Buch, Deutsch, 621 Seiten, Format (B × H): 148 mm x 210 mm, Gewicht: 891 g
Reihe: Forschung psychosozial
Eine ethnografisch-diskursanalytische Untersuchung am Beispiel von Drogenabhängigen ohne deutschen Pass
Buch, Deutsch, 621 Seiten, Format (B × H): 148 mm x 210 mm, Gewicht: 891 g
Reihe: Forschung psychosozial
ISBN: 978-3-8379-2348-3
Verlag: Psychosozial-Verlag
Drogenabhängige ohne deutschen Pass sind auch dann, wenn sie in Deutschland aufgewachsen sind, von aufenthaltsrechtlichen Problemen betroffen und gehören deshalb zu den verletzlichsten Bevölkerungsgruppen. Gleichwohl bleiben sie aus dem psychosozialen Fachdiskurs weitgehend ausgeblendet.
Hier setzt die vorliegende Untersuchung an, die ethnografische und diskursanalytische Zugänge kombiniert. Grundlage der Studie ist die teilnehmende Beobachtung der psychosozialen Praxis einer Langzeittherapieeinrichtung für drogenabhängige »Migranten«. Die komplexen rechtlichen und gesellschaftlichen Ausschlüsse, die Räume der »Verworfenheit« bilden, werden ebenso analysiert wie die Selbstkonstruktionen der Betroffenen, die sich in diesen diskursiven Räumen bewegen (müssen).
Weitere Infos & Material
Inhalt
Dank
Geleitwort
Einleitung: »Die sind schon fast alle tot oder abgeschoben«
1. »Drogenabha¨ngigkeit« bei »Migrant_innen«: Problematisierungsweisen
1.1 Die deutschsprachige Fachdiskussion: Von der Nichtthematisierung zur Interkulturalita¨t
1.2 Empirische Untersuchungen – internationaler Forschungsstand
1.3 Essenzialisierung und Kulturalisierung: Kritik am Interkulturalita¨tsansatz
1.4 Diskurse und lokale Praktiken: Alternative Zuga¨nge
2. Diskurs – (Bio-)Macht – Subjekt: Theoretische und
methodische Zuga¨nge
2.1 Theoretische Zuga¨nge: Die diskursanalytische Forschungsperspektive
2.1.1 Diskurs, Macht, Subjekt(ivierung)
2.1.2 Reflektierte Subjektivita¨t: Forschen als »weiße Deutsche«
2.1.3 Foucaults Analytik der (Bio-)Macht und das Recht
2.2 Methodenkombination: Ethnografie und Diskursanalyse
2.2.1 Die Institution Hayat: Teilnehmende Beobachtung und Interviews
2.2.1.1 Teilnehmende Beobachtung
2.2.1.2 Experteninterviews
2.2.1.3 Selbstkonstruktionen: Narrativ-biografische Interviews
2.2.2 Gesetzliche Regulierungen: Diskursanalysen
2.2.2.1 Logik der Regulation: Gesetzestexte und ihre Kommentare gegen den Strich lesen
2.2.2.2 Genealogie: Bio-Macht als Raster historischer Entzifferung
2.2.3 Zur Verknu¨pfung von Ethnografie und Diskursanalyse: Analytische Ebenen zur Untersuchung
»diskursiver Praktiken« 119
Teil I
»Wir sind hier nur geduldet«: Suchttherapie fu¨r »Migranten«
3. Hayat – Eine »interkulturell-sozialtherapeutische Wohngemeinschaft«
3.1 Zur Konstituierung des Forschungsfeldes
3.2 Gru¨ndungsgeschichte: »Ein gerechtes Angebot fu¨r drogenabha¨ngige Immigranten«
3.2.1 Anfa¨nge: Ein Selbsthilfeprojekt fu¨r drogenabha¨ngige Immigranten aus der Tu¨rkei
3.2.2 Professionalisierung: Von der Therapeutischen Gemeinschaft zur Sozialtherapieeinrichtung
3.3 Alltagsreglementierungen: Von der Aufnahme bis zur Entlassung
3.3.1 Die Aufnahme
3.3.2 Die Probezeit
3.3.3 Der Tag und die Woche
3.3.4 Die Stufen
3.3.5 Die Regeln
3.3.6 Die Sitzungen
3.3.7 Die Entlassung
3.4 Nur geduldet: Die Institution und ihre Adressaten
3.4.1 Die Adressaten: Statistische Daten – und ihre Hintergru¨nde
3.4.2 Die Institution: Nur geduldet?
3.5 »Interkulturalita¨t« – aber bitte ohne Geduldete?
