E-Book, Deutsch, 512 Seiten
Reihe: Penhaligon Verlag
Blake Der Schwarze Thron 3 - Die Kriegerin
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-641-23256-6
Verlag: Penhaligon
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Roman
E-Book, Deutsch, 512 Seiten
Reihe: Penhaligon Verlag
ISBN: 978-3-641-23256-6
Verlag: Penhaligon
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ihr Leben lang hat Katharine auf diesen Moment gewartet: Sie hat den Kampf um den Thron gewonnen und trägt die Krone des Reichs Fennbirn. Doch ihre Herrschaft wird angefochten – es gibt Gerüchte, ihre Schwestern seien noch am Leben und warteten nur darauf, Katharine zu stürzen. Tatsächlich haben Mirabella und Arsinoe überlebt. Sie verstecken sich auf dem Festland und werden dort von einer unheimlichen Vision heimgesucht: Die legendäre Blaue Königin weist sie an, nach Fennbirn zurückzukehren, um ihr Schicksal zu erfüllen ...
Kendare Blake studierte in London Creative Writing, ehe sie ihre Leidenschaft zum Beruf machte. Sie lebt und arbeitet in Washington, liebt Tiere aller Art und ist außerdem von der griechischen Mythologie fasziniert. Anna im blutroten Kleid ist ihr Romandebüt.
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Die Schwarze Kate
400 Jahre vor der Geburt von Mirabella, Arsinoe und Katharine
Als die Wehen endlich einsetzten, waren sie heftig und blutig. Von einer Kriegerkönigin war allerdings auch nichts anderes zu erwarten, vor allem von einer so schlachtenerfahrenen Herrscherin wie Königin Philomene.
Die Hebamme legte der Königin ein kühles Tuch auf die Stirn, das diese aber sofort wegschob.
»Die Schmerzen sind unbedeutend«, sagte Königin Philomene. »Ich freue mich auf diese letzte Schlacht.«
»Du glaubst also, in Louis’ Heimat wird es keine Kriege mehr für dich zu führen geben?«, fragte die Hebamme. »Selbst wenn deine Gabe verblasst, nachdem du die Insel verlassen hast, kann ich mir das nicht vorstellen.«
Der Blick der Königin wanderte zur Tür, vor der ihr Prinzgemahl Louis auf und ab wanderte. Ihre dunklen Augen funkelten, so aufgeputscht war sie durch die Schmerzen. Ihre schwarzen Haare waren schweißverklebt.
»Er kann es kaum erwarten, dass unsere Zeit in Fennbirn endlich vorbei ist. Ihm ist zu spät klar geworden, was er sich mit mir eingebrockt hat.«
Was in gewisser Weise für alle galt. Königin Philomenes Herrschaft war vor allem durch Schlachten geprägt worden. Unter ihr wurde die Hauptstadt von Kriegsbegabten überrannt. Sie ließ große Schiffe bauen und plünderte mit ihnen die Küstenstädte sämtlicher Nationen, ausgenommen nur die Heimat ihres Prinzgemahls. Aber die acht Jahre brutaler Kriegerherrschaft waren nun vorüber. Selbst für eine Kriegerkönigin war das keine sonderlich lange Herrschaftszeit, trotzdem hatte sie die Insel ausgelaugt. Kriegerköniginnen standen für Ruhm und Einschüchterung. Für Schutz. Und so war nicht nur ihr Ehemann erleichtert, als die Göttin ihre Königin mit den Drillingen segnete.
Nun krümmte sie sich unter der nächsten Wehe und schob ihr Knie beiseite, um den immer größer werdenden Blutfleck auf dem Laken zu mustern.
»Du schlägst dich gut«, log die Hebamme. Aber was wusste die schon? Sie war jung und hatte ihren Dienst in der Schwarzen Kate gerade erst angetreten. Als Giftmischerin war sie zwar eine gute Heilerin, und sie hatte auch schon bei vielen Entbindungen geholfen, aber auf die Geburt von Königinnen konnte man sich nicht angemessen vorbereiten.
