E-Book, Deutsch, Band 2316, 144 Seiten
Reihe: Baccara
Lee Spiel mir das Lied der Leidenschaft
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7515-1587-0
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 2316, 144 Seiten
Reihe: Baccara
ISBN: 978-3-7515-1587-0
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Als Stargeiger Anthony Larsen von einer aufdringlichen Verehrerin belästigt wird, gibt sich die junge Musikerin Chloe spontan als seine Freundin aus. Natürlich nur, um seinen Ruf zu retten, damit sein wichtigster Sponsor nicht abspringt! Ein Fehler? Bereits die sinnlichen Blicke aus Anthonys haselnussbraunen Augen bringen Chloes Körper wie eine Saite zum Klingen. Und der erste vorgespielte Kuss für die Paparazzi entfacht heißes, unzähmbares Verlangen in ihr ...
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1. KAPITEL
Inzwischen hatte Chloe Han mitbekommen, wie töricht es sein konnte, Geheimnisse zu haben – besonders vor der eigenen Familie …
Da waren beispielsweise ihre älteste Schwester Angie und der ihr inzwischen angetraute Joshua Shin. Angie hatte verheimlicht, dass Joshua ein erfolgreicher Komponist war und sie beide ein Liebespaar, bis die Wahrheit ans Licht gekommen war und eine große Welle geschlagen hatte. Ihre zweitälteste Schwester Megan hingegen hatte nicht nur die Identität ihres One-Night-Stands Daniel Pak – der auch Vater ihres Kindes war – verschwiegen, sondern auch, dass sie danach eine Affäre gehabt hatten. Bis die Wahrheit ans Licht kam und eine große Welle geschlagen hatte.
Obwohl ihre Schwestern letztendlich ihre große Liebe gefunden hatten, war der Weg dorthin gepflastert mit unzähligen Geheimnissen, die sich beharrlich dagegen wehrten, geheim zu bleiben. Glücklicherweise war Chloe im Vergleich zu Angie und Megan wie ein offenes Buch. Sie war die Verlässliche ihrer Familie und beabsichtigte nicht, daran etwas zu ändern. Nie würde sie etwas tun, das Staub aufwirbelte. Ganz davon abgesehen gab es auch nichts in ihrem Leben, das hätte geheim gehalten werden müssen. Leise seufzte sie.
„Was ist denn?“, fragte Angie und sah sie stirnrunzelnd an.
„Nichts.“ Chloe strich ein nicht vorhandenes Staubkorn von ihrer Jeans. „Warum fragst du?“
„Weil du mit diesem Seufzer gerade wie I-Aah von Winnie Pooh klingst, deswegen.“
„Ich habe nicht geseufzt, sondern nur tief ausgeatmet“, widersprach Chloe. „Wo steckt eigentlich Megan? Und warum macht sie so ein Geheimnis daraus, wer sie im Hana Trio vertreten wird?“
Wieder seufzte sie. Megan hatte sogar noch ein weiteres Geheimnis, Himmel noch mal! Chloe stellte fest, dass der Schlafmangel sich nicht gerade positiv auf ihre Stimmung auswirkte. Und die Tatsache, dass ihr Erzfeind SerialFiddler sie letzte Nacht beim Online-Computerspiel League of Legends hatte alt aussehen lassen, trug auch nicht gerade dazu bei, ihre Laune zu verbessern. Sie war stinksauer und widerstand nur knapp der Versuchung, dem Notenständer vor ihr einen Tritt zu versetzen.
„Sie sagt, es ist eine Überraschung und kein Geheimnis“, erinnerte sie Angie. „Außerdem macht Megan nur einen Vorschlag. Die Entscheidung, wer während Megans Mutterschutzzeit in unserem Trio die Violine spielt, liegt ganz bei uns. Wir müssen schließlich mit dieser Person zusammen spielen.“
Chloes Wut verrauchte ein wenig bei dem Gedanken an ihren Neffen, der demnächst das Licht der Welt erblickte. In weniger als zwei Monaten würde sie Tante sein, und sie beabsichtigte, das Kind nach Strich und Faden zu verwöhnen. Sie bezweifelte nicht, dass Angie dasselbe vorhatte.
