Theils | 87 Sekunden | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 165 Seiten

Theils 87 Sekunden

Kriminalroman | Wie viele Frauen werden Opfer dieses Killers?
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-98690-642-9
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Kriminalroman | Wie viele Frauen werden Opfer dieses Killers?

E-Book, Deutsch, 165 Seiten

ISBN: 978-3-98690-642-9
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Das dunkle Herz von Kopenhagen Eine junge Frau wird ertrunken im Christianshavns-Kanal aufgefunden - mitten in Kopenhagen. War ihr Tod ein tragischer Unglücksfall oder steckt mehr dahinter? Kriminalkommissar Georg Guldmann kommt bald zu dem Schluss, dass es sich um Mord handelt. Und die junge Frau scheint nicht das einzige Opfer des grausamen Täters zu sein. Guldmanns Ermittlungen führen ihn in die Kopenhagener Restaurantbranche, ins Parlamentsgebäude Christiansborg und ins Opernhaus. Erst im Gerichtssaal kommt schließlich die ganze grauenhafte Wahrheit ans Licht. Oder doch nicht? Ein fesselnder Skandinavien-Krimi der Autorin der »Nora Sand«-Bestsellerreihe, verfilmt als Serie »Fatal Crossing - Der Fall Lisbeth und Lulu«. Das Hörbuch und die Printausgabe sind bei SAGA Egmont erschienen.

Lone Theils ist dänische Journalistin und hat unter anderem als Korrespondentin in London gearbeitet. Ihr Debüt als Schriftstellerin feierte sie 2015 mit ihrer Krimiserie um Nora Sand, die bisher in 16 Ländern veröffenlicht wurde. Bei dotbooks veröffentlichte die Autorin ihren Dänemark-Krimi »87 Sekunden« (außerdem als Hörbuch und Printausgabe bei SAGA Egmont erhältlich).
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Kapitel 1
Die Wasserleiche


Georg Guldmann wog das Messer in seiner Hand, schätzte ab, ob es scharf genug war für die Aufgabe, die vor ihm lag. Er erblickte sein eigenes Spiegelbild in der Klinge und stellte fest, dass er eine Rasur nötig hatte und vielleicht auch mit dem Haartrimmer über seinen Schädel fahren sollte.

Dann schwang er das Messer wie ein Scharfrichter, der keine Zeit hat, an die Schweinerei zu denken, die folgen würde.

Im selben Augenblick, als er feststellte, dass ihm ein perfekt weich gekochtes Ei gelungen war, klingelte das Telefon.

»Guldmann«, sagte er.

»Es wurde ein totes Mädchen gefunden. Du bist gefragt«, teilte ihm der wachhabende Polizeibeamte mit.

Georg stand auf, nahm einen Kugelschreiber aus der obersten Schublade und notierte die Adresse am Rand der Samstagszeitung, die er noch nicht aufgeschlagen hatte.

In diesem Moment kam Astrid aus dem Badezimmer und mit ihr eine dampfende Wolke, die nach Zitrusfrucht und Rosmarin duftete. Acqua di Parma.

»Arbeit?«

»Ja«, erwiderte Georg nur.

Sie küsste ihn auf den Scheitel und zupfte ein wenig am Kragen seines Bademantels – dem Vorkriegsmodell, wie sie zu sagen pflegte.

»Dann komm mal lieber in die Puschen. In diesem Aufzug kannst du keinen Mord aufklären.«

Georg ließ das Ei stehen, während er Trine Valentin anrief und ihr die Adresse in Christianshavn durchgab.

Astrid war in der Zwischenzeit ins Schlafzimmer gegangen, und als sie wieder herauskam, nahm sie sich ohne weiteres seinem Ei an.

»Ich habe dir Klamotten aufs Bett gelegt«, sagte sie.

Georg schaute dem Ei sehnsüchtig hinterher, aber er hielt den Mund.

Manche Arbeitsgewohnheiten waren besser als andere, und die vielen Jahre in der Kostümabteilung der Oper hatten Astrid gelehrt, dass man herauslegt, was die Leute anziehen sollen, bevor sie auf den Gedanken kommen, nachzufragen.

Zehn Minuten später war Georg auf dem Weg in die Stadt.

Harry Madsens Cousin war Lokführer. Im vorigen Jahr hatte er einen Selbstmörder überfahren, und seitdem war Harry froh, dass ihm als Schiffsführer diese Art von Sorgen erspart blieb. Dass er nicht aus Albträumen aufschrecken und immer und immer wieder das dumpfe Geräusch eines Körpers hören würde, der auf die Maschine trifft.

