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E-Book, Deutsch, Band 6, 640 Seiten

Reihe: Carl-Mørck-Reihe

Adler-Olsen Verheißung Der Grenzenlose

Der sechste Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q Thriller

E-Book, Deutsch, Band 6, 640 Seiten

Reihe: Carl-Mørck-Reihe

ISBN: 978-3-423-42697-8
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Der Nr. 1-Bestseller - jetzt im Taschenbuch! Eine Tote in einem Baum. Menschen auf der Suche nach Heilsversprechen in einer krisengeschüttelten, globalisierten Welt. Pseudoreligiöse Glaubensvereinigungen, verschwundene Frauen und ein ungeklärter Todesfall, dessen Spuren zu einem hochintelligenten, charismatischen Manipulator mit ehrgeizigen Zielen führen. Der sechste Fall für Carl Mørck und sein Team vom Sonderdezernat Q führt alle Beteiligten weit über ihre Grenzen – beruflich und privat.
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1
Dienstag, 29. April 2014 »Hey Carl, wach auf. Telefon. Das klingelt jetzt schon seit einer Ewigkeit.« Schläfrig hob Carl den Blick. Seit wann trug Assad denn gelbe Tarnkleidung? Heute früh war der Overall doch noch weiß gewesen und der Lockenkopf schwarz! Sollte sein Kollege tatsächlich begonnen haben, Farbe an die Wände zu schmieren? »Jetzt hast du mich mitten aus einem komplizierten Gedankengang gerissen.« Unwillig nahm Carl die Beine vom Schreibtisch. »Oh, entschuldige bitte!« Lachfältchen machten sich zwischen Assads Bartstoppeln breit. Warum zum Teufel versprühten seine Augen so viel Schalk? Spielte da vielleicht ein Hauch von Ironie mit? »Carl, ich weiß ja, dass es gestern Abend spät war bei dir«, fuhr Assad fort. »Aber wenn du das Telefon die ganze Zeit klingeln lässt, dreht uns Rose durch. Also: Nimm doch bitte das nächste Mal ab.« Durchs Kellerfenster fiel grelles Licht. Hm, ein wenig Zigarettenrauch könnte das dämpfen, dachte Carl und griff nach der Packung. Im selben Moment setzte das Telefonklingeln wieder ein. Assad deutete vielsagend auf den Apparat und verdrückte sich. Das artete wirklich langsam in Bevormundung aus. »Ja, Mørck«, knurrte er, den Hörer noch in der ausgestreckten Hand. »Hallo?«, das klang eher wie eine Frage am anderen Ende der Leitung. Lustlos hielt Carl sich den Hörer vor den Mund. »Mit wem spreche ich?« »Ist da Carl Mørck?« Die Stimme sprach mit dem singenden Akzent der Bornholmer. Nicht gerade ein dänischer Dialekt, von dem Carl weiche Knie bekam. Eher schlechtes Schwedisch voller grammatikalischer Missverständnisse. Zu nichts zu gebrauchen – außer vielleicht auf diesem winzigen Eiland. »Ja, hier ist Carl Mørck. Sagte ich das nicht gerade?« Am anderen Ende hörte er ein Seufzen. Klang das jetzt irgendwie erleichtert? »Du sprichst mit Christian Habersaat. Wir sind uns vor Ewigkeiten mal begegnet, aber daran erinnerst du dich bestimmt nicht.« Habersaat?, dachte er. Auf Bornholm? »Doch, äh, das war …« »Das war vor Jahren, auf der Wache in Nexø, ich hatte gerade Dienst, als du mit einem Vorgesetzten kamst, um einen Inhaftierten abzuholen und nach Kopenhagen zu bringen.« Carl zermarterte sich das Gehirn. An den Gefangenentransport erinnerte er sich gut, aber ein Kollege namens Habersaat? »Ach ja, damals …« Er griff nach den Zigaretten. »Entschuldige, dass ich dich störe. Hast du einen Moment Zeit? Ich habe von dem schwierigen Fall im Zirkus Bellahøj gelesen, den ihr gerade abgeschlossen habt. Kompliment. Aber: Ist das nicht frustrierend, wenn sich der Täter das Leben nimmt, ehe er vor Gericht gestellt wird?« Carl zuckte die Achseln. Rose hatte sich geärgert, aber ihm war es mit Verlaub scheißegal. Ein Arschloch weniger, um das man sich kümmern musste. »Der Fall ist ja wohl nicht der Grund deines Anrufs, oder?« Er steckte sich eine Zigarette an und legte den Kopf in den Nacken. Es war erst halb zwei, ein bisschen zu früh, um die Tagesration aufgebraucht zu haben. Vielleicht sollte er die Ration heraufsetzen. »Doch, also ja und nein. Ich rufe wegen des Zirkus-Falls an und wegen all der anderen, die ihr in den letzten Jahren aufgeklärt habt. Sehr beeindruckend. Ich bin, wie gesagt, bei der Bornholmer Polizei und sitze derzeit in Rønne. Aber morgen werde ich pensioniert, Gott sei Dank.« Sein Lachen klang angestrengt. »Die Zeiten haben sich geändert, und da ist es nicht mehr so spannend, ich zu sein. Na ja, so geht es uns wohl allen. Noch vor zehn Jahren, da wusste ich über alles, aber wirklich alles Bescheid, was auf der Insel, vor allem an der Ostküste, passierte. Tja, und deshalb rufe ich auch an.« Carl ließ den Kopf auf die Brust sinken. Falls der Mann die Absicht hatte, ihnen einen Fall zuzuschustern, dann musste dem sofort ein Riegel vorgeschoben werden. Er jedenfalls hatte keine Lust, für Nachforschungen auf eine Insel zu fahren, deren Spezialität Räucherfisch war und die näher an Polen, Schweden und Deutschland lag als an Dänemark. »Rufst du an, weil wir uns einen Fall ansehen sollen? Denn dann, fürchte ich, muss ich dich zu den Kollegen in einer der oberen Etagen durchstellen. Das Sonderdezernat Q hat zurzeit leider keine Kapazitäten.