E-Book, Deutsch, Band 6, 470 Seiten
Reihe: Der 13. Paladin
Weitze Der Kampf um Hjalgar
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-98896-006-1
Verlag: Torsten Weitze
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Der 13. Paladin - Band 6
E-Book, Deutsch, Band 6, 470 Seiten
Reihe: Der 13. Paladin
ISBN: 978-3-98896-006-1
Verlag: Torsten Weitze
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Torsten Weitze wurde in Krefeld geboren, wo er noch heute zusammen mit seiner Frau wohnt. Nach langer Erfahrung als Leiter einer Pen & Paper-Gruppe begann er, sich selbst ganze Welten auszudenken und sie, nun als Autor, zu Papier zu bringen. Nach dem Erfolg seiner High-Fantasy-Debutreihe 'Der 13. Paladin'folgt, neben der Fortführung der 'Nebula Convicto'-Reihe, sein nächstes großes Projekt: Die Romane über die Streitenden Götter, deren Auftakt die 'Sturmfels-Akademie' darstellt. Entspannung sucht Torsten Weitze im Praktizieren des Jiu-Jitsu und in der Handhabung traditioneller japanischer Waffen wie dem Katana oder dem Bo.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
2. Kapitel
Es war früher Nachmittag unter einem klaren, wolkenlosen Himmel, als die Königin der Wellen mit langsamer Fahrt in den Hafen der Königsinsel einfuhr. Was auch immer Ahren erwartet hatte, auf den vor ihm liegenden Anblick war er nicht vorbereitet. Die jubelnden Bewohner, die dicht gedrängt in den Straßen standen, warfen Blumen ins Wasser, von den befestigten Hafenmauern erschollen die Trompeten straffstehender Militärherolde, und Ahren vermutete, dass da eine Hundertschaft Ritter im Spalier stand, um die Ehrengäste der Königin der Wellen am mittleren Pier willkommen zu heißen. Je näher sie kamen, umso mehr Details konnte Ahren ausmachen, und er wurde immer nervöser.
»Was meinst du, wie die gucken würden, wenn wir Kapitän Orben befehlen würden, am falschen Pier anzulegen?«, raunte Trogadon ihm mit einem Augenzwinkern zu.
Ahrens Mundwinkel zuckten, als er sich vorstellte, wie die gesamte Ehrenformation und der Empfangsbaldachin, unter dem er König Senius Blaugrund entdeckt hatte, hektisch den Hafen hinabeilten, um sich neu zu formieren, bevor das Schiff anlegte. »Verlockend«, murmelte er zurück. »Aber mit solchen Streichen warten wir besser, bis der Krieg gewonnen ist.«
»Ist auch besser für Orbens Gesundheit«, warf Fisker ein. »Der alte Zausel platzt gleich vor Aufregung.«
Ahren warf einen Blick auf den überkorrekten Kapitän, der in seiner Paradeuniform am Steuerrad stand und eine gute Handbreit größer erschien als sonst. Dies mochte vielleicht der erhabenste Moment seines Lebens sein, und ihm den zu verderben, erschien Ahren nicht recht. Dann blickte er auf die jubelnden Menschenmassen und wann immer er einzelne Gesichter erkennen konnte, zuckte er innerlich vor dem Hoffnungsschimmer in den Augen der Feiernden zurück.
»Begreifst du jetzt?«, flüsterte Jelninolan ihm sanft ins Ohr. »Für diese Leute sind wir der Inbegriff der Hoffnung. Wir verkörpern alles, was sie sich für die Rettung ihrer Zukunft wünschen. Mut, Ehre, Tugend …«
Trogadon rülpste leise in Jelninolans Ansprache hinein und sie warf ihm einen tödlichen Blick aus ihren grünen Augen zu.
»Der musste raus«, entschuldige sich der Zwerg kleinlaut. »Und ich dachte, besser jetzt gleich, als wenn wir vor dem König stehen.«
Die Königin der Wellen glitt am Pier entlang und wurde immer langsamer. Unterdessen warf Ahren erneut einen Blick auf den Monarchen unter dem tiefblauen Pavillon, der das königliche Wappen trug. Der Mann wirkte sichtlich gealtert, seit der junge Waldläufer ihn das letzte Mal gesehen hatte. Mehr, als die paar Jahre rechtfertigten.
