- Neu
E-Book, Deutsch, 272 Seiten
Leser Lost in the Wild
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-522-61188-6
Verlag: Thienemann-Esslinger
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Spannender Survival-Thriller
E-Book, Deutsch, 272 Seiten
ISBN: 978-3-522-61188-6
Verlag: Thienemann-Esslinger
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Dieser Trip in die Berge wird zum Albtraum - vielschichtiger Survival-Thriller ab 14 Jahren. Endlich Abi! Nun freuen sich Khadra, Timo, Jasper, Fabio und Daria auf eine Wanderung in den Bergen. Doch eine Schlammlawine bringt sie in große Gefahr. Timo wird mitgerissen und verletzt sich schwer. Auf der Suche nach Hilfe entdecken sie eine abgelegene Jagdhütte, die sich als Lager eines Prepper-Survival-Camps entpuppt. Die Freunde hoffen auf Unterstützung, doch die Prepper, angeführt von dem ehemaligen Bundeswehr-Ausbilder Franky Rohrbach, sehen die Jugendlichen als Übungsobjekte für den Ernstfall. Die fünf Freunde werden eingeschüchtert, schikaniert und gezwungen, an bizarren Überlebenstrainings teilzunehmen. Khadra und Daria gelingt die Flucht, doch Franky findet die Mädchen und bringt sie zurück. Jetzt wird die Situation erst richtig bedrohlich ... - Spannende Geschichte über Freundschaft, Überlebenswille und Mut - Vielschichtig, temporeich und detailgenau recherchiert - Einzigartiges Aufeinandertreffen von Jugendlichen und Preppern in der Wildnis
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
[ 1 ]
Regen prasselte auf Timos Schultern, während er seinen Rucksack aus dem Kofferraum des Großraumtaxis hievte. Das hier konnte bloß ein kurzer Schauer sein. Seine Wetter-App hatte für die nächsten Tage Sonne vorhergesagt. Trotzdem: schlechtes Timing. Jasper war schon total angepisst. Sein verkniffenes Gesicht sprach Bände. Nicht mal ein Stück Schokolade konnte da noch helfen. »Ist meine Jacke noch irgendwo im Auto?«, fragte er, während er den Taxifahrer im Auge behielt. Er machte keinen besonders geduldigen Eindruck. Immer wieder sah er in den Rückspiegel und als er Timos Blick auffing, tippte er demonstrativ auf sein Taxameter.
»Hier, großer Survival-CEO!« Fabio reichte ihm seine Jacke mit einem entschuldigenden Grinsen. »Sie klemmte unter meinem Allerwertesten.«
»Wenigstens ist sie jetzt schön warm«, brummte Jasper und hauchte in seine klammen Hände. »Wie war das? Wir werden gigantisches Wetter haben. Tolle Prognose, großer Survival-CEO!«
»Hey!« Timo legte einen Arm um Jasper und zog ihn an sich. »Das hört bestimmt gleich auf!«
Jasper hob die gepiercte Braue und bedachte ihn mit einem dieser Blicke. »Wenn du es sagst«, gab er zurück und machte sich los.
»Na klar! Du wirst sehen, gleich kommt die Sonne raus.«
Jasper ließ seine Worte so lange stehen, bis Timo selbst merkte, wie hohl sie klangen. Dann schob er ihn beiseite und zerrte seinen Rucksack aus dem Auto. Als er ihn sich auf den Rücken warf, hätte er beinah Khadra umgefegt.
»Wow, Jasper!«, rief sie lachend und duckte sich gerade noch rechtzeitig unter ihm weg. »Spar dir deinen Schwung für den Aufstieg auf!«
Er tat, als hätte er sie nicht gehört und flüchtete ohne ein Wort der Entschuldigung unter den nächsten Baum. Timo fiel auf, wie ungewohnt er mit dem schweren Wanderrucksack aussah. Vielleicht lag es an seinen Klamotten? Bis zuletzt hatte er sich geweigert, mit ihm zusammen einen Outdoorshop zu betreten. Wenn ich das Wort Funktionskleidung bloß höre, muss ich kotzen, hatte er gesagt und Timo war froh gewesen, dass er ihn wenigstens zu ein paar neongrünen Trekkingschuhen hatte überreden können. Seinen Vorschlag, sie mit ihm gemeinsam einzulaufen, hatte Jasper jedoch lachend abgetan. Hier? In der City? Was, wenn uns jemand erkennt?
Timo seufzte. Jasper war stur wie ein Maultier. Und er war nicht seine Mum. Wenn er sich mit den neuen Schuhen eine Blase lief, war das sein Problem. Auch, dass er sich gegen eine praktische Outdoorhose mit vielen Taschen entschieden hatte und jetzt seine Lieblingshose (cremefarben!) trug. Timo konnte sein Gejammer bereits hören, wenn der erste Matschfleck darauf landete.
»Was ist denn mit dem los?«, fragte Khadra, die Jasper irritiert nachschaute.
»Ach, nichts. Der hatte nur noch keinen Kaffee«, gab Timo zurück, während er Khadra beim Aufsetzen ihres Rucksacks half. Es war eines dieser Teile aus recyceltem Meeresplastik. Timo erkannte es an dem kleinen Delfinlogo auf der Kopftasche. Er sah nicht besonders bequem aus, doch für Khadra war die Political Correctness wichtiger als ein perfekter Tragekomfort. Seit er sie kannte, war sie Mitglied beim WWF und engagierte sich für den Schutz der Ozeane. Sie hatte immer davon gesprochen, dass sie nach der Schule dort oder bei einer ähnlichen Organisation anheuern wolle. Bewundernswert, eigentlich. Doch bei einer viertägigen Wanderung mit schwerem Gepäck hätte er an ihrer Stelle lieber eine Ausnahme gemacht. »Hast du das komplette Zelt da reingekriegt?«, fragte er und musterte den Rucksack ungläubig.
»Daria trägt die Stangen. Und meinen Schlafsack.« Khadra justierte die Riemen an ihren Schultern und schloss den Hüftgurt. »Und morgen tauschen wir.« Sie hüpfte zweimal auf und ab, wie um ihm zu beweisen, dass sie kein Problem mit dem Gewicht hatte. »Mein Vater hat bis zuletzt gemeckert wegen unserer Tour. Am liebsten hätte er mir verboten mitzukommen.« Über ihr Gesicht huschte ein Schatten. »Der Mann ist so altmodisch!« Khadra schnaubte. »Er hat darauf bestanden, dass ich nur mit Daria in einem Zelt schlafe. Selbst als ich ihm erzählt habe, dass du und Jasper schon ewig zusammen seid. By the way: das hat ihn auch nicht gerade beruhigt.«
Timo schnaubte. Im Grunde konnte ihm die homophobe Einstellung von Khadras Vater ja egal sein. Aber enttäuschend war es trotzdem, denn eigentlich war der Mann ganz in Ordnung. Sie kannten sich flüchtig, denn er und Khadra hatten zusammen fürs Mathe-Abi gelernt. Dabei war ihm Herr Boukhami ein paarmal begegnet. »Und dass Fabio wie ein Bruder für mich ist, hat er mir auch nicht so ganz abgenommen. Und dann hat er mir noch einen Vortrag gehalten, was passiert, wenn wir beim Wildcampen erwischt werden.«
»Werden wir nicht«, sagte Timo schlicht. »Da, wo wir hinwandern, ist keiner.«
»Hab ich ihm auch gesagt. Aber das hat ihn nicht wirklich beruhigt. Im Gegenteil. Und am liebsten hätte er gehabt, dass ich meinen Standort dauerhaft mit ihm teile. Kannst du dir das vorstellen?« Auf Khadras Wangen bildeten sich rote Flecken. Ärgerlich schüttelte sie den Kopf. »Der Mann ist ein richtiger Kontrollfreak!«
»Ich weiß nicht, ob wir da oben Netz haben.«
»Hab ich ihm auch gesagt. Aber er …«
»Wird das noch was?« Der Taxifahrer wurde ungeduldig. Mit einem schnellen Blick überzeugte Timo sich, dass der Kofferraum leer war. Er knallte den Deckel zu und ging nach vorne, um das Taxi zu bezahlen. »Was wollt’s ihr denn bei dem Sauwetter da oben?«, fragte der Fahrer, als Timo sich ins Wageninnere beugte und dem Mann seine EC-Karte hinhielt. Es lag kein wirkliches Interesse in der Frage. Mehr so eine Art ungläubiges Kopfschütteln.