4. Im Spannungsfeld suchttherapeutischer Ziele und ausla¨nderrechtlicher Regulationen
4.1 Strukturelemente der psychosozialen Arbeit mit drogenabha¨ngigen »Migranten«
4.2 Therapiemachen mit Ausweisung: Eine besondere Herausforderung
4.2.1 Die Ausweisung als Hu¨rde fu¨r einen erfolgreichen Therapieverlauf
4.2.2 »Nicht-Wahrhaben-Wollen« der Ausweisung
4.2.3 »Vo¨lliges Beherrschtsein« von der Ausweisung
4.2.4 Die drohende Abschiebung als zusa¨tzlich motivierendes Druckmittel?
4.3 Arbeiten im Spannungsfeld
4.3.1 »Ich kann nicht immer Mutter Teresa sein«: Artikulationen »objektiver U¨berforderung«
4.3.2 »Ich wu¨nsche mir eine Suchthilfe, die zwischen Deutschen und Migranten gar nicht unterscheidet«: Vera¨nderung der Rahmenbedingungen statt hilfloser Einzelfallarbeit
4.3.3 »Die Abschiebung [ist] ja nicht einfach so aus dem Boden gekommen«: Verarbeitungsstrategien
4.4 »Diese netten, lieben Deutschen«: Forschen im Spannungsfeld
4.4.1 Produktive Irritationen: Strukturreduktionismus und das Drama der Emigration
4.4.2 Zur diskursiven Positioniertheit als weiße, deutsche Psychologin und Forscherin
4.5 Zusammenfassung
5. Narrativ-biografische Selbstkonstruktionen
5.1 Erol: Eine Tasche, die zur Verdammnis wird
5.1.1 Zusammenfassung der Narration entlang der Hauptsequenzen
5.1.1.1 Ero¨ffnungssequenz: Der abgeschobene und verstorbene Vater
5.1.1.2 Kindheit, Schule, familia¨re Situation: Es gab immer ordentlich Schwierigkeiten
5.1.1.3 Erster Cannabiskonsum, Probieren von Heroin und der erste Gefa¨ngnisaufenthalt
5.1.1.4 Crack-Abha¨ngigkeit: Eine Tasche, die zur »Verdammnis« wird
5.1.2 Selbstreflexion: Diskursivierungen der weißen Subjektposition
5.1.2.1 Eingangssequenz: Positioniertheit als weiße Deutsche
5.1.2.2 »Tu¨rkische Herkunft«: Fragen – und Antworten
5.1.3 Analyse und Interpretation der Kernnarration
5.1.3.1 Verlauf des Erza¨hlflusses
5.1.3.2 Inhaltlicher und formaler Aufbau der Narration
5.1.3.3 »Und auf einmal war da’n deutscher Mann«: Das Hamlet-Motiv
5.1.4 Selbstkonstruktionen
5.1.4.1 Substanzabha¨ngigkeit: Nicht Heroinjunkie, sondern »Kokser« sein
5.1.4.2 Ma¨nnlichkeitskonstruktionen: Sprechen u¨ber Familie, Va¨ter, Geld und Gewalt
5.1.4.3 Tu¨rkische Herkunft: Nicht so sein wie die anderen Klienten der Einrichtung
5.2 Algin: »Ich hab vieles zum Leiden gehabt«
5.2.1 Zusammenfassung der Narration entlang der Hauptsequenzen
5.2.1.1 Ero¨ffnungssequenz: »Vom Gefu¨hl her so fremd«
5.2.1.2 Kindheit, Schule, Freundschaft und die erste Liebesbeziehung
5.2.1.3 Der erste, unwissentliche Heroinkonsum aus Liebeskummer
5.2.1.4 Schwierige Frauenbeziehungen, die entta¨uschte Suche nach Bru¨derlichkeit und die Unklarheit der eigenen Zugeho¨rigkeit
5.2.2 Reflexion und Analyse diskursiver Positionierungen und Positioniertheiten
5.2.2.1 Anfangspassage: »Ich weiß nicht, was man daraus Folge ziehen kann«
5.2.2.2 Stockendes Erza¨hlen und Versuche, die Erza¨hlung in Gang zu bringen
5.2.2.3 Diskurspositionsabha¨ngige Selbstbezeichnung als »tu¨rkisch« bzw. »kurdisch« und die Schwierigkeit, Rassismuserfahrungen zu artikulieren
5.2.3 Rekonstruktion und Interpretation der Kernnarration
5.2.3.1 Erza¨hlfluss: Serielle Aufza¨hlung lebensgeschichtlicher Ereignisse und Elaboration bedeutsamer Themen
5.2.3.2 Die Kernnarration und ihr inhaltlicher und formaler Aufbau
