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E-Book, Deutsch, 445 Seiten

Spitzer Selbstbestimmen

Gehirnforschung und die Frage: Was sollen wir tun?

E-Book, Deutsch, 445 Seiten

ISBN: 978-3-8274-1489-2
Verlag: Spektrum Akademischer Verlag
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



"Dieses Buch ist für alle, die nach Selbsterfahrung - im besten Sinne des Wortes als Selbsterkenntnis - streben und über mehr entscheiden wollen oder müssen als ihre nächste Mahlzeit", schreibt Manfred Spitzer in seinem neuen Sachbuch, das Selbstbestimmen zu einer spannenden neuen Erfahrung macht. Menschen bewerten dauernd. Und das führt längerfristig zu Werten. Und beides treibt uns um - dauernd, denn wir müssen uns beständig entscheiden: Ob Wurst- oder Käsebrot, Auto oder Bahn, Urlaub oder Rente, kaufen oder verkaufen, Schwarz-Gelb oder Rot-Grün, Kinder oder keine, mit Paul oder mit Herbert.

Und zuletzt gibt es nichts Gutes, außer man tut es: Entscheidungen müssen in die Tat umgesetzt, sie müssen zu Handlungen werden; man muss wählen gehen, essen kochen und Kinder kriegen. Nachdenken allein führt zu gar nichts. Worauf aber sind unsere Bewertungen gegründet? Wie entscheiden wir uns? Was treibt uns beim Handeln an? Kurz: Wie bestimmen wir, was wir tun und vor allem: Was sollen wir tun? In jedem Bereich und auf allen Ebenen stellt sich diese Frage, man hat den Eindruck, mit immer größerer Dringlichkeit.

In diesem Buch über Gehirnforschung geht es nicht um schnelle Antworten, sondern darum, besser zu verstehen, wie wir bewerten, entscheiden und handeln. Nur wenn wir verstehen, warum wir was ohnehin dauernd tun und welche Fehler wir dabei machen, im Denken und im Handeln, haben wir eine Chance, die Frage danach, was wir tun sollen, sinnvoll und besser als bisher zu beantworten. Dieses Buch ist für alle, die über mehr bestimmen wollen oder müssen als ihre nächste Mahlzeit.
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Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


1;Inhalt;8
2;Vorwort;14
3;1 Einleitung;20
3.1;Brötchen ganz aus freien Stücken?;20
3.2;Genetik;22
3.3;Determinismus: Wurzeln in der Vergangenheit;24
3.4;Frühere Wurzeln und Zerrbilder;25
3.5;Gehirnforschung und Genetik;28
3.6;Nichts tun geht nicht;30
3.7;Mutter Teresa, egoistische Gene und unfreie Handlungen;30
3.8;Ein Gehirn in der Hand;32
3.9;Das Gehirn eines Nobelpreisträgers;33
3.10;Das Gehirn einer Terroristin;36
3.11;Eingeschlossen;39
3.12;Der Aufbau des Buches;40
4;Teil I Erfahren;44
4.1;2 Spuren;46
4.1.1;Spuren im Gehirn;48
4.1.2;Synapsen und ihre Stärken;50
4.1.3;Repräsentationen;53
4.1.4;Karten im Kopf;55
4.1.5;Spuren verfestigen sich automatisch;57
4.1.6;Rauschen verschiebt kritische Perioden;60
4.1.7;Fazit: Gedächtnisspuren im Gehirn;65
4.2;3 Vernetzte Ebenen;68
4.2.1;Vom Rekex zur Zwischenschicht;69
4.2.2;Karten im Netz des Sehens;73
4.2.3;Das Gehirn von Homer Simpson;83
4.2.4;Vom Input zum Output mit 1,4 kg;86
4.2.5;Fazit: Locke und Leibniz im Labor;87
4.3;4 Entwicklung;90
4.3.1;Babies im Scanner: Spuren der Sprache;92
4.3.2;Gehirne saugen (bei) Neuigkeit;95
4.3.3;Neugeborene und Affen;97
4.3.4;Klang und Bedeutung: aktives Sprechen als Modul?;98
4.3.5;Regeln lernen;101
4.3.6;Der Säugling als Wissenschaftler;104
4.3.7;Sind viele Synapsen besser als wenige?;108
4.3.8;Reifung ersetzt den Lehrer;111
4.3.9;Frontale Ineffizienz zu Beginn der Pubertät;114
4.3.10;Fazit;118
4.4;5 Genetik und Umwelt;120
4.4.1;Ein Schaf verändert die Welt;120
4.4.2;Acker und Samen;123
4.4.3;Zwillinge;125
4.4.4;Böse und liebe Äffchen und deren Mütter;127
4.4.5;Kriminalität und Kinderstube;129
4.4.6;Stress, Gene und Depression;132
4.4.7;Welche Gesellschaft soll es sein?;142
4.4.8;Fazit;143
5;Teil II Bewerten;146
5.1;6 Von der Lust zur Bedeutung;148
5.1.1;Lust bis in den Tod;149
5.1.2;Glück und Sucht im Lustzentrum;151
5.1.3;Besser als erwartet;153
5.1.4;Bedeutung und die Etikettierung von Reizen;156
5.1.5;Bedeutung, Glück und Dopamin;159
5.1.6;Bedeutung, Spaß, Liebe und Sucht;161
5.1.7;Im Durchschnitt überdurchschnittlich;163
5.1.8;Glück und Bewegung;164
5.1.9;Wahrscheinlichkeit und Unsicherheit;165
5.1.10;Zur Neurobiologie von Neugierde und Abenteuer;168
5.1.11;Risiko und Dauerlottoschein;171
5.1.12;Fazit: „Dopamean“;172
5.1.13;Postskript: Dopamin und Heidegger – Ontologie und Gehirnforschung;174
5.2;7 Vom Bewerten zu Werten;178
5.2.1;Sprachzentrum und Wertzentrum;178
5.2.2;Bewertungskortex;183
5.2.3;Das Gehirn von VietnamKVeteranen;186
5.2.4;Männer mögen schnelle Autos;190
5.2.5;Werte im Körper;194
5.2.6;Wenn der Körper dem Verstand hilft;195
5.2.7;Lokomotivführer, Schüler und Barbie-Puppen;195
5.2.8;Fazit;198
5.3;8 Fakten und Werte;200
5.3.1;Schach und Wodka;200
5.3.2;Sensationshunger;201
5.3.3;Beispiel Landschaft;204
5.3.4;Beispiel Wohngemeinschaft;205
5.3.5;Beispiel heiße Herdplatte;209
5.3.6;Der naturalistische Fehlschluss;212
5.3.7;Fazit;214
5.3.8;Postskript: Medizin nach Markt Ein Jahrzehnt nach der Gesundheitsreform;215
5.4;9 Nicht wissen, aber glauben;222
5.4.1;Vom Kontext umzingelt;222
5.4.2;Prognosen jeden Augenblick;224
5.4.3;Zufall im Scanner;225
5.4.4;Hypothesenbildung ohne Grund;229
5.4.5;Eva und Adam;232
5.4.6;Out of Africa;234
5.4.7;In der Welt und über die Welt hinaus;236
