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E-Book, Deutsch
Reihe: Penhaligon Verlag
Blake Die Orakelkönigin
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-641-23410-2
Verlag: Penhaligon
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Short-Story
E-Book, Deutsch
Reihe: Penhaligon Verlag
ISBN: 978-3-641-23410-2
Verlag: Penhaligon
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Drillingsköniginnen auf der Insel Fennbirn werden mit unterschiedlichen magischen Begabungen geboren. Doch kommt eine Orakelkönigin auf die Welt, die die Gabe des Hellsehens besitzt, wird sie sofort ertränkt. Niemals darf eine Seherin um den Thron Fennbirns kämpfen, da sie den Wettstreit durch ihre Gabe zu ihren Gunsten beeinflussen könnte ... Dies war nicht immer so. Erst die Herrschaft von Königin Elsabet machte diese brutale Maßnahme nötig. Denn sie war die letzte Orakelkönigin, und ihre Herrschaft war gezeichnet von Blut und Gewalt - so sagt es die Legende. Doch ist es die Wahrheit?
Kendare Blake studierte in London Creative Writing, ehe sie ihre Leidenschaft zum Beruf machte. Die 'New York Times'-Bestsellerautorin hat bereits mehrere Romane und Kurzgeschichten veröffentlicht, der große Durchbruch aber gelang ihr mit der düsteren Fantasy-Saga 'Der Schwarze Thron'. Kendare Blake wurde in Südkorea geboren und lebt heute in Kent, Washington. Die Tierfreundin liebt Reisen, Schokolade und Computerspiele.
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In den Königlichen Gärten
Später am Tag saß Elsabet, die Orakelkönigin, in dem rechteckigen, grün gehaltenen Garten an der Südwestseite des Volroy. Sie hatte es sich in einem Polstersessel an einem grauen Steintisch bequem gemacht und spielte mit ihren engsten Vertrauten Karten. Ein schwarzer Baldachin spendete angenehmen Schatten.
»Legst du dann langsam mal ab, Gilbert? Oder willst du so lange warten, bis wir vergessen haben, welches Spiel wir spielen?«
Gilberts schmale Lippen wurden noch schmaler, während er angestrengt die Karten in seiner Hand musterte. Dann legte er eine vor sich auf den Tisch, die Elsabet sich sofort grinsend schnappte.
»Genau das, was ich gebraucht habe.«
»Verdammt.« Stirnrunzelnd fuhr er sich durch die dunkelblonden Haare. »Ich bin einfach aus der Übung. Irgendwie will kaum jemand mit einem Seher Karten spielen. Als ob unsere Gabe so funktionieren würde!«
»Allerdings. Um einen so erbärmlichen Spieler wie dich zu schlagen, braucht man keine Sehergabe.« Mit einem fröhlichen Lachen legte Elsabet ihr Siegerblatt auf dem Tisch ab.
»Verdammt.«
Lächelnd sah sie zu, wie er die Karten einsammelte und anfing zu mischen. Gilbert Lermont war ihr Ziehbruder. Sie waren gemeinsam in der weißen Stadt Sonnenmulde aufgewachsen, und die wenigen Gelegenheiten, bei denen er sie im Kartenspiel geschlagen hatte, konnte sie an einer Hand abzählen. Doch er konnte es gerne auf mangelnde Übung schieben. Schließlich wusste sie, wie er sich fühlte – allein in einer neuen Stadt, in der es kaum Propheten gab.
»In letzter Zeit habe ich oft an zu Hause gedacht«, sagte sie schließlich.
Gilberts dunkle Augenbrauen zuckten kurz, als er ihr einen verstohlenen Blick zuwarf. Auch Bess, ihre Lieblingszofe, und Rosamund Antere, die als Kommandantin der Königlichen Garde wie immer in Elsabets Nähe war, sahen die Königin prüfend an.