Lächelnd stimmte Philomene ihr zu. »Kriegerköniginnen bluten immer so stark. Trotzdem denke ich, dass ich es nicht überleben werde.«
Langsam tauchte die Hebamme das Tuch wieder in das kalte Wasser und wrang es aus, nur für den Fall, dass Philomene ihr doch noch gestatten würde, es zu benutzen. Vielleicht überlegte sie es sich ja anders. Immerhin sah sie ja niemand. Für die Insel war eine Königin so gut wie tot, wenn die Drillinge geboren waren. Draußen standen die fertig gesattelten Pferde bereit, die Louis und sie zu einem Flusskahn und dann zu ihrem Schiff bringen sollten. Und waren sie erst einmal fort, würden Philomene und er niemals zurückkehren. Selbst die weichherzige Hebamme würde sie vergessen, sobald die Babys da waren. Jetzt tat sie so, als wäre ihr das Wohlergehen der Königin wichtig, aber im Grunde bestand ihre Aufgabe nur darin, Philomene lange genug am Leben zu erhalten, um die Drillinge zur Welt zu bringen.
Die Kriegerkönigin musterte den Tisch, auf dem Kräuter, saubere schwarze Lappen und verschiedene Tiegel mit Schmerzmitteln standen, die sie natürlich alle abgelehnt hatte. Und auch einige Klingen – um die neuen Königinnen aus dem Mutterleib zu schneiden, sollte sich die alte Herrscherin als zu schwach erweisen. Das entlockte Philomene wieder ein Lächeln. Die Hebamme war ein kleines, zartes Ding. Ihr dabei zuzusehen, wie sie versuchte, die Babys herauszuschneiden, könnte interessant werden.
Seufzend registrierte Philomene, wie die Wehe abebbte.
»Sie haben es eilig«, stellte sie fest. »Wie ich damals. Schon vom Augenblick meiner Geburt an konnte ich es kaum abwarten, der Insel meinen Stempel aufzudrücken. Vielleicht wusste ich schon immer, dass mir nicht viel Zeit dafür bleiben würde. Oder vielleicht hat auch diese ständige Eile mein Leben so verkürzt. Du hast doch dem Tempel angehört, bevor du den Dienst hier in der Einsamkeit angetreten hast, oder?«
»Ich wurde dort ausgebildet, meine Königin. Im Tempel von Prynn. Aber ich habe nie die Gelübde abgelegt.«
»Natürlich nicht; ich kann sehen, dass du keine Bänder an den Handgelenken trägst. Ich bin ja nicht blind.« Mit der nächsten Wehe kam noch mehr Blut. Sie folgten jetzt immer dichter aufeinander.
Mit festem Griff umschloss die Hebamme Philomenes Kinn und zog ihre Augenlider hoch. »Du wirst schwächer.«
»Nein, werde ich nicht.« Sie sank in die Kissen und umfasste beinahe mütterlich ihren prallen Bauch. Aber sie würde nicht nach ihnen fragen, wenn die kleinen Königinnen auf der Welt waren. Es war nicht ihre Aufgabe, sich um sie zu sorgen. Diese drei Kinder gehörten einzig und allein der Göttin.
Mühsam stützte sich Philomene wieder auf die Ellbogen. Wilde Entschlossenheit machte sich auf ihrer Miene breit. Mit einem Fingerschnippen signalisierte sie der Hebamme, zwischen ihren Beinen Stellung zu beziehen.
»Du kannst jetzt pressen«, stellte diese fest. »Es wird sicher gutgehen – du bist stark.«
»Gerade hast du noch behauptet, ich würde schwächer«, brummte Philomene.
Die erste Königin kam stumm auf die Welt. Sie atmete zwar, schrie aber nicht einmal auf, als die Hebamme ihr einen Klaps auf den Po gab. Ein kleines, gut gewachsenes Mädchen mit einer gesunden Gesichtsfarbe, was erstaunlich war bei dieser schweren Geburt. Die Hebamme hielt die Kleine kurz hoch, damit Philomene sie sehen konnte, und einen Moment lang waren sie durch das königliche Blut in der Nabelschnur verbunden.
»Leonine«, gab Philomene der kleinen Königin ihren Namen. »Naturbegabte.«
Nachdem die Hebamme beides laut wiederholt hatte, brachte sie das Baby weg, um es sauber zu machen und in ein Bettchen zu legen, wo es von einer leuchtend grünen, mit Blumen bestickten Decke gewärmt wurde. Wenig später folgte das zweite Mädchen, das laut schrie und die winzigen Fäustchen ballte.
»Isadora«, verkündete die Königin, als das brüllende Baby sie mit großen, dunklen Augen anblinzelte. »Seherin.«
»Isadora, Seherin«, wiederholte die Hebamme, bevor sie es fortbrachte und in eine hellgrau und gelb gemusterte Decke wickelte, die Farben der Seher.
Die dritte Königin wurde in einem wahren Blutsturz geboren, als würde sie auf einer Welle herausgetragen. Das war für Philomene ein deutliches Zeichen dafür, dass sie eine neue Kriegerkönigin sein müsse. Doch als sie den Mund öffnete, um das zu verkünden, kam etwas ganz anderes heraus: »Roxane. Elementwandlerin.«
Die Hebamme bestätigte auch den dritten Namen und wandte sich dann ab, um das Baby zu waschen und in das letzte freie Bettchen zu legen, das sie dann mit einer blauen Decke ausstattete. Philomene blieb schwer atmend liegen. Sie hatte recht gehabt, das spürte sie deutlich. Die Geburt hatte ihren Tod eingeläutet. Aufgrund ihrer Stärke würde sie vielleicht noch so lange leben, bis man sie verarztet und in den Sattel gesetzt hatte, aber letzten Endes würde Louis mit einer Toten in seine Heimat segeln, um sie dort in einem Familiengrab beizusetzen. Wenn ihr Leichnam nicht bereits auf See über Bord geworfen wurde. Ihre Pflichten gegenüber der Insel hatte sie erfüllt, sodass diese nun keinen Einfluss mehr auf ihr weiteres Schicksal nehmen würde.
»Hebamme!«, stöhnte Philomene, als sie wieder von Schmerzen gepackt wurde.
»Ist schon gut«, erwiderte diese beruhigend, »das ist nur die Nachgeburt. Gleich vorbei.«
»Das ist nicht die Nachgeburt. Auf keinen Fall …«
Mit schmerzverzerrtem Gesicht biss sie sich auf die Lippen und presste.
Ein viertes Baby glitt aus dem Bauch der Königin, vollkommen mühelos und ohne Probleme. Es schlug die dunklen Augen auf und atmete tief ein. Ein viertes Baby. Noch eine Königin.
»Eine Blaue Königin«, murmelte die Hebamme ehrfürchtig. »Ein viertes Kind.«
»Gib sie mir.«
Doch die Hebamme war wie erstarrt.
»Gib sie mir, los!«
Schnell hob das Mädchen die Kleine auf, und Philomene riss sie ihr regelrecht aus den Händen.
»Illiann«, verkündete sie dann. »Elementwandlerin.« Auf ihrem erschöpften, ausgelaugten Gesicht breitete sich ein Lächeln aus. Jede Enttäuschung darüber, keine Kriegerkönigin geboren zu haben, verflog, denn nun hielt sie ein großes Schicksal in den Händen. Einen Segen für die gesamte Insel. Und sie, Philomene, hatte ihn bewirkt.
»Illiann«, wiederholte die fassungslose Hebamme. »Elementwandlerin. Die Blaue Königin.«
Philomene lachte laut auf und hob das kleine Mädchen über ihren Kopf.
»Illiann!«, rief sie. »Die Blaue Königin!«
Die Wartezeit, bis jemand in der Schwarzen Kate eintraf, zog sich in die Länge. Nach der Geburt der Blauen Königin waren die Boten sofort mit der Nachricht in ihre Heimatstädte geritten. Wie immer hatten sie mit gesattelten Pferden bereitgestanden, sobald bei der Königin die Wehen einsetzten.
Ein viertes Kind. So etwas kam so selten vor, dass es schon beinahe in das Reich der Legenden gehörte. Als die Hebamme es verkündete, wussten die unerfahrenen Boten zuerst gar nicht, was sie tun sollten. Schließlich musste das Mädchen sie regelrecht anbrüllen.
»Eine Blaue Königin!«, hatte sie geschrien. »Ein Segen der Göttin! Sie müssen alle kommen, alle Familien. Und auch die Hohepriesterin. Nun reitet schon los!«
Wären einfach nur Drillinge geboren worden, so wären lediglich drei Familien und ein paar Priesterinnen zur Kate gekommen: die Familie Travers für die Naturbegabte, die...