Aber an diesem Samstagmorgen, auf der ersten Sightseeingtour auf der Roten Route und mit einem fast vollen Boot, verließ ihn dieses Glück.

Carmen sah sie zuerst.

Ohne nachzudenken und ohne das Mikrofon vom Mund zu nehmen, schrie sie über das ganze Boot:

»Stopp, Harry! Da ist ein totes Mädchen unter der Brücke.«

Erst danach schlug sie die Hand vor den Mund und stellte das Mikrofon aus.

Einer der Passagiere schüttelte den Kopf.

»Das ist doch nie und nimmer ein Mädchen. Das ist eine Gummipuppe«, meinte der Tourist.

Aber Carmen konnte sehen, dass das Wunschdenken war.

Harry legte sofort den Rückwärtsgang ein, aber es dauerte ein paar Augenblicke, bis das Boot reagierte. Einige unendliche Sekunden lang sah es aus, als ob sie genau auf den Körper zuglitten, der auf der Wasseroberfläche trieb und unter der Brücke der Sankt Annæ Gade hin und her dümpelte. Sie hatte schneeweiße Arme, ein blaues Sommerkleid und helles Haar, das wie Seegras wogte.

Das war die Geschichte, die Georg Stück für Stück aus Harry Madsen herausbekam, während der Rettungsdienst die Frau an Land bugsierte und Oskar Hvid von der Spurensicherung den ganzen Prozess fotografisch dokumentierte.

Trine war fünf Minuten nach ihrem Chef eingetroffen, eine Sporttasche über der Schulter. Georg nahm an, dass auch sie für diesen Samstag andere Pläne gehabt hatte. Vielleicht hatte sie zum CrossFit gehen wollen?

Er erinnerte sich vage daran, wie sie ihm einen Vortrag gehalten hatte, als sie gerade erst von ihrer vorigen Stelle in Fredrikshavn in sein Team gewechselt war. Sie hatten in der Kantine gesessen, und ihre blauen Augen unter dem Pony waren aufgerissen vor Entsetzen über Georgs unverhohlene Vorliebe für Kohlenhydrate. Damals hatte er gedacht, dass es so vieles gibt, was man nicht weiß, wenn man erst 28 Jahre alt ist.

Trine war in das Boot gesprungen und damit beschäftigt, die Namen der Passagiere zu notieren. Das musste getan werden, obwohl Georg bezweifelte, dass dort jemand irgendetwas von Bedeutung gesehen hatte.

Er wandte sich Carmen zu, die erstaunlich ruhig geblieben war. Sie war eine zart gebaute, dunkelhaarige junge Frau mit einem leichten Akzent, den er entweder als Spanisch oder Italienisch einordnete.

»Ist alles okay bei Ihnen? Brauchen Sie psychologische Unterstützung?«, fragte der Kriminalkommissar.

Die junge Frau schüttelte den Kopf.

»Nein. Alles in Ordnung. Ich will einfach nur weiterfahren.«

Georg musterte sie.

»Okay. Falls Sie es sich anders überlegen, sagen Sie Bescheid.«

Nachdem Carmen ihm Name und Adresse diktiert hatte, überflog er die wenigen Auskünfte, die sie ihm hatte geben können.

Das Boot hatte um 9:03 Uhr bei Sonnenschein am Hafen in Nyhavn abgelegt. Die Verspätung lag an einem Ehepaar, das im letzten Moment angerannt gekommen war. Ja, es war Carmen gewesen, die die Frau zuerst entdeckt hatte. Die Leiche hatte mit dem Bauch nach oben auf der Wasseroberfläche getrieben, festgeklemmt unter der Brücke. Das war wohl so kurz nach halb zehn. Carmen hatte nicht auf die Uhr gesehen. Und ja, es war der Skipper gewesen, der die Zentrale angerufen hatte, die wiederum die Polizei kontaktiert hatte.

»Jetzt ist sie oben. Willst du kurz einen Blick auf sie werfen, bevor wir fahren?«

Der Rettungssanitäter tippte dem Kommissar auf die Schulter und schaute vorsichtig zu Carmen herüber, um zu sehen, ob alles okay war.

Georg steckte sein Notizbuch zurück in die Tasche und sah, wie Trine gerade wieder an Land sprang.

»Hat jemand was gesehen?«

Sie schüttelte den Kopf.