»Indridskamm ist jetzt unser Zuhause, Elsie.«
Elsabet runzelte irritiert die Stirn. »Kann man nicht an zwei Orten zu Hause sein? Ich meine ja nur … Ich war gerne dort, bevor das alles hier losging.« Mit einer knappen Geste zeigte sie auf die Silberkrone mit den milchigen Steinen, die auf ihrem Kopf festgewachsen zu sein schien. »Es fehlt mir, mich unter Menschen zu bewegen, die wissen, wie es ist, die Sehergabe zu haben. Die wissen, wie sie funktioniert. Hier sehen mich die Leute an, als wäre ich eine fremdartige Kuriosität. Und sie erwarten, dass jeder Tag bei Hofe voller Wunder ist. Als müsste ich ständig große Prophezeiungen ausspucken: zwei pro Nachmittag, und eine vor dem Frühstück.«
Sie griff nach ihren neuen Karten, legte sie aber sofort wieder weg, als Bess ihr einen Becher mit Gilberts Tonikum hinschob.
»Ich will keines mehr. Es schmeckt bitter.«
»Bitte«, sagte Bess nachdrücklich. »Deine Krankheit macht den Menschen Sorgen.«
»Es waren nur Kopfschmerzen. Und ein wenig Staub in der Lunge, von der Jagd.« Doch Elsabet trank das Tonikum aus, schon weil sie Bess lächeln sehen wollte. »Außerdem waren sie nicht besorgt, höchstens genervt.«
»Vielleicht solltest du etwas weniger häufig zu spät kommen«, schlug Gilbert vor, während er seine Karten sortierte.
»Das würde nichts ändern. Mein Schwarzer Rat kann mich nicht leiden, weil ich die Dinge nicht so handhabe, wie sie es gerne hätten. Und warst nicht du es, Gilbert, der mir gesagt hat, ich solle allem meinen persönlichen Stempel aufdrücken, sobald ich im Volroy ankomme? Sobald ich die Krone trage? Hast nicht du mich davor gewarnt, dass junge Königinnen oft nicht ernst genommen werden? Und dass es Jahre dauern kann, bis ich wahrhaftig die Herrscherin dieser Insel bin?«
»Und habe nicht auch ich dir gesagt, dass eine Königin immer nur so gut ist wie ihr Beraterstab?«
»Stimmt.« Elsabet verzog den Mund. »Aber du hast dich geirrt. Das mag auf andere Königinnen zutreffen, aber eine Orakelkönigin ist immer nur so gut wie ihre Gabe.«
Rosamund Antere, die – stets wachsam – am Rand des Baldachins stand, legte den Kopf mit den blutroten Haaren schief.
»Was ist denn, Rosamund?«
»Dein Prinzgemahl ist im Anmarsch.«
Elsabets Puls beschleunigte sich, obwohl sie sich innerlich dafür verfluchte. Schließlich war sie eine Königin, nicht irgendein Bauernmädchen, das sich von seinem Herzen vorschreiben lassen konnte, was zu tun war. Aber bei ihrem Prinzgemahl William fiel es ihr immer schwer, das nicht zu vergessen. Jedes Mal, wenn er den Raum betrat, hielt sie den Atem an. Bei jedem seiner Blicke wollte sie ihr reizloses Gesicht verbergen.
William stammte aus Centra, das in nordöstlicher Richtung auf dem Festland angesiedelt war. Es war bekannt für seine militärische Stärke und ertragreichen Böden. Ein Prinzgemahl aus Centra war politisch gesehen immer eine kluge Wahl. In Wahrheit hätte Elsabet ihn aber auch dann ausgesucht, wenn er ein Niemand gewesen wäre.
Andere Freier waren ebenfalls attraktiv gewesen, eigentlich sogar alle. Manche geradezu umwerfend. Aber keiner von ihnen hatte Elsabet so angesehen, wie William es tat. In ihrem ganzen Leben hatte noch niemand sie so angesehen. Als wäre sie schön. Begehrenswert. Und ein dermaßen attraktiver Mann mit leuchtend blauen Augen und nachtschwarzem Haar hatte ihr ganz bestimmt noch nie solche Blicke zugeworfen. Während er um sie warb, hatte er immer gesagt, dass sie beide mit ihren schwarzen Haaren auf dem Thron so gut zusammenpassen würden wie ein edles Gespann.
