Lenth | Tödlicher Nordwind | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 4, 320 Seiten

Reihe: Leo Vangen

Lenth Tödlicher Nordwind

Ein Ökokrimi

E-Book, Deutsch, Band 4, 320 Seiten

Reihe: Leo Vangen

ISBN: 978-3-641-28333-9
Verlag: Limes
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Ein umstrittener Windpark, ein handfester Familienkonflikt und ein Umweltschützer, der für seine Überzeugungen einsteht ...
Leo Vangens neue Freundin Anita hatte ihn eindringlich gewarnt: Leg dich nicht mit meiner Familie an! Ihre Mutter Agnes betreibt auf der abgelegenen Insel Stadlandet einen Windpark und in einem heruntergekommenen Hotel eine Unterkunft für Asylsuchende, die sie aus Profitgier gnadenlos ausbeutet. Wer sich beschwert, bekommt es mit ihren beiden skrupellosen Handlangern zu tun und landet schlimmstenfalls mit einem Gewicht an den Füßen im Wasser. Und dennoch vermittelt Leo seinem Freund, dem Umweltschützer Rino, eine leer stehende Hütte in der Nähe des Hotels. Rino ist der Windpark jedoch ein Dorn im Auge. Was als Familiendrama beginnt, wird bald zum blutigen Konflikt um Profit und Ausbeutung von Natur und Menschen. Und Leo ist mittendrin ...
Sie mögen besondere skandinavische Spannung? Dann lesen Sie weitere Leo-Vangen-Krimis von Lars Lenth!
1. Der Lärm der Fische beim Fliegen
2. Schräge Vögel singen nicht
3. Der böse Wolf von Østerdalen
4. Tödlicher Nordwind
Alle Bände sind unabhängig voneinander lesbar.

