Krimi-Cops Knock Out
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-95441-271-6
Verlag: KBV
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Krimi aus Düsseldorf
E-Book, Deutsch, Band 5, 420 Seiten
Reihe: Struller & Jensen
ISBN: 978-3-95441-271-6
Verlag: KBV
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Coole Cocktails und fliegende Fäuste
Als Kriminalhauptkommissar Pit "Struller" Struhlmann und sein Praktikant Jensen die Reste eines Motorboots durchsuchen, das zuvor mit einem donnernden Krachen im Düsseldorfer Hafen explodiert ist, entdecken sie eine gefesselte Frauenleiche.
Die turbulenten Ermittlungen führen die beiden schlagfertigen Cops diesmal in düstere Altstadtspelunken, in lärmige Partykneipen, an einen Pornofilm-Dreh und schließlich müssen sie sich fragen, ob bei einem durchgeknallten Happening-Künstler Genie und Wahnsinn ein wenig zu fließend ineinander übergehen.
Der Ton wird rauer, die Gangart härter, und ein Knock Out muss nicht mit der geballten Faust, sondern kann auch in einem charmant servierten Cocktail mit Zitronenscheibe daherkommen.
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2. Kapitel
Christian Jensen öffnete langsam und schläfrig die Augen und suchte mit halb geschlossenen Lidern seine kleine Appartementwohnung auf der Stresemannstraße ab. Was war das für ein fürchterlicher Lärm? »Ach so, der Wecker.« Jensen reckte sich den rechten Arm lang und verpasste dem mutmaßlichen Randalierer auf seinem Nachttisch eine kräftige Lasche. 0:13 Uhr schrie ihm das grüne Display entgegen. Viel zu früh! Wecker waren von der Natur gar nicht vorgesehen. Aber … der Lärm blieb. »Oh, das Telefon.« Das hieß jetzt doch aufstehen. Tranig klappte Jensen einen weiteren rechten Arm, der auf seinem nackten Oberkörper lag, vorsichtig zur Seite. Und stutzte. »Oha.« Er war ja gar nicht alleine! Verdammt, er hatte Besuch. Und was für einen! Weiblich! Fahrig strich er über seine Augen. Mist. Er hatte doch gar nicht einschlafen wollen, sondern nur mal ganz kurz im Bett seine Äuglein zugemacht. »Auweia.« Das war jetzt natürlich ein wenig dumm gelaufen. Hoffentlich war sie nicht sauer. Aber immerhin war sie nicht abgehauen, hatte ihn nicht in seiner Wohnung alleine zurückgelassen, hatte sich zu ihm ins Bett gelegt. Jensen grinste. Er wertete das mal als ein gutes Zeichen. Das Telefon lärmte immer noch. Er wollte den fantastischen, zum Arm dazugehörenden restlichen Teil des zauberhaften Körpers nicht wecken. Noch nicht. Stattdessen glitt er vorsichtig, sehr vorsichtig aus den Federn und ruckelte seine rot-weiß gestreifte Fortuna-Düsseldorf-Boxershorts hoch. Weil er nur eine knappe Stunde gepennt hatte, gab er seinem schwächelnden Kreislauf fünf Sekunden Zeit, sich ebenfalls stöhnend aufzurichten und schlich leise zum Telefon. »Ja?« »Ich bin es. Es gibt Arbeit!« Jensen runzelte die Stirn und wechselte nach nebenan in die kleine Küche. Das war Pit Struhlmann, Struller, der Kriminalhauptkommissar, dem er in seinem Abschlusspraktikum zugewiesen war. »Arbeit?«, fragte Jensen verwirrt. »Ja, du weißt schon, die Sache, für die du bezahlt wirst.« »Äh«, murmelte Jensen und spürte Blutdruck. »Du hattest doch gesagt, dass wir nach dem Bluthunde-Fall ein paar Tage Pause machen, um die Überstunden abzufeiern. Ich wollte ein bisschen, äh, ausschlafen.« »Tja, das Leben! Geschlafen wird am Ende des Monats! Im Hafen gibt‘s eine Leiche.« »Eine Leiche?« »Ja. Ein Mensch. Hat vor Kurzem noch gelebt, jetzt ist er tot. Das nennt man dann Leiche. Der Mensch ist nicht ganz freiwillig gestorben. Du erinnerst dich grob, was wir beruflich machen? Polizei Düsseldorf, Kriminalkommissariat 11, Mordkommission?« Jensen warf einen sehnsüchtigen Blick auf sein Bett. Und auf den nackten, urlaubsbraun gebrannten Inhalt. Lange, dunkelrote Locken ergossen sich üppig-wild und malerisch leuchtend übers Kopfkissen. »Pit, ich bin nicht alleine, hier, zu Hause. Ich habe Besuch. Weiblichen.« »Oma Jensen?«, fragte Struller am anderen Ende entsetzt. »Nein. Eine Kollegin. Wir waren mit unserem Kurs gestern Abend in der Altstadt. Die Kollegin kommt aus Gronau und ist nach dem Feuerwerk mit zu mir.« »Ach so. Knick, Knack. Ich verstehe. Wie auch immer. Dienst ist angezeigt.« »Aber meine Kollegin …« »Schreib ihr einen Zettel! Wenn sie wach wird, soll sie sich ein bisschen nützlich machen. Durchwischen, spülen oder ein bisschen was aufräumen«, schlug Struller vor. Jensen warf um die Ecke einen Blick auf seine Klassensprecherin, die natürlich ganz sicher nicht auch nur einen einzigen Gedanken daran verschwenden würde, sich seiner Bude anzunehmen. Wobei es seine Junggesellenhucke tatsächlich dringend nötig hätte. Aber es hieß ja, Männer, die Putzlappen anfassen, werden impotent. »Äh, du hast da einen ganz falschen Eindruck von meiner Kollegin.