Solèr | Staub im Feuer | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 1, 219 Seiten

Reihe: Fred-Staub-Krimis

Solèr Staub im Feuer

Fred Staubs erster Fall
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-89425-173-4
Verlag: GRAFIT
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Fred Staubs erster Fall

E-Book, Deutsch, Band 1, 219 Seiten

Reihe: Fred-Staub-Krimis

ISBN: 978-3-89425-173-4
Verlag: GRAFIT
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Eine Erpressung, die ganz Zürich das Fürchten lehrt

Während des morgendlichen Berufsverkehrs wird ein Brandanschlag auf eine Zürcher S-Bahn verübt, was in der Bevölkerung zu panischem Entsetzen führt. Hauptmann Fred Staub, Chef der Abteilung ›Besondere Verfahren‹ der Zürcher Kantonspolizei, übernimmt die Ermittlungen. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt, denn die Täter fordern acht Millionen Franken, andernfalls wird es weitere Anschläge geben.
Der erste Versuch, das Geld zu übergeben, endet in einer Katastrophe: Eine weitere S-Bahn wird vollkommen zerstört, drei Menschen sterben. Die Umstände, warum die Situation eskalierte, sind mehr als rätselhaft und Staub beschleicht der Verdacht, dass es den Tätern nicht nur um Geld geht, sondern dass die Angelegenheit ihn ganz persönlich treffen soll. Aber warum? Dann wird dem Hauptmann plötzlich klar, wo er am verletzlichsten ist …