„Seid ihr bereit für die Überraschung eures Lebens?“
Chloe und Angie zuckten zusammen, als Megan unvermittelt den Probenraum betrat, den die Schwestern im hiesigen Community College angemietet hatten.
Megans Grinsen wurde schwächer, als hinter ihr eine männliche Stimme erklang, woraus sich unschwer herleiten ließ, dass die Vertretung ein Mann sein sollte.
„Peinlich?“, fragte Megan schmollend. „Wieso soll das peinlich sein? Ich bereite sie nur auf deinen großartigen Auftritt vor.“
Das Murmeln wurde lauter, und neugierig spitzte Chloe die Ohren. Ihr gefiel der samtige Klang der Stimme des unbekannten Mannes.
„Quatsch“, entgegnete ihre Schwester. „Natürlich willst du einen großen Auftritt. Warte einfach nur eine Sekunde hier.“
„Megan, Süße“, mischte Angie sich ein. „Bitte hör auf, den armen Menschen in Verlegenheit zu bringen und lass ihn eintreten. Wir versprechen, dass wir uns auch angemessen beeindruckt zeigen, okay?“
„Also wirklich, Unni“, sagte Chloe ungeduldig und verwendete die koreanische Anrede für ihre ältere Schwester. „Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, warum du so einen Wirbel machst. Wer könnte schon …“
Sie verstummte, als die Tür weit geöffnet wurde und Anthony Larsen den Raum betrat. Chloe sprang auf und sah sich hektisch um. Sie suchte nach einem Fluchtweg. Und warum? Weil einer der talentiertesten und attraktivsten Geigenspieler der Gegenwart, der zufälligerweise auch ihr Jugendschwarm war, vor ihnen stand. Das war einfach zu viel für sie.
„Wow. Anthony Larsen.“ Entspannt stand Angie auf und sprach mit aufreizend ruhiger Stimme weiter. „Jetzt verstehe ich, weshalb Megan so einen Zirkus wegen Ihres Auftritts veranstaltet hat. Ich bin Angie. Es ist mir eine große Freude, Sie kennenzulernen.“
Anthony lächelte, und Chloe entfuhr ein leises Quietschen. Fragend sah er sie kurz an, bevor er sich wieder Angie zuwandte. „Die Freude ist ganz auf meiner Seite.“
Wie versteinert blieb Chloe stehen, und Megan legte zufrieden lächelnd einen Arm um ihre Schulter. „Chloe, warum sagst du Anthony nicht Hallo?“
Gott stehe ihr bei. Am liebsten hätte Chloe ihre Schwester umgebracht – mit bloßen Händen. Wenn sie sich nur hätte bewegen können. Oder atmen.
Anthony warf ihr einen leicht zweifelnden Blick zu, doch er klang freundlich, als er sagte: „Ich freue mich, Sie kennenzulernen, Chloe. Megan hat mir eine Menge über Sie erzählt.“
„Ich bin Chloe“, stieß sie hervor.
Sie hörte, wie Megan neben ihr leise lachte, und die Wut, die sie daraufhin empfand, brach den Bann der Schockstarre, in der sie sich gerade befunden hatte. Verärgert sah sie ihre Schwester an, bevor sie Anthony Larsen in die Augen sah – nebenbei bemerkt waren das die schönsten haselnussbraunen Augen, die sie je gesehen hatte. Jetzt hör endlich auf damit, Chloe, ermahnte sie sich im Stillen.
„Ich wollte sagen … Ich freue mich auch, Sie kennenzulernen, Anthony.“ Sie war stolz darauf, wie gefasst ihre Stimme klang. „Meine Schwester hat nicht übertrieben mit ihrer Behauptung, sie hätte eine Überraschung für uns.“
Jetzt war Anthony an der Reihe, verlegen zu wirken, was ein abwegiger Gedanke war, denn er musste mindestens zehn Jahre älter sein als Chloe. Trotzdem klang er erstaunlich schüchtern. „Ich wünschte, sie hätte das nicht getan“, sagte er. „Ich bin doch keine Berühmtheit. Ganz im Gegenteil – ich bin sogar ziemlich aufgeregt, weil ich endlich den Rest des Hana Trios treffe.“
„Ist er nicht süß?“, fragte Megan unbarmherzig und grinste, als Anthony sich räusperte.