Nun trat er unter den Baldachin, wo einer der Dienstboten ihm schnell einen Sessel brachte, auch wenn das wahrscheinlich pure Zeitverschwendung war. William blieb nie lange an einem Ort. Er war ein begeisterter Sportler. Nur auf sein Drängen hin waren sie an diesem Morgen so früh aufgestanden, um auf Birkhuhnjagd zu gehen.
Er beugte sich vor und hauchte der Königin einen Kuss auf die Wange, was diese mit einem irritierten Stirnrunzeln quittierte. Daraufhin ließ er noch einen Kuss auf den Mund folgen. »Die sind für dich.« Er legte einen Strauß Wildblumen auf den Tisch, prächtige rosafarbene, weiße und gelbe Blüten, die Stängel ordentlich mit dem Dolch zurechtgeschnitten und mit einem gestreiften Band versehen.
»Ich habe sie am Flussufer gepflückt, als ich schwimmen war«, erklärte er, als Elsabet an ihnen roch. Tatsächlich, sein Kragen war sichtlich feucht.
Nachdenklich zupfte Elsabet an der bunten Schleife. Es war ein teures Schmuckband, wie man sie neuerdings trug. Sie hatte solche Bänder schon öfter an den Töchtern der reichen Familien gesehen.
»Wo hast du die Schleife her?«, fragte sie, woraufhin William angestrengt schluckte. »Warst du etwa auf dem Markt?«
»Ja! Ich konnte dir ja schlecht einen losen Strauß schenken.«
Elsabet rang sich ein Lächeln ab und zeigte auf die Karten. »Möchtest du mit einsteigen?«
»Nein.« William kaute ungeduldig auf seiner Unterlippe herum. »Mir ist jetzt mehr nach Musik. Ich denke, ich werde uns ein paar Musikanten besorgen.« Ohne sie noch einmal anzusehen, wandte er sich ab, und Elsabet war schon halb aufgestanden, um ihm zu folgen, als sie bemerkte, dass er gar nicht wirklich fortging. Stattdessen blieb er im Garten und unterhielt sich mit einigen kleinen Grüppchen, die in der Nähe der Königin ihre eigenen Gesprächsrunden aufgemacht hatten. Elsabet bekam einen Kloß im Hals, als er eine hübsche Elementwandlerin mit blondem Dutt sanft am Kinn berührte.
»Du weißt, dass er schon immer gern geflirtet hat«, sagte Gilbert leise. »Das war eine der Eigenschaften, die du besonders anziehend fandest, als er noch nur ein Freier war.«
Mühsam riss Elsabet ihren Blick von William los und zwang sich, eine Karte auszuspielen. »Erstreckt sich deine Sehergabe jetzt auch schon auf die Kunst, Gedanken zu lesen, Gilbert?«
»Nein, meine Königin.«
»Dachte ich mir schon.« Gilberts Gabe bezog sich auf Visionen, die aus Rauch entstanden, und auf die unglaubliche Fähigkeit, stets zu finden, was er suchte, auch wenn das einen tranceähnlichen Zustand voraussetzte, in dem er sich merkwürdig vor und zurück wiegte. Doch seine Sehergabe befähigte ihn nicht dazu, die Gedanken anderer zu hören oder deren Gefühle wahrzunehmen. Sie selbst konnte das auch nicht, wofür sie wirklich dankbar war.
In dem krampfhaften Versuch, William zu ignorieren, lehnte sich Elsabet in ihrem Sessel zurück und musterte den prachtvollen Palast. Oder besser gesagt die Pracht, die noch kommen würde. Inzwischen wurde bereits seit hundert Jahren an der mächtigen Festung gebaut, und noch immer waren die höchsten Türme des Volroy nicht vollendet. Hundert Jahre lang war schwarzer Stein quer über die Insel geschafft worden, sowohl über Land als auch auf dem Fluss und über den Seeweg bis zum Hafen von Bardor. In hundert Jahren hatten unzählige Baumeister, Handwerker und Arbeiter hier geschuftet. Aber unter Elsabets Herrschaft würde er vollendet werden. Das wusste sie so genau, weil sie es gesehen hatte – in derselben Vision, die ihr gezeigt hatte, dass sie ihre Schwestern besiegen und zur Herrscherin gekrönt werden würde. In dieser Vision hatte sie sich selