E-Book, Deutsch, 272 Seiten
Reihe: Olympia Moustakas
Tischlinger Zuckerschneggerla
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-96041-408-7
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Franken Krimi
E-Book, Deutsch, 272 Seiten
Reihe: Olympia Moustakas
ISBN: 978-3-96041-408-7
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Griechisch, fränkisch, urkomisch!
Der fröhliche Trubel am Nürnberger Christkindlesmarkt täuscht: Eine junge Frau im Engelskostüm wurde ermordet. Unter Verdacht gerät der Seniorchef einer traditionsreichen Nürnberger Lebkuchenfabrik – doch dessen Putzfrau Olympia Moustakas glaubt nicht an seine Schuld. Beherzt begibt sie sich auf die Spur des Täters, die von der feinen Gesellschaft bis ins Rotlichtmilieu führt. Aber der Mörder hat sie bereits im Auge.
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Leiche an Bord »Ciao bello, ciao!« Manne Egerer, der Taxerer, zog hörbar die Nase hoch und warf seinem nervigen Fahrgast einen Blick zu. Einen dieser Blicke, der den anderen schlagartig getötet hätte, wenn Manne denn hätte töten können. Ciao bello … Telefonierte der Schaumschläger mit seinem Hund? Manne setzte den Blinker und fuhr von der Marienbergstraße rechts zum Flughafen ab. »Bussi, servusla, bis bald!« Erneuter Blick von Manne. Servusla … Ein echter Weltmann also! Manne kannte diese Typen. Rausgeputzt wie der Herr Generaldirektor persönlich, aber keinen Hosenknopf im Portemonnaie. Manne mochte gar nicht mehr zu ihm nach hinten schauen, tat es aber doch. Jetzt busselte er auch noch in sein Smartphone hinein! »See you! Und sobald ich vom Businessmeeting back bin, gänger mir aufn Christkindlmarkt, gell, Mauserla!« Solche Leute hatte Manne gefressen. Da sprang ihnen der Franke direkt aus dem Mund, aber sie gingen nicht auf den Christkindlesmarkt, wie er seit weiß der Geier wie lange schon hieß. Wer glaubte, etwas Besseres zu sein, oder nicht als Franke identifiziert werden wollte, der besuchte den Christkindlmarkt. »Du Schmalspurcasanova, du«, murmelte Manne in seinen nicht vorhandenen Bart und zog erneut, demonstrativ laut, die Nase hoch. Und wenn schon, dann hieß es bei einer Frau »bella«, so viel wusste selbst er noch von den Urlauben am Gardasee. Vor der Abflughalle fuhr er rechts ran. »Sechzehn achtzig«, las er vom Taxameter ab. Am Rückspiegel des Wagens baumelte ein glitzernder Tannenbaum, auf dem Armaturenbrett stand ein kleiner Weihnachtselch, der bei jeder Bewegung wie besoffen wackelte. Man tat, was man konnte. Mannes geschniegelter Fahrgast wühlte erst in seiner Manteltasche, erhob sich dann halb, um in seiner Hosentasche zu kramen. Bog sich nach links, um in der anderen Hosentasche zu suchen. »Des gibt’s doch ned. Des gibt’s doch ned«, kommentierte er seine akrobatischen Verrenkungen, und Manne schwante Übles: Der Typ kann nicht zahlen. Schließlich atmete der andere erleichtert auf und fischte einen zerknitterten Zwanziger aus seiner Brusttasche. Auf ein »Bassd scho!« wartete Manne vergeblich. Stattdessen sagte der Mann: »Machen Sie … äh … machen Sie siebzehn. Und eine Quittung über zwanzig für die Steuer, bitte.