»Na, wandern«, erwiderte Timo und schenkte dem Mann sein strahlendstes Lächeln. Dann tippte er seine Pin in das Kartenlesegerät und steckte die Karte wieder ein. Wer so unfreundlich war, bekam auch kein Trinkgeld.
»Städter«, brummte der Mann, während er Timo die Quittung aushändigte. Dann ließ er den Motor an und gab Gas.
»Blödmann.« Timo sah dem Taxi hinterher. Ihre letzte Verbindung zur Zivilisation. Zumindest für die nächsten Tage.
Nachdem das Geräusch des Wagens verebbt war, senkte sich Stille auf den Parkplatz. Nur der Regen war noch zu hören. Ein gleichmäßiges Rauschen, begleitet vom Wind, der durch die Wipfel der Föhren brauste.
Gierig sog Timo die feuchte Waldluft ein. Herrlich! »Wie sieht’s aus, Leute?«, fragte er in die Runde. »Bereit für das größte Abenteuer eures Lebens?«
Jubel, Pfiffe und Applaus waren die Antwort. Nur Jasper stimmte nicht mit ein. Timo schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln. Heute Abend würden sie gemeinsam Sternschnuppen zählen. Und wenn ihn das nicht überzeugte, dann vielleicht eine romantische Nacht im Zelt. Wenn Fuchs und Has’ sich Gute Nacht gesagt hatten und sie endlich ungestört waren …
Daria spürte, wie der Regen langsam durch ihre Jacke drang. Sie stammte aus einem Secondhandladen in der Innenstadt und war leider doch nicht so wasserdicht, wie sie im ersten Moment ausgesehen hatte. Eigentlich hatte sie sie noch mit einem dieser Imprägniersprays bearbeiten wollen. Doch Khadra hatte ihr einen Vortrag zum Thema Fluorcarbone gehalten und dass die sich in der Natur nicht selbstständig abbauen könnten, krebserregend wären und Einfluss auf das Hormonsystem und die Fortpflanzung hätten. Am Ende hatte Daria darauf verzichtet. Aber mehr Khadra zuliebe und weil sie keine Lust auf einen weiteren Vortrag hatte. Im Laufe des Tages würde es ohnehin aufklaren und dann würde sie sich die Jacke um die Hüften binden. Bis heute Abend wäre sie wieder trocken.
»Hey, großer Bergführer! Wo geht’s lang?«, fragte sie und versetzte Timo einen freundschaftlichen Knuff in die Rippen. Seit Wochen sprach er von nichts anderem als von ihrer Bergtour und dass sie episch werden würde.
»Hab’s gleich!«, sagte er und wehrte grinsend ihre Hand ab. »Bloß noch die App starten! Ihr müsstet die übrigens auch haben. Hab euch den Link geschickt!«
»Reicht doch, wenn du uns führst«, entgegnete Daria. »Ich kümmere mich um die Fotos. Mein Akku ist nicht so toll.«
»Hast du keine Powerbank dabei?«
Daria schüttelte den Kopf. »Zu viel Gewicht«, sagte sie und wies über die Schulter auf ihren Rucksack. »Das hier reicht mir!«
»Daria!« Khadra hatte unter ein paar Bäumen Schutz gesucht. Jetzt winkte sie sie zu sich. Als sie sich zu ihr gesellte, wies sie unauffällig in Fabios Richtung. Er strich um einen dunkelgrünen Geländewagen, den jemand am anderen Ende des Parkplatzes abgestellt hatte. Gerade spähte er durch die Fenster der Fahrerseite. Khadra stieß Daria an und beide kicherten los.
»Darf ich mitlachen?« Jaspers sorgfältig gestylter, pinkfarbener Haarschopf troff vor Nässe. Seine Laune hatte sich noch nicht...