E-Book, Deutsch, Band 38, 384 Seiten
Reihe: Historical Victoria
Sands Wie Fackeln im Sturm
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-7337-7995-5
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 38, 384 Seiten
Reihe: Historical Victoria
ISBN: 978-3-7337-7995-5
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Nach einer Zeit des stürmischen Werbens ist die junge Willa bereit, den edlen Ritter Hugh Dulonget zu erhören. Von nun an wird sie das Leben mit ihm teilen, und auf Hughs mächtiger Burg fühlt sie sich endlich in Sicherheit. Hierher wird sich der geheimnisvolle Feind nicht wagen, der ihr schon lange nach dem Leben trachtet! Doch kaum verlässt Willa zusammen mit Hugh die schützenden Mauern, geschieht es: Als sie in der einsamen Hütte, in der Willa aufwuchs, leidenschaftlich zusammenfinden, nützt ihr Feind die zärtliche Versunkenheit, um ein alles vernichtendes Feuer zu legen ...
Bekannt ist die kanadische Autorin Lynsay Sands für ihre historischen sowie übernatürlichen Geschichten, die sie mit ihrem speziellen Humor ausstattet. Sie hat eine Buchreihe über die Familie Argeneau verfasst, dabei handelt es sich um eine moderne Vampirfamilie. Für ihre über 30 Bücher hat sie bereits mehrere Auszeichnungen erhalten. Ihr erstes Manuskript sandte sie nach Abschluss der Highschool an einen Verlag, der in seiner Antwort bat, das Manuskript umzuschreiben. Diese Antwort deutete sie als Ablehnung, deshalb begann sie ein Psychologie-Studium an der Windsor Universität. Ihr erstes Buch veröffentlichte sie im Jahr 1997. Mit den Kenntnissen der menschlichen Seele sowie ihrem Humor bewältigt sie die Arbeit und ihr Leben. Mit einer genialen Mischung aus mittelalterlicher Romantik sowie mit den sympathischen Heldenpaaren schafft sie es, kurzweilige Geschichten zu schreiben. Bisher stand Lynsay Sands bereits auf zahlreichen Bestseller-Listen, unter anderem bei der New York Times, dem Spiegel, außerdem ist sie Romantic Times-Bestseller Autorin. Wie Lynsay Sands über sich selbst sagt, wurde sie im Jahr 1142 geboren, und zwar weil sie das Historische liebt. Die kanadische Autorin liebt ihren Beruf, da sie in ihren Büchern entscheiden kann, dass das Gute über das Böse siegt.
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1. KAPITEL
Die Tür der einfachen Hütte wurde ungestüm aufgerissen. Hugh schickte sich an, vom Pferd zu steigen, hielt indes bei dem Geräusch inne und beäugte vorsichtig die alte Frau, die ihn jetzt von der Tür aus beobachtete.
Eada. Sie musste sehr alt sein; ihre Schultern waren von den Jahren gebeugt, ihre Finger und Hände verschrumpelt. Langes weißes Haar legte sich wie ein Umhang um ein runzeliges, von tiefen Falten durchfurchtes Gesicht. Nur die kobaltblauen Augen wirkten wachsam und kein bisschen gealtert. Sie bargen ein Wissen, das beunruhigend war.
Wenn sie dir in die Augen schaut, sieht sie bis auf deine Seele und erkennt deine Fehler wie auch deine Vorzüge. Im Bodensatz deines Weinkelchs kann sie dir die Zukunft vorhersagen, und in den Linien deines Gesichts vermag sie deine Vergangenheit zu lesen.
All diese Warnungen waren Hugh bekannt, und doch zuckte er innerlich zusammen, als er in die Augen der alten Hexe blickte. Sein ganzer Leib wurde von einem namenlosen Unbehagen befallen, als er sich ausmalte, dass sie wirklich in ihn hineinschaute und seine Gedanken las. Einen Moment lang schlug sie Hugh nur mit der Macht ihrer durchdringenden Augen in ihren Bann, bevor sie sich von ihm abwandte und wieder in der Hütte verschwand. Sie ließ die Tür offen – zweifellos eine Einladung, ihr zu folgen.
Hugh atmete erleichtert auf, nachdem das alte Weib sich in das Dunkel der Behausung zurückgezogen hatte, und blickte zu seinem Begleiter hinüber, der sein Ross neben ihm zum Stehen gebracht hatte: Lucan D’Amanieu, sein alter Freund und Vertrauter. Hugh hätte es gern gesehen, wenn sein Gefährte die törichten Vorahnungen zerstreut hätte, die unversehens in ihm hochstiegen. Mit einem Male war in ihm der alte Glaube aus Kindheitstagen an Hexen und unheimliche, verwunschene Orte wieder zu neuem Leben erwacht. Er hatte sich darauf verlassen, dass Lucan belustigt eine Braue hochziehen und irgendeine spöttische Bemerkung machen würde, um das Gefühl der Beklemmung als unbegründet erscheinen zu lassen, doch wie es schien, war auch sein vernunftbegabter Freund an diesem Tag von unheimlichen Einbildungen erfasst. Anstatt ihn zu beruhigen, war Lucan beklommen zumute.
