Baumgartner | Gelber Schatten | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 202 Seiten

Baumgartner Gelber Schatten

Kriminalkommissär Philippe Baumann i.R.
2. Auflage 2025
ISBN: 978-3-8197-7948-0
Verlag: epubli
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Kriminalkommissär Philippe Baumann i.R.

E-Book, Deutsch, 202 Seiten

ISBN: 978-3-8197-7948-0
Verlag: epubli
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Philippe startete die Kaffeemaschine und drückte nach der Aufwärmphase auf das entsprechende Symbol für einen Kaffee Crème. Der wohlriechende Duft, der ihm in die Nase stieg, entschädigte ihn für vieles, nicht aber für den sibyllinischen Satz von Sergej: Das Bild ist geimpft! Was meinte Sergej wohl damit? Philippe hatte keine Ahnung und er wollte sich das Ganze in aller Ruhe durch den Kopf gehen lassen. Er setzte sich dazu in den Sessel in seinem Büro und fing an zu grübeln; dabei musste er wohl wieder eingeschlafen sein. Auf wundersame Art und Weise kam ihm Louis in den Sinn, den er von früher her kannte, und der ihm schon das eine oder andere Mal mit Rat und Tat zur Seite gestanden war. Louis war ein Mann aus dem «Untergrund». Nein, keine Ratte, aber er lebte auf der anderen Seite der «normalen» Gesellschaft. Er wusste mehr über alles und alle zu berichten, als irgendjemand anderer. Er war eine wandelnde 'Säule', ähnlich einer 'Litfasssäule'. Louis war auf seine Art und Weise unbezahlbar! Mit Nachnamen hiess Louis Canal; viele nannten ihn allerdings nur «Louis die Kanaille» oder den «Schurken» von Toulon. In seinem Traum erklärte Louis nun Philippe, was Sergej mit seinem Spruch: Das Bild ist geimpft! gemeint hatte, und das Ganze hatte es in sich ...

PETER BAUMGARTNER, geboren 1958, ist Jurist und pensionierter Polizist. Er wohnt in der Nähe von Bern in der Schweiz. Während rund 30 Jahren arbeitete er für die Kantonspolizei Bern und dies in unterschiedlichen Funktionen. Mit 60 Jahren liess er sich vorzeitig pensionieren, um sich fortan dem Schreiben zuwenden zu können. Die Erinnerungen an seine berufliche Tätigkeit holen ihn zuweilen in verschiedenster Form wieder ein.
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8

Claude war Fischer, und Philippe kannte ihn von früher her. Jedes Mal, wenn Philippe mit seinem Hund spazieren ging, begegnete er ihm. Der Spaziergang führte Philippe zumeist an den nahen gelegenen See. Claude sass auf der Veranda seines bescheidenen Holzchalets und er schaute ins Wasser. Schon früh am Morgen war er mit seinem Boot auf dem See gewesen und hatte seine Angeln ausgelegt. Heute war der Fang erbärmlich; davon konnte man nicht leben. An anderen Tagen ging doch der eine oder andere Hecht ins Netz, aber heute nichts.

«Salut Claude, wie geht es dir?» So die einladende Frage von Philippe. «Oh, so lala. Einmal besser, einmal schlechter. Wie das Leben halt so spielt.» «Dürfen wir uns kurz zu dir setzen oder bist du anderweitig beschäftigt?» «Nimm Platz. Warte, ich mach uns einen Kaffee, und dann können wir uns ein wenig unterhalten.»

Claude erschien schon bald mit zwei Tassen Kaffee und er hatte auch Enrico nicht vergessen; er reichte ihm eine Schüssel voll mit Wasser. Das Thema war natürlich der Brand der Gaststätte, und Claude hatte so seine Vorstellungen. «Der Huber hat das Restaurant doch selber angezündet oder es anzünden lassen.» So sein Kommentar. «Und wie kommst du darauf?»

