Venske | Lallbacken | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 249 Seiten

Venske Lallbacken

Das wird man ja wohl noch sagen dürfen
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-938060-83-4
Verlag: Westend
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Das wird man ja wohl noch sagen dürfen

E-Book, Deutsch, 249 Seiten

ISBN: 978-3-938060-83-4
Verlag: Westend
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Der neue Venske Sollte dieser Kabarettist jemals in Ruhestand gehen, wären wir er-ledigt, bräuchten wir kiloweise Antidepressiva und Legionen von Psychotherapeuten. Wenn Henning Venske nicht mindestens einmal im Jahr die Welt sortiert und die politischen Koordinaten justiert, wären wir verloren. Der Phrasenmüll, die Lügen, die Blender und Wichtigtuer, der Frohsinn und die Arglosigkeit - wer räumt den Mist weg? Schmalspurkomiker begnügen sich damit, den Politikern ans Bein zu pinkeln. Sie fegen mit müden Witzen den Skandal weg, den es zu erforschen gälte. So kapitulieren sie vor der gesellschaftlichen und politischen Realität, so betrügen sie ihr Publikum um das Recht zu lachen und um die Pflicht zu weinen. Henning Venske ist eine Ausnahme, eine intellektuelle lnstanz, ein Kabarettist der guten alten Schule. Einer muss schließlich aufräumen, sonst ersticken wir am ideologischen Unrat. Venske analysiert die aktuellen politischen Entwicklungen und die der vergangenen Jahre mit einem Scharfsinn, der manchen Journalisten beschämen müsste.

Henning Venske wurde 1939 in Stettin geboren. Anfang der 1980er Jahre war er Chefredakteur der Satirezeitschrift Pardon, von 1985 bis 1993 Autor und Kabarettist bei der "Münchner Lach- und Schießgesellschaft". Zahlreiche Fernsehauftritte, u.a. bei der "Sesamstraße". 2010 erhielt er zusammen mit seinem Partner Jochen Busse den Ehrenpreis zum Deutschen Kleinkunstpreis. Zurzeit regelmäßige Bühnenauftritte.

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Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


1 Kanzleramt: Nichts zu tun ist besser, als mit großer Mühe nichts zu schaffen
2 Außenministerium: Man muss nichts können, man muss nur wollen
3 Innenministerium: Auf niedrigstem Niveau den höchsten Konsens herbeiführen
4 Justizministerium: Hühner, die vorm Fressen Knoten in die Würmer drehen
5 Finanzministerium: Eines Tages wird Geld nichts mehr kosten
6 Wirtschaftsministerium: Doch Sorge folgt und nimmersatte Gier dem wachsenden Gewinn (Horaz)
7 Arbeitsministerium: Das Recht auf Arbeit brauchen wir nicht, aber das Recht auf Wohlstand
8 Verbraucherschutzministerium: Analogkäse erlaubt, Sterbehilfe verboten
9 Verteidigungsministerium: Gewalt darf niemals ein Mittel der Politik des Gegners sein
10 Familienministerium: Eine wirklich gute Mutter hat doch keine Kinder
11 Gesundheitsministerium: Künstliche Hüftgelenke kauft man am besten an der Haustür
12 Verkehrsministerium: Es wird Zeit, dass die Elektroautos Gas geben
13 Umweltministerium: Das Einzige, wovor man sich wirklich fürchten muss, ist die Angst
14 Bildungsministerium: Leben ist ein postnatales Problem
15 Entwicklungshilfeministerium: Die Würde des Menschen gibt es nicht umsonst - man muss sie kaufen
16 Bundespräsidialamt: Das Maximum faseln über ein Minimum
17 Die vierte Gewalt
18 Und jetzt das Wetter