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Das Büro
  Ich bedaure sofort, dass ich schon kurz nach dem Attentat wieder zur Arbeit erschienen bin. Der Morgen foltert mit einem Marathon an unergiebigen Sitzungen, bei denen die Kernfrage zu sein scheint, ob ich wirklich der richtige Mann für die Leitung der Ermittlungen bin – was ich selbst nie behauptet habe, wie ich des Öfteren lapidar in die überhitzten Runden werfe. Die Damen und Herren Regierungs- und Stadträte haben in ihrer unendlichen Weisheit nicht nur Leute von der Stadtpolizei und dem Staatsschutz hinzugezogen, sondern auch noch selbst ernannte Kapazitäten von Bahnpolizei, Feuerwehr, Flughafenpolizei und einer mir bisher verborgen gebliebenen Tunnelbehörde. Dies getreu dem Schweizer Politikermotto: Je größer die Zahl der Leute ist, die sich in eine Sache einmischen, desto mehr tragen letztendlich das Ergebnis der Verhandlungen mit – vorausgesetzt es kommt irgendwann zu einem Ergebnis. Häufig dauert das Jahre und ist dann ungefähr so nützlich wie homöopathische Tropfen gegen Krebs. Erst als Christa öffentlich über intime Details aus dem Privatleben eines anwesenden Staatsschutzvertreters zu sprechen beginnt und wutentbrannt eine Tür zuknallt, finden die nutzlosen Debatten ein vorläufiges Ende. Ich leite die Ermittlungen, so viel steht um elf Uhr morgens endgültig fest. Wertvolle Stunden sind zerronnen. Und was noch viel schlimmer ist: Irgendwer hat bereits geplaudert. Überdimensionierte Schlagzeilen wie etwa: Terroristen erpressen S-Bahn – Wann fährt der nächste Todeszug?, haben die wackeren Bürger frühmorgens kalt erwischt und der Stadt ein ungeheures Verkehrschaos beschert. Und uns einen Journalistenandrang ungeahnten Ausmaßes. Wie ausgehungerte Zirkuslöwen liegen sie in Bataillonsstärke vor dem zentralen Portal auf der Lauer und keine Ameise könnte entkommen, ohne sofort verschluckt, verdaut und in Form von fetten Schlagzeilen wieder ausgeschieden zu werden. Wir vertrauen im Moment einzig und allein darauf, dass der Hunger die Meute früher oder später vertreiben wird.   Eben geht wieder eine Sitzung zu Ende, aufgeregte Stimmen und das Geräusch knallender Türen schwappen hinter mir her, als ich mich in mein Büro zurückziehe. Da man sich neuen Trends nicht generell verschließen soll, knalle auch ich meine Tür zu, nur fällt meine leider nicht ins Schloss. Das Ding ist zu alt, genauso wie der Rest meines kärglichen Mobiliars. Der Staatsschutz, von dem niemand weiß, was genau er eigentlich macht, residiert bestens ausgerüstet an der Militärstraße drüben. Uns müssen Möbel genügen, für die man uns selbst auf einem moldawischen Trödelmarkt verlachen würde. Ein novilonbeklebter, vernarbter Holztisch, zwei Holzstühle, eine Holzkommode mit Abstellfläche, drei tonnenschwere Metallkästen voller staubiger Ordner, ein verkalktes Lavabo, eine mit Reißzwecken in die Wand gedrückte Landkarte des Kantons Zürich, ein Telefon und – dies allein dank Neidhart – ein modernster Computer. Ich blicke kurz in den kleinen, zerkratzten Spiegel über dem Lavabo und sehe einen einundfünfzigjährigen Mann mit buschigen grauen Augenbrauen und ebenso grauem Haar. Die braunen Augen verraten immer noch so was wie einen Rest kindlichen Schalks, bilde ich mir ein, und das Doppelkinn war schon stärker ausgeprägt. Im vergangenen Jahr, um genau zu sein, als ich drei Monate nicht rauchte und acht Kilo zunahm. Alles in allem mag ich mein Gesicht, es wirkt vertrauenswürdig, sagen zumindest die Kollegen. Sie sagen allerdings auch, dass ich launisch und stur bin. Aber Kripochef Kennel schätzt meine Arbeit und hat mich vor zwei Jahren zu seinem Stellvertreter ernannt. Meine Abteilung kommt im Grunde immer dann zum Einsatz, wenn sich ein Fall keiner der übrigen Spezialabteilungen zuweisen lässt. Oder diese heillos überfordert sind. Da Kennel für einen dreimonatigen Bildungsurlaub in die USA verschwunden ist, kann ich derzeit tun und lassen, was ich will, und mir Fälle überforderter Abteilungen nach dem Lustprinzip greifen. Allerdings achte ich darauf, dass sich die Arbeitslast in einem überschaubaren Rahmen hält. Ich raffe mich auf, bringe den Tauchsieder zum Laufen und schütte ein paar Krümel Instantkaffee in meine Tasse – ein Geschenk meiner Tochter Anna, auf dem sinnigerweise I shot the sheriff zu lesen ist. Bevor das Wasser kocht, klingelt bereits das Telefon und von draußen klopft es energisch an meine Tür. »Herein!«, rufe ich und die H&M-Baslerin tritt ein. Ich gebe ihr ein Zeichen zu warten, am Telefon ist meine Tochter Anna und die geht grundsätzlich vor. »Du spinnst doch, schon wieder ins Büro zu gehen, Papa«, sagt sie und selten hat sie so Recht gehabt. »Ich muss«, verteidige ich mich, »die kommen hier nicht klar ohne mich.« Dabei sehe ich, wie die Baslerin – wie heißt sie schon wieder – ihre Augen von mir abwendet. »Ach was!«, schimpft Anna. »Du solltest erst mal gesund werden, deine Kollegen schwatzen sich doch ohnehin nur zu Tode!