Kummer Die Weltenwandlerin
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-945230-02-2
Verlag: Leseratten Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 408 Seiten
ISBN: 978-3-945230-02-2
Verlag: Leseratten Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Tanja Kummer wurde 1976 geboren. Bereits in der zweiten Klasse wurde bei ihr eine leichte Legasthenie festgestellt. Um diese zu überwinden, sollte sie unter anderem viel lesen. Dabei bevorzugte sie die Werke von Terry Brooks, Diana L. Paxson und später auch Diana Gabaldon. Das hatte zur Folge, dass ihr ohnehin bereits sehr phantasievolles Wesen schon im jungen Alter umfangreiche Abenteuer ersann und bald schon zu Papier brachte. Selbst nach ihrer Lehre zur Konditorin blieb sie dem Schreiben treu. 1999 zog sie nach Köln, um dort bei ihrem Liebsten zu sein. Von ihrem Verlobten ermutigt, der viele ihrer Geschichten gelesen hatte, begann sie nicht nur nach einem passenden Verlag Ausschau zu halten, sondern auch an Ausschreibungen teilzunehmen. Ihre erste Kurzgeschichte, eine Satire, wurde in der Anthologie 'Das Helena-Syndrom - Der Zwang schön zu sein' veröffentlicht. Im Jahr darauf, 2006, erscheint dann ihr Erstlingswerk im Kalidor Verlag: 'Die Weltenwandlerin'. Danach folgt eine mystische Geschichte für 'Satan GmbH & Co.KG'. Eine amüsante Kurzgeschichte über einen Zauberlehrling erscheint in der Anthologie 'Karfunkelfeuer' im Januar 2010. Schnell zu Papier kam auch der Kurzkrimi für die Anthologie 'Mortus in Colonia - Tod in Köln', erschienen im Wellhöfer Verlag. Im Herbst 2011 erschien mit 'Der Weltenbezwinger' die lange erwartete Fortsetzung der Weltenwandlerin. Im April 2014 erschien mit dem Band 'Der Weltenwandler' der Abschluss der Tybay Trilogie im Leseratten Verlag aus Backnang. Heute lebt Tanja Kummer im württembergischen Backnang und hat an dem Eifer zu schreiben nichts verloren.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Tanja Kummer
Die Weltenwandlerin
Roman
Leseratten Verlag
Tanja Kummer
Die Weltenwandlerin
ISBN 978-3-945230-02-2
1. Auflage, Backnang
© Alle Rechte vorbehalten
Leseratten Verlag, Marc Hamacher,
71522 Backnang
www.leserattenverlag.de
Für Marc, in Liebe
Für meine Lieben,
die immer daran geglaubt haben, daß ein Huhn fliegen kann.
Herzlichen Dank an meine Eltern, die mir ihre guten Eigenschaften mit auf den Weg gegeben haben. Auch an meine Schwestern, die immer meine ersten Opfer waren.
Besonderer Dank geht an meine beiden bärtigen Käuze, die mir unermüdlich dabei halfen, aus einer Geschichte eine unvergeßliche Reise zu machen. Und an meine Freundin in Berlin, die auch für die dümmsten Fragen immer ein offenes Ohr hatte.
Vielen Dank an Jamie und Del, die stets dafür sorgten, daß ich eine Pause machen mußte, wenn ich sie nicht wollte.
König Balinor
Die Nacht war finster. Dicke Wolkenwände verschleierten den Mond und die Sterne. Es roch nach Feuchtigkeit, und der erste Nebel stieg aus dem Laub und Wurzelwerk der dicht gewachsenen Bäume. Noch immer fielen schwere Tropfen aus den wirren Ästen der alten Eichen, obwohl es schon Stunden her war, daß der Regen aufgehört hatte. Doch das Wasser fand erst jetzt mit der Schwere des Nebels über das Blattwerk den Weg zur Erde.
Der Waldboden war fast völlig trocken. Nur vereinzelt waren die gefallenen Blätter feucht und glitschig. Hauptsächlich dort, wo das Blattwerk nicht so dicht wuchs, an Lichtungen und über dem Weg, dem Pferd und Reiter folgten. Im waghalsigen Galopp, daß die Hufe des Hengstes donnernde Schläge verursachten, ritten sie den kaum sichtbaren Weg entlang.
Sie waren nicht allein. Mehrere andere Pferde folgten ihnen dichtauf. Wäre da nicht sein Reiter gewesen, der ihn unbarmherzig antrieb, der Hengst wäre in einen leichten Trab zurückgefallen, um seine Artgenossen zu erwarten. Aber wieder spürte der Hengst die Hacken seines Reiters in seinen Flanken.
Der Reiter fühlte sehr wohl das erschöpfte Zittern seines Pferdes und gewahr mit Schrecken, daß es immer öfter aus dem Tritt kam. Ihr Vorsprung verkleinerte sich zusehends.
Sie waren viel zu schnell, bedachte man dem Umstand, daß man kaum die Hand vor Augen sehen konnte. Aber das dämmrige Licht würde Roß und Reiter ausreichen müssen, genügend Anhaltspunkte zu erspähen, um die Strecke in dieser Schnelligkeit bewältigen zu können. Sie hatten keine andere Wahl, wollten sie ihren Verfolgern entkommen.
Der Kopf mit dem einst schwarzen, jetzt ergrauten vollen Haar ruckte herum und erhaschte einen Blick über die Schulter. Aber es war zu dunkel, um seine Verfolger auszumachen. Er wandte den Blick wieder dem kaum erkennbaren Weg zu, dem das Streitroß folgte, und gewahr erst im letzten Moment das Hindernis, das auf dem Waldweg lag. Seiner Kehle entfuhr ein überraschter Schrei, und hastig ließ er den Hengst über den umgestürzten Baumstamm setzen. Auf der anderen Seite des Baumes strauchelte das Pferd und verlor auf dem feuchten Erdreich das Gleichgewicht. Im letzten Moment fing es sich wieder und entging nur knapp dem endgültigen Ende ihres Rittes. Wieder riss der Reiter unsanft an den Zügeln und setzte seinen halsbrecherischen Ritt fort.
Neben Reiter und Pferd stürzte ein Falke aus der Nacht heraus und schrie schrill auf.
»Ich weiß, mein Freund! Sie folgen uns dicht auf«, erwiderte der Mann. »Doch sprich! Meine Sorge gilt allein dem Thronerben des Landes. Hat Quinfee es geschafft, meinen Sohn und meine Gemahlin in Sicherheit zu bringen?«
Der blutrote Umhang bauschte sich im Wind des Rittes auf und entblößte einen schwarzen Harnisch, verbeult und blutverschmiert. Aber es war nicht das Blut des Reiters, denn das zusätzliche Kettenhemd darunter hatte ihn zu schützen vermocht. Der Reiter und das Pferd waren in der Finsternis nicht mehr als ein schwarzer Schatten. Ein Vorteil für sie, aber der König wußte, daß seine Verfolger ihn trotzdem finden würden.
»Ja, Mylord. Prinz Necom ist in Sicherheit. Quinfee hat sein eigenes Leben und das seiner Männer riskiert, um ihn in Sicherheit zu bringen«, erwiderte der Falke mit sanfter Stimme.
»Was ist mit meiner Königin, Eweligo?« Die Stimme des Königs wankte vor Sorge. Er ahnte, daß etwas Furchtbares geschehen war. Der Reiter warf dem Falken einen kurzen, besorgten Blick zu. Aber da war nicht mehr der Falke, sondern eine andere, menschliche Gestalt. Der Gestaltenwandler glich in seiner natürlichen Statur einem Menschen, ließ man außer Acht, daß er wenig größer als eine Elle war und ihm zwei große seidendünne Flügel aus dem Rücken wuchsen. Jetzt waren sie klar und durchscheinend. Doch wenn sich das Licht in den länglichen, libellenartigen Flügeln verfing, brach sich dieses darauf und erstrahlte in den Farben eines Regenbogens. Im Verhältnis zu seinem Körper waren seine Hände und Füße sehr groß und seine Zehen endeten in Saugnäpfen wie bei einem Frosch.
In den großen, grünen Augen stand echte, tief empfundene Trauer, als er in das von Sorge gezeichnete Gesicht seines Königs blickte. Mit einer Hand wischte er sich eine nasse Strähne des roten Haares aus der Stirn. Der König war ein Mann in den besten Jahren. Nicht mehr der Hitzkopf seiner Jugendzeit, sondern bereits mit erlesener Weisheit, aber noch nicht vom Alter gebeugt. Doch in jener finsteren Nacht glich sein Gesicht mehr dem eines alten Mannes. Eweligo hatte seinen Herrn noch nie so erschöpft gesehen, und das Elementarwesen wußte, daß es auch sein Herr wußte.
»Sie starb mit der ersten Morgenröte des gestrigen Tages, um Euren Sohn zu beschützen, mein König. Ein Stoßtrupp, knapp zwei Dutzend von König Kalidors besten Schergen, überfiel ihr Lager in der Dämmerung. Unsere Königin nahm ihr Schwert zur Hand und focht gut, aber einer derartigen Übermacht an geübten und kampferfahrenen Soldaten war die Gruppe nicht gewachsen. Sie gab Euren Sohn in Quinfees Obhut, damit er fliehen konnte. Sie selbst und die Soldaten hielten die feigen Mörder so lange auf, wie sie konnten.«
Der Wald brach vor ihnen auf und sie sprengten auf eine Lichtung und in den Nebel. Die Tränen auf den Wangen des Königs vermischten sich ungesehen mit der Feuchtigkeit des Nebels. Der Hengst begann zu tänzeln, als seine Hufe tief in den Morast einsanken. Wenige Augenblicke später erreichten sie die andere Seite der Lichtung und drangen wieder in den Wald ein.
Die Morgenröte stieg auf und der König wurde sich der Ironie gewahr, daß ihn die Nachricht um das Schicksal der Königin zur selben Zeit, jedoch einen Tag später erreichte, als es sie ereilt hatte.
Erneut warf er einen gehetzten Blick hinter sich, doch auch jetzt war noch nichts von seinen Verfolgern zu sehen. Der Ritt ging weiter und schließlich erreichten sie den Rand des Waldes. Vor ihnen erstreckte sich die Weite eines Tals. Endlich auf freier Fläche trieb der König sein Pferd noch schneller an. Seinen Schild, den Speer und all die anderen jetzt unnützen Dinge, die nur Ballast für das Tier gewesen waren, hatte er bereits vor Stunden in den Wald geschleudert. Dennoch würde er das Streitroß zuschanden reiten, wenn er es in diesem Tempo weiter hetzte. Doch selbst dieses Opfer war dem König nicht zu hoch, wenn das Gelingen...




