Buch, Deutsch, 156 Seiten, Format (B × H): 169 mm x 259 mm, Gewicht: 474 g
ISBN: 978-3-7416-4283-8
Verlag: Panini Verlags GmbH
STOLZ UND VORURTEILE
Marvel feiert ein rauschendes Fest der Diversität! In Kurzgeschichten, die so vielfältig wie das Leben selbst sind, hat es Valkyrie schwer, den richtigen Ort für ihre Pride-Party zu finden, Gwendolyn Poole alias Gwenpool kämpft mit ihrer Rolle als Vorbild, und die Guardians of the Galaxy fetzen sich in einem … Rockerkrieg?! Außerdem: das rasante Debüt von Escapade! Und selbstverständlich darf auch Fan-Liebling Loki nicht fehlen.
Mit den geballten Talenten von Alyssa Wong (Deadpool), Christopher Cantwell (Iron Man: Der Eiserne), Marieke Nijkamp (Hawkeye: Kate Bishop), Lucas Werneck (Die unsterblichen X-Men) und vielen mehr.
ENTHÄLT: MARVEL’S VOICES: PRIDE (2022) 1 & MARVEL’S VOICES: PRIDE (2023) 1
Weitere Infos & Material
EIN LANGER WEG von Harald Gantzberg
Marvel war schon immer etwas mutiger als die anderen US-Comic-Verlage. Trotz – und besonders wegen – der Comics Code Authority. Diese 1954 „freiwillig“ gegründete Kontrollinstanz sollte verhindern, dass nach einer regelrechten Hexenjagd die Comics möglicherweise staatlich reglementiert werden. Also taten sich die Verleger zusammen, gründeten die CCA und beschnitten ihr kreatives Potenzial durch Selbstzensur. Ganz ähnlich wie in den 1930ern der sogenannte Hays Code in Hollywood, aufgrund dessen nur noch „moralisch einwandfreie“ Filme produziert werden durften. Wo aber die Kreativen des Films brillante Wege fanden, die Zensur zu unterlaufen (Ernst Lubitsch, um nur ein Beispiel zu nennen), wurden die Comics langweiliger. Das galt ganz besonders für die Superhelden, die danach ausschließlich familienfreundliche Abenteuer erlebten.
In den 1960er-Jahren begann Marvel als erster Mainstream-Verlag, sich den mächtigen Sittenwächtern zu widersetzen. Aber es dauerte dann doch noch bis 1979, ehe man es wagte, mit dem Kanadier Jean-Paul Beaubier alias Northstar einen homosexuellen Superhelden zu präsentieren. Allerdings nicht explizit. Es wurde nie ausgesprochen, dass er schwul war. Man begnügte sich mit Andeutungen. Und das lag nicht nur am prüden Comics Code. Für den Start der Serie Alpha Flight (1983) hatte Autor- und Zeichnerlegende John Byrne eigentlich vor, Northstars sexuelle Orientierung zu thematisieren. Doch dazu kam es nicht. Und so vergingen neun Jahre, bis Marvel so weit war, Beaubiers Coming-out zu veröffentlichen. Doch damit nicht genug. Alpha Flight 106, von Autor Scott Lobdell und Zeichner Mark Pacella, erschien nur wenige Monate nach dem AIDS-Tod von Freddie Mercury, dem Sänger der Band Queen. Für viele war damals HIV immer noch eine „Schwulenseuche“, mit der sich höchstens noch Drogenabhängige ansteckten. Lobdell und Pacella thematisierten in ihrer Story sehr eindringlich die Stigmatisierung und das Leid der Betroffenen und ihrer Angehörigen. Nicht gerade die übliche Kost im Superheldengenre – und genau deswegen so wichtig. Aber jetzt muss ich mich entschuldigen: Dieser Band feiert die Diversität, und was mache ich? Schreibe nur über einen einzigen Charakter – und dann auch noch einen Mann. Selbstverständlich wäre es Pflicht, hier auch über Mystique und ihre große Liebe Irene „Destiny“ Adler zu schreiben. Von Loki, der schon in den alten Sagen gerne auch das Geschlecht wechselte, will ich hier gar nicht anfangen.
Alle diese Figuren (und viele andere mehr) hätten es verdient, hier ausführlicher beleuchtet zu werden. Aber für die Leser*innen, die durch die Marvel-Filme und -Serien Lust auf mehr bekommen haben und sich deswegen erstmals einen Comic gekauft haben, war es mir ein Anliegen, hier einen kleinen Einblick in Marvels Anfänge mit queeren Inhalten zu geben. Denn ohne diese Anfänge – mögen sie auch noch so zaghaft gewesen sein – gäbe es diesen Band, der die Vielfalt in all seinen Erscheinungsformen feiert, so nicht. Und jetzt viel Spaß! Ich hab ja nun wirklich genug gequasselt …