Pickar | In den Spiegeln - Teil 2 | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 114 Seiten

Pickar In den Spiegeln - Teil 2

Evelyn
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-9815154-2-8
Verlag: Anna macht Urlaub
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Evelyn

E-Book, Deutsch, 114 Seiten

ISBN: 978-3-9815154-2-8
Verlag: Anna macht Urlaub
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Auch im 2. Teil von In den Spiegeln stolpert Jan-Marek von einer Katastrophe in die nächste. Doch zuerst lernt er die selbstbewusste Evelyn kennen, die wie ein Wirbelwind in sein Leben stürmt. Die Spur führt nach Hamburg. JMK ist in München mit dem Leben davongekommen. Seine geheimnisvollen Helfer, die sich als Lux Aeterna bezeichnen, verstummen nun. So zieht er in die anonyme Wohnung ein, deponiert das Geld in seinem Gefrierfach und wartet, bis das Schicksal an seine Tür schlägt. In dieser Gesinnung lernt er Evelyn, die charismatische Performance-Künstlerin kennen, die Jan-Marek systematisch zum Vollstrecker ihrer perversen Phantasien macht. Berauscht von neuen Erfahrungen lässt seine Vorsicht nach. Und seine Verfolger betreten erneut die Arena. Die Flucht wird zur Suche und der Flüchtling wird zum Entdecker. Nur langsam heben sich um ihn die Vorhänge der Verschwiegenheit und geben den Blick auf eine atemberaubende Weltbühne frei. Jan-Marek begreift, dass er zwischen die Fronten zweier sich bekriegender Mächte geraten ist. Seine Reise wird nicht nur eine Suche nach jener Wahrheit, die sich hinter unserer Zivilisation verbirgt, sondern ebenso eine Suche nach der eigenen Identität.