« »Wie dem auch sei, Sportsfreund. Spring jetzt unter die Brause, dusche dir flott den Liebesschweiß vom Körper und mach dich auf den Weg. Wir treffen uns in fünfundzwanzig Minuten auf dem Parkplatz vor dem Polizeipräsidium.« »Aber …« »Abba ist immer noch eine Popgruppe, mach hin!« Jensen hörte Struller den Telefonhörer auflegen, drückte an seinem Apparat den Aus-Knopf und wankte – sich nachdenklich am Bauch kratzend – zurück ins Bett. Das war jetzt natürlich doof. Ihm hatte für später nach dem Ausschlafen ein gemeinsames Frühstück vorgeschwebt. So ein ganz gemütliches, ausgiebiges, reichhaltiges Frühstück im Bett. De luxe, quasi. Ab und an lustvoll unterbrochen durch eine kleine, sportliche Aktivität. Ein entspannter, frühmorgendlicher Meinungsaustausch unter Kommilitonen. Jensen fuhr mit spitzem Finger langsam die Konturen eines scharfen Tattoos nach, das sich am sportlichen, dunkel gebräunten Oberarm seiner hübschen Kollegin beginnend mit hohem Aufforderungscharakter sündig heiß die Schulter hinaufschlängelte. »Denk nicht mal dran«, knurrte seine Kollegin düster, ohne sich zu bewegen oder ihre Augen zu öffnen. Jensen zuckte zurück. Na dann. Konnte er auch ein bisschen arbeiten gehen. * * * Einmal Tempo aufgenommen brauchte Jensen nur knapp fünfzehn Minuten, um frisch wie der junge Frühling im Treppenhaus die Stufen runterzuhuschen. Den letzten Absatz übersprang er, denn dort stapelten sich die neuesten Exemplare des Rheinboten. Er riss die Haustür auf und zog erschreckt einen Fuß zurück, den er auf den Treppenabsatz setzen wollte. »Was ist das denn für eine Scheiße?«, knurrte er und schwankte einen Schritt zurück. »Keine Scheiße«, summte eine Stimme. Jensen fuhr herum. Neben ihm stand ein Junkie. So einer von der untoten Sorte. Weiße Haut. Zumindest da, wo keine offenen Wunden und eitrige Pickel ein wenig Farbe ins Spiel brachten. Langes, schütteres Haar, dunkle Augen, die in den Höhlen versanken, gebeugte Haltung. Die Jeans hatte Löcher, das Sweatshirt auch. Und als er jetzt den Mund wieder öffnete, konnte Jensen keinen einzigen, vollständigen Zahn erkennen. Nur eine Reihe dunkler, bröseliger Grabsteine. »Sieht aus wie Kotze«, erklärte der Bursche trocken. Jensen fluchte. »Scheiße, ja. Mensch, was ist das denn für eine Farbe? War das ein Alien?« Der Junkie zog die Schultern hoch. »Für zehn Euro mach ich das weg.« Jensen schnappte nach Luft. Eine ganz freche, üble Bemerkung lag ihm ganz weit vorne auf der Zunge. Andererseits hatte er selbst keine Zeit, jetzt mit einem Eimer voll Wasser zur Tat zu schreiten, bevor der klebrige Stoff eklige Löcher in den Treppenabsatz ätzen würde. Schnaufend zückte er sein Portemonnaie, frickelte einen Zehner ans Licht und reichte ihn dem Junkie, der ihn mit zittrigen, fahrigen Fingern hastig ergriff. »Aber nachher ist hier sauber!« »Kannst nachher vom Treppenabsatz essen, Alter.« Das würde er dem Kerl überlassen, dachte Jensen, verkniff sich aber die Bemerkung, denn es war davon auszugehen, dass der arme Hund kulinarisch alles andere als wählerisch sein durfte. Und in diese Wunde wollte Jensen wirklich kein Salz streuen. Kaputte Junkies gehörten im Düsseldorfer Bahnhofsviertel leider zum Stadtbild, aber das war lange kein Grund, ihnen gegenüber anmaßend rüberzukommen! Deshalb tippte er sich zum Abschied an die Stirn und dachte, als er ein paar Meter weiter sein Fahrzeug erreichte und aufschloss, dass es gleich mit Struller im Hafen kaum schlimmer werden konnte. * * * Struller steuerte mit zusammengekniffenen Augen den Zivilwagen vom Polizeipräsidium in Richtung Frachthafen. Was nicht ohne Anspruch war. Für alle Beteiligten. Nicht nur für Jensen, der sich mit blassem Blick auf den Beifahrersitz gekrampft hatte, sondern in der Hauptsache für alle anderen Verkehrsteilnehmer, von denen um kurz vor eins noch eine ganze Menge unterwegs waren. Mit Fahrzeug und ohne. Beim rasanten Abbiegen in die Speditionsstraße rettete sich ein älterer Mann in gelben Gummistiefeln – mit Angelrute und Fangeimer – so gerade eben noch in einen Hauseingang. »Wo kam der denn her?«, knurrte Struller. »Von links«, flüsterte Jensen. »Warum läuft der nicht auf dem Gehweg?« Jensen zog Luft. »Er lief doch auf dem Gehweg!« Sein Tutor war ein anerkannt guter Kriminalist, einer, der seine Schweine am Gang erkannte und dessen Aufklärungsquote beeindruckend war. Struller hatte sie alle schon festgenommen. Den einbrechenden Vater, den missratenen Sohn, das ungeborene Kind, quasi generationsübergreifend wirklich alle. Aber Auto fahren, Auto fahren konnte Struller nicht....