5.4.8;Aberglauben;237
5.4.9;Fazit;241
5.4.10;Postskript: Von der Religion zum 11. September;242
6;Teil III Entscheiden;248
6.1;10 Demokratie im Kopf;250
6.1.1;Neuronenvölker;250
6.1.2;Vektoren;253
6.1.3;Populationsvektoren;256
6.1.4;Wie Affen greifen;258
6.1.5;Fazit;265
6.2;11 Neuroökonomie;266
6.2.1;Entscheiden im Kopf;266
6.2.2;Der Nutzen: vom Leoparden zum Börsenmakler;267
6.2.3;Zwischen Input und Output: der Nutzen im Parietalhirn;269
6.2.4;Augenbewegungen: Wohin mit dem Blick?;271
6.2.5;Freie Auswahl;279
6.2.6;Fazit;281
6.3;12 Gehirn im Spiel;284
6.3.1;Das Ultimatum-Spiel;284
6.3.2;Wer wird schon gerne übers Ohr gehauen?;286
6.3.3;Spiel im Scanner;288
6.3.4;Das Gehirn an der Börse;295
6.3.5;Die Pille und die Gesellschaft;300
6.3.6;Fazit;300
6.4;13 Freiheit und Wissenschaft;302
6.4.1;Determinismus: vom Dämon zum Papiertiger;303
6.4.2;Die Scheinlösung;305
6.4.3;Selbstbestimmung und Verantwortung;309
6.4.4;Kant und Planck: eine Frage der Betrachtungsweise;311
6.4.5;Donald MacKay: Niemand kann mich festlegen;316
6.4.6;Kausalität und Freiheit;320
6.4.7;Freiheit – so wirklich wie Zahnweh;321
6.4.8;Fazit;323
6.4.9;Postskript (1): Blau ist einfacher als Freiheit;324
6.4.10;Postskript (2): Der Zeitpunkt der Einsicht;326
7;Teil IV Handeln;328
7.1;14 Biologie und Verhalten;330
7.1.1;Instinkt versus Ethik;330
7.1.2;Moral bei Tieren;332
7.1.3;Enten im Teich;334
7.1.4;Demokratie im Tierreich;336
7.1.5;Frauen und Männer: zur Verhaltensbiologie des Menschen;339
7.1.6;Fazit;343
7.1.7;Evolutionäre Psychologie: Fallstricke und Heuristiken;343
7.2;15 Einsicht;346
7.2.1;Die unerträgliche Automatizität des Seins;346
7.2.2;Sprache, Einsicht und der Bedarf nach Erklärungen;347
7.2.3;Einsicht als sprachliches Epiphänomen;349
7.2.4;Positive Wirkungen von Einsicht;352
7.2.5;Einsichten zur Steuerung zukünftigen Handelns;353
7.2.6;Korrekturen durch Einsicht;355
7.2.7;Sucht und Brustkrebs;357
7.2.8;Kriminalvorhersage;359
7.2.9;Mensch mit DVD;360
7.2.10;Durchblick und Fairness;362
7.2.11;Fazit: Einsicht für Selbstbestimmung;362
7.2.12;Postskript: Denkverbote – Rot und Regeln, Klaviere und Elfenbein;363
7.3;16 Moral und Ethik;368
7.3.1;Ethik;368
7.3.2;Der Markt wird’s schon richten? Beispiel Eisverkäufer;370
7.3.3;Moralentwicklung: Phasen, Stufen und Stadien;372
7.3.4;Spuren von Werten: Neurobiologie der Moralentwicklung;375
7.3.5;Moral und Lebensbedingungen;378
7.3.6;Neurobiologie und Moral;379
7.3.7;Astrid Lindgren und die Steuern;381
7.3.8;Fazit: Fairnessö Sinn und Einfachheit;383
7.3.9;Postskript: Die Zentralheizungö die Politik und die Brötchenverdrossenheit;385
7.4;17 Selbstbehinderung;392
7.4.1;Falsche Erfahrungen machen;392
7.4.2;Falsch denken: Ecken, Statistik und Logik;393
7.4.3;Falsch bewerten und entscheiden;398
7.4.4;Falsch fühlen: Wenn ich nur könnte wie ich wollte...;400
7.4.5;Entschuldigung, dass ich fleißig bin;402
7.4.6;Ungerechtigkeit;403
7.4.7;Gar nicht mehr fühlen: Selbstverachtung, Selbstverletzung und Selbstvernichtung;405
7.4.8;Fazit: Denken lernen und Steine wegräumen;408
7.4.9;Postskript: Das Problem der Mehrheit und die Qual der Wahl;408
7.5;18 und endlich: Liebe Ulla!;416
8;Literatur;424
9;Index;440
10;Mehr eBooks bei www.ciando.com;0