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Fragment: Der Hyper-Albtraum #23   »Es ist Zeit«, sagt der Mann mit der langen Narbe im Gesicht. Die Straße riecht nach verbranntem Holz und Fäulnis. Ich passiere einen alten Holzkarren, auf dem sich einige halbnackte Leichen stapeln. Hausgäste. Die Kutschen mit den provisorischen Särgen kommen hier, in die enge Seitenstraße, nicht hinein. Sie warten an der Einfahrt. Die Nacht schwindet langsam aus den Gassen und weicht dem Grauen des Morgens. Ich folge dem dunklen Mann mit der Narbe entlang der Grenze zwischen Licht und Finsternis. Er trägt einen hohen Zylinder und stützt sich beim Gehen auf seinen eleganten und doch massiven Stock. Leichter Nebel umhüllt uns. Grauer Nebel. Morgendunst. Wabert er nur in meinen Gedanken, oder wirklich hier, in diesen Straßen? »Sie sind alle tot?« frage ich, ohne ihn anzusehen. Der Narbige dreht sich kurz um. »Er muss irgendwie erfahren haben, dass wir kommen. Seine Gefangenen konnte er nicht mitnehmen.« Ich blicke kurz hoch, heraus aus der Gasse zu dem schmalen Streifen Himmel über mir. Taubenflügel schlagen. Die letzten Sterne verblassen in der Ahnung der kommenden Sonne. Ich entdecke einige neugierige Augen, die aus Fenstern unser Tun beobachten. »Wir müssen hier aufgeräumt haben, bevor es richtig hell wird«, befiehlt der Narbige seinen Leuten. »Maria und Josef. Was für eine Nacht.« Am Ende der Gasse bleiben wir stehen. Es sieht aus, als ob die Straße hier früher weiterführte und irgendwann zugemauert wurde. Die Polizisten sind bereits dabei, die Steine aus der Mauer heraus zu reißen. Sie schlagen mit spitzen Hacken und schweren Vorschlaghämmern gegen die alten Ziegel. Langsam setzen sie die Dunkelheit dahinter frei. »Wer ist das?« knurrt einer von ihnen und blickt mich an. Die Stimmung ist gereizt. Der Narbige fordert ihn mit einer kurzen Handbewegung auf zu schweigen. »Ist schon in Ordnung.« »Wir haben festgestellt, dass Stagnatti hier im Erdgeschoß drei benachbarte Wohnungen gehörten. Angemietet unter falschen Namen...«, erklärt mir der Narbige. »Und die dazugehörigen Keller.« Bald schon steigen die ersten Polizisten in das in die Wand geschlagene Loch hinein. Wir warten. Nach einigen Minuten kehren sie zurück. Einige taumeln zur Seite und übergeben sich. Ein vertrautes Bild. Dann greift der Narbige nach einer der brennenden Laternen und tritt über das Geröll, hinein in die dunkle Passage. Ich folge ihm. Wir steigen eine schmale Steintreppe hinab und passieren verschlossene Türen und Zellen. Am Ende des Gangs flimmert Licht. Es ist ein Raum am Ende des Tunnels. Ein grässlicher Geruch schlägt uns entgegen. Ich sehe Käfige und eiserne Stühle mit Fesseln. Instrumente aus Stahl. Kanülen und große Glasbehälter. Der Narbige hält seine Laterne in die Nähe der massiven Glaszylinder. Körperorgane schwimmen dort im Alkohol. Der Narbige wendet sich mir kurz zu und blendet mich mit seinem Licht: »Als würde er mit dem Engländer um die Wette töten...« Ich habe keine Gelegenheit, über seine Worte nachzudenken, denn sogleich betreten wir das Reich des Schreckens. Ein Reich, das ständig seinen Platz verändert und das vielleicht niemals besiegt werden kann. Und wo immer es in Erscheinung tritt, bin ich auch zur Stelle. Doch stets komme ich zu spät. Als wäre es meine Bestimmung, gegen das Böse zu verlieren. Schweigend beobachte ich die Frau und versuche mich an das Bild zu gewöhnen, um in einigen Augenblicken sachlich und ruhig meiner Arbeit nachgehen zu können. Wir starren sie an, als wäre sie eine furchterregende Statue in einer ägyptischen Krypta. Ein heller Torso inmitten der Finsternis. Es besteht kein Zweifel, dass sie noch nicht lange tot ist. Sie ist blass, doch das Blut ist noch nicht vollständig verkrustet. Insgeheim bin ich froh, dass sie tot ist. Allein die Vorstellung, eine lebendige Frau vorzufinden, der alle Gliedmaßen entfernt wurden, lähmt mich. Sie liegt auf einem großen, schweren Tisch mit einer Marmorplatte. Es ist schwer zu sagen, ob dieser Tisch mehr eine pathologische oder eine zeremonielle Bestimmung hat. Der flache Kanal zum Abführen des Blutes, der in den Rand der Tischplatte eingelassen ist, mag für beides zweckmäßig sein. Ich mustere kurz das rechteckige Taschentuch, das über ihren Schoß gelegt worden war. »Waren das Ihre Männer?« Der Narbige nickt unmerklich. »Niemand fasst hier etwas an!« erwidere ich verärgert und reiße mit den Fingerspitzen das Taschentuch weg. »Mehr Licht hier!« befiehlt der Narbige und nimmt seinen Zylinder ab. Er klemmt sich ein Monokel unter die rechte Augenbraue und bewegt seinen Kopf entlang des geschundenen Körpers. Die Laternen leuchten sein Gesicht seitlich an und lassen die Narbe dunkler und tiefer erscheinen. Dann richtet er sich auf und wendet sich an mich. »Ich dachte, ich hätte schon einiges gesehen... Nun, das ist Ihr Parkett, mein Bester.« Er tritt zur Seite und lässt mir den Vortritt. Ich betrachte die Frau und denke darüber nach, ob sie hübsch war. Doch jeder Blick in ihr Gesicht scheitert an den aufgerissenen, starren Augen. Langsam schiebe ich eine Hand unter den Rücken der Leiche und hebe den Torso ein wenig auf die Seite. Er ist erstaunlich leicht. Ich bücke mich und sehe mir den Rücken der Frau an. »Mehr Licht«, ruft wieder der Narbige und hält seine eigene Laterne über meine Schulter. Ich lege den Körper wieder auf den massiven Marmortisch zurück. Mit meinem Zeigefinger drücke ich in ihren Bauch und bewege das Kinn ein wenig zur Seite. Dann verschließe ich ihre Augen und prüfe die Augenlider. »Die Totenstarre ist bereits eingetreten. Ohne die Gliedmaßen ist es für mich schwer einen zuverlässigen Todeszeitpunkt zu benennen. Aber dem ausgetretenen Blut um ihren Mund nach zu urteilen, vielleicht vor drei oder vier Stunden. Die Gliedmaßen wurden viel früher entfernt. Vielleicht vor Tagen oder Wochen.« Ich sehe den Mann mit der Narbe an und schüttle kurz den Kopf. »Aber deswegen haben Sie mich nicht hergeholt.« »Sie haben übrigens ganz schöne Befugnisse für jemanden, der kein offizieller Ermittler ist«, äußert sich der Narbige mit ausdruckslosem Gesicht. Dann greift er unter sein Hemd und reicht mir ein zusammengefaltetes Blatt Papier. »Es lag neben ihrem Kopf.« Einer seiner Polizisten schnaubt abfällig und beginnt den restlichen Raum zu untersuchen. Ich falte das Blatt auseinander und lese die Zeilen.   »DU EINZIGER, IN DEM MEIN GANZES SEIN VOLLKOMMENHEIT UND STOLZ UND RUHE FINDET! ERFREUT SEH‘ ICH DEIN ANTLITZ UND DEN MORGEN; DENN DIESE NACHT, WIE KEIN‘ ICH NOCH BESTAND, DA TRÄUMT‘ ICH, WENN ICH TRÄUMTE, NICHT WIE SONST VON DIR, UND VON DES VORIGEN TAGES MÜH‘N, VON PLÄNEN FÜR DEN NÄCHSTEN MORGEN, NEIN ICH TRÄUMTE VON VERBRECHEN RUHELOS, DIE VORHER NIE MEIN BUSEN NOCH GEKANNT; MIR WAR, ALS RIEFE DICHT AN MEINEM OHR MIR JEMAND FORTZUGEHN MIT SANFTER STIMME...«   »Es ist an mich adressiert«, erkläre ich knapp. »Er schreibt Ihnen Briefe?« fragt der Narbige misstrauisch und blickt mich an, als würde er es bereuen, mich mitgenommen zu haben. »Zünftig...« »Er hat eine Schwäche für ungewöhnliche Formen der Verständigung«, fahre ich fort, wissend, dass diese Unterhaltung eigentlich eine Zeitverschwendung ist....



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