Lars Lenth, Jahrgang 1966, ist ein Angel-Profi und hat sich damit sowohl auf dem skandinavischen Buchmarkt als auch im Fernsehen einen Namen gemacht. Er spielte in TV-Serien mit und brachte einige DVDs zum Thema Fliegenfischen heraus. Wenn er nicht gerade angelt oder schreibt, steht er mit einer seiner Rock-Bands auf der Bühne. Bei zahlreichen Besuchen in Deutschland begeisterte er mit seinen Lesungen, bei denen er oft auch selbst zur Gitarre greift.
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2
»Ich werde den Windpark verkaufen«, sagte die zierlich gebaute alte Dame und kratzte sich mit einer Stricknadel unter den grauweißen Locken, die wie Wollgras aussahen. »Du willst was?« Der ungelenke Mann, der vor ihr stand, hob die Arme, aber sein halbherziger Protest verhallte. Er trug ein langärmeliges Stoke-City-Trikot, schmutzige, löchrige Jeans und gelbe Crocs ohne Socken. Seine fettigen blonden Haare waren zu einem Pferdeschwanz gebunden. In der rechten Hand hielt er eine gestreifte Wollmütze. Bill Fostervold schaute so schockiert wie möglich drein, doch er wusste genau, dass feuchte Augen seine Mutter kaltließen. »Dong Energy hat mir ein Angebot gemacht«, sagte Agnes Fostervold. Sie saß mit überkreuzten Beinen auf einem braunen Stuhl mit hoher, gepolsterter Lehne. Ihre milchweißen Arme ruhten auf zwei geschnitzten Drachenköpfen. »Dong?«, sagte Bill Fostervold und runzelte die Stirn über der Adlernase, die einmal gut zum restlichen Gesicht gepasst hatte, nun aber zu dominant geworden war. »Chinesen.« Sie legte die Zeigefinger an die Augenwinkel und zog die elastische Haut nach oben. »Meine Mutter kommt aus China.« Sie zog die Haut nach unten. »Mein Vater aus Japan.« Dann zog sie die Haut auf einer Seite nach oben und auf der anderen nach unten. »Ach, wie bin ich arm!« Bill kicherte ohne zu lächeln und starrte ausdruckslos auf die dunkelrote Tapete und die braunen Veloursgardinen, die, seit er sich erinnern konnte, den Raum verdunkelten. Schmale Streifen Tageslicht drangen wie von kleinen Scheinwerfern durch die Löcher im Stoff und entlarvten die Staubpartikel, die durch das Zimmer schwebten. Auf der alten Stereoanlage liefen leise die Rolling Stones. Immer die Stones … »Love in Vain« aus Let it Bleed. Am anderen Ende des Zimmers knisterte das Feuer in dem mit Schiefer verkleideten Kamin. Der Duft von brennendem Birkenholz mischte sich mit dem Geruch von Ledermöbeln, Himbeerdrops und dem Rauch des Zigarillos, der im Aschenbecher auf dem Glastisch lag. Neben dem Kamin kauerte ein vollbärtiger Mann auf dem Boden. Er trug eine bunte Tunika und einen beigen Turban. »Wie viel haben sie geboten?«, fragte Bill. »Neunzig Millionen Kronen«, sagte Agnes. Ein warmer Schauer durchrieselte Bill. Er versuchte, die Fassade zu wahren. »Was ist mit Charlie?« »Charlie weiß nichts.« »Er wird einen Herzinfarkt bekommen.« »Oder einen Schlaganfall.« Agnes griff zu dem Zigarillo, nahm einen tiefen Zug und redete schon beim Einatmen. »Dein Bruder hat kein Stimmrecht. Der Windpark gehört mir.« Bill nickte. »Er tut so, als würde er ihm gehören.« »Dein großer Bruder lebt in einer Traumwelt.« Sie blies den Rauch durch die Nase aus. »Das war schon immer so.« Agnes Fostervold hatte ein plattes, runzliges Gesicht mit flacher Nase, hohen Wangen, schmalen Lippen und grünen Augen. Alles an ihr war klein, nur ihre Hände, Ohren und Nase wirkten unverhältnismäßig groß. »Das bleibt unter uns.« Sie trank einen Schluck hellbraunen Sherry aus dem Stielglas. »Wenn du petzt, hetze ich dir die Tjøstheim-Brüder auf den Hals.« »Wann wirst du verkaufen?«, fragte Bill, um abzulenken. »So bald wie möglich. Die Sache hat nur einen Haken.« Sie richtete sich im Stuhl auf und pulte einen Tabakkrümel von der Zunge. »Dong macht keine halben Sachen. Ihre Bedingung ist, dass sie das Nachbargrundstück dazukaufen oder mieten können. Das von Hoddevik, wo die baufällige Steinhütte steht. Sie wollen ausbauen und Nordeuropas größten Windpark errichten.« »Aber das Grundstück gehört doch gar nicht uns?« Agnes Fostervold lächelte. »Da hast du vollkommen recht, mein Junge.« »Wie sollen wir ihnen etwas geben, das uns nicht gehört?« »Ich muss dafür sorgen, dass sie es bekommen, das habe ich versprochen. Der alte Jarle Hoddevik hat die Hütte an irgendeinen Taugenichts aus dem Osten vermietet. Er weigert sich, ihn rauszuwerfen. Angeblich hat er ihm die Hand darauf gegeben, dass er zwei Jahre in der Ruine wohnen darf.« Bill hatte den Typen von Weitem gesehen, ein riesiger Kerl. »Ist das bindend?« »Natürlich nicht. Aber der alte Hoddevik war schon immer ein Prinzipienreiter.« »Würde er nicht viel mehr verdienen, wenn er an Dong vermietet?« »Mindestens zehnmal so viel, aber er will seine Abmachung mit diesem Scharlatan nicht brechen.« »Wer ist dieser Typ?« »Hier kommst du ins Spiel.