« Wie schon gesagt respektive gedacht: ein Schaumschläger! Mit wehendem Mantel stieg der Schnösel aus dem Taxi und entschwand in die hell erleuchtete Flughafenwelt. Manne schaute auf seine Armbanduhr. Eigentlich wollte er längst bei seinem Kumpel vorbeigeschaut haben, aber wenn er sich nicht irrte, würde der Flughafen in wenigen Minuten noch ein paar Kanaren-Urlauber und Geschäftsreisende ausspucken. Und wer seinen Wagen nicht im Parkhaus hatte stehen lassen oder abgeholt wurde, der war auf U-Bahn oder Bus angewiesen – oder auf ein Taxi. Samstagnachmittag, noch nicht einmal fünf Uhr, aber draußen war es stockfinster wie in tiefster Nacht und lausig kalt. Solche Tage, besonders wenn es frisch geschneit hatte und die Straßen rutschig waren, spielten den Taxifahrern in den Geldbeutel. Und bei den Urlaubern saß das Geld noch locker, da leistete man sich zum Abschluss der Ferien schon mal noch einen Chauffeur. Er schien Glück zu haben. Eine Frau im rosa Flanellmantel, ein Windstoß offenbarte unter ihm ein schwarzes Minikleid und lange, schlanke Beine, stöckelte direkt auf sein Taxi zu. Eilfertig sprang Manne aus dem Mercedes und hielt ihr die Beifahrertür auf. Doch sie winkte lächelnd ab. Der Mann im Golf vor ihm hupte, und das schwarze Minikleid verschwand im Wagen. Manne schlurfte zurück und beschloss, Feierabend zu machen. »Moment, bitte!«, rief jemand. Ein weißhaariger Mann, wie die Frau elegant gekleidet, aber eben alt, kam mit erhobenem schwarzem Lederhandschuhfinger näher. Manne zuckte zusammen. Himmel, was für ein Gesicht! Faltig, ungesund bleich mit dunklen Augenringen – der Tod im feinen Zwirn. »Zum Hotel Edelmann, bitte. Ich habe eine Verabredung in der Bar.« Schon stieg der Scheintote hinten ein, seinen Aktenkoffer an sich gepresst. Logisch, dachte Manne, bei den anderen steigen die Schnuggerla ein, und mir bleiben die muffigen Knacker. Aber Geld war Geld. Im Rückspiegel beobachtete er den Alten, der sich aus einem weißen Plastikdöschen eine Tablette in den Mund warf und sie zerkaute. Eigentlich war die Fuhre gar nicht so schlecht, und die Richtung passte auch. Vom Hotel Edelmann, das in der Nähe des Opernhauses lag, war es nur ein Katzensprung zu seinem Kumpel Hanno. Hanno Heldenbäcker, Besitzer eines Etablissements in Nürnbergs Rotlichtmilieu, hatte ihm erzählt, er habe eine Ladung Pelze von einem seiner Geschäftspartner bekommen. Na ja, Geschäftspartner … Der Russe war eine üble Kanaille, der sogar seine eigene Großmutter samt Gebiss verhökern würde, wenn der Preis stimmte. Aber Hanno hatte Manne eine Pelzjacke zu einem Superpreis versprochen. Die Elfi wird platt sein, grinste Manne still in sich hinein. Dieses Weihnachten würde es ausnahmsweise kein Gemecker und kein langes Gesicht geben. »Eine echte Pelzjacke! Für mich? Du bist ja wahnsinnig!«, hörte Manne seine Frau schon vor Freude jubeln. Und Zeit wurde es, dass er endlich bei dem Barbesitzer aufkreuzte. Denn die »heißen« Pelze würden Hannos Laden zügig wieder verlassen. Die Ware war irgendwo »vom Laster gefallen« und der »Rote Bock« nur eine Zwischenstation auf dem Vertriebsweg. Hanno würde die Russenpelze so schnell wie möglich weiterverschachern. Es war ein Freundschaftsdienst, dass Hanno ein »Jäckla« für Manne auf die Seite legte. Manne beschloss also, sobald er den Alten beim Hotel am Opernhaus abgeliefert hatte, weiter zum »Roten Bock« zu fahren. Er drehte das Radio lauter. Mit dem ersten Ton erkannte er – seine Helene. »Die Helene Fischer is schon a Knaller, gell?«, sagte er über die Schulter nach hinten und stimmte dann, wegen des kränklichen Mannes nicht ganz so schmetternd wie sonst, in den Refrain ein. »Atemlos …!