„Glaubst du, sie weiß es?“, fragte er.
Hugh erschrak. Bislang war ihm der Gedanke gar nicht gekommen, dass die Alte alles wissen könnte. Jetzt zog er die Möglichkeit in Betracht und starrte die Hütte an. „Nein“, sagte er schließlich. „Woher sollte sie?“
„Fürwahr“, pflichtete Lucan ihm bei, als sie abstiegen, aber seiner Stimme fehlte jegliche Überzeugung.
Das alte Weib machte sich an der Feuerstelle zu schaffen, als die Gefährten die Kate betraten, und so hatten sie Gelegenheit, sich ein wenig umzuschauen.
Hatte die Hütte von außen auch schäbig und verfallen gewirkt, im Innern war sie sauber und recht einladend. Auf einem grob gehauenen Tisch an einem Ende des Raums standen Blumen in einer Holzschale, während eine schmale Bettstatt die gegenüberliegende Wand säumte. Vor der Wand genau gegenüber dem Eingang befand sich die Kochstelle, und dort stand die Frau und schürte das Feuer. Schließlich begab sie sich zum Tisch und ließ sich schwer auf einen der drei einfachen Stühle fallen. Mit einer kurzen Geste bedeutete sie Hugh und Lucan, sich ebenfalls zu setzen.
Nach kurzem Zögern nahm Hugh gegenüber der Frau Platz und saß mit dem Rücken zur Tür. Lucan setzte sich neben die Alte und behielt die Tür im Auge, falls irgendjemand hereinkommen sollte. Dann warteten sie geduldig, dass die Frau sie nach dem Grund ihres Kommens fragen würde, doch stattdessen griff sie nach dem Weinkrug in der Mitte des Tischs und füllte zwei Becher. Dabei schenkte sie Lucan keinerlei Beachtung, sondern schob Hugh den einen Becher hin und führte den anderen an ihre Lippen.
Da Hugh nicht recht wusste, wie er sich verhalten sollte, nahm er einen Schluck – und bereute es sogleich. Der Wein schmeckte bitter und hinterließ einen brennenden Geschmack auf der Zunge. Um sich seinen Ekel möglichst nicht anmerken zu lassen, setzte er den beinahe vollen Becher ab und stellte ihn auf die verwitterte Tischplatte. Dann schaute er wieder die Hexe an und erwartete nach wie vor, nach seinem Begehr oder zumindest nach seiner Herkunft gefragt zu werden. Doch das alte Weib beäugte ihn über den Rand seines Bechers und schwieg. Als das Schweigen schließlich unerträglich lang wurde, verkündete Hugh: „Ich bin Hugh Dulonget.“
„Der fünfte Earl of Hillcrest.“
Er erschrak, als die Alte ihm die Worte aus dem Mund nahm. „Ihr wisst, dass mein Onkel …?“
„Tot ist“, ergänzte sie. „Das Herz.“
„Wie bitte?“ Völlig verwirrt starrte er die unheimliche Gastgeberin an.
„Ich sagte, er ist tot. Das Herz machte nicht mehr mit“, wiederholte sie leicht ungehalten. „Ihr werdet seinen Titel und seine Besitztümer erben.“
„Ja. Ich bin sein Neffe und der einzige Erbe.“
„Der Einzige, hm?“
Bei ihrem trockenen Tonfall rutschte er unruhig auf seinem Stuhl hin und her. „Nun … ja“, log er und wand sich unter ihrem allwissenden Blick. „Nein“, räumte er dann ein, „Onkel Richard hat ein Vermächtnis hinterlassen für …“
„Ein Vermächtnis?“ Sie schien durch ihn hindurchzusehen.
Verunsichert nahm Hugh den Weinbecher und tat trotz des bitteren Geschmacks ein paar kräftige Züge. Als der Becher leer war, stellte er ihn laut auf den Tisch und setzte eine finstere Miene auf. „Natürlich werdet Ihr weiterhin dafür entlohnt, dass Ihr Euch um sie gekümmert habt.“
„Um sie?“
„Ich spreche von dem Mädchen. Diese Willa, um die mein Onkel so besorgt war.“ Hugh machte sich nicht die Mühe, seinen Unmut zu verbergen.
