E-Book, Deutsch, Band 24, 432 Seiten
Reihe: Gabriel Allon
Silva Die Verschwörung
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7499-0859-2
Verlag: HarperCollins eBook
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein Gabriel-Allon-Thriller | Spannungsgeladener Politthriller | Mord, Macht und die Jagd nach einem gestohlenen Picasso | Verfolgung quer durch Europa
E-Book, Deutsch, Band 24, 432 Seiten
Reihe: Gabriel Allon
ISBN: 978-3-7499-0859-2
Verlag: HarperCollins eBook
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein brutaler Mord, ein verschwundenes Meisterwerk und ein Geheimnis, das nur Gabriel Allon lösen kann
Der Kunstrestaurator und legendäre Spion Gabriel Allon ist heimlich nach London gereist, um an einem Empfang in der Courtauld Gallery teilzunehmen, bei dem die Rückgabe eines gestohlenen Selbstporträts von Vincent van Gogh gefeiert wird. Doch als ein alter Freund der Polizei von Devon und Cornwall ihn um Hilfe bei einer rätselhaften Mordermittlung bittet, sieht er sich mit einem mächtigen und gefährlichen neuen Gegner konfrontiert.
Bei dem Opfer handelt es sich um Charlotte Blake, eine gefeierte Professorin für Kunstgeschichte aus Oxford. Ihr Mord scheint das Werk eines teuflischen Serienmörders zu sein, der sein Unwesen treibt.
Gabriel findet bald heraus, dass Professor Blake nach einem geraubten Picasso im Wert von mehr als 100 Millionen Dollar gesucht hat, und nimmt die Jagd nach dem Gemälde auf, wie nur er es kann - mit einer Reise quer durch Europa.
Eine schillernde Geschichte über Mord, Macht und unersättliche Gier, die den Leser bis zur letzten Seite in ihren Bann zieht
Daniel Silva ist der preisgekrönte SPIEGEL-Bestsellerautor von 24 Romanen, darunter Der englische Spion,Der russische Spion,Die Fälschung,Die Attentäterin,Das Vermächtnis,Die Verschwörung,Der Kunstsammler,Der Drahtzieher: Ein Gabriel Allon-Thriller,Der Raub,Der Geheimbund und Die Cellistin. Seine Bücher sind weltweit von Kritikern gelobte Bestseller und erscheinen in über 30 Sprachen.
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1
Die Halbinsel The Lizard
Das erste Anzeichen dafür, dass irgendwas nicht stimmte, war das Licht hinter dem Küchenfenster von Wexford Cottage. Vera Hobbs, die Besitzerin der Cornish Bakery in Gunwalloe, entdeckte es am dritten Dienstag im Januar um 5.25 Uhr. Dieser Wochentag war auffällig, denn Professorin Charlotte Blake, die Eigentümerin des Cottage, lebte teils in Cornwall, teils in Oxford. In der Regel traf sie am Donnerstagabend in Gunwalloe ein und fuhr am Montagnachmittag wieder ab, weil lange Wochenenden zu den vielen Privilegien ihres akademischen Lebens gehörten. Weil ihr dunkelblauer Vauxhall nicht mehr da war, schien sie zur gewohnten Zeit abgereist zu sein. Das brennende Licht war jedoch eine auffällige Unregelmäßigkeit, denn als überzeugte Umweltschützerin hätte Professorin Blake sich lieber einem Schnellzug in den Weg gestellt, als auch nur ein einziges Watt an elektrischer Energie zu verschwenden.
Das Cottage hatte sie mit dem Ertrag ihres Bestsellers über Picassos Leben und Arbeit in Frankreich während des Zweiten Weltkriegs gekauft. Ihr beißend kritischer neuer Blick auf Paul Gauguin, der drei Jahre später erschien, hatte sich noch besser verkauft. Vera hatte versucht, im Lamb and Flag eine Buchparty zu organisieren, aber Professorin Blake, die irgendwie Wind von dem Projekt bekommen hatte, machte klar, dass sie nicht gefeiert werden wollte. »Falls es eine Hölle gibt«, erläuterte sie, »sind ihre Insassen dazu verurteilt, bis in alle Ewigkeit das Erscheinen der neuesten Papier vergeudenden Werke anderer zu feiern.«
Diese Bemerkung machte sie in ihrem perfekten BBC-Englisch mit dem ironischen Unterton von Menschen, die durch Geburt privilegiert sind. Dabei stammte sie gar nicht aus der Oberschicht, wie Vera eines Nachmittags im Internet entdeckte. Ihr Vater war ein aufwiegelnder Gewerkschaftler aus Yorkshire gewesen, der den erbitterten Bergarbeiterstreik in den achtziger Jahren angeführt hatte. Als begabte Schülerin war sie zum Studium in Oxford zugelassen worden, wo sie Kunstgeschichte studiert hatte. Nach einem kurzen Gastspiel in der Londoner Tate Modern und einem noch kürzeren bei Christie’s war sie nach Oxford zurückgekehrt, um dort zu lehren. Ihrer offiziellen Biografie nach galt sie als eine der weltbesten Expertinnen auf dem Gebiet der Provenienzforschung.