« Wieder einmal bewundere ich das gesunde Urteilsvermögen meiner Tochter. »Essen wir heute wie üblich?«, frage ich sie anstelle einer Antwort und sie bejaht. Am Freitag gehen wir über Mittag stets zusammen in eine Pizzeria nahe dem Kunsthaus, ein Termin, der mir heilig ist seit vielen Jahren. Nur einmal habe ich ihn verpasst, als Neidhart niedergeschossen wurde. Zum Glück war es nur ein Streifschuss. »Nun«, wende ich mich unwirsch an die H&M-Baslerin, nachdem ich den Hörer aufgelegt habe. Sie ist wirklich sehr hübsch und verbirgt das keineswegs. Ich frage mich, ob sie nicht friert in ihrem ärmellosen lindgrünen Shirt, unter dem sich ihre spitzen Brüste deutlich abzeichnen. Ich selbst trage einen schwarzen Rollkragenpullover. Von draußen dringt der Lärm eines anfahrenden Trams herein. »Was haben Sie zu sagen?« »Ich bin Gret, ich glaube, wir duzen uns, oder?« »Klar. Was hast du zu sagen?« »Die kriminaltechnische Abteilung hat das Erpresserschreiben analysiert.« »Und? Hält es höheren literarischen Ansprüchen stand?« Sie seufzt. »Das Papier kommt vom Schweizer Marktführer Goesser, genau wie der Umschlag. Massenware, die man überall kaufen kann. Keine Fingerabdrücke, keine Hautpartikel oder Haare, kein DNA-fähiges Material auf der Briefmarke. Bedruckt wurde es wahrscheinlich mit einem HP-Drucker.« »Toll.« »Etwas ist interessant«, fährt sie fort. »Einer der Kollegen ist sich sicher, dass der Brief nach Arpège riecht.« »Arpège?«, frage ich und zünde mir eine Zigarette an. »Ein herbes Frauenparfum, das vergleichsweise selten ist.« Ich runzle die Stirn. Mein Telefon klingelt schon wieder. In der noch funktionstüchtigen Hand glimmt die Zigarette. Irgendwann muss ich meine Gewohnheit überdenken, überhaupt auf klingelnde Telefone zu reagieren. Aber jetzt noch nicht. Ich klemme die Zigarette in eine der u-förmigen Vertiefungen im Aschenbecher und greife mir den Hörer. Es ist ein Reporter vom Lokalfernsehen. Ich wimmle ihn ab und rufe umgehend unsere Zentrale an, man möge mir – Himmel nochmal – doch bitte wirklich nur diejenigen Nummern durchstellen, die ich ihnen vor Wochen vertrauensvoll übergeben hätte. Es handelt sich um die Nummern von Anna, Leonie und meinem gelegentlichen Badmintonpartner aus der Logistikabteilung. Aber man versichert mir, der Anruf des Reporters sei nicht über die Zentrale gekommen. Woher zum Teufel er denn meine direkte Nummer habe, schnauze ich die Telefonistin an, ob sie eigentlich öffentlich feilgeboten werde. Die Frau hängt einfach ein – Recht hat sie. Ich sollte zu Hause im Bett liegen und in der Neuen Zürcher Zeitung einen beruhigenden Artikel über Briefmarken lesen. Aber nein, ich sitze hier in meinem kargen Büro und versuche, die Welt zu retten. Beziehungsweise den Tod weiterer Yuccapalmen in einem dieser grauslichen S-Bahn-Wagen zu verhindern. Zugegeben, mich würde ehrlich interessieren, was mit der Pflanze geschehen ist ... Ich nehme mir eine neue Zigarette – die alte ist inzwischen heruntergebrannt – und wende mich wieder Gret zu, die sich längst mir gegenüber niedergelassen hat und stoisch gegen die Wand starrt, dorthin, wo die große Landkarte des Kantons hängt. »Arpège?«, nehme ich den Faden wieder auf. »Ich weiß nicht, was ich damit anfangen soll«, sagt sie, »aber es schien mir interessant genug, es zu erwähnen.« »Schon recht. Sonst noch was?« »Neidhart und Christa sitzen abwechselnd vor dem Telefon des ZVV-Direktors. Es hat sich aber noch niemand gemeldet.« Schon wieder klingelt dieses verfluchte Telefon. Ich behalte die Zigarette zwischen Zeige- und Mittelfinger und packe den Hörer mit den noch verbliebenen. »Staub. Was gibt's?«, belle ich in den Hörer. Es ist diesmal kein Journalist und schon gar kein Kollege. Es ist ein Unbekannter mit stark verfremdeter Stimme: »Morgen früh steigst du am Hauptbahnhof um 5.56 Uhr mit dem Geld in den vordersten Wagen der S10 Richtung Uetliberg und wartest«, klingt es mir metallisch entgegen. »Und keine Dummheiten! Oder es brennt!« Hektisch winkend versuche ich, Gret klar zu machen, dass sie sofort in ein Nebenbüro laufen soll, um mitzuhören. Sie begreift schnell und sprintet los. »Könnten Sie das bitte wiederholen, ich habe die Uhrzeit nicht verstanden ...«, versuche ich, Zeit zu schinden. »Quatsch! Wir kennen dich, Staub. Mach keine Fehler! 5.56 Uhr. Vorderster Wagen. S10. Ab Hauptbahnhof. Allein! Mit acht Millionen Franken in nicht gekennzeichneten Hundertern!« »Wie soll es dann weitergehen?«, frage ich. »Und warum...


Ernst Solèr, geboren 1960 in Männedorf am Zürichsee, lebte bis zu seinem Tode im Juli 2008 in Zürich. Nach dem Abitur studierte er kurzzeitig Ethnologie und versuchte sich u. a. als Rockgitarrist, Spieleerfinder und Quizkandidat. 1987 begann er eine Karriere beim Schweizer Fernsehen, wo er sich als Redakteur und Produzent diverser TV-Sendungen einen Namen machte. Seit 1999 widmete sich Ernst Solèr ausschließlich dem Schreiben von Kurzgeschichten, Hörspielen oder Reportagen für Wirtschaftsmagazine und Ratgeber.



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