Claude war wie Philippe pensionierter Polizist und beide kannten sich von früher her. Schon damals bewunderte Philippe den Scharfsinn von Claude, seine Menschenkenntnis und sein phänomenales Gedächtnis. Er war ein wandelndes Lexikon und er konnte jedes Vorkommnis richtig einordnen. So sei ihm vor Kurzem aufgefallen, dass sich Huber vermehrt mit diesem Fuchs getroffen habe und dem Fuchs traue er alles zu. Mit ihm habe er schon früher beruflich zu tun gehabt und er sei wirklich mit allen Wassern gewaschen. Damals betätigte er sich vor allem als Hehler, und alles was nicht niet- und nagelfest war, landete irgendwie bei ihm, und er machte es zu Geld. Er habe ein unscheinbares Geschäft in der Stadt Bern betrieben, wo vordergründig Gebrauchsgegenstände ausgeliehen wurden, wo es aber vor allem darum ging, Diebesgut weiterzureichen respektive zu verkaufen. Die Kasse klingelte zumeist nicht schlecht, und Fuchs machte mit den Dieben halbe-halbe. Es habe einiges gebraucht, um ihm auf die Schliche zu kommen, da eigentlich niemand ein Interesse gehabt habe, dem Treiben ein Ende zu setzen. Alle – mit Ausnahme der Bestohlenen – sahen in dem Tun nur ihren Vorteil, kamen sie doch äusserst günstig zur gewünschten Ware. Rückschlüsse auf die rechtmässigen Vorbesitzer oder Eigentümer seien praktisch nicht möglich gewesen, da Fuchs nur Ware angeboten habe, die solches nicht zuliess. Irgendwann einmal habe dann doch ein unzufriedener Kunde aus dem Nähkästchen geplaudert und daraufhin sei Fuchs das Ganze zu heiss geworden und er habe den Betrieb eingestellt. – Rechtsgenügend habe man ihm aber nie etwas nachweisen können.

Danach sei Fuchs in den Autohandel eingestiegen und auch dort habe er nur «beschissen». Nur sei er in diesem Metier weniger versiert gewesen, als im Bereich der Hehlerei, womit er dieses Unterfangen relativ schnell wieder eingestellt habe. – Die «Konkurrenz» aus den Balkanstaaten sei zu gross gewesen.

Auch im Bereich des «Rotlichts» habe er sein Glück versucht, jedoch seinen auch hier andere vifer als er gewesen, womit der das Feld räumen musste. Zuletzt sei er durch dubiose Kontakte und Machenschaften zu Politikern aufgefallen, die er auch nicht richtig einordnen könne.

«Und wie haben denn diese Kontakte ausgesehen?» Dies die interessierte Frage von Philippe. Es müsse irgendetwas mit «faulen» Papieren zu tun gehabt haben, aber Detailkenntnisse kenne er nicht. Dies sei nach seiner Zeit bei der Polizei gewesen. «Und du weisst ja, wenn man einmal weg vom ‘Fenster’ ist, so hat man zumeist weder Informationen noch Freunde, die einem weiterhelfen würden.» Philippe konnte nur zustimmend nicken.

Beide gönnten sich einen zweiten Kaffee, bevor Philippe sich von Claude verabschiedete und seinen Spaziergang mit Enrico fortsetzte. Sie schlenderten um den See und sie sahen dem Treiben der Wasservögel zu. Schnepfen, Taucher und Enten suchten nach Fressbarem, und der eine oder andere Flusskrebs musste dran glauben. Auch die Biberfamilie war wiederum fleissig am Werk gewesen, und zahlreiche Bäume und Strunke wurden von ihr zu Kleinholz gemacht. Aus Distanz erkannte Philippe einen Fischreiher und dieser war ihm suspekt; hatte doch ein solcher vor kurzem seinen Fischteich heimgesucht und die hübschen Goldfische gefressen! – Fischreiher waren deshalb für Philippe von Grund auf verdächtig, und er wollte sie im Auge behalten.

Claude selber wandte sich seiner Dauerbeschäftigung zu und er blickte weiterhin aufs Wasser. Wahrscheinlich könnte er mit der Zeit als «Wetterfrosch» dienen, so genau waren seine Wettervorhersagen. Jede Bewegung des Wassers war für ihn ein Zeichen, in welche Richtung sich das Barometer verändern würde und wie die Prognosen für die nächsten Tage stünden. Wetterdienste würden ihn um seine Fähigkeiten beneiden und ihm gutes Geld für die Vorhersagen anbieten, so genau wie diese waren. – Claude hatte sich in den letzten Jahren nie getäuscht.

Heute standen die Prognosen auf «veränderliches» Wetter, was hiess, dass mit Regen zu rechnen war. Er erkannte dies am leichten Wellenschlag und dem sanften Aufschäumen des Wassers am Seeufer und zwar in Richtung Nordwesten. Claude konnte auch voraussagen, wie lange das unbeständige Wetter andauern würde und wie es sich weiterentwickelte. All dies konnte er der Wasseroberfläche, der Bewegung im Wasser selber und dem dazugehörigen Wind entnehmen. – Jeder Meteorologe wäre wahrscheinlich neidisch geworden.