»Der Knabe hat wohl harte Zeiten hinter sich«, sagte Falk mitfühlend. »Ich hasse es, Leute altern zu sehen.«
Zum ersten Mal konnte Ahren ansatzweise nachempfinden, was seine Gefährten in ihrer langen Lebensspanne immer wieder durchmachten: Freunde und Bekannte, die alterten und starben, während die Zeit den Paladinen kein Haar krümmen konnte.
Während die Mannschaft das Schiff vertäute, schwoll der Jubel in der Menge noch einmal ohrenbetäubend an. Die umliegenden Piers und Straßen des Hafens waren dicht besetzt, und es wunderte Ahren, dass noch niemand ins Wasser gefallen war.
Als ob das jemand bemerken würde, warf Culhen trocken ein. Aber ich gebe zu, an so einen Empfang könnte ich mich gewöhnen.
Ahren rollte mit den Augen, als er das Wohlbehagen des Wolfes spürte, der die Zuneigung der Menge geradezu in sich aufsog.
Als die Planke schließlich auf dem Pier aufsetzte, kam zuerst ein königlicher Herold zu ihnen an Bord, der sich neben dem hölzernen Abstieg aufstellte und eine Schriftrolle hervorzog. Uldini schwebte neben den gepuderten ältlichen Mann und begann, hektisch auf ihn einzureden, wobei er auf die einzelnen Einträge auf der Liste deutete.
»Was tut er da?«, fragte Ahren leise aus dem Mundwinkel, während er wie alle anderen höflich winkend in die Menge lächelte.
Fisker kicherte verstohlen. »Er bringt den guten Mann wohl auf den neuesten Stand. Nicht dass der bei unserer Ankündigung einen Titel oder eine Heldentat vergisst. Uldini wird dieses Ereignis vollends ausnutzen, das kannst du mir glauben. Innerhalb weniger Tage wird sich die Hälfte der Adligen und Händler wundern, wie sie nach einem Gespräch mit unserem gerissenen Alten nur so große Teile ihres Vermögens für die Kriegsanstrengungen spenden konnten.«
Ahren verstand. Uldini war ein politischer Ränkeschmied erster Güte. Die jubelnden Würdenträger ringsum waren so etwas wie ein Festbankett für den ruchlosen Magus.
»Also gut, es geht los«, warnte Falk die anderen. Der Herold rief ihn zu sich, ein höfliches, leicht unterwürfiges Lächeln auf dem Gesicht. »Anscheinend bin ich der Erste.« Kaum hatte der alte Mann einen Schritt auf den Steg getan, als zahlreiche Fanfaren ertönten und es daraufhin im Hafen schlagartig still wurde.
Der Herold schwenkte einen Arm und rief dann laut: »Ich präsentiere: Baron Dorian Falkenstein, Paladin der Götter, Streiter der Dunklen Tage, General der nordöstlichen alliierten Kavallerie, Bezwinger von Delsorus, Tausendzahn und dem niederen Wyrm Zackenschuppe.«
Ahren schwor, dass er den Jubel in seinen Knochen spüren konnte, als jede einzelne Person im Hafen aus vollem Halse schrie, als gäbe es kein Morgen mehr. Er wusste, dass die Rittermarschen ‚ihren‘ Paladin über alles liebten, obwohl sie ihn nur aus jahrhundertealten Geschichten kannten. Aber wie Falk in seiner weiß glänzenden Rüstung den Steg hinabschritt, sein Breitschwert am Gürtel umfassend und den mächtigen Zwergenschild aus Tiefenstahl in der anderen Hand, wirkte er wirklich wie die fleischgewordene Sagengestalt – die er ja auch war. Jelninolan hatte ihm noch einen tiefblauen Umhang verpasst, der sich majestätisch im Wind bauschte, und in diesem Moment tat Ahren Senius Blaugrund ein bisschen leid. Der Monarch, auf den Falk nun zuschritt, konnte unmöglich mit dem Paladin mithalten, sondern nur hoffen, in Falks Glanz nicht hoffnungslos unterzugehen. Wenn wir erst alle bei ihm stehen, wird den König keiner mehr wahrnehmen, schoss es Ahren durch den Kopf. Der Gedanke hatte etwas Unwirkliches an sich.
Dann war Jelninolan an der Reihe, die in ihrer üblichen grünblauen Robe vorwärtsschritt. Ihre Haare hatte sie zu einer eleganten Turmfrisur hochgesteckt und ihre Sturmfiedel lag in ihrer linken Armbeuge.
Wieder ertönten die Fanfaren und wieder wurde es still im Hafen.
»Die Priesterin Jelninolan aus dem fernen Eathinian. Mitglied der Alten und Erweckerin der Sturmweberei.«
Fisker sog neben Ahren scharf die Luft ein. »Jetzt hat es Uldini mit der Angeberei aber übertrieben«, zischte er und deutete auf eine kleine Delegation aus Elfen, die Jelninolan unverwandt anstarrten. Die Elfe schritt unter dem donnernden Beifall der Menge würdevoll den Pier hinab, aber Ahren erkannte ihre Anspannung in der Haltung ihrer Schultern. Die Sturmweberei war seit dem Schisma der Elfen in Eathinian verboten, und dass Jelninolan diese Magieform wiederbelebt hatte, hätte sie ihrem Volk besser feinfühliger vermittelt, als durch einen menschlichen Herold. Auch Uldini schien seinen Fehler bemerkt zu haben, denn er warf Jelninolan einen entschuldigenden Blick zu, den diese jedoch ignorierte.
»Bin gespannt, wie er das wieder geradebiegt«, sagte Trogadon feixend, als der Herold ihn auch schon nach vorne winkte. Lässig seinen riesigen Hammer über der Schulter tragend und in sein knielanges Kettenhemd gehüllt, stand Trogadon auf dem Deck und forderte die Menge mit Gesten zum Klatschen auf, noch während die Fanfaren erschollen. Sein steinfarbenes Haar und der mächtige Bart waren in komplizierten Zöpfen miteinander verwoben, und ohne sein Lausbubengrinsen hätte der Krieger sicherlich äußerst würdevoll ausgesehen.
»Trogadon vom Silbernen Kliff, Träger eines zwergischen Ahnennamens«, verkündete Herold neben dem Zwerg in die bereits johlende Menge hinein. Mit einem breitbeinigen und leicht schaukelnden Gang stolzierte Trogadon über Steg und Pier, ganz so, als würde er einer Horde bewundernder Schankhausschläger zuwinken statt der gesamten Bevölkerung der Königsinsel.
»Kann er denn nie etwas ernst nehmen?«, fragte Uldini jammernd in die Runde.
»Tut er doch«, erwiderte Ahren. »Bei schlechtem Bier versteht er wirklich keinen Spaß.«
Der war gut, sagte Culhen anerkennend und wuffte amüsiert.
Während Uldini den jungen Paladin noch mit zusammengekniffenen Augen ansah, glitt der Zauberkundige neben den winkenden Herold. Uldini schwebte – wie immer – einen Schritt über dem Boden, während mystische Winde seine schwarze Robe blähten und verspielte kleine Blitze ihn geheimnisvoll umzuckten. Ahren hatte Uldinis Pose schon zu oft gesehen, um beeindruckt zu sein, als der Magus begann, den Steg hinabzuschweben. In die abwartende Stille der Menge mischten sich jedoch bei diesem Anblick nun staunende Ohs und Ahs.
»Uldini Getobo, Oberster der Alten, Weber des Bannspruches und Liebling der Götter.«
Während die Menge ehrfürchtige Rufe ausstieß, kicherte Fisker indes in sich hinein. »Erstaunlich. Er beansprucht drei Titel, aber nur einen davon hat er sich im Alleingang verdient. Dass die Götter ihn mögen, ist sicher nicht sein Verdienst, und am großen Bannspruch haben alle Alten mitgewirkt.«
Ahren grinste. Die Effekthascherei bei offiziellen Anlässen passte nur zu gut zu seinem Freund in der kindlichen Gestalt.
Dann war Fisker dran, der neben seinem silbern schimmernden Cape aus Tiefenseide und den elegant zurechtgelegten blonden Locken über dem spitzbübischen Gesicht ein...




