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E-Book

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

Benecken Inside Knast

Leben hinter Gittern – der knallharte Alltag in deutschen Gefängnissen

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

ISBN: 978-3-7453-1361-1
Verlag: riva
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Der große Gefängnis-Report

Wie lebt es sich im Knast und wie überlebt man ihn.

Hohe Betonmauern, massive Stahltüren, kleine enge Zellen. Dieses Bild hat man vor Augen, wenn man an Gefängnisse denkt. Aber wie sieht die Realität der fast 67 000 Inhaftierten wirklich aus? Wie lebt es sich auf acht Quadratmeter ohne Küche, Bad, Internet und Handy? Wie viel Gewalt herrscht unter den Häftlingen? Wer hat das sagen, wie kauft man im Knast ein, was kostet eine Rolle Toilettenpapier?

Burkhard Benecken, Deutschlands bekanntester Strafverteidiger, kennt so gut wie jede deutsche Haftanstalt von innen. In Inside Knast lässt er seine inhaftierten Mandanten zu Wort kommen: von der jungen Frau, die im Frauentrakt schwanger wird, über den Mehrfachmörder, der durch die Kontaktbörse Jailmail erfolgreich Frauen kennenlernt, bis hin zu dem Wärter, der im Gefängnis selbst kriminell wird. Dieser ungeschönte Insiderreport gewährt uns einen exklusiven Einblick in das System Knast und lässt uns hautnah am deutschen Gefängnisalltag teilhaben.

