Pistor | Kipferl, Killer, Kerzenschein | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 3, 256 Seiten

Reihe: Annemie Engel

Pistor Kipferl, Killer, Kerzenschein

Ein Weihnachtskrimi
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-98707-333-5
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Ein Weihnachtskrimi

E-Book, Deutsch, Band 3, 256 Seiten

Reihe: Annemie Engel

ISBN: 978-3-98707-333-5
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Annemie Engel ist zurück! Ausgerechnet in der Adventszeit bricht eine bekannte Influencerin tot in Annemies Café zusammen, und der Verdacht, Annemies Gebäck könnte damit etwas zu tun haben, macht blitzschnell die virale Runde. Das kann Annemie nicht auf sich sitzen lassen. Todesmutig wirft sie sich in das Haifischbecken der Social-Media-Sternchen und muss bald feststellen: Dieses Weihnachtsfest wird alles andere als besinnlich.

Elke Pistor, Jahrgang 1967, studierte Pädagogik und Psychologie. Seit 2009 ist sie als Autorin, Publizistin und Medien-Dozentin tätig. 2014 wurde sie für ihre Arbeit mit dem Töwerland-Stipendium ausgezeichnet und 2015 und 2023 für den Friedrich-Glauser-Preis in der Kategorie »Kurzkrimi« nominiert. Elke Pistor lebt mit ihrer Familie in Köln. www.elke-pistor.de
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Kapitel 2


»Lenalaura, hörst du mich?« Eine der Frauen rüttelte heftig an der Schulter ihrer Freundin. Die rührte sich nicht. Sie umfasste die Schultern der Bewusstlosen mit beiden Händen, richtete sie auf, tätschelte ihr mit der flachen Hand kräftig die Wange. Ohne Erfolg.

»Lenalaura, oh mein Gott!«

»Was ist denn mit ihr?«

»Atmet sie noch?«

Aufgeregt riefen die Freundinnen durcheinander, drängten sich um die Frau. Ein Stuhl kippte krachend um. Eines der Babys in seinem Hochsitz fing an zu weinen, zwei weitere stimmten ein.

»Legt sie auf den Boden«, befahl Annemie laut. Für einen Moment verstummten die Frauen, sahen sie an. Dann brachen sie in hektische Geschäftigkeit aus.

»Ist jemand von Ihnen Arzt?« Werners tiefe Stimme dröhnte durch den Raum. »Wir haben hier einen Notfall.«

Jetzt horchten auch die Gäste, die bisher nicht auf das Geschehen geachtet hatten, auf und sahen zu der Gruppe am Tisch herüber. Niemand meldete sich. Aus einer Sitzgruppe nahe dem Fenster erhob sich ein älterer Mann, winkte mit einer Geldbörse und zog seinen Mantel an. Als niemand reagierte, legte er einen Geldschein auf den Tisch und ging.

»Zahlen, bitte! Wir möchten zahlen!« Rufe von allen Seiten.

Annemie seufzte innerlich. Das konnte warten. Sie versuchte, sich daran zu erinnern, was Maike ihr zum Thema Erste Hilfe beigebracht hatte. »Falls mal jemand in deinem Café umkippt.« Annemie hatte es damals als Scherz aufgefasst. Aber das hier war kein Scherz. Die junge Frau sah nicht gut aus.

Sie achtete nicht auf den stechenden Schmerz in ihren Gelenken und das Knacken, als sie sich neben ihr auf den Boden kniete. Rasch brachte sie die Arme und Beine der Frau in die richtige Position, zerrte am Oberschenkel, um sie zu drehen. Annemie keuchte.

»Warte, ich mache das.« Farin war herbeigeeilt und griff zu. Er schob den Oberkörper der Frau in die stabile Seitenlage und sicherte den überstreckten Hals mit ihrer Hand.

Ein paar der Gäste waren aufgestanden, drängten sich neugierig um den Tisch und versuchten, etwas zu sehen. Andere standen an der Theke und bestanden ungeduldig darauf, abkassiert zu werden.