„Megan, hör endlich auf, ihn in Verlegenheit zu bringen“, ermahnte sie Angie.
„Och, du Spaßbremse.“ Immer noch zufrieden lächelnd ging Megan zu ihrem Stuhl und setzte sich. „Okay, Anthony. Bist du bereit fürs Vorspielen?“
„Nicht so sehr, wie ich es gern wäre“, gestand er und rieb sich den Nacken. „Megan hat gesagt, dass ihr Mozarts Divertimento in Es-Dur in eurem Repertoire habt. Wollen wir etwas aus diesem Stück spielen?“
„Eine gute Wahl.“ Chloe setzte sich und nahm ihre Bratsche. Mit dem Instrument in den Händen fühlte sie sich gleich viel selbstsicherer in Gegenwart des berühmten Musikers. „Wie wäre es mit dem zweiten Satz?“
„Das Adagio?“ Angie zog die Augenbrauen hoch und stellte das Cello zwischen ihre mit Jeans bekleideten Beine. „Ich fürchte, wir machen es Anthony nicht gerade leicht.“
„Natürlich nicht“, entgegnete Megan und sah triumphierend zu dem weltberühmten Geiger. „Wir wollen ihn doch nicht beleidigen, oder?“
„Auf gar keinen Fall.“ Selbstbewusst lächelnd sah Chloe zu Anthony. „Dann zeigen Sie mal, was Sie können, Larsen.“
Sein Blick verdunkelte sich, als er auf ihren Lippen verweilte, und Chloe spürte, wie ihre gerade wiedergekehrte Courage sich wieder zu verflüchtigen begann. Ehe sie sich versah, setzte er sich neben sie und grinste. „Na, dann mal los.“
Er setzte die Violine ans Kinn an und atmete tief durch. Nachdem er Angie und Chloe in die Augen gesehen hatte, nickte er, als er die erste Note zu spielen begann. Für jeden anderen hätte es so geklungen, als würden sie gleichzeitig beginnen, doch den Schwestern entging nicht, dass Anthony einen winzigen Moment eher eingesetzt hatte. In den Klängen schwang etwas Zögerliches mit, und Anthonys zusammengepresste Lippen verrieten, dass es ihm auch aufgefallen war.
Gemeinsam spielten sie, bis die Musik ein letztes Mal anschwoll, um dann in melancholischen Wellen zu verebben. Anthony hielt den Kopf gesenkt und schien völlig in die Musik vertieft. Trotzdem war Chloe beeindruckt, wie sehr er mit ihr und Angie harmonierte. Er kam ihr gar nicht wie ein Solist vor, für den sie nur die Begleitung waren. Die letzten Noten spielten sie im Einklang und senkten ihre Instrumente.
„Ein ganz brauchbares erstes Mal“, meinte Angie lächelnd.
„Ziemlich vielversprechend“, ergänzte Chloe.
Es fiel ihr schwer zu verbergen, wie wundervoll sie Anthonys Spiel fand. Er verlieh seiner Musik so viel Kraft und Leidenschaft, dass es Chloe ein wenig atemlos machte. Obwohl sie nicht so einträchtig und anmutig performten, wie es das Hana Trio üblicherweise tat, schufen sie in dieser vorübergehenden Konstellation einen völlig neuen Aspekt von Dynamik und Aufregung.
„Können wir es noch einmal spielen?“, fragte Anthony. „Eigentlich kann ich das besser.“
„Deswegen üben wir ja.“ Megan stand lachend auf. „Können Sie bitte einen Moment draußen warten, Mr. Larsen? Dann können meine Schwestern und ich beratschlagen. Möglicherweise beschließen Angie und Chloe, mit...