« Agnes kniff den Mund zusammen, lehnte sich zur Seite und furzte. Es klang, als hätte jemand ein Fahrradventil aufgeschraubt. Sie drückte den Zigarillo aus. »Die Tjøstheim-Brüder waren letzte Woche dort, um ihn zu überreden, den Typen rauszuwerfen. Er hat sie ausgelacht.« Bill grinste höhnisch. »Er hat die Tjøstheim-Brüder ausgelacht?« Agnes nickte. »Sie haben es mir selbst erzählt.« »Wie heißt der Kerl?« »Das sollst du für mich herausfinden. Würdest du das für deine Mama tun?« »Warum ich?« Bill hob die Arme. »Warum nicht Per und Pål?« »Das hat nicht geklappt. Also will ich es mal mit the soft approach versuchen«, sagte sie mit übertriebenem Oxford-Akzent. Wahrscheinlich hatte sie zu viel Downton Abbey geschaut, dachte Bill. »Wenn ich die Zwillinge noch einmal zu ihm schicke, könnte es Verletzte geben. Du weißt doch, dass sie manchmal ein bisschen übereifrig sind.« Sie leerte ihr Glas und spülte den Portwein im Mund herum, bevor sie schluckte. »Es ist wichtig, dass alles zivilisiert vonstattengeht. Wenn es Ärger gibt, ziehen sich die Ching Chongs vielleicht zurück.« »Und warum nicht Charlie?« »Charlie ist sauber. Wir ziehen ihn da nicht mit rein. Du als Drogenabhängiger und Exkrimineller weißt, wie so was funktioniert.« »Mama! Das ist ewig her.« »Papperlapapp! Einmal Junkie, immer Junkie. Mir erzählst du nichts.« Agnes Fostervold lächelte. »Du weißt doch, dass ich dich trotzdem liebe. Für immer und ewig.« Bill starrte auf den Teppich und wippte in seinen Crocs auf und ab. »Was soll ich tun?« »Statte ihm einen Besuch ab.« Sie faltete die Hände und legte sie auf die Knie. »Mach ihm ein Angebot, das er nicht ausschlagen kann.« »Und was soll ich ihm anbieten?« »Hunderttausend Kronen und eine alternative Unterkunft in Leikanger.« Bill wurde übel, er bereute, dass er den Joint schon zum Frühstück geraucht hatte. Mama drehte sich zu der Gestalt neben dem Kamin um. »Usman! Siehst du denn nicht, dass das Feuer ausgeht?« Der Mann mit dem Turban öffnete die Augen, fuhr sich durch den kohlschwarzen Bart und stand langsam auf. Er legte zwei frische Scheite nach, ging auf alle viere, steckte den Kopf in den Kamin und blies in die Glut, bis das Feuer aufloderte und den Raum erhellte. Flackernde Schatten tanzten über die ausgestopften Vögel, Nagetiere und Ölgemälde an den Wänden. »Vorsicht mit dem Turban«, mahnte Agnes Fostervold. »Der fängt leicht Feuer.« Der Mann klopfte sich den Schmutz von den Kleidern und ging wieder in den Lotossitz, ohne ein Wort zu verlieren. »Dong hat mir eine Frist bis zum zehnten Oktober gesetzt. In vier Wochen muss alles geregelt sein. Sie sagen, es sei nur eine Frage der Zeit, bis der nationale Rahmenplan für Windkraft kommt und neue Begrenzungen festlegt.« Bill nickte, obwohl er keine Ahnung hatte, was ein Rahmenplan war. Er wusste nur eines: Die Welt seines großen Bruders würde zusammenstürzen. Der Gedanke beflügelte ihn. »Okay, ich fahre am Montag dorthin.« Agnes nickte. »Kein Wort darüber zu Charlie und Oda!« »Mein Mund ist verschlossen mit sieben Segeln.« »Mit sieben Siegeln«, sagte sie. »Mit Segeln hat das nichts zu tun.« »Mit sieben Siegeln«, murmelte Bill. Agnes nahm ein silbernes Glöckchen in die Hand und schüttelte es frenetisch. Im nächsten Augenblick stand ein junges Mädchen im Trachtenkleid in der Tür. »Ja, Mama?«, sagte sie und verneigte sich. »Füllst du mein Glas auf, Sari?« Das Mädchen ging zum Flaschenschrank und kam mit einer Flasche Del Duque auf einem Silbertablett zurück. Sie füllte Agnes’ Glas bis zum Rand und schlich wieder davon. Mit dem Glas in der Hand erhob sich Agnes mühsam von ihrem Thron, tappte zu ihrem Sohn, wobei sie den halben Sherry verschüttete, und strich ihm über beide Wangen. »Ich muss zugeben, dass ich mir Sorgen um dich mache, mein Junge.« »Um mich?« Ein kalter Schauer durchfuhr Bill, als die eiskalte Hand ihn berührte. Ihr Atem roch nach Himbeerbonbons, Alkohol und kubanischem Tabak. »Was wirst du nur tun?« Bill starrte auf das Bild an der Wand, auf dem hohe Wellen gegen Klippen schlugen. Der Rahmen war kaputt, und in einer Ecke hatte die Leinwand sich aufgerollt. »Was willst du damit sagen?« »Wenn ich verschwinde, was wird dann aus dir?« »Was redest du da?« Er sah ihr in die Augen. »Willst du uns verlassen?« »Ich habe beschlossen, alles zu verkaufen.« Sie humpelte zum Stuhl zurück und setzte sich. »Den ganzen Kram hier. Und dann ziehe ich nach Oslo.« Stille herrschte im Raum, nur Mick Jagger jaulte unbeirrt...


Lenth, Lars
Lars Lenth, Jahrgang 1966, ist ein Angel-Profi und hat sich damit sowohl auf dem skandinavischen Buchmarkt als auch im Fernsehen einen Namen gemacht. Er spielte in TV-Serien mit und brachte einige DVDs zum Thema Fliegenfischen heraus. Wenn er nicht gerade angelt oder schreibt, steht er mit einer seiner Rock-Bands auf der Bühne. Bei zahlreichen Besuchen in Deutschland begeisterte er mit seinen Lesungen, bei denen er oft auch selbst zur Gitarre greift.


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