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E-Book

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

Wirth Protokolle des Todes

Authentische Fälle der Rechtsmedizin

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

ISBN: 978-3-86189-977-8
Verlag: Militzke Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Spurensuche - Was uns die Toten verraten
Nach einem Autounfall wird eine Leiche gefunden, doch ist wirklich der Aufprall die Todesursache? Eine Frau ertrinkt in ihrer eigenen Badewanne, ihr Ehemann schwört auf einen Anfall - Wahrheit oder Lüge? Kurz nachdem er eine Lebensversicherung abgeschlossen hat, wird ein Mann tot in dem ausgebrannten Wrack seines Autos gefunden. Doch ist er tatsächlich einem Verkehrsunfall zum Opfer gefallen?
In all diesen Fällen waren es die Gerichtsmediziner und die forensischen Untersuchungen der Leichen, die die Wahrheit ans Licht und die wahren Täter hinter Schloss und Riegel brachten. Die rechtsmedizinischen Untersuchungen machen es möglich, die Toten sprechen zu lassen. Ob Leichenflecken, Temperatur oder der Grad der eintretenden Leichenstarre - viele Fakten ergeben ein Bild vom Tathergang und den Details des Todes. Eindrucksvoll und spannend erklärt Ingo Wirth in seinem Buch an historischen sowie aktuellen Beispielen die forensischen Methoden, ihre Entwicklung und natürlich ihre Bedeutung für die Aufklärung von Kriminalfällen. Die Betrachtung des Lebensendes vom Mysterium zum vollends entschlüsselten und nachvollziehbaren Prozess - spannender ist über die Geschichte der Rechtsmedizin nie geschrieben worden.
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THANATOS, GOTT DES TODES
Sterben, Tod und Leichenerscheinungen Die Tode eines Menschen
Am Ende jeden Lebens stehen Sterben und Tod. Seit Jahrtausenden beschäftigt dieses Naturgesetz die Menschen. Ein Ausdruck dessen sind die verschiedenartigen sinnbildlichen Darstellungen des Todes in Malerei und Literatur. Bereits in der Antike begegnet uns der Tod als geflügelter Dämon und spätestens seit dem 12. Jahrhundert als Knochenmann. Seine Macht über alle Stände und Geschlechter schildern allegorisch die Anfang des 15. Jahrhunderts aufkommenden Totentänze. Die bekannte Gestalt des Sensenmannes symbolisiert den als Schnitter gedachten Tod, der die Menschen dahinrafft. Demgegenüber machte der Dichter Matthias Claudius das Hüllwort Freund Hein für den Tod als willkommenen Erlöser populär. Stets bestimmten religiöse und philosophische Anschauungen auf der Grundlage des jeweiligen Wissensstandes die unterschiedliche Einstellung der Menschen zum Tod. Schon vor langer Zeit erwuchs aus der Unwissenheit eine geradezu fantastisch anmutende Vielfalt abergläubischer Vorstellungen, die sich teilweise hartnäckig bis in die Gegenwart erhalten haben. Manch ein Verstorbener wurde zum Wiedergänger, bekannt als Schwarzer Mann und Weiße Frau, oder zum Vampir erklärt. Die Furcht, als Scheintoter lebendig begraben zu werden, breitete sich aus. Der Knochenmann als Sinnbild des Todes. Die moderne Medizin hat all dem fundierte Erkenntnisse über den Ablauf des Sterbens und die Leichenerscheinungen entgegenzusetzen. Das meist langsame Erlöschen der Lebensfunktionen des Organismus wird als Agonie bezeichnet und geht mit einer Herabsetzung wichtiger Stoffwechselprozesse einher. Diese letzte Phase des Lebens kann auch sehr kurz sein oder bei bestimmten gewaltsamen Todesfällen völlig fehlen. Nach den vorliegenden Beobachtungen wird das Eintreten des Todes vom Sterbenden nicht mehr wahrgenommen, da bereits vorher das Bewusstsein schwindet. Noch heute trifft man gelegentlich die Auffassung an, die Gesichtszüge des Verstorbenen widerspiegelten