»Was um Himmels willen bedeutet das?«, fragte Dottie Cox, die Besitzerin des kleinen Supermarkts.
»Offenbar geht’s darum, die Geschichte von Gemälden durch Eigentümer und Ausstellungen zu belegen.«
»Ist das wichtig?«
»Erklär mir was, Dottie. Liebste. Wie könnte jemand eine Expertin für etwas sein, das nicht verdammt wichtig ist?«
Interessanterweise war Professorin Blake nicht die erste Person aus der Kunstwelt, die sich in Gunwalloe niederließ. Im Gegensatz zu ihrem Vorgänger, dem menschenscheuen Restaurator, der einige Zeit in dem Cottage über dem Strand gewohnt hatte, war sie jedoch unfehlbar höflich. Wohlgemerkt nicht gesprächig, aber immer mit einem freundlichen Gruß und ihrem bezaubernden Lächeln. Die männlichen Einwohner von Gunwalloe waren sich darüber einig, ihr Foto auf dem Buchumschlag sei sehr unvorteilhaft gewesen. Ihr beinahe schulterlanges Haar war fast schwarz mit einer einzelnen provokant grauen Strähne. Ihre Augen leuchteten geheimnisvoll kobaltblau, die dunklen Ringe unter ihnen trugen nur dazu bei, ihren Reiz zu verstärken.
»Glosend«, erklärte Duncan Reynolds, ein pensionierter Schaffner der Great Western Railway. »Erinnert mich an diese mysteriösen Frauen, die man in Pariser Cafés sieht.« Soweit bekannt, war der alte Duncan jedoch nie näher an Paris herangekommen als bis zum Bahnhof Paddington Station.
Es hatte einmal einen Mr. Blake gegeben, einen nicht sehr bedeutenden Maler, aber die beiden hatten sich scheiden lassen, als sie noch in der Tate war. Jetzt, im Alter von zweiundfünfzig Jahren, auf dem Höhepunkt ihres Berufslebens, war Charlotte Blake weiterhin ledig und allem Anschein nach auch nicht liiert. Sie hatte niemals Übernachtungsgäste und gab keine Einladungen. Tatsächlich war Dottie Cox die einzige Einwohnerin, die sie jemals mit einem anderen Menschen gesehen hatte. Das war im vergangenen November drunten in Lizard Point gewesen. Die beiden hatten auf der windigen Terrasse des Cafés Polpeor eng zusammengesessen: die Professorin und ihr Geliebter.
»Attraktiver Deubel, das war er. Ein richtiger Charmeur. Jemand, mit dem es nur Ärger gibt.«
An diesem Januarmorgen, an dem es bei eisigem Wind von der Mount’s Bay her in Strömen goss, dachte Vera Hobbs jedoch am wenigsten an Charlotte Blakes Liebesleben. Nicht solange der Chopper auf freiem Fuß war. Erst vor knapp zwei Wochen hatte er wieder gemordet: eine siebenundzwanzigjährige Frau aus Holywell an der Nordküste von Cornwall. Wie die drei vorigen Frauen hatte er sie mit einem Hackmesser zerstückelt. Einen kleinen Trost fand Vera in der Tatsache, dass keiner der Morde sich bei Regenwetter ereignet hatte. Der Chopper schien ein Schönwetterfreak zu sein.
Trotzdem sah Vera Hobbs sich mehrmals besorgt um, als sie über die einzige Straße von Gunwalloe hastete – eine namenlose Straße ohne Hausnummern. Die Cornish Bakery stand zwischen dem Lamb and Flag und Dottie Cox’ Corner Market eingeklemmt, der an gar keiner Ecke stand. Eine halbe Meile weiter führte die Straße am Golfclub Mullion und der alten Pfarrkirche vorbei. Abgesehen von dem einige Jahre zurückliegenden Vorfall im Cottage des Restaurators passierte in Gunwalloe nicht viel, was den etwa zweihundert Seelen, die dort lebten, gerade recht war.