« Am anderen Ende war es still. Dann wurde aufgelegt. Verdutzt starrte Carl den Hörer an. Ließ sich der Typ so leicht abwimmeln? Dann hatte er es nicht besser verdient. Er wollte gerade kopfschüttelnd die Augen schließen, da klingelte es erneut. Carl holte tief Luft, bei manchen Menschen musste man deutlich werden. »Ja!«, brüllte er in den Hörer. Vielleicht legte der Idiot vor Schreck ja gleich wieder auf. »Carl … bist du das?« Mit der Stimme hatte er nun gar nicht gerechnet. Er runzelte die Stirn. »Mutter?«, fragte er vorsichtig. »Du hast mich ja richtig erschreckt. Bist du heiser, mein Junge?« Carl seufzte. Es war über dreißig Jahre her, dass er von zu Hause ausgezogen war. Seither hatte er sich mit Gewaltverbrechern befasst, mit Zuhältern, Brandstiftern, Mördern und nicht zuletzt jeder Menge Leichen in allen erdenklichen Stadien der Auflösung. Er war angeschossen worden. Sein Kiefer, sein Handgelenk, sein Privatleben und die ehrenwerten Ambitionen des jütländischen Provinzeis, das er gewesen war, hatten erheblich gelitten. Dreißig Jahre war es her, seit er zum letzten Mal Ackerkrume von den Holzschuhen gekratzt und sich geschworen hatte, fortan über sein Leben selbst zu entscheiden und Eltern Eltern sein zu lassen. Wie konnte es da sein, dass er sich nach einem einzigen mütterlichen Satz sofort wieder wie ein kleiner Junge fühlte? Carl rieb sich die Augen und setzte sich etwas gerader hin. Das hier drohte ein langer Tag zu werden. »Nein, Mutter, mir geht’s gut. Wir haben nur die Handwerker hier, da versteht man sein eigenes Wort nicht.« »Ich rufe aus einem traurigen Grund an.« Carl presste die Lippen zusammen und versuchte, ihren Tonfall zu ergründen. Würde sie ihm in der nächsten Sekunde erzählen, dass sein Vater gestorben war? Wo er, Carl, die beiden schon seit über einem Jahr nicht mehr besucht hatte? »Ist Vater tot?« »Gott bewahre, nein!« Sie lachte. »Der sitzt neben mir und trinkt Kaffee. Er war gerade noch im Stall bei den Ferkeln. Nein, dein Cousin Ronny ist gestorben.« »Ronny? Tot? Wie denn das?« »Drüben in Thailand. Während er massiert wurde. Sind das nicht schreckliche Nachrichten an einem so schönen Frühlingstag?« In Thailand, während einer Massage. Ja, damit musste man rechnen. Carl kramte in seinem Gehirn nach einer einigermaßen passenden Antwort. Dass die ganz automatisch kam, überraschte ihn selbst am meisten. »Doch, ja, schrecklich.« Mit aller Macht schob er den sich aufdrängenden Anblick des unansehnlichen, feisten Körpers von sich. »Sammy fliegt morgen rüber, um ihn und seine Sachen zu holen. Man sollte doch lieber alles einsammeln, ehe es in alle Winde verstreut wird«, sagte sie. »Sammy ist immer so praktisch.« Carl nickte. Wenn sich Ronnys Bruder der Angelegenheit annahm, würde das ein typisch jütländisches Vorsortieren werden: den ganzen Mist auf einen Haufen und alles andere in den Koffer. Er sah Ronnys Ehefrau vor sich. An und für sich eine brave kleine Thailänderin, die Besseres verdient hatte. Aber wenn Ronnys Bruder erst mal da gewesen war, würde ihr nicht viel mehr bleiben als ein paar ausgeleierte Unterhosen. »Mutter, Ronny war verheiratet. Ich glaube nicht, dass Sammy damit rechnen kann, Ronnys Kram so ohne Weiteres einzukassieren.« »Ach, du kennst doch Sammy.« Sie lachte. »Er bleibt im Übrigen zehn bis zwölf Tage dort. Wenn man schon so weit reist, sagt er, kann man sich doch gleich ein bisschen die Sonne auf den Pelz brennen lassen. Wo er recht hat, hat er recht. Ein pfiffiger Kerl, unser Sammy.« Carl nickte. Der einzig signifikante Unterschied zwischen Ronny und seinem kleinen Bruder waren ein Vokal und drei Konsonanten. Wohl niemand würde auf die Idee kommen, die Verwandtschaft zu bezweifeln, denn die beiden glichen sich wie zwei Tropfen Rotz. Und wenn je einem Filmproduzenten ein großmäuliger, selbstbezogener und komplett unzuverlässiger Dandy mit buntem Hemd fehlen würde, wäre Sammy die Idealbesetzung. »Die Bestattung findet am 10. Mai hier in Brønderslev statt. Das ist ein Samstag. Wir freuen uns schon sehr, dich mal wieder zu sehen, mein Junge«, fuhr seine Mutter fort. Und während sie ihm dann wie immer ausführlich vom Familienleben auf dem Lande berichtete, von der Schweinezucht, von Vaters knirschender Hüfte, von der Unfähigkeit der Politiker und anderen deprimierenden Themen, wanderten Carls Gedanken zu Ronnys letzter Mail. Diese Mail war ganz entschieden als Drohung gemeint gewesen, was Carl über das normale Maß hinaus beunruhigt hatte. Wollte Ronny ihn mit dem Quatsch erpressen? War sein Cousin nicht genau der Typ für so was? Und fehlte ihm nicht immerzu Geld? Musste er sich jetzt aufs Neue mit Ronnys lächerlicher Behauptung befassen? Natürlich war das alles kompletter Nonsens, aber wenn man im Land des Hans Christian Andersen lebte, wusste man, wie schnell aus einer kleinen Feder fünf Hühner werden konnten. Und fünf Hühner waren in einer Position wie der seinen und mit einem Chef wie Lars Bjørn das Letzte, was Carl brauchte. Was hatte dieser Versager von einem Cousin im Sinn gehabt? Immer wieder hatte der Idiot in unterschiedlichsten Zusammenhängen hinausposaunt, er, Ronny, habe seinen Vater bei einem Angelausflug umgebracht. Das allein war schon bekloppt genug....


Adler-Olsen, Jussi
Jussi Adler-Olsen veröffentlicht seit 1997 Romane, seit 2007 die erfolgreiche Serie um Carl Mørck vom Sonderdezernat Q. Er ist einer der erfolgreichsten Bestsellerautoren weltweit. Seine vielfach preisgekrönten Bücher erscheinen in über 40 Ländern und werden mehrfach verfilmt.

Thiess, Hannes
Hannes Thiess studierte in Frankfurt am Main, Edinburgh und Kiel Altnordistik, Germanistik und Politikwissenschaft. Seit 1996 übersetzt er für eine Reihe deutschsprachiger Verlage aus dem Schwedischen, Dänischen und Norwegischen Belletristik, Sachbücher sowie Kinder- und Jugendliteratur. Im dtv sind in seiner Übersetzung die Bücher von Jussi Adler-Olsen erschienen. Hannes Thiess lebt in Kiel.

Jussi Adler-Olsen wurde am 2. August 1950 in Kopenhagen geboren. Er studierte Medizin, Soziologie, Politische Geschichte und Film. Bevor er 1995 mit dem Schreiben begann, arbeitete er in verschiedensten Berufen: als Redakteur für Magazine und Comics, als Koordinator der dänischen Friedensbewegung, war Verlagschef im Bonnier-Wochenblatt TV Guiden und Aufsichtsratsvorsitzender bei verschiedenen Energiekonzernen. Sein Hobby: das Renovieren alter Häuser.
Mit seiner Thriller-Serie um Carl Mørck und seinen Romanen ›Das Alphabethaus‹, ›Das Washington-Dekret‹ und ›Takeover‹ stürmt er die internationalen Bestsellerlisten. Seine vielfach preisgekrönten Bücher erscheinen in 42 Ländern.


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