Unvermittelt flutete Blaulicht den Raum. Der Krankenwagen. Schritte, energische Stimmen riefen Anweisungen. Annemie wurde zur Seite geschoben. Ein Rettungssanitäter beugte sich über die Frau, rhythmisch auf ihre Brust pressend. Die Ärztin daneben hob die Paddles eines Defibrillators in die Höhe. »Weg!« Der Körper bäumte sich auf, sank herab. Umgehend nahm der Sanitäter wieder die Herzrhythmusmassage auf. Annemie stand daneben, fassungslos. Leises Weinen drang aus einem anderen Teil des Cafés herüber. Jemand führte Annemie zu einem Tisch, drückte sie auf einen Stuhl.

»Annemie?«

Sie nahm einen tiefen Atemzug, schaute ihrem Gegenüber ins Gesicht. Werner.

»Gut, dass du da bist.« Sie sah in Richtung des Geschehens. Immer noch kämpfte die Besatzung des Krankenwagens um das Leben der jungen Frau. »Was, wenn sie stirbt? In meinem Café.«

»Weißt du, was passiert ist?«

Annemie umschlang sich mit beiden Armen. Sie war selten sprachlos, aber zu dem, was da gerade vor ihren Augen geschah, fehlten ihr die Worte. In ihren Ohren rauschte es. Sie schaute zur Decke. Die Lichterketten in den Tannengirlanden, die mit roten Samtschleifen an den Deckenbalken befestigt waren, blinkten fröhlich vor sich hin. In den glänzenden Flächen der dicken roten Kugeln spiegelte sich das Bild darunter: Die Ärztin war aufgestanden. Der Defibrillator stand neben ihr, eines der Paddles lag auf dem Boden. Auch der Rettungssanitäter kniete nicht mehr. Er sagte etwas zu der Ärztin, das Annemie nicht verstand. Die Ärztin nickte, zog ein Handy aus der Kitteltasche, tippte eine Nummer ein. Farin trat zu der Ärztin, sprach mit ihr. Sie schüttelte bedauernd den Kopf, hob die Hand, als wollte sie ihn berühren, ließ sie aber wieder sinken. Die beiden schienen sich zu kennen, vermutlich war sie eine von Maikes Kolleginnen.

Annemie riss ihren Blick von dem Spiegelbild in den Kugeln los, straffte sich. Gerade wollte sie aufstehen, als Farin zu ihr kam.

»Die Polizei wird gleich hier sein. Rike«, er zeigte kurz auf die Notärztin, »hat sie angerufen.«

Annemie nickte. »Die Frau ist tot«, stellte sie fest. Sie hatte es bereits geahnt, als sie zum Tisch gekommen war.

»Ja. Sie ist tot.« Farins Stimme klang belegt.

Es ausgesprochen zu hören, machte das Unfassbare fassbarer. Ein Mensch war gerade gestorben. Eine junge Frau. Eine Mutter. Was war mit dem Kind, das zu ihr gehörte? Kümmerte sich jemand? Vermutlich. Ihre Freundinnen waren da. Was würde als Nächstes passieren? Polizei. Dann musste jemand kommen und die Leiche abholen. Farin, die Aushilfe und sie würden aufräumen. Die Tische an die richtigen Stellen schieben, die Stühle aufrichten, die heruntergefallenen Kissen aufheben und ihnen einen Kniff in der Mitte verpassen. Es würde alles wieder so aussehen wie vorher. Aber es wäre nicht mehr das Gleiche. Zumindest für sie nicht. In ihrem Café war ein Mensch gestorben. Und auch wenn sie darauf keinen Einfluss gehabt hatte, fühlte sie sich verantwortlich.

Langsam ließ das Rauschen in Annemies Ohren nach, und sie konnte klarer denken. Sie sah sich um. Der Ausdruck in den Gesichtern der Anwesenden wirkte in der gemütlichen Umgebung des Engelsstübchens seltsam deplatziert. Entsetzen und Mitleid passten nicht zu dem munteren Sammelsurium alter Biedermeiersessel, glänzender Nierentische und viktorianischer Sitzgruppen, die Maike und Farin zur Wiedereröffnung des Cafés vor drei Jahren zusammengetragen hatten. Jetzt, in der Vorweihnachtszeit, glänzten Kugeln, schimmerten Kerzenleuchter und glitzerten Lametta und Silbersterne aus allen Ecken. Maike hatte ihrem Hang zu üppiger Dekoration freien Lauf gelassen.