seine Empfindungen unmittelbar vor dem Tod. In Berichten über den Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 ist zu lesen, dass tote Soldaten mit finsteren, von Schmerz verzerrten Gesichtern und andere mit einem »lustig lachenden Gesicht« aufgefunden wurden. Daraus resultierte die Annahme, dass die einen im Gefecht, die anderen »während eines heiteren Gespräches« gefallen seien. Eine derartige Schlussfolgerung, so schrieb der Prager Gerichtsmediziner Josef Maschka bereits vor mehr als einem Jahrhundert, »ist jedoch gänzlich werthlos und entbehrt eines jeden begründeten Anhaltspunktes«. Mit dem Tod erschlaffen sämtliche Muskeln des Körpers, demzufolge auch die mimische Muskulatur. Der Tod stellt das irreversible Ende des Lebens dar. Hinter dieser einfachen Feststellung verbergen sich komplizierte biologische Zusammenhänge. So zeigt sich bei genauerer Betrachtung, dass es gar keinen momentanen Übergang vom Leben zum Tod gibt. Vielmehr läuft das Sterbegeschehen in mehreren, unterschiedlich langen Etappen ab, die jeweils durch den Ausfall bestimmter Lebenserscheinungen gekennzeichnet sind. Das Ende jeder einzelnen Sterbephase wird mit einem speziell definierten Todesbegriff bezeichnet. Zeitlich nacheinander treten der so genannte klinische Tod, der Individualtod und der biologische Tod ein. Als Kriterien für den klinischen Tod gelten Atem- und Herzstillstand. Der wissenschaftlich-technische Fortschritt brachte der Medizin Beatmungsgeräte, Herzschrittmacher und Herz-Lungen-Maschinen. Damit lassen sich Atemfunktion und Herztätigkeit apparativ aufrechterhalten, sodass der lebensnotwendige Sauerstoff für die Stoffwechselprozesse im Organismus weiterhin bereitsteht und das Absterben der Körperorgane verhindert wird. Eine Rückkehr vom klinischen Tod zum Leben ist also unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Die Definition des Todes als irreversibles Ende des Lebens trifft demnach heute erst auf den Hirntod zu, der mit dem Erliegen aller Hirnfunktionen eintritt. Bekanntlich sind die spezifischen Lebensäußerungen eines Menschen von der Funktionsfähigkeit verschiedener Hirnregionen abhängig. Deshalb wird der Hirntod dem Individualtod gleichgesetzt. Diesem schließt sich die Phase des so genannten intermediären Lebens an, in der Gewebe und Organe entsprechend ihrer Sauerstoffmangelempfindlichkeit unterschiedlich lange überleben. Durch bestimmte Reize können an einzelnen Geweben und Organen, die noch nicht abgestorben sind, während eines begrenzten Zeitraums auftretende Reaktionen ausgelöst werden. Versuche von Luigi Galvani (1737–1798) mit Froschschenkeln. Der italienische Arzt vermutete die Existenz einer »tierischen Elektrizität«. Alessandro Volta (1745–1827) widerlegte diese Theorie. Zu den am längsten bekannten Erscheinungen gehört die elektrische Erregbarkeit des Leichenmuskels. Ein Zufall hatte im Jahr 1789 zur Entdeckung der galvanischen Elektrizität geführt. Der italienische Arzt Luigi Galvani beobachtete, dass frisch präparierte Froschschenkel in dem Moment zucken, wenn die Muskeln mit einem Kupferdraht an einem Eisengitter aufgehängt werden. Nach Wiederholung der Versuche deutete der italienische Physiker Alessandro Volta im Gegensatz zu Galvani diese Beobachtung richtig und stellte daraufhin 1793 die elektrochemische Spannungsreihe der Metalle auf. Die praktische Anwendung von Galvanis Experimenten an der menschlichen Leiche beschrieb 1796 Carl Caspar Créve, Professor der Medizin an der Universität Mainz. Er empfahl zur Prüfung der Reaktionsfähigkeit der Muskulatur einen einfachen Bügel aus Silber mit einer Zink- und einer Silberplatte an den Enden. Heute wird als Spannungsquelle für