»Irgendein Idiot bleibt dabei, dass es eine Puppe war. Er sollte vielleicht mal mit jemandem sprechen. Ansonsten nicht viel Brauchbares. Nur die auf den vordersten Plätzen konnten die Frau sehen.«

Georg ging zu dem Skipper hinüber.

»Sie dürfen jetzt weiterfahren. Ist jemand am Anleger, um die Leute entgegenzunehmen?«

Harry Madsen nickte, immer noch etwas blass um die Nase.

»Die Zentrale schickt jemanden.«

»Gut. Dann wünsche ich gute Fahrt«, sagte Georg mit einem Nicken.

Carmen sprang ins Boot, und Georg steuerte auf den Krankenwagen zu, dicht gefolgt von Trine. Er schaute zur spiralförmigen Kirchturmspitze der Vor Frelsers Kirke – der Erlöserkirche –herüber, die vor dem blauen Himmel glitzerte, während die Leute vom Rettungsdienst die Leiche für die erste Untersuchung vorbereiteten. Dann zwang er seinen Blick herunter auf die Realität, die vor ihm lag.

Die offene Tür des Krankenwagens stellte zum Glück einen Sichtschutz dar, sodass sich in den bezaubernden roten und gelben Stadthäusern hinter den Stockrosen niemand am Vormittagskaffee verschluckte.

Die junge Frau war in einen schwarzen Leichensack gelegt worden. Ihr Haar war immer noch nass, als ob sie bloß gerade eine Runde geschwommen wäre. Die Augen standen halb offen. Das trägerlose hellblaue Sommerkleid schmiegte sich an ihren Körper. Sie war hübsch. Ganz objektiv gesehen hübsch, mit harmonischen Gesichtszügen und vollen Lippen. Georg schätzte sie auf Mitte zwanzig.

Sie sah aus wie eine, die ausgegangen war, vielleicht einen Bacardi Breezer zu viel getrunken hatte und gleich mit einem Kater aufwachen würde.

Georgs Blick blieb an etwas Rotem hängen, und er schob den Leichensack behutsam ein Stück zurück. Auf dem rechten Unterarm breitete sich ein unregelmäßiges feuerrotes Mal aus, das er Trine zeigte.

»Sieht aus wie eine Brandwunde«, stellte sie fest.

Georg nickte.

»Mal schauen, was der Gerichtsmediziner sagt.«

Er winkte Oskar Hvid zu sich und zeigte auf die Wunde, woraufhin der Kollege von der Rechtsmedizin ein paarmal mit der Kamera knipste.

»Küchenunfall, wenn du mich fragst«, sagte er leise.

Der Rettungssanitäter räusperte sich.

»Wenn sonst nichts mehr ist, würden wir sie jetzt gern in die Rechtsmedizin fahren.«

»Sie haben nichts in der Nähe gefunden? Eine Tasche, ein Portemonnaie oder ein Telefon?«

Der Rettungssanitäter schüttelte den Kopf.

»Nix.«

Dann schob er die Frau in den Krankenwagen, schlug die Tür zu und stieg ein.

Egal, was der Frau in Christianshavn zugestoßen war, sie verließ den Platz in würdevollem Tempo. Wenn der Schaden so endgültig war, gab es keinen Grund für Blaulicht – keinen Grund, ins Krankenhaus zu hetzen, um etwas zu verhindern, was bereits geschehen war.

Georg würde sich nie an den Anblick eines langsam fahrenden Krankenwagens gewöhnen.

Jetzt galt es, herauszufinden, wer die Frau war. Anschließend wartete die Aufgabe auf ihn, den Angehörigen zu berichten, dass das Allerschlimmste der Welt geschehen war.

»Sollen wir einen Taucher rufen?«, fragte Trine.

»Gib mir noch eine Viertelstunde. Lass uns erst schauen, ob wir ihre Tasche oder ihr Handy finden können«, sagte Georg und zeigte auf die andere Seite der Brücke hinüber.

Den Blick auf die Pflastersteine gerichtet, setzte er sich in Bewegung und bemerkte nicht, dass die Straße sich langsam mit Touristen und Kopenhagenern füllte, die nicht im Geringsten ahnten, dass hier erst vor sehr kurzer Zeit eine tote Frau aus dem Wasser gezogen worden war.

Er folgte dem Kanal, blieb an einem Mülleimer neben einer Bank stehen, zog ein paar Handschuhe aus der Tasche und wühlte zwischen den...



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