Petzold / Brucker / Ohnsorge | Ethik und Recht | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 137 Seiten

Petzold / Brucker / Ohnsorge Ethik und Recht

E-Book, Deutsch, 137 Seiten

ISBN: 978-3-456-94398-5
Verlag: Hogrefe AG
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Rund eine Million Menschen in Deutschland leiden an Demenz. Die enorme Herausforderung dieser Krankheit für unser Gesundheitssystem und unsere Gesellschaft ist nur zu bewältigen, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Das möchte die Initiative 'Gemeinsam für ein besseres Leben mit Demenz' der Robert Bosch Stiftung erreichen. In sieben Werkstätten haben rund 80 Vertreter aus Politik und Verwaltung und von Angehörigenorganisationen gemeinsam mit Wissenschaftlern und Praktikern aus Medizin,Pflege und anderen Disziplinen über die zentralen Probleme des Lebens mit Demenz diskutiert. Die sieben Berichte der Werkstätten fassen das jeweilige Thema zusammen, greifen gute Ansätze in der Praxis auf und geben Handlungsempfehlungen. Sie richten sich an alle, die beruflich direkt oder indirekt mit der Begleitung von Menschen mit Demenz befasst sind, sowie an interessierte Laien und Entscheidungsträger. Menschen mit Demenz verfügen über eine verletzliche Autonomie, da sich ihre kognitiven Fähigkeiten im Krankheitsverlauf verändern. Der Umstand, dass dadurch die Entscheidungsfähigkeit zunehmend beeinträchtigt wird, führt zu komplexen ethischen und rechtlichen Fragen im Umgang mit den Betroffenen. Der Bericht diskutiert verschiedenste ethische und rechtliche Aspekte: den Begriff der Autonomie und die moralische Kompetenz der professionellen Helfer, die Schnittstellenproblematik in der Versorgung von Demenzkranken, vorsorgende Patientenverfügungen sowie Gestaltungsmöglichkeiten am Lebensende.
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Zielgruppe


Altenpflegende, Demenzbegleiter, Ergotherapeuten, Geriater

Weitere Infos & Material


1;Vorwort der Robert Bosch Stiftung zur Reihe «Gemeinsam für ein besseres Leben mit Demenz»;6
2;Inhalt;8
3;1 Einleitung;10
4;2 Was ist ein gutes gemeinsames Leben mit Demenz?;14
4.1;Menschen mit Demenz brauchen einen Rahmen, in dem sie sich entwickeln können;15
5;3 Kritik normativer Grundbegriffe als Orientierungswerte für ein besseres Leben mit Demenz;18
5.1;3.1 Prolegomena zum Leitwert «Gesundheit»;18
5.2;3.2 Autonomie als grundlegendes Werteprinzip;23
6;4 Moralische Kompetenz im Umgang mit Menschen in Demenzprozessen;34
7;5 Pflegebedürftig mit Demenz und das SGB XI;42
7.1;5.1 Pflegebedarf und Pflegebedürftigkeit;44
7.2;5.2 Pflegebedürftigkeit und Begutachtung im SGB XI;48
7.3;5.3 Pflegeleistungen für Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz im ambulanten Bereich;52
7.4;5.4 Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz im SGB XI;54
7.5;5.5 Der Teilleistungscharakter der Pflegeversicherung;55
7.6;5.6 Der erweiterte Pflegebedürftigkeitsbegriff (nach dem Papier der AG II des Bundespflegeausschusses vom 10. Juni 2002);58
7.7;Fazit;63
8;6 Aspekte zur Schnittstellenproblematik bei der Pflege von Menschen mit Demenz;64
8.1;6.1 Schnittstellen zwischen SGB V und SGB XI;66
8.2;6.2 Schnittstellen zwischen Rehabilitation und Pflege;67
8.3;6.3 Schnittstellen zwischen Heim und Krankenhaus;68
8.4;6.4 Schnittstellen zwischen verschiedenen Helfersystemen;69
9;7 Patientenverfügungen und Demenz;72
9.1;7.1 Die Rechtslage 2005;74
9.2;7.2 Aktuelle Entwicklung im Bundestag;78
9.3;7.3 Patientenautonomie am Lebensende;82
10;8 Inszenierte Kommunikation;86
10.1;8.1 Der Status der Person und die Frage personaler Identität;87
10.2;8.2 Inszenierung von Kommunikation;92
10.3;8.3 Person als Thema theologischer Anthropologie;93
10.4;8.4 Konsequenzen relational vermittelter Autonomie;97
11;9 Gestaltungsmöglichkeiten am Lebensende;100
11.1;9.1 Kurative und palliative Behandlungsformen;100
11.2;9.2 Elemente des langfristigen Planens («advance care planning»);102
11.3;9.3 Ethische Fragen am Lebensende;105
11.4;9.4 Ein «gutes Sterben» für Menschen mit Demenz – Sterbeort und letzter Wunsch;113
11.5;9.5 Netzwerk Abschiedskultur;117
12;10 Rechtliche Rahmenbedingungen für den Erhalt von Autonomie und Selbstbestimmung;122
12.1;10.1 Verbesserung des Anlegerschutzes;126
13;Literatur;128
14;Über die Autorinnen und Autoren;136
15;Mehr eBooks bei www.ciando.com;0