Um sieben Uhr hatte Vera die erste Partie Würstchen im Schlafrock und traditionelles Cottage-Brot gebacken. Sie atmete im Stillen erleichtert auf, als Jenny Gibbons und Molly Reece, ihre beiden Angestellten, kurz vor acht eilig hereinkamen. Jenny übernahm die Verkaufstheke, während Molly Vera bei den in Cornwall beliebten Steakpasteten half. Im Hintergrund liefen die Nachrichten von Radio Cornwall. In der vergangenen Nacht hatte es keinen Mord gegeben – aber auch keine Festnahme. Ein vierundzwanzigjähriger Motorradfahrer war bei einem Zusammenstoß vor dem Morrisons in Long Rock schwer verletzt worden. Laut Wetterbericht würde das nasskalte, windige Wetter tagsüber anhalten, bis der Regen am frühen Abend aufhörte.
»Gerade rechtzeitig, damit der Chopper sein nächstes Opfer finden kann«, warf Molly ein, als sie die Fleisch-Gemüse-Füllung auf ein rundes Stück Teig löffelte. Sie war eine schwarzäugige Waliser Schönheit, groß und temperamentvoll. »Er ist überfällig, wisst ihr. Bisher hat er nie länger als zehn Tage gewartet, bis er wieder einem armen Mädchen den Schädel eingeschlagen hat.«
»Vielleicht hat er genug.«
»Hat sich ausgetobt? Ist das deine Theorie, Vera Hobbs?«
»Und wie lautet deine?«
»Ich denke, dass er gerade erst angefangen hat.«
»Du bist jetzt eine Expertin, was?«
»Ich sehe mir alle Krimis an.« Molly klappte den Teig über die Füllung und drückte die Ränder zusammen. Sie arbeitete rasch und geschickt. »Vielleicht hört er eine Weile auf, aber irgendwann macht er weiter. So sind diese Serienmörder. Sie können nicht anders.«
Vera schob das erste Blech Pasteten in den Backofen, rollte den nächsten Teigklumpen aus und schnitt den Teig in untertellergroße Stücke. Seit zweiundvierzig Jahren jeden Tag das Gleiche, dachte sie. Ausrollen, schneiden, füllen, falten, zusammendrücken. Nur sonntags nicht. An ihrem sogenannten Ruhetag kochte sie ein richtiges Mittagessen, während Reggie sich mit Stout betrank und in der Glotze Fußball guckte.
Sie nahm eine Schüssel Hühnchenfüllung aus dem Kühlschrank. »Hast du zufällig gesehen, dass in Professorin Blakes Cottage Licht brennt?«
»Wann?«
»Heute Morgen, Molly, Liebste.«
»Nö.«
»Wann hast du sie zuletzt gesehen?«
»Wen?«
Vera seufzte. Sie hatte geschickte Hände, das musste man ihr lassen, aber sie war nicht die Hellste. »Professorin Blake, meine Liebe. Wann hast du sie zum letzten Mal zu Gesicht bekommen?«
»Weiß ich nicht mehr.«
»Gib dir Mühe.«
»Vielleicht gestern.«
»Nachmittags, oder?«
»Schon möglich.«
»Wo war sie da?«
»In ihrem Auto.«
»Wohin unterwegs?«
Molly nickte nach Norden. »Landeinwärts.«
Weil die Halbinsel The Lizard der südlichste und westlichste Punkt der Britischen Inseln war, lag jeder andere Ort Großbritanniens landeinwärts. Aber das suggerierte, Professorin Blake sei nach Oxford unterwegs gewesen. Trotzdem fand Vera, es könne nicht schaden, einen Blick durchs Küchenfenster des Wexford Cottage zu werfen, was sie nachmittags um halb vier während einer Regenpause tat. Was sie gesehen hatte, berichtete sie Dottie Cox eine Stunde später im Lamb and Flag. Sie saßen wie immer in ihrer gemütlichen Fensternische und hatten zwei Gläser Sauvignon Blanc aus Neuseeland zwischen sich stehen. Die Wolkendecke war endlich aufgerissen, und die Sonne begann hinter der Mount’s Bay unterzugehen. Unter dem schwarzen Wasser lag irgendwo dort draußen die versunkene Stadt Lyonesse. Zumindest der Sage nach.
»Und du weißt bestimmt, dass im Ausguss Geschirr gestanden hat?«, fragte Dottie.
»Und auch auf...