Immer noch fluteten der Duft des heißen Kaffees und süße Kuchenaromen den Raum. Doch sonst bildeten Gelächter, Gespräche, das Krachen der Espressomaschine und Geschirrklappern eine dichte Geräuschkulisse. Jetzt erkaltete der Kaffee in den Tassen, Brötchenhälften vertrockneten und die letzten Kuchenreste blieben unberührt. Den Gästen waren das Lachen und der Appetit vergangen. Einige flüsterten leise miteinander, andere hielten Telefone in den Händen, wischten darüber oder tippten wild darauf herum. Aber auch Neugier war zu sehen, man reckte die Hälse und balancierte auf Zehenspitzen, um einen Blick auf die Tote zu erhaschen. Die Schlange an der Kasse war noch länger, die Ungeduld noch größer geworden.

»Kann das jetzt auch mal vorangehen hier?«, rief eine Frau Mitte fünfzig. »Ich habe nicht ewig Zeit!«

»Rike hat gemeint, die Gäste sollen bleiben, bis die Polizei kommt«, informierte Farin Annemie.

Sie nickte. Sie ging zur Eingangstür und postierte sich davor. Zwei junge Männer wollten gerade das Café verlassen und traten auf sie zu.

»Können Sie uns bitte vorbeilassen?«

»Es sollen alle hierbleiben, bis die Polizei da ist«, erwiderte Annemie.

»Sagt wer?«

»Die Ärztin. Sie vermutet, dass die Polizei kurz mit Ihnen sprechen muss.«

»Wir haben keine Zeit für so etwas.« Die beiden schauten sich an. »Wir kommen zu spät zu einem wichtigen Termin.«

»Dann rufen Sie dort an und sagen der Person Bescheid, dass sie auf Sie warten muss.« Annemie richtete sich zu ihrer vollen Größe von knapp eins sechzig auf.

»Wir müssen auch gehen!«, rief eine Frau hinter den beiden jungen Männern. »Was für eine Unverschämtheit, uns hier zu bedrängen.«

»Ich bedränge niemanden. Es sollen alle hierbleiben, bis die Polizei kommt.«

»Jetzt führen Sie sich nicht auf, als wären Sie selbst die Oberpolizistin, und machen Sie endlich den Weg frei.«

»Ich bin keine Oberpolizistin, sondern Konditorin und …«

»Dann backen Sie gefälligst kleinere Brötchen!«, wurde sie rüde unterbrochen.

»… und hier die Hausherrin«, beendete sie ihren Satz. »Sie werden jetzt alle hier mit uns auf die Polizei warten.« Annemie fischte den Schlüsselbund aus ihrer Kitteltasche und schloss die Eingangstür ab.

»Das ist Freiheitsberaubung, was Sie da machen«, empörte sich eine der Wartenden. »Dieses Café werde ich ganz sicher nie wieder betreten.«

»Ist das ein Versprechen?« Annemie drückte sich an den Leuten vorbei und ging zu Werner. Farin war damit beschäftigt, bei den Gästen zu kassieren. »Was ist nur in die Leute gefahren?«, wollte sie wissen, ohne wirklich eine Antwort zu erwarten. »Was kann wichtiger sein als der Tod eines Menschen?«

Werner legte einen Arm um ihre Schultern und drückte sie. Annemie lehnte sich an ihn. Die stille Unterstützung war genau das, was sie jetzt brauchte. Sie hatte körperliche Nähe und Zuneigung nie vermisst, weil sie sie nicht gewohnt war. Aber nun, da Werner an ihrer Seite stand, genoss sie jede Geste und wusste ihr neues Leben sehr...


Pistor, Elke
Elke Pistor, Jahrgang 1967, studierte Pädagogik und Psychologie. Seit 2009 ist sie als Autorin, Publizistin und Medien-Dozentin tätig. 2014 wurde sie für ihre Arbeit mit dem Töwerland-Stipendium ausgezeichnet und 2015 und 2023 für den Friedrich-Glauser-Preis in der Kategorie »Kurzkrimi« nominiert. Elke Pistor lebt mit ihrer Familie in Köln.
www.elke-pistor.de

Elke Pistor, Jahrgang 1967, studierte Pädagogik und Psychologie. Seit 2009 ist sie als Autorin, Publizistin und Medien-Dozentin tätig. 2014 wurde sie für ihre Arbeit mit dem Töwerland-Stipendium ausgezeichnet und 2015 und 2023 für den Friedrich-Glauser-Preis in der Kategorie »Kurzkrimi« nominiert. Elke Pistor lebt mit ihrer Familie in Köln.
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