6 Von der Lust zur Bedeutung (S.129)

Was Lust ist, weiß jeder, weil er sie manchmal hat und manchmal nicht. Unklar scheinen die Dinge bei den Begriffen Emotion und Motivation zu werden. Dabei ist die Sache im Grunde recht einfach: Wer Durst und Hunger hat, der mag trinken und essen. Das Trinken und Essen bereitet ihm Lust.

Deswegen ist jemand motiviert, sich Trinken und Essen zu verschaffen. Motivation folgt also einem inneren Bedürfnis nach Gleichgewicht (von Zucker, Wasser und bestimmten Ionen im Blut und den Zellen des Körpers). Wenn das Gleichgewicht durcheinander kommt, was nach einiger Zeit des Nichtstuns von ganz alleine geschieht, dann entstehen Durst und Hunger, und diese Bedürfnisse beeinflussen Entscheidungen und Handlungen.

Sie tun dies, je nach Stärke, auf subtile bis sehr deutliche Art. Wer hungrig Lebensmittel einkauft (sollte man nicht!), wird im Supermarkt mehr Geld lassen als jemand, der dies nach dem Essen tut. Diese alte Binsenweisheit – und hierzu gibt es experimentelle Untersuchungen – trifft auch dann zu, wenn man sich dagegen wehrt oder wenn man gar nicht bemerkt, dass man Hunger hat.

Wer in der Wüste am Verdursten ist und einen anderen mit einem Glas Wasser trifft, der wird ein Vermögen für das Wasser bezahlen. Ein ganz einfaches Glas Wasser ist ihm dann sehr viel wert. Bei den Emotionen liegt die Initialzündung, wie man sagen könnte, nicht wie bei der Motivation im Innern, sondern außerhalb des Körpers. Ich habe Angst vor ..., bin wütend auf ..., freue oder ärgere mich über ..., ekle mich vor ... und liebe ...

Wer oft Durst auf ein Bier oder Hunger auf Bratkartoffeln hat, wird bemerken, dass die Untersuchung des Sprachgebrauchs und der Valenz von Verben bei der Unterscheidung von Motivation und Emo- tion wenig hilft.

Man kann hierauf auf zweierlei Art reagieren: Zum einen kann man sagen, dass die Sprache wie so oft sehr weise ist und eine Unterscheidung sein lässt, die ohnehin wenig sinnvoll ist (denn die Prozesse der Emotion und Motivation sind sich sehr ähnlich), oder man kann sagen, dass die physiologische Analyse eben Unterscheidungen machen kann, die die Sprache eher verwischt (z.B. die zwischen der Osmolarität des Blutes als Motivator und dem Wunsch nach einem Bier als kognitiv-emotionale Ausgestaltung der Rahmenbedingungen der motivierten Handlung). Aber lassen wir die Begriffsklauberei und wenden uns dem zu, wie die Dinge wirklich sind.

Lust bis in den Tod

Im Jahre 1989 lernte ich während meiner ersten Gastprofessur an der Harvard Universität den Neurobiologen David Potter (mit einem gewissen Harry Potter nicht verwandt oder verschwägert) kennen, der ein sehr eigenartiges Forschungsprogramm hatte. Er war ein guter und bekannter Wissenschaftler, hatte im Labor der Nobelpreisträger David Hubel und Thorsten Wiesel am Sehsystem gearbeitet und war es gewohnt, den Dingen in neurobiologischer Hinsicht bis ganz auf den Grund zu gehen.

Er hatte sich nicht nur mit dem Sehen, sondern auch mit anderen Funktionen beschäftigt und ganz offenbar viele Tiere beobachtet, wie sie nach Lust und Belohnung strebten. Bereits in den 1960er Jahren hatte man die belohnenden Eigenschaften bestimmter Nervenzellen an ganz bestimmten Orten des Gehirns von Ratten dadurch untersucht, dass man den Tieren kleine Drähte (Elektroden) ins Gehirn einpflanzte und diese dann mit einem Schalter und einem Impulsgenerator so verband, dass die Tiere ihre eigenen Nervenzellen selbst stimulieren konnten.


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