2 Was ist ein gutes gemeinsames Leben mit Demenz? (S. 13-14)

Helmut Wallrafen-Dreisow und Armin Stelzig

Ein gutes gemeinsames Leben mit Demenz bedarf grundsätzlich erst einmal keiner anderen Bedingungen als ein Leben ohne Demenz. Wann ist ein Leben gut? Woran wird dies gemessen? An welchen Werten? Eine allgemeingültige Definition des «guten Lebens» gibt es nicht. Sind Lebensqualität und gutes Leben gleich zu setzen? Sind die Kriterien für ein «gutes Leben» – zumindest innerhalb eines Kulturkreises – objektivierbar? Sind hier die Befriedigung von Bedürfnissen zu nennen, die Erreichung von Zielen, subjektives Glücksempfinden, um nur einige mögliche Werte zu nennen? Oder ist es vielmehr die Summe all dessen? Habe ich alles, damit ich gut leben kann? Welche Ressourcen brauche ich und über welche verfüge ich? Können Ressourcen unabhängig von Zielen betrachtet werden? Welche Werte bestimmen unsere Ziele? Gelingt es mir, meine Ressourcen so einzusetzen, dass ich meine Ziele erreiche? Und habe ich dann ein gutes Leben?

Die Definition eines guten Lebens eines bestimmten Individuums obliegt – sofern es nicht um Verantwortlichkeit gegenüber anderen geht – dem Individuum selbst und ist Ausdruck seiner Selbstbestimmung. Im Kontext von Demenz ist die Frage zu beantworten, wie Autonomie erhalten bleiben kann. Die Definition von Lebensqualität kann (und muss) im Unterschied dazu auch objektiv messbar sein (mit Berücksichtigung der subjektiven Einschätzung durch Individuen) und stellt auf das Vorhandensein wie auch immer gearteter Lebenschancen und -bedingungen ab.

Menschen mit Demenz brauchen einen Rahmen, in dem sie sich entwickeln können

Bei Menschen mit Demenz ändern sich die kognitiven Fähigkeiten. Sie können sich in fortgeschrittenen Phasen nicht mehr reflexiv in Beziehung zu sich und ihrer Umwelt setzen, entwickeln aber neue Formen der Weltvergegenwärtigung. Dazu gibt es die unterschiedlichsten Beispiele, die im Alltag mit demenziell erkranktenMenschen zu beobachten sind.

Frau Schmitz wiederholt automatisierte Handlungsabläufe und streicht den Nachtisch über den Tisch oder «faltet» die Tischdecke. Herr Meier schlägt mit dem Kaffeelöffel gegen ein Glas, weil er als ehemaliger Fernsehtechniker immer noch löten muss. Frau Schulz schafft sich eine neue Struktur und läuft den immer selben Weg, oder sie muss permanent fragen: «Was soll ich tun?» Herr Müller ist auf der Suche und muss laufen. Frau Anders erzählt gern – immer die gleiche Geschichte. Herr Müller hat Angst und will immer Nähe. Frau Jansen teilt sich gerne mit und schreit.

Geht man von der Einzigartigkeit eines jeden Menschen aus, dann ist jede Ausdrucksform eines Menschen, auch die eines Menschen mit Demenz, sinnvoll und berechtigt. Das, was Personen, die sich verstandesmäßig ändern, äußern, ist weder pathologisch noch entwürdigend. Die Menschen müssen nicht prinzipiell behandelt, therapiert, gepflegt und erst recht vor sich selbst bewahrt werden. Medizinische und pflegerische Behandlungen sind nur in dem Maße erforderlich, wie seelisches und körperliches Leiden auftreten oder auftreten können, und sind darauf zu beschränken.


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