2 Außenministerium: Man muss nichts können, man muss nur wollen Joseph Martin Fischer, dem Schröder sein Ratzinger und deutscher Außenminister, jederzeit in der Lage, über alles nichts zu sagen und dabei auszusehen wie eine alte Kunstlederimitat-Handtasche, in der er alle seine Entschuldigungen für Gewaltakte aufbewahrte, zum Beispiel bei den albanischen Kindern, die auch seinetwegen im uranverseuchten Dreck spielen mussten, dieser Fischer teilte auf einer ganzen Seite der Frankfurter Rundschau mit, man könne Politik nicht machen gegen die Finanzmärkte, und wenn nicht SPD und Grüne, sondern Union und FDP die sozialen Reformen betreiben würden, dann würden die um einiges unsozialer ausfallen. Dank gebührt Joseph Martin Fischer für diese ewige Wahrheit: Demokratie hat nur so viel Spielraum, wie das Kapital zulässt, und infolgedessen musste Joseph Martin Fischer immer eine unsoziale Politik machen. Allerdings darf man daraus schließen: Wenn demokratische Politiker nur ausführende Organe des Finanzmarktes sind, kann die Vorstandsetage der Allianz das bisschen Regieren doch gleich mit übernehmen. Joseph Martin Fischer hat die Grünen nicht gegründet. Er ist später eingetreten, hat dann aber kraftvoll daran mitgewirkt, alle, die seinem Anpassungskurs kritisch gegenüberstanden, rauszuekeln, bis sich die Grünen in Form eines industriell gefertigten Gelbbauchunkenvereins präsentierten. Fischer war der einzige Grüne, der niemals grüne Überzeugungen verriet – er hatte diese Überzeugungen schließlich auch nie geteilt. Medizinisch betrachtet, litt Joseph Martin Fischer an einer unangenehmen Form von Gesinnungsepilepsie, so dass er sich sogar von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung bestätigen lassen musste: »Fischer hat maßgeblich dazu beigetragen, einen Teil der militanten Linken, ja seine Generation, aus feindseliger Isolation herauszuführen und mit dem Rechtsstaat auszusöhnen.« Welt- und Außenlallbacke Joseph Martin Fischer war wie kein anderer jederzeit in der Lage, seinen jeweiligen Sinneswandel plausibel zu begründen. In den Achtzigern hat er seinen politischen Gegnern knallhart entgegnet: »Wir leben nicht mehr in den Siebzigern.« In den Neunzigern argumentierte er glasklar: »Wir leben nicht mehr in den Achtzigern.« Im neuen Jahrtausend formulierte er sein Credo noch überzeugender: »Wir leben nicht mehr im vorigen Jahrhundert.« In Joseph Martin Fischers Biographie gibt es keine Brüche: Ob als schlagfertiger Putztruppenkomparse oder als einflussreiches Mitglied einer gewaltbereiten Außenministerkonferenz – Fischer trat bei Insubordination stets für sein Recht auf körperliche Züchtigung von Andersdenkenden ein. Allerdings: Fischer hat niemals einen Molotowcocktail geworfen – das hätten ihm seine Kameraden auch nicht erlaubt aus Angst, dass er die eigenen Leute trifft. Joseph Martin Fischer brachte es zeitweise bis zum beliebtesten deutschen Politiker, vermutlich, weil er der erste deutsche Außenminister seit Ribbentrop war, dessen Politik geradewegs in einen Krieg mündete, und zwar in einen siegreichen, was ja in der deutschen Geschichte auch nicht selbstverständlich ist. Es war gut, dass Deutschland mit Herrn Fischer einen hatte, der Gewalterfahrung besaß und das Geschäft kannte: zuschlagen, wegrennen und anschließend behaupten, dass Gewalt Scheiße ist. Aber Joseph Martin Fischer war, auch wenn man ihm das übel nachgeredet hat, nicht der Autor des Satzes: »Unsere Absicht ist, die jugoslawische Armee vernichtend zu schlagen, außerdem den Südteil vom übrigen Land abzutrennen.« Das sagte auch nicht Fischers Amme, die US-amerikanische Außenministerin Madeleine Albright. Das hat Adolf Hitler gesagt, 1941. Bevor die Ökopaxe Beweise erbringen konnten, eine Friedenspartei zu sein, hatte Joseph Martin Fischer schon zwei Kriege gewonnnen, Jugoslawien und Irak, und die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Gurken so tief als ständige Vertretung im Arsch der SPD etabliert, dass sie von außen nicht mehr wahrgenommen werden konnte. Aber Joseph Martin Fischer hat sich auch bemüht, nicht nur Mist zu bauen: Er hat die deutschen Botschaften und Konsulate angewiesen, bei der Verteilung von Visa zur Einreise in die Bundesrepublik unbürokratischer zu verfahren: »In dubio pro libertate – im Zweifel für die Reisefreiheit«, lautete der Kernsatz des Erlasses. Es dauerte nicht lange, bis die Medien in helle Aufregung gerieten, weil Missbrauchsfälle bekannt geworden waren. Am meisten regte sich Der Spiegel über die Visa-Geschichte auf: »Monatlich kamen Tausende illegal über die Grenze. Sie mussten nicht einmal die Oder durchschwimmen oder sich im Schutz der Nacht ins Land schleichen: Sie brauchten nur zur Botschaft in Kiew, Minsk oder Moskau zu gehen und sagen, dass sie gern den Kölner Dom besichtigen würden.