Erhellend. Schockierend. Bewegend.
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VORWORT
REIN IN DEN KNAST
Der Herbsttag beginnt mit einer Haftsache. Ich bin unterwegs, um einen Mandanten im Gefängnis zu besuchen. Dieses Mal geht es zu Christian nach Hamburg-Fuhlsbüttel. Jenem Mann, den sie den »Internetkiller« nennen. Ein weitläufiger, klotziger Bau ragt vor mir auf. Im Volksmund hat der skandalträchtige Knast seinen Namen längst weg. »Santa Fu« heißt er bei den Einheimischen, so als handelte es sich um einen Wildwest-Amüsierschuppen. Das Gegenteil ist der Fall. Hier sitzen vor allem die Schwerkaliber aus dem Verbrechermilieu ein. Ein Summer öffnet gleich mehrfach Türen, dann erst schwingt die Gefängnispforte auf, öffnet und schließt sich hinter dem Besucher wieder. Beinahe mechanisch steckt der Vollzugsbeamte seine Schlüssel in die Türschlösser. Stetig dringt der Wärter weiter vor und lotst mich in eine Welt, die eine beklemmende Düsternis ausstrahlt: trister Linoleumboden, Stahltüren, Gitter, miese Aussicht, Kantinenfraß, Gewalt, Drogen, der Kampf ums Überleben – geistig wie physisch. Santa Fu steht für die vorläufige Endstation von 800 Häftlingen. Ein Schicksal, das sie mit den gut 67 000 Insassen in den Gefängnissen der Republik teilen. Willkommen im deutschen Knastland, willkommen in einem ganz eigenen Orbit, in dem andere Gesetze herrschen und eine andere Sprache gesprochen wird als da draußen in der wohlbehüteten bürgerlichen Gesellschaft – wo kaum einer weiß, was es heißt, »Qualm«, nämlich ein hartes Urteil, zu bekommen, oder dass die Glaskanzel, in der die JVA-Bediensteten sitzen, »Aquarium« genannt wird, und der Anstaltskaffee »Spüli« heißt. Lange Zeit habe ich mir über die Verhältnisse hinter Gittern Gedanken gemacht. Wer wüsste besser darüber Bescheid als ein Strafverteidiger? Ich habe sie alle vertreten, die Mörder, Totschläger, Vergewaltiger, Kinderschänder, Clan-Größen, Menschenhändler, Prostituierten, Betrüger bis hin zu Drogendealern. Ich habe sie alle, während sie zwischen Stuttgart-Stammheim, Butzbach, Castrop-Rauxel und Berlin-Moabit hinter Gittern saßen, in den deutschen Haftanstalten besucht. Dieses Buch habe ich geschrieben, weil viele ihre Vorstellungen vom bundesdeutschen Knastleben offenbar aus Hollywood-Filmen beziehen und statt echten Kenntnissen vor allem Klischees vorherrschen. Was wirklich täglich hinter Gittern geschieht, scheint vielen Leuten unbekannt zu sein. Eine fremde Welt, ein abgeschottetes Universum. Die Gefängnismauern halten viele Blicke fern. Problemlagen bleiben schlicht hinter den Gittern verborgen, da die Justiz nur wenig davon preisgibt – es sei denn, ein Skandal offenbarte die Schwachstellen, wie etwa bei dem Foltermord im Jugendknast in Siegburg, als drei Häftlinge ihren Zellengenossen 2006 stundenlang zu Tode marterten. Die Nachforschungen förderten ein erhebliches Versagen der Anstaltsleitung zutage. Auch stellte sich heraus, dass die JVA Siegburg, ein Bau aus dem 19. Jahrhundert, nicht für die besonderen Lebenslagen jugendlicher Gefangener taugte. In Wuppertal-Ronsdorf ist inzwischen eine neue Jugendhaftanstalt entstanden, die von 2011 an die Gefangenen aus Siegburg übernahm. Nur selten erfährt die Öffentlichkeit, was sich tatsächlich in den Zellentrakten abspielt. Berichtet wird meist über spektakuläre Geiselnahmen, Meutereien, Razzien, Verfehlungen durch Wärter und Wärterinnen oder aber Selbstmorde. Vom alltäglichen Leben in der Justizvollzugsanstalt (JVA) zwischen dem Weckruf um sechs Uhr morgens und dem Einschluss nach dem Abendessen bekommt kaum ein Außenstehender Details mit – und in den meisten Fällen endet das Interesse der Öffentlichkeit auch nach der Verurteilung des Straffälligen an den Gefängnistoren. In diesem Buch erzählen Mandanten, mit denen ich tagtäglich zu tun habe, von ihrem Alltag im Knast: Wie gehen die Inhaftierten damit um, täglich nur eine Stunde Freigang zu haben? Und wie vertreiben sie sich den restlichen Tag über die Zeit? Warum spielen Drogen, Gewalt und die stete Angst zu überleben, so eine große Rolle? Was ist, wenn man krank wird? Wie sehen die hygienischen Verhältnisse aus? Wie kommt man mit HIV-Infizierten aus? Gibt es im Knast tatsächlich Ratten? Wie funktioniert das Einkaufssystem für die Knackis und wie kommt man zu neuem Toilettenpapier? Wer darf zu Besuch kommen und wann ist Besuch erlaubt? Was hat es mit den sogenannten »Liebeszellen« auf sich? Welche Sicherheitsvorschriften bestehen für Fernseher? Und wie gehen Anwälte vor, wenn sie mit ihren Mandanten den anstehenden Prozess besprechen wollen? Die meisten Klienten – und so auch den sogenannten »Internetkiller«, zu