Aber nicht nur der See sagte ihm, wie sich die Welt veränderte, sondern auch die Tierwelt. Er hörte den Tieren zu und er verstand ihre Sprache. Jeder Vogel und jedes andere Lebewesen rund um den See – mit Ausnahme der Menschen – taten ihm dies kund, und er wusste die Zeichen zu deuten. Er erkannte an der Stimmlage der Vögel, wie es um sie stand und wie ihr Wohlbefinden war. – Der liebliche Klang der Amsel verriet ihm dies. Jeden Morgen beglückte sie ihn mit ihrem Gesang und signalisierte ihm zugleich wie es um das Wetter bestellt war. War die Stimme tiefer als sonst, so waren die Temperaturen wärmer als üblich, und erklang ihre Melodie früher als normal, so sollte es ebenfalls ein warmer, wenn nicht gar heisser Tag werden. Claude hörte seiner «Freundin» Tag für Tag aufmerksam zu und er schrieb diese Veränderungen dem Wandel des Klimas zu. Zu häufig waren die Unterschiede für ihn im Vergleich zu früher und zu auffällig veränderte sich der Gesang seines Lieblingsvogels.

Aber auch andere Tiere rund um den See zeigten ein auffälliges Verhalten. So waren beispielsweise im Verlauf der letzten Jahre deutlich mehr Fischreiher auszumachen als auch schon, und selbst Störche, welche man früher kaum zu sehen bekam, wurden Stammgäste an «seinem» See.

Dies alles brachte Claude mit dem Klimawandel in Zusammenhang. Für ihn war klar, dass sich die Welt veränderte, und er erkannte dies an seiner Umgebung. Was ihn hingegen besonders erstaunte und gleichzeitig beunruhigte, war die Geschwindigkeit, mit der das Ganze vor sich ging. Von Jahr zu Jahr erhöhten sich die Temperaturen und dies war nicht nur ein Gefühl von Claude, sondern eine Tatsache: Die durchschnittliche Wassertemperatur des Sees stieg jährlich um ein halbes Grad Celsius und dies nun schon seit bald 5 Jahren. Solange lebte Claude bereits auf dem Campingplatz und ebenso lang fühlte er die Temperatur des Wassers.

9

Endlich erwachte Philippe aus seinem Tiefschlaf und er fühlte sich wie gerädert. So schlecht hatte er schon lange nicht mehr geschlafen, und die Realität holte ihn sogleich wieder ein. Was hatte Fred gesagt? An der UNI St. Gallen gehe es nicht mit rechten Dingen zu und her? Dieser Frage wollte Philippe nachgehen und noch vor dem Frühstück setzte er sich an seinen Laptop und stiess auf einen Artikel in der NZZ von Samuel Tanner vom 2.2.2023 unter dem Titel: An der HSG werden Professoren freigestellt. Die Olma ist in Gefahr. Der Stiftsbezirk könnte seine Mumie verlieren. Und sogar die Bratwurst verlässt die Stadt.

Was Philippe dort zu lesen bekam, sprengte alles, was er sich vorstellen konnte. Philippe selber hatte schliesslich auch einmal, wenn auch nur für eine relativ kurze Zeit, in dieser Stadt gelebt. Und jetzt dies! – Die Welt ist aus den Fugen, und dies kann kein Mörtel zusammenhalten, ging Philippe erneut durch den Kopf. St. Gallen war für ihn der Inbegriff von Tradition und Beständigkeit. Aber dem war offensichtlich nicht mehr so. Missgunst und Schlaumeierei scheinen sich gepaart zu haben, und die «Weltstadt» von einst wurde abgelöst. St. Gallen galt als die «Textilstadt» schlechthin, und ihre Bratwurst – genossen ohne Senf – war weltbekannt. Und heute? Eine Stadt, die sich neu erfinden muss, so die Einschätzung von Philippe. Philippe war ernüchtert und er begab sich mit einem Kaffee in der Hand in den Garten und setzte sich auf seine Hollywoodschaukel. Doch schon bald war er mit seinen Gedanken wieder ganz wo anders und es packte ihn das Fernweh.

Er wollte wieder einmal eine Reise tun und er tat Deborah dies auch so kund. Diese war nicht sonderlich erstaunt, kannte sie ihren Mann doch gut und wusste auch, dass er ab und zu solche Anwandlungen hatte. «Und wohin möchtest du denn gerne gehen?», so die einladende Frage von Deborah. «Ach, ich würde einfach gerne wieder einmal eine Reise durch Frankreich machen...



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