« Lange hielt Manne allerdings nicht mit der Helene mit, da er nicht den gesamten Liedtext beherrschte. Für seinen Fahrgast ein wahrer Segen. Routiniert überholte er, wo möglich, die elenden Schleicher auf der belebten Bayreuther Straße. »Etz fängt’s auch noch an zu schneien«, kommentierte Manne die dicken Flocken, die vom Himmel schaukelten, und drehte das Radio leise. Den Roberto Blanco wollte er seinen Ohren nicht antun. »Aber bis Weihnachten ist der Schnee bestimmt wieder weg. Weil, weiße Weihnachten hat’s ja schon ewig nicht mehr gegeben.« Es war Anfang Dezember, Nikolaustag. Der andere stellte sich schlafend. Als wollte er sich nicht mit ihm über Schnee unterhalten. Als wollte er sich überhaupt nicht unterhalten. Manne indes fand, dass der bleiche Geselle dringend ein bisschen Ansprache brauchte. Außerdem war er neugierig. Immer wieder blickte er in den Rückspiegel, unter dem der Plastiktannenbaum tanzte. Irgendwoher kannte er den Mann. »Waren mir a bisserla auf die Kanaren? Naa, Sie ned, gell? So wie Sie ausschauen, waren Sie geschäftlich unterwegs.« Der Ältere brummte seine Zustimmung. »Und wo waren mir aweng?« »Antwerpen.« »Schokolade?« »Diamanten«, knurrte sein Fahrgast unfreundlich, und Manne erstarrte ehrfürchtig. Der Mann zog sein Smartphone heraus und wischte auf dem Display herum. Eine Weile verlief die Fahrt still, nur leise dudelte das Autoradio. Manne lächelte. Gut, dass sein Fahrgast jetzt wieder die Augen geschlossen hatte, so konnte er ihn genauer betrachten. Unterdessen waren sie am Rathenauplatz, es war vorprogrammiert, dass er anhalten musste. Hier war die Ampel so gut wie immer rot. Jetzt hatte er es! Ganz klar: Diamanten. Der Mann auf der Rückbank war der Juwelier, der sein Geschäft in der Fußgängerzone hatte. Seine Frau blieb zu gerne an der Schaufensterscheibe kleben, während Manne heftig an ihrem Ärmel zog: Los, weitergehen! Der Mann vom Security-Dienst am Eingang hatte ihn nachhaltig beeindruckt. Also, nicht der Typ an sich, sondern sein breites Kreuz. Wie hieß der doch gleich? Grünstein. Genau, Gustav Grünstein. Der Juwelier. Die Elfi las mit Vorliebe die Klatschspalten in der Zeitung und zeigte ihm bei großen Veranstaltungen immer fast vorwurfsvoll die Fotos: der Oberbürgermeister Maly auf dem Opernball, der Markus Söder auf dem Veitshöchheimer Fasching, der Grünstein auf dem Ball der Union, alle mit Gattinnen in edler Robe und mit Geschmeide um den Hals. Ja, so etwas gefiel der Elfi. Manne war aus einem anderen Holz geschnitzt. Er stand mehr auf die Fleischküchla mit Kartoffelsalat in seiner Kneipe, in der er sich mit den anderen Taxerern traf. Mittlerweile waren sie am Hauptbahnhof vorbei, Richtung Opernhaus staute sich der Verkehr nicht untypisch. Manne drehte das Radio lauter und gleich wieder leiser. Für »Last Christmas« war er nicht in Stimmung. Was für ein interessanter Mensch. Und was für ein Beruf, bei dem man ständig mit Gold und Klunkern zu tun hatte. Ob sich in dem Aktenkoffer Diamanten befanden? Wieder warf er einen Blick in den Rückspiegel und wäre diesmal um ein Haar vor Schreck rechts auf den Gehsteig gefahren. Sein Fahrgast war mit auf die Brust gelegtem Kopf zur Seite gerutscht. Noch ein Stück weiter und dessen Oberkörper läge komplett auf der Rückbank flach. Himmel, der...