Klein | Facetten 2019 | Buch | 978-3-99028-893-1 | www.sack.de

Buch, Deutsch, Band Facetten 2019, 280 Seiten, Format (B × H): 140 mm x 220 mm, Gewicht: 500 g

Reihe: edition linz

Klein

Facetten 2019

Literarisches Jahrbuch der Stadt Linz
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-99028-893-1
Verlag: Bibliothek der Provinz

Literarisches Jahrbuch der Stadt Linz

Buch, Deutsch, Band Facetten 2019, 280 Seiten, Format (B × H): 140 mm x 220 mm, Gewicht: 500 g

Reihe: edition linz

ISBN: 978-3-99028-893-1
Verlag: Bibliothek der Provinz


Literatur darf alles: parodieren, veralbern oder verarschen; wenn sie es kann, selbst blödeln. So wie es der späte Friedrich Achleitner, Klassiker der „Wiener Gruppe“ und Doyen der Österreichischen Architekturgeschichte und -kritik, der im März 2019 verstarb, in seinen späten Texten „ohne sense“ tat. Der gebürtige Schalchener griff nicht zufällig in seinen experimentellen Anfangsjahren zum Innviertler Dialekt, um ihn neu hören zu lassen; zuletzt hatte sich Achleitner in minimalistischen Stücken zur höheren Kunstform des Blödelns freigespielt. Zu „Heimat“ fiel ihm etwa ein: „mei muaddal woa a linzarin / drum hob i wean so gean.“ Oder er dichtete staatstragend subversiv: „heimat bist du großer söchter / ja da lob ich mir / die töchter.“

Mag es zum Gemeinplatz der österreichischen Literaturgeschichte gehören, dass am Ursprung der 2. Republik keine neue Welt ohne neue Sprache zu begründen war – wozu scheinbar paradox auf den regionalen Dialekt zurückgegriffen wurde –, in deren fortgeschrittenem Stadium ist für ihre „Töchter“ dessen Gebrauch im Dienste der Freiheit und der Frechheit selbstverständlich geworden. Dominika Meindls „Götterdämmerung“ entstellt damit die lokalen Verhältnisse zur Erkenntlichkeit: „LH: Des wird jetzt a Leistungsschau von unserem Kulturstandort! Vize: I gangad nia ins Theata, owa des schaut supa aus!“ Am Ende des Dramoletts erhebt sich dann, wenn auch unter einem „großen Haufen Gotteskot“, eine Stimme zum „Hoch auf die Macht der Literatur!“ Ein ähnlich sarkastischer Tonfall wird in Lydia Haiders „Grundlsee-Tatort“ angeschlagen: „K.: Sie san a Schriftstellerin, heat ma. S.: Ja. K.: Sprache heat jo a nie auf.“

Auch im Beitrag von Martin Pollack, einem der bekanntesten zeitgenössischen Autoren oberösterreichische Provenienz, verrät Sprache auf eindringliche Weise das absichtlich Unbewusste dieser Welt. In seiner Erinnerung an „meine Heimatstadt Linz“ in den späten 1950er Jahren berichtet Pollack eine abgründig skurrile Episode: „Meine Mutter war nicht sonderlich politisch, aber sie war verhaftet im alten System, das sie vermutlich nie wirklich in Frage gestellt hat. Ich weiß noch, wie sie einmal bei uns im Garten, wir waren allein, plötzlich, aus heiterem Himmel, zu singen begann, als wäre das das Normalste auf der Welt: Hey Babariba, die Nazi kommen wieder … Da war ich dreizehn oder vierzehn Jahre alt, ich wusste also bereits, was das zu bedeuten hatte.“ Wenn achtzig Jahre nach Beginn des Zweigen Weltkrieges, an dessen Anfängen auch dieses Land nicht ganz unbeteiligt war, nicht nur Dreizehn-, Vierzehnjährige zu dieser Einsicht reiften, wäre einer alten Wahrheit Genüge getan: An ihrer Sprache sollt ihr sie erkennen!

Die dreiunddreißig Beiträge der Facetten 2019 sind in ihrer inhaltlichen, stilistischen und poetologischen Vielfalt nicht nur ein Beitrag zu dieser Form des Erkennens; sie stellen auch einen Querschnitt durch den Ist-Zustand dar; diesen immer wieder neu zu beschreiben, zu bedichten und damit zu erfinden, ist die eigentlich Aufgabe der Literatur.

( im Vorwort)
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Weitere Infos & Material


Leisch, Peter
Peter Leisch wurde 1957 in Linz geboren und ist promovierter Philosoph. Seine Tätigkeit im städtischen Kulturbereich begann er 1985 als Bibliothekar im Stadtarchiv, seit 1991 betreute er den Fachbereich Kulturwissenschaften an der Linzer Volkshochschule. Des weiteren als Koordinator und Redakteur tätig.

Klein, Erich
Erich Klein: geboren 1961 in Altenburg/N.Ö., Publizist und Übersetzer, lebt in Wien.
Regelmäßige Beiträge in ORF – Ö1 „Ex libris“, „Kontext“ und „Diagonal“.
Publikationen: „Graue Donau, Schwarzes Meer“ (2008, mit C. Reder), „Die Russen in Wien – die Befreiung Österreichs“ (1995/2015).
Übersetzungen aus dem Russischen (Auswahl) von A. Pjatigorskij, D. Prigow, O. Sedakowa, Z. Prilepin und B. Chersonskij.
Auszeichnungen: Staatspreis für Literaturkritik (2013), Preis der Stadt Wien für Publizistik (2013), Würdigungspreis des Landes Niederösterreich (2015).

Bitter, Claudia
Claudia Bitter: geboren 1965 in Oberösterreich, Studium der Slawistik und Ethnologie, lebt als Autorin, Künstlerin und Bibliothekarin in Wien. Bisher sind drei Prosabände und drei Lyrikbände mit Illustrationen erschienen, zuletzt: „Fischfliegen – Aus dem Leben der Flu¨gelflosser“ (2015). Zahlreiche Veröffentlichungen in Anthologien und Literaturzeitschriften, diverse Preise und Stipendien



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