5.2.3.3 Das Arabesk-Motiv: Fremdheit, Liebesschmerz, der Glaube an die »heile Welt« und das Gefallen-Haben am Leiden
5.2.4 Selbstkonstruktionen
5.2.4.1 Substanzabha¨ngigkeit: »Ich kannte nur Spritze, is to¨dlich«
5.2.4.2 Ma¨nnlichkeitskonstruktionen: Frauen- und Vatergeschichten und die Suche nach Bru¨derlichkeit
5.2.4.3 »Kurdisch-alevitischer Ursprung«: Nicht-ethnisierende Konstruktionen
5.3 Zusammenfassung
6. Subjektivierende Disziplinierungen
6.1 Der Alltag: Disziplinar- und Selbsttechnologien
6.2 Die Sitzungen: Konfrontation mit sich selbst
6.3 Psy-Diskurse oder: Wie die Klienten zur Selbsterkenntnis gefu¨hrt werden
6.4 Biografische Narrationen, Selbsterkenntnis und die Bezogenheit auf den »Anderen«
6.5 Therapie statt Strafe: »Ha¨rter als Knast«
6.6 Disziplinar- und Pastoralmacht: Technologien zur Hervorbringung »drogen-« und »straffreier« Subjekte
6.7 Ausblick: Im »Außen« des Kerkernetzes
Teil II
Logik und Genealogie der Regulation
7. Leben, das weniger za¨hlt: Zur diskursiven Regulierung »ausla¨ndischer Drogenabha¨ngiger«
7.1 Diskursverschiebungen und signifikante Grenzziehungen
7.1.1 Diskursverschiebungen: Von der Strafe zur Therapie
7.1.2 Zur Konstruktion des prima¨r beta¨ubungsmittelabha¨ngigen BtM-Strafta¨ters auf der Folie des »gewissenlosen gewinnsu¨chtigen Dealers«
7.2 »Therapie statt Strafe« (§35 BtMG): Ein- und Ausschlu¨sse
7.2.1 Der Diskurs der Inklusion
7.2.2 Der Diskurs des Ausschlusses
7.3 Die der Rehabilitation dienende Behandlung: Ein- und Ausschlu¨sse
7.3.1 Der sozialrechtliche Diskurs der Inklusion
7.3.2 Ausschlu¨sse von Beta¨ubungsmittelabha¨ngigen ohne deutschen Pass
7.4 Das Nichtgesagte des Inklusionsdiskurses
8. Logik der Regulation: Ausweisung wegen Gefa¨hrdung der »Volksgesundheit«
8.1 BtMG und AufenthG: Zur doppelten Regulation »ausla¨ndischer Drogenabha¨ngiger«
8.1.1 Beta¨ubungsmittel- und Aufenthaltsgesetz: Synopsis
8.1.1.1 Gesetz u¨ber den Verkehr mit Beta¨ubungsmitteln (BtMG)
8.1.1.2 Gesetz u¨ber den Aufenthalt, die Erwerbsta¨tigkeit und die Integration von Ausla¨ndern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz)
8.1.2 Freiheitsstrafe zum Schutze der »Volksgesundheit« (BtMG)
8.1.3 Ausweisung wegen Beeintra¨chtigung der o¨ffentlichen Sicherheit und Ordnung (AufenthG)
8.2 U¨berschneidungen: Ausweisung wegen unerlaubten BtM-Umgangs
8.3 Gegen den Strich gelesen: Ausla¨nder als Gefa¨hrdung der deutschen Volksgesundheit
9. Abwehr der »Degenerationsgefahren«: Genealogie der Beta¨ubungsmittelregulierung
9.1 Formierung der Regulierung des internationalen und nationalen Beta¨ubungsmittelverkehrs
9.1.1 »Schutz der unzivilisierten Rassen«: Anfa¨nge der internationalen Kontrolle des Beta¨ubungsmittelverkehrs
9.1.2 Beka¨mpfung der »Suchten als solche«: Von den Kaiserlichen Verordnungen zum OpiumG 1929
9.2 Sucht und Degeneration: Zur Konstruktion »gefa¨hrlicher« Substanzen und Subjekte
9.2.1 Alkohol, Degeneration und Keimscha¨digung im Kaiserreich
9.2.2 »Trunksucht«: Vom Laster zur (Erb-)Krankheit und von der Behandlung zur Pra¨vention
9.2.3 Vom »kultivierten« Morphiumsu¨chtigen zum »degenerierten« Rauschgiftsu¨chtigen
9.2.4 »Echte Su¨chtige« und »Rauschgiftsucht« als ein »fu¨r die Gesellschaft gefa¨hrlicher Zustand«
9.3 Zusammenfassung: Abwehr der »Degenerationsgefahren«