dem ich heute unterwegs bin – habe ich erst hinter Gittern kennengelernt. In einer ganz besonderen Ausnahmesituation. Oft wie aus dem Nichts der Freiheit beraubt, sitzen viele von ihnen zum ersten Mal in Untersuchungshaft. Noch ist kein Urteil ergangen, noch besteht die Unschuldsvermutung, allerdings hat ein dringender Tatverdacht nebst Haftgründen wie Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr die Delinquenten ins Untersuchungsgefängnis geführt. Die Unterschiede der Untersuchungshaft zur späteren Strafhaft fallen marginal aus: Zunächst darf man während der U-Haft seine Alltagskleidung tragen und das Limit für Einkäufe liegt bei 210 Euro anstatt wie später in der Strafhaft bei 40 Euro pro Monat. Zudem gibt es Unterschiede bei den Besuchsregelungen, insbesondere der Anzahl und Dauer. Ansonsten gleicht sich der Horror der Gefangenschaft. Rausgerissen aus ihrem normalen Leben, agieren manche Untersuchungshäftlinge panisch, beinahe orientierungslos: »Es ist, als würdest du von einem sicheren Felsen plötzlich abgleiten und in 30 Meter Tiefe stürzen, hinein ins Ungewisse, und nichts anderes nimmst du mit als die Furcht vor der Zukunft.« So hat es einer meiner Mandanten einmal beschrieben. Der Satz geht mir nicht aus dem Kopf. Er sagt alles aus, auch wenn er wahrlich nicht für alle Häftlinge gelten kann. Dafür ist die Melange, aus der die Haftgemeinde besteht, zu vielschichtig. Hartgesottene Gewalttäter, die auf eine lange Verbrecherkarriere zurückblicken, lassen sich nach der erneuten Inhaftnahme nicht mehr durch die trübe Gefängnisatmosphäre beeindrucken. Die wissen, was auf sie zukommt. Für die Knastneulinge aber ist man als Verteidiger der Vertraute, der Libero, der letzte Rettungsanker vor dem Schiffbruch. Nur mit mir darf der Delinquent unbeobachtet über den Fall reden, über das Tatgeschehen und seine Sicht der Dinge. Er kann sich mir anvertrauen und alle Eventualitäten mit mir durchgehen, ohne eine Überwachung fürchten zu müssen. Der Mandant weiß, dass ich der Schweigepflicht unterliege, zugleich wird ihm klar, dass es nur einen gibt, der ihm helfen kann: sein Verteidiger. Andere Besucher werden bei den Treffen mit dem Beschuldigten durch Vollzugsbeamte überwacht. Gespräche über die Ermittlungen, die Tatvorwürfe sind dann tabu. Bei meinen Mandanten lassen sich immer wieder zwei Extremtypen ausmachen: Da ist derjenige, der mit der Haftsituation überhaupt nicht umgehen kann. Unter Tränen klagt er dann: »Ich komme hier nicht klar, ich bringe mich um, ich halte das hier keine zehn Tage aus.« Vor allem bei Drogensüchtigen stellen sich bald Entzugserscheinungen ein. Wahnvorstellungen brechen sich Bahn. In einem Fall glaubte einer meiner Schützlinge, man wollte ihn in der Viermannzelle vergiften. Es dauerte einige Zeit, ihm diese fixe Idee auszureden. Weitaus seltener tritt mir jedoch das totale Gegenstück entgegen: Cool, abgeklärt geht der Mandant mit seiner schwierigen Lage um, manche genießen sogar den Ausnahmezustand, eingesperrt zu sein. Ein Saunaclubbetreiber erzählte mir glatt: »Herr Anwalt, die bisherigen 14 Tage in U-Haft sind meine schönste Zeit seit Langem gewesen. Ich kann hier täglich in der Muckibude trainieren, ich lese viel, bin echt tiefenentspannt. Die vergangenen zehn Jahre habe ich mich nur um meine drei Clubs gekümmert, da war kein Platz für andere Dinge. Und nun komme ich auch einmal zu mir selbst.« So kann man es auch sehen. Allerdings sind solche Klienten eher rar gesät. Psychologisches Geschick spielt bei den ersten Zusammenkünften mit meinem inhaftierten Mandanten eine weitaus wichtigere Rolle als den Fall detailliert zu besprechen. Ich bin dann so eine Art Mutmacher. Einer, der seinem Gegenüber nicht die ganze Zeit Vorwürfe macht, der ihn nicht stundenlang mit grimmiger Miene verhört oder wie so mancher Staatsanwalt nebst Kripobeamten eine Drohkulisse aufbaut. Vielmehr geht es darum, eine Perspektive aufzuzeigen, eine Art Hoffnungsschimmer – und wäre der noch so klein. Ein lockeres Gespräch hilft mitunter weit mehr als enervierendes Durchkauen der Fakten. Natürlich will der Klient die Kardinalfrage beantwortet wissen: »Was kommt als Strafe heraus? Muss ich dauerhaft ins Gefängnis?« Er will wissen, welche Chancen...


Burkhard Benecken arbeitet seit 17 Jahren als Strafverteidiger in der Kanzlei Benecken & Partner in Marl, einer der renommiertesten Strafrechtskanzleien der Bundesrepublik. Gemeinsam mit 13 Kollegen vertritt er jährlich mehr als 5000 neue Mandanten. Bundesweit bekannt wurde er aufgrund der Prominenten aus Film und Fernsehen, die er vor Gericht vertreten hat.


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