die so genannte galvanische Reizung eine Batterie eingesetzt. Bis maximal vier Stunden nach Eintritt des Individualtodes kann damit eine Muskelzuckung erzeugt werden. Mit dem Absterben der letzten Körperzellen ist das intermediäre Leben beendet. Es tritt der biologische Tod ein, der auch als totaler oder absoluter Tod bezeichnet wird. Bügel aus zwei Metallen zur galvanischen Reizung der Leichenmuskulatur, beschrieben im Jahr 1796. Als frühe Leichenerscheinungen bilden sich Totenflecke, Totenstarre und Leichenkälte aus. Bereits zwanzig bis dreißig Minuten nach dem Kreislaufstillstand können an den seitlichen Halspartien die ersten Totenflecke beobachtet werden. Infolge des Fehlens der Kreislauftätigkeit sinkt das Blut der Schwere nach in die tiefer gelegenen Körperpartien. Dort werden die prall gefüllten und erweiterten kleinen Blutgefäße als grau-violette Hautverfärbungen – Totenflecke genannt – sichtbar. Wenn man die Leiche während der ersten Stunden in eine andere Lage bringt, bilden sich die Totenflecke an der nun unten befindlichen Körperseite neu aus. Da das Blut durch Wasserverlust zunehmend konzentriert wird, verschwinden später die ursprünglichen Totenflecke nicht mehr vollständig. So kann eine Lageveränderung der Leiche erkannt werden. Kriminalistisch wichtig ist auch das Phänomen, dass die Totenflecke in der ersten Zeit nach dem Tod weggedrückt werden können. Auf Druck mit dem Finger oder einem Gegenstand entweicht das Blut aus den Gefäßen, und es kommt infolgedessen zu einer umschriebenen Abblassung. Diese Erscheinung lässt, ebenso wie die Umlagerbarkeit, innerhalb eines gewissen Zeitraums Rückschlüsse auf die Todeszeit zu. Den Totenflecken folgt alsbald die Totenstarre, deren Ursache bereits im 18. Jahrhundert lebhaft diskutiert wurde. Die zahlreichen älteren Theorien über das Erstarren der Muskulatur haben sich sämtlich als unzutreffend erwiesen. Heute weiß man, dass dem Adenosintriphosphat (ATP), das als so genannter Weichmacher wirkt, die entscheidende Bedeutung zukommt. Wenn die ATPReserve der Muskulatur aufgebraucht ist, entwickelt sich die Totenstarre. Am 13. März 1847 verstarb in Wien der Professor für Gerichtliche Medizin Jakob Kolletschka. Während einer Obduktion hatte ein Student den Professor mit dem Messer am Finger verletzt. Die scheinbar harmlose Wunde führte zu einer Erkrankung, die innerhalb kurzer Zeit mit dem Tod endete. Starb Jakob Kolletschka durch Leichengift? Nein, sein Tod war die Folge einer Allgemeininfektion durch Verschleppung von Krankheitserregern und deren Giften auf dem Blutweg mit Eiterherdbildung in den inneren Organen. Das Risiko einer Infektion bei der Leichenöffnung besteht also tatsächlich. Zu fürchten ist allerdings nicht ein spezifisches Leichengift, sondern die Ansteckung mit krankheitserregenden Bakterien und Viren. Bei der Untersuchung Verstorbener, die an einer infektiösen Erkrankung gelitten haben, können die Erreger über eine geeignete Eintrittspforte, etwa eine Hautverletzung, in den Körper des Obduzenten eindringen. Eine generelle Gesundheitsgefährdung beim Umgang mit Leichen darf daraus jedoch nicht abgeleitet werden. Die Leichenzersetzung durch Autolyse, Fäulnis und Verwesung hängt von den Umweltverhältnissen, vor allem von der Temperatur, ab, sodass im zeitlichen Verlauf...


Prof. Dr. Ingo Wirth
studierte Medizin an der Charité, Humboldt-Universität zu Berlin. Er ist seit 1978 als Gerichtsarzt tätig und arbeitet außerdem als Hochschuldozent für Kriminalistik/Forensische Medizin. Veröffentlichung zahlreicher Arbeiten zu rechtsmedizinischen, kriminalistischen und wissenschaftshistorischen Themen.


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