« Ist doch unglaublich, dass Touristen, die den Kölner Dom besuchen wollten, dafür nicht mehr durch die Oder schwimmen mussten, oder? Die Schröder/Fischer-Koalition hat den Erlass »pro libertate« dann wieder kassiert. Von Alexander Humboldt ist der Satz »Reisen bildet« überliefert. Fürs Reisen benötigt man ein Visum und Geld. Wer kein Visum hat und nur wenig Geld, der ist auf Schleuser angewiesen. Deswegen muss man sagen: Schleuser bieten ein Bildungsprogramm, sie öffnen Perspektiven, und Schleuser sind Kämpfer für Reisefreiheit. Wer sich jemals vergeblich um ein Visum zur Ausreise aus der DDR bemüht hatte, den machte die Aufregung um die Visa-Affäre staunen: Damals war der Schleuser Held und Retter, aber keinesfalls ein Krimineller. Und man sollte auch nicht vergessen: In den achtziger Jahren ist die CDU mit dem Bauchladen durch die Ostblockstaaten gelaufen und ließ an jeden Pässe verteilen, der einen Opa bei der SS oder eine blauäugige Großmutter hatte. In Ermangelung anderer Beschäftigungsmöglichkeiten gab es einen Untersuchungsausschuss. Hans-Peter Uhl, Vorsitzender des Visa-Ausschusses, stellte Joseph Martin Fischer die Frage: »Sind Sie der Meinung, dass Sie Ihr Haus noch im Griff haben?« Lallbacke Uhl war vermutlich der Einzige, der sich wunderte, als Fischer darauf nicht »nein« antwortete. Michael Glos sagte, Millionen Menschen seien illegal nach Deutschland eingereist, und damit seien Prostitution, Menschenhandel und andere kriminelle Machenschaften gefördert worden. An die Adresse Joseph Martin Fischers gerichtet, fügte Lallbacke Glos hinzu: »Und Sie sind dafür der Zuhälter.« In diesem Punkt kann man dem Herrn Glos vertrauen: Der ist zwar vermutlich kein Puffgänger, findet sich aber in jedem Milieu zurecht. Für christliche Politiker war klar: Als aus jenen fernen Teilen Europas, die einst deutscher Lebensraum im Osten hießen, Nutten, Verbrecher und Schwarzarbeiter aus der Ukraine ins deutsche Kernland drängten, da hat sich der pflichtvergessene Außenminister Joseph Martin Fischer nicht mit dem Baseballschläger an der Grenze postiert und das Gesindel zurückgeschlagen. Nun hatten diese »einwanderungspolitischen Triebtäter«, wie sie von christdemokratischen Bordellexperten genannt wurden, die Chance, anständigen deutschen Familienvätern das Geld aus der Tasche zu ziehen, um es danach bei Joseph Martin Fischer abzuliefern. Dafür musste sich der Außenminister live im Fernsehen verantworten. Es war ein erregender Moment, als der Königspinguin auf der Lagune Platz nahm: Ein eher kleiner Mann watschelte o-beinig herein, immer seiner Wampe hinterher. Und dann saß er da, der charismatische Minister Oberwichtig, eingehüllt in eine Ausdünstung von Arroganz, Selbstgefälligkeit und Macht. Ob er untenrum nackt war, konnte man nicht erkennen. Mit knirschender Mimik, knarzender Stimme und kompetenten Gesten referierte er über Freizügigkeit, und er war dabei so bestürzend langweilig, dass man für einen Bildund Tonausfall gern eine Gebührenerhöhung in Kauf genommen hätte. Die Vernehmung von Joseph Martin Fischer war eine Riesenenttäuschung, und nach kurzer Zeit interessierte sich kaum noch jemand für das Stück: Es war vollkommen wurscht, ob Joseph Martin Fischer nun den Marquis Posa spielte oder doch eher Hänschen im Blaubeerwald. Fischer selbst wusste wohl, dass er nicht genug wusste. Aber was er hätte wissen können, hat er nicht wissen wollen, beziehungsweise er wusste, dass er nicht nichts wusste, aber er wusste nicht, dass er so wenig wusste. Dafür aber übernahm er die volle Verantwortung. Die Behauptung, Rot-Grün habe die letzte Wahl nur dank Millionen ukrainischer Leihwähler gewonnen, die er alle persönlich eingeladen hatte, wies er zurück. Interessant war die ganze Angelegenheit nur in Bezug auf Papst Benedikt XVI. Ratzinger: Der musste, um seinen Papstjob ausüben zu können, neben seinem angestammten deutschen auch einen Pass des Vatikan in der Brieftasche haben. Das ist aber illegal: Wer ungenehmigt eine andere Staatsbürgerschaft annimmt, verliert automatisch die deutsche, und wer die deutsche Staatsbürgerschaft verliert, verliert damit auch sein Aufenthaltsrecht in Deutschland. Mit Blick auf den für den Weltjugendtag in Köln angekündigten Besuch des Vatikanbürgers Benedikt XVI. Ratzinger hieß es dann seltsamerweise ganz unproblematisch: »Im Zweifel für die Reisefreiheit.« Nach seiner Tätigkeit als Außenminister erschien Joseph Martin Fischer eine Zeitlang in der ZDF-Vorabend-Serie »Unser Charly« in der Rolle von zwei Schimpansen, danach positionierte er sich im Unternehmerlager und machte Millionen. »Man darf in der Beratung nicht zu politisch werden,« dozierte er und: »Man muss entpolitisieren, sonst gibt es zu viel Widerstände für ein Unternehmen.« Und schließlich mit intaktem Selbstwertgefühl: »Meine Beratung hier ist die...


Henning Venske wurde 1939 in Stettin geboren. Anfang der 1980er Jahre war er Chefredakteur der Satirezeitschrift Pardon, von 1985 bis 1993 Autor und Kabarettist bei der "Münchner Lach- und Schießgesellschaft". Zahlreiche Fernsehauftritte, u.a. bei der "Sesamstraße". 2010 erhielt er zusammen mit seinem Partner Jochen Busse den Ehrenpreis zum Deutschen Kleinkunstpreis. Zurzeit regelmäßige Bühnenauftritte.



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