„Lohn für ihre Pflege, hm?“
Hugh schluckte und spürte, dass sein Unbehagen wuchs. Dieser bohrende Blick aus den kobaltblauen Augen brachte ihn aus der Fassung. Beinahe glaubte er, die alte Vettel könne wahrhaftig bis auf den Grund seiner Seele schauen. Wenn sie dazu wirklich in der Lage war, würde sie manche Schwäche entdecken. Hugh bezweifelte, dass im Augenblick viele seiner guten Seiten zu sehen wären. Immerhin log er unverhohlen.
„Seid Ihr nicht der Ansicht, dass gut für sie gesorgt wird, sobald sie Euch heiratet?“
Hugh erstarrte. Er konnte genau spüren, wie der neu entfachte Zorn ihm das Blut ins Gesicht trieb. Derselbe Zorn hatte ihn erfasst, als der Advokat seines Onkels ihm diese unliebsame Nachricht eröffnet hatte. Er würde alles erben: den Grafentitel, das Vermögen, die Besitztümer samt Dienerschaft … wie auch die uneheliche Tochter seines Onkels, die er heiraten musste. Tatsächlich war ihm durch eine letztwillige Verfügung eine Gemahlin aufgezwungen worden. Sie war nicht mehr als ein Bastard aus dem Dorf, aufgewachsen bei einem alten Weib, das einst auf der Burg gearbeitet hatte. Hugh hätte es nie für möglich gehalten, einmal in eine solch missliche Lage gedrängt zu werden. Er, der Sohn eines angesehenen Ritters und Erbe eines Grafentitels, sollte keine adlige Dame, sondern ein dahergelaufenes Bauernmädchen heiraten, das womöglich nicht mehr gelernt hatte, als Kühe zu melken? Nein, dazu würde es nicht kommen. Abermals verspannte sich sein ganzer Leib vor Zorn. Die Hände ballten sich zu Fäusten und konnten es kaum abwarten, der alten Vettel die Kehle zuzudrücken. In diesem Augenblick aber vernahm er ein Singen. Es war die Stimme einer Frau, hell und klar und so lieblich wie ein Krug Met an einem heißen Nachmittag.
Alles um ihn herum schien sich zu verlangsamen; sein Zorn ebbte ab, sein Denken und sein Herzschlag setzten aus, sogar der Raum trat in den Hintergrund. Lucan und die Hexe saßen reglos da; eine Fliege, die zuvor um seinen Weinbecher gekreist war, landete nun auf dem Rand und blieb dort sitzen, als ob auch sie der Stimme lauschte, die allmählich näher kam.
Als die Tür hinter ihm geöffnet wurde, tauchte die Nachmittagssonne die düstere Behausung in ein warmes Licht, bis eine Gestalt sich in den einfallenden Lichtkegel stellte. Der bezaubernde, glockenhelle Gesang erstarb augenblicklich.
„Oh! Wir haben Besuch.“
Hugh hörte, wie Lucan vor Staunen nach Luft rang. Verwundert drehte er sich zu der lieblichen Stimme um und schaute wie gebannt in Richtung Tür.
Ein Engel. Gewiss, es konnte nichts anderes sein. Nur Engel erstrahlen in dieser goldenen Pracht, dachte Hugh, als er die hell umrandeten Umrisse einer weiblichen Person erblickte. Als sie dann die Tür verließ und an die Seite der alten Frau trat, sah er, dass der goldene Schimmer bloß vom Sonnenlicht herrührte, welches sich in ihrem üppigen Haar verfangen hatte. Und was für eine Pracht ihr Haar war! Ihre vollen, wallenden Locken schienen aus purem Gold zu sein.
Nein, kein pures Gold, entschied er. Zwei anmutige Zöpfe leuchteten heller als Gold und waren hin und wieder von roten Strähnen durchwirkt. Haare wie aus Sonnenstrahlen gewebt, in denen ein Feuer lodert, schwärmte er im Stillen. Das übrige Haar fiel ihr leuchtend und in dichten Wellen bis über die Hüfte, hinab zu den Kniekehlen. Nie zuvor hatte Hugh eine solche Erscheinung gesehen. Zuerst war er von ihrem berauschenden Anblick derart gefesselt, dass er weder ihr Gesicht noch ihre Gestalt wahrnahm, als sie der alten Vettel einen liebevollen Kuss auf die Wange drückte. Als sie sich dann jedoch aufrichtete und Hugh zuwandte, entging ihm der kühne Ausdruck ihrer wachen, hellgrauen Augen nicht. Sein Blick fiel auf ihr Lächeln, das ihre vollen, geschwungenen Lippen umspielte, und er merkte,...