10. Abwehr »unerwu¨nschter Elemente«: Genealogie ausla¨nderrechtlicher Regulationen
10.1 Abwehr »ethisch unterwertige[r] Volksteile«: Die Ausweisung im Kaiserreich
10.1.1 Die Ausweisung – von einer Strafmaßnahme zu einem bevo¨lkerungspolitischen Instrument
10.1.2 Abwehr von ju¨dischen Pogromflu¨chtlingen und »Polonisierungsgefahren«
10.1.3 Das preußische System der »reglementierten Arbeitskraftzufuhr«
10.2 Verfestigung des exklusiven ius sanguinis: Das Reichs- und Staatsangeho¨rigkeitsgesetz von 1913
10.2.1 Abwehr der »slavisch-semitischen Bevo¨lkerung«: Die Debatte um die Reform des Reichs- und Staatsangeho¨rigkeitsgesetzes von 1870
10.2.2 Das RuStAG 1913: Verfestigung des exklusiven ius sanguinis
10.3 Im Dienste einer »gesunden Bevo¨lkerungspolitik«: Die Reglementierung von »Ausla¨ndern« in der Weimarer Republik
10.3.1 Fo¨rderung der Volkskraft: (Zwangs-)Arbeit, (Rassen-)Hygiene und koloniale Diskurse
10.3.2 Einwanderung und Einbu¨rgerung: Die »Volksnation« und das Primat der »Deutschsta¨mmigkeit«
10.3.3 Gesundheit und Bevo¨lkerung: Die preußische Ausla¨nderpolizeiverordnung von 1932
10.4 Zusammenfassung: Abwehr »unerwu¨nschter« Bevo¨lkerungselemente
Teil III
Konstruktionen »verworfener« Subjekte
11. Gefa¨hrlichkeitskonstruktionen: Die Thematik des Bluts
11.1 Gesetzesformierungen: Abwehr innerer und a¨ußerer Gefahren fu¨r die Bevo¨lkerung
11.1.1 Disziplinierung und Regulierung der Bevo¨lkerung
11.1.2 Abwehr innerer und a¨ußerer »Gefahren«fu¨r die Bevo¨lkerung
11.1.3 Degeneration, Hygiene, Vererbung, Rasse: Die »Thematik des Bluts«
11.2 (Dis-)Kontinuita¨ten: ius sanguinis, Volksgesundheit und die »Thematik des Bluts«
11.2.1 Die »Thematik des Bluts« in den Gesetzen nach 1945
11.2.2 Za¨sursetzungen und die »Thematik des Bluts«: Der Diskurs um den Diskurs der »Rasse«
11.3 »Gefa¨hrliche« Subjekte: Mediale Repra¨sentationen und Kollektivsymbolik
11.3.1 »Ausla¨nder« als Verfu¨hrer und »Dealer«: Die Boulevardpresse 1957 bis 1987
11.3.2 Wir Kinder vom Bahnhof Zoo (1978) – ein Bestseller
11.3.3 Kollektivsymbolik: Die ikonische Ebene der diskursiven Gefa¨hrlichkeitskonstruktionen
12. Bio-Macht und die liberale Regierung »ausla¨ndischer Drogenabha¨ngiger«
12.1 Verscha¨rfungen: »Nach der Therapie wird er aber sofort abgeschoben«
12.2 Logik und Genealogie der Regulation
12.2.1 Logik der Regulation: Pra¨ventive Gefahrenabwehr
12.2.2 Genealogie: Zur »Kolonisierung« des Rechts durch die (Bio-)Macht
12.3 Die liberale Regierung »gefa¨hrlicher« Subjekte und das Recht
12.3.1 Za¨sursetzungen und die liberale Gouvernementalita¨t
12.3.2 Taktische Einsa¨tze: Der Diskurs des »Rechtsstaats«
13. Konstruktionen »verworfener« Subjekte
13.1 Zur »Verworfenheit« ausgewiesener Drogenabha¨ngiger
13.1.1 »Das Schlimmste, das ich je gesehen habe«: Angst vor Abschiebung und Tod
13.1.2 Lebende Leichname: Heimsuchungen durch das Verworfene
13.2 Zur Konstruktion und Navigation von Zonen der Verworfenheit
13.2.1 Horror, Hass und Ekel: Gefu¨rchtete Identifizierungen
13.2.2 Ikonografien der Verworfenheit: Wir Kinder vom Bahnhof Zoo
13.2.3 »Ungeho¨riges Eindringen« und die »Thematik des Bluts«
13.2.4 Fazit: Ein nicht-essenzialisierender Zugang zur Verworfenheit
13.3 Von der »Verwerfung« zum »gefa¨hrdeten Leben«
14. Zusammenfassung und Ausblick
Literatur