E-Book, Deutsch, Band 68, 384 Seiten
Reihe: Horror Taschenbuch
Lee Der Höllenbote
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-86552-296-2
Verlag: Festa Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Thriller
E-Book, Deutsch, Band 68, 384 Seiten
Reihe: Horror Taschenbuch
ISBN: 978-3-86552-296-2
Verlag: Festa Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Edward Lee (geboren 1957 in Washington, D. C.). Nach Stationen in der U.S. Army und als Polizist konzentrierte er sich lange Jahre darauf, vom Schreiben leben zu können. Während dieser Zeit arbeitete er als Nachtwächter im Sicherheitsdienst. 1997 konnte er seinen Traum endlich verwirklichen. Er lebt heute in Florida und hat mehr als 50 Romane geschrieben, darunter den Horrorthriller Header, der 2009 verfilmt wurde. Er gilt als obszöner Provokateur und führender Autor des Extreme Horror. Festa warnt ausdrücklich: Edward Lees Werke enthalten überzogene Darstellungen von sexueller Gewalt. Wer so etwas nicht mag, sollte die Finger davon lassen. Für Fans dagegen ist Edward Lee ein literarisches Genie. Er schreibt originell, verstörend und gewagt - seine Bücher sind ein echtes, aber schmutziges Erlebnis. Bighead wurde das »most disturbing book« genannt, das jemals veröffentlicht wurde. Mancher Schriftsteller wäre über solch eine Einordnung todunglücklich, doch nicht Edward Lee - er ist stolz darauf.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1;Kapitel 1;24
2;Kapitel 2;48
3;Kapitel 3;67
4;Kapitel 4;89
5;Kapitel 5;97
6;Kapitel 6;110
7;Kapitel 7;129
8;Kapitel 8;147
9;Kapitel 9;164
10;Kapitel 10;173
11;Kapitel 11;187
12;Kapitel 12;206
13;Kapitel 13;231
14;Kapitel 14;258
15;Kapitel 15;270
16;Kapitel 16;280
17;Kapitel 17;296
18;Kapitel 18;307
19;Kapitel 19;316
20;Kapitel 20;331
21;Kapitel 21;340
22;Kapitel 22;351
23;Kapitel 23;367
PROLOG
In dem Paket wartete der Tod. Natürlich konnte Dodd das unmöglich wissen, schließlich war er kein Hellseher, aber das spielte ohnehin keine Rolle. Er hätte es niemals ahnen können – wie auch? Es handelte sich um eine simple Tatsache, die er noch früh genug erkennen würde: Das seltsame Päckchen, das er gerade vom Laufband genommen hatte, enthielt seinen Tod.
Dodd sortierte Pakete. Das war sein Job. Angestellter in der Paketbearbeitung. Nicht die schlechteste Beschäftigung der Welt. Eine Menge Vergünstigungen, gute Bezahlung und Rente, bezahlter Urlaub, die Möglichkeit, jederzeit Überstunden zu machen, wenn er mehr Geld brauchte, und natürlich die günstige Lage seines Arbeitsplatzes. Als er das besagte Paket vom Band nahm, dachte er nicht großartig darüber nach. Seine Aufgaben waren ihm mittlerweile derart in Fleisch und Blut übergegangen, dass er das Denken weitgehend einstellte.
Das Paketesortieren erledigte er wie ein Automat. Tagein, tagaus. Dieselbe Umgebung, derselbe Lärm, dieselben Aufgaben. Er stand neben dem Band und dachte: Das alles muss ich noch neun Jahre lang machen, bevor ich in Rente gehen kann. Diese Aussicht empfand er oft als frustrierend, obwohl seine Arbeit in der Regel ganz in Ordnung ging. Er wollte gar nicht darüber nachdenken, wie viele Pakete er im Laufe seiner beruflichen Laufbahn schon bearbeitet hatte; ob sie nebeneinandergelegt wohl um die Erde reichten? Oder bis zum Mond? Aber solche Rechnungen brachten einen am Verladeband nicht weiter. Besser, er legte jedes Paket einfach nur auf den richtigen Rollwagen und wandte sich dem nächsten zu.
Tagein, tagaus. Hin und wieder jedoch schweiften seine Gedanken ab, meistens zu etwas, das mit Sex zu tun hatte. Dodd war mit einer liebevollen, aber recht langweiligen Frau verheiratet. Weder attraktiv, noch unattraktiv, nur ... langweilig, so langweilig wie Dodds Leben in der Sortierstation. Wenn er seine Gedanken einmal abschweifen ließ, dachte er nie an sie. Vor seinem geistigen Auge zogen flüchtige Standbilder von Frauen vorbei, die er draußen auf der Straße gesehen hatte; so dicht an einem Strandbad gab es einiges, womit sich seine Gedanken beschäftigen konnten, wenn die Arbeit zu langweilig oder nervig wurde.
Gestern zum Beispiel hatte er an einem Drugstore angehalten, um Zigaretten zu kaufen, und dann war da diese wunderschöne Frau aufgetaucht – vielleicht 30 Jahre alt –, um ein Strandtuch und eine Flasche Sonnenöl zu bezahlen. Dodd hatte einen Tunnelblick bekommen, als er hinter ihr in der Schlange stand. Ihr Haar war glänzend, schokoladenbraun, schulterlang und duftend gewesen. Dazu weiße Shorts und ein umwerfendes rosafarbenes Bikinioberteil. Das Oberteil saß etwas zu eng; es quetschte ihre Oberweite auf rosiges Handtaschenformat zusammen. Ihre Haut jedoch hatte alles andere als gebräunt gewirkt; vermutlich arbeitete sie genau wie Dodd in einem Job, bei dem sie nicht viel in die Sonne kam. Aber ihre Schönheit hinterließ einen konzentrierten, sehr kompakten Eindruck. Sie dort stehen zu sehen, so sexy und dabei so ungezwungen, hatte Dodd wie ein Schlag getroffen – wie ein köstlicher, sinnlicher Schlag aufs Auge.
Ob sie spürte, wie er sie anstarrte?
Sie hatte sich umgedreht und ihn angelächelt.
Ein weiterer Schlag.
»Hi«, sagte sie.
»Hi«, antwortete Dodd und wäre fast ins Taumeln geraten. »Auf dem Weg zum Strand?«
»Ja.« Verlegen hielt sie das Strandtuch hoch. »Ist das zu glauben? Jetzt wohne ich seit fast einem Jahr hier und besitze noch nicht mal ein Strandtuch und bin noch kein einziges Mal am Meer gewesen. Aber heute werde ich das nachholen. Ich bin blass wie ein Gespenst.«
»Ich komm auch nicht viel raus«, erwiderte Dodd.
»Als Postbote?«, wunderte sie sich mit Blick auf seine Uniform. »Trotz Briefzustellung bei Wind und Wetter?«
»Ich bin kein Zusteller. Ich arbeite in der Filiale.« Ich bin Paketsortierer ... und du bist ein Päckchen, das ich gern mal auspacken würde ...
»Oh, das tut mir leid.«
»So schlimm ist es nicht. Ich hab’s dank Klimaanlage schön kühl, während alle anderen in der Hitze schmoren.«
»Gutes, altes Florida.« Sie spielte an der Flasche mit dem Sonnenöl herum. »Aber das gehört zu den Sachen, die mir nichts ausmachen. Ich liebe die Hitze. Ich liebe es, wenn es heiß ist.«
Wieder lächelte sie ihn an, sehr dezent.
»Ich auch«, antwortete Dodd.
Der Tunnelblick verengte sich. Sie erinnerte an eine Lichterscheinung mit ihren Kurven, ihren langen Beinen, ihrer frischen, glänzend weißen Haut. Er überlegte, wie ihre Nippel wohl aussehen mochten – groß und dunkel, wahrscheinlich etwas runzlig, entschied er. Er stellte sich vor, wie er sie küsste. Er stellte sich vor, wie ihre Körper sich aneinanderpressten, beide nackt, wie sie ihre Körperwärme miteinander teilten, die Arme ineinander verschlungen. Ihre Hände wanderten über seinen Körper ...
»Haben Sie Lust, mitzukommen?«
Seine Vision zersplitterte. Er blinzelte. »Mitzukommen?«, murmelte er.
»An den Strand, mit mir«, sagte sie, noch immer lächelnd. »Wir könnten in eine der Strandbars bei den Hotels gehen. Da bin ich noch nie gewesen.«
»Ich ...« Seine Hand klammerte sich um seine Brieftasche. »Ich würde sehr gerne, aber ...«
Jetzt sah sie seinen Ehering. Aber ihr Lächeln verflog nicht. »Oh, ich verstehe. Sie sollten kein allzu schlechtes Gewissen deswegen haben.« Sie hielt ihre Hand in die Höhe. »Ich hab auch so einen.«
Dodd blieb die Luft weg. Mach, dachte er, geh mit ... Aber er sagte: »Es ... es tut mir leid. Ich würde wirklich gern, aber ich kann nicht.«
Sie klimperte mit den Wimpern. »Ich verstehe. Sie sind ein guter Mann.«
Er konnte nicht aufhören, sie anzustarren, als sie ihr Handtuch und das Sonnenöl bezahlte. Ich könnte sie damit einreiben, stellte er sich vor. Ihr Hintern in den engen weißen Shorts hätte perfekter nicht sein können. Auch den wollte er mit Sonnenöl einreiben, genau wie den Rest ihres Körpers. Sie könnten zum FKK-Strand hinter dem Campingplatz gehen. Er wollte das Öl auf ihren Beinen verreiben, auf ihrem Rücken und sie dann umdrehen. Und noch mehr Öl über ihren perfekten Bauch und ihre Brüste verteilen ... über die Innenseiten ihrer Schenkel.
Überall.
»Bye«, verabschiedete sie sich mit einem Winken. Ein letztes Lächeln, das Dodd jetzt traurig vorkam, so traurig wie sein Leben.
»Bye. Viel Spaß.«
Sie ging hinaus, ihre Waden strafften sich im Takt ihrer schlappenden Badelatschen.
Großer Gott ...
Die Vision verblasste. Dodd stand wieder im Postamt und sortierte die endlosen Pakete.
Und dann nahm er das Paket in die Hand, das seinen Tod enthielt.
Er drückte den Stoppschalter des Laufbandes. Warum, wusste er nicht. Er dachte nicht: Warum habe ich das getan? oder Ich werde das Band anhalten. Er tat es einfach, stand da und sah das Paket an.
Es besaß eine ungewöhnliche längliche Form. Eingepackt in schlichtes braunes Papier, wie das, aus denen Einkaufstüten bestehen. Es gab keine Absenderadresse, der Poststempel war verschmiert; Dodd konnte deshalb weder Stadt noch Bundesstaat oder Postleitzahl des Absenders erkennen. Er betrachtete erneut die Anschrift:
POSTAMT DANELLETON
DANELLETON, FLORIDA
Eine unregelmäßige Kritzelei mit rotem Filzstift.
Aufgrund der typischen Kennzeichen – kein Absender, schäbige Verpackung – ließ ein Paket wie dieses bei jedem Sortierer sofort die Alarmglocken läuten. Aber es war keine Bombe. Das Paket enthielt kein Anthrax, kein Giftgas oder bakteriologische Kampfmittel. Man hatte es bereits im zentralen Verteilerdepot in Orlando geröntgt und auf Sprengstoff gescannt. Selbst zu dieser Zeit, vor dem Unabomber und der Anthraxhysterie von 2002, wurden derart verdächtige Postsendungen im Vorfeld in jedem Fall gründlich durchleuchtet. Auch dieses hatte man untersucht und als unbedenklich eingestuft. Und doch enthielt es seinen Tod. Aber es stammte nicht von einem Terroristen oder Psychopathen.
Nachdem auf dem Paketaufkleber kein konkreter Empfänger stand, hätte Dodds Aufgabe jetzt darin bestanden, es in das Büro des Filialleiters zu bringen. Sein Chef war derzeit noch nicht im Dienst. Doch stattdessen tat Dodd etwas, wozu er ausdrücklich nicht befugt war.
Er öffnete das Paket.
Es raschelte, als er das Papier aufriss. Fühlte sich der Karton heiß an? Nein, was für ein Unsinn. Er öffnete es langsam, nicht aus Furcht oder weil er Bedenken hatte, sondern in einer schwer erklärbaren Art von Verehrung. Seine Augen hatten sich geweitet, sein Blick ging ins Leere. Er sah das Paket nicht einmal an, verehrte es nur mit seinen Händen.
Und dabei schweifte ein Teil seiner Gedanken ab. Er dachte an die Frau, die ihn an den Strand eingeladen hatte. Doch jetzt stellte er sich nicht vor, wie er sie küsste; er stellte sich vor, wie er sie tötete. Wie er sie mit der Hand an der Kehle zu Boden drückte und ihr das rosafarbene Oberteil und die weißen Shorts herunterriss. Nein, er wollte nicht länger mit ihr schlafen, er wollte ihren Bauch aufschlitzen und ihr die Eingeweide herausreißen, während ihre Beine strampelten und ihr Körper zuckte. Das war es, was Dodd mit dieser eingebildeten Schlampe mit den dicken Titten, dem glänzenden schokoladenbraunen Haar und den weißen Shorts anstellen wollte. Er wollte ihre Shorts blutrot färben. Er wollte ihr das glänzende braune...




