. Aaron brach schließlich das Schweigen. »Wie ich sehe, mutest du dir täglich immer mehr Gewicht zu. Soll ich dir nicht lieber etwas Last abnehmen?« Doch ich winkte ab und keuchte: »Nein, Onkel, ich schaffe das schon. Immerhin will ich eines Tages stärker sein als du.« »Ich kann es kaum erwarten. Aber pass auf, dass du nicht zusammenbrichst. Vergiss nicht, man sollte sich im Leben nicht mit unnötigem Ballast quälen.« Über seine letzte Bemerkung dachte ich noch lange nach. Am späten Abend aßen wir reichlich selbstgebackenes Brot und gebratene Pilze. Ich beobachtete Aaron beim Kochen. Er schien niemals eine überflüssige Bewegung zu machen. Das war eine weitere Eigenheit, die ihn von gewöhnlichen Menschen unterschied. Nach dem Essen saßen wir, wie an den meisten Abenden, gemütlich beisammen. Geistesabwesend starrte ich auf die vor mir liegende Feuerstelle. »Wo bist du denn mit deinen Gedanken?«, fragte Aaron. Die tänzelnden Flammen hatten mich regelrecht hypnotisiert. Feuer fand ich schon immer faszinierend. Es hatte etwas Reinigendes. »Ich denke über deine Worte von vorhin nach.« »Ach, was habe ich denn Großartiges gesagt, das dich so zum Grübeln bringt?« Ich wandte mich dem Feuer ab und sah ihm in die Augen. »Dass man sich nicht mit unnötigem Ballast quälen soll.« Mein Onkel warf seine Stirn in Falten. »Und wieso beschäftigt dich das?« Es fiel mir nicht leicht, dies zu erklären, da ich selbst nicht wusste, warum mir diese Worte so im Gedächtnis geblieben sind. »Nun ja«, sagte ich zögerlich, »ich bezweifle, dass du damit den schweren Korb gemeint hast. Du hattest deinen das-ist-eine-wichtige-Lektion-Blick aufgesetzt. Jetzt frage ich mich, welcher Sinn dahinterstecken könnte.« »Ach, ich wusste gar nicht, dass ich so einen Blick habe.« Er zwinkerte mir lächelnd zu. »Für deine sieben Jahre bist du schon beachtlich weitsichtig, weißt du das? Du bist neugierig und hinterfragst alles.« Er erhob sich vom Sessel und trat zur Tür. »Komm, John, lass uns einen Spaziergang machen.« Es war eine klare Oktobernacht und der Mond leuchtete in voller Pracht. Onkel Aaron führte mich zum Fluss nahe unserer Hütte. Mein Blick wanderte die Wasseroberfläche entlang. Obwohl es eine angenehm milde Nacht war, zitterte ich beim bloßen Gedanken da hineinzuspringen. »Weißt du, mein Junge,«, brach Aaron die Stille, »man kann sein Leben lang nach Stärke und Freiheit streben, doch wird man immer ein Gefangener bleiben, solange die Gedanken einen unter Kontrolle haben.« Ich verstand nicht, was er meinte, und runzelte die Stirn. »Soll das heißen, ich darf nicht mehr denken?« »Das Denken ist keine schlechte Eigenschaft. Du wirst häufig in Situationen geraten, in denen es erforderlich ist, deine Schritte zu planen. Aber es ist wichtig, dass du nicht Sklave der eigenen Gedanken wirst. Merke dir: Ein Gedanke kann schwerer als ein Dutzend beladener Körbe sein und Bewegungen und Gemüt belasten. Lass sie deshalb kommen und wieder gehen, aber halte sie nicht fest. Und, was noch schlimmer wäre, unterdrücke sie nicht.« Onkel Aaron blickte tief in den Fluss. Er ließ eine ganze Weile verstreichen, in der er sich folgende Wörter zurechtlegte: »Du bist ein schlauer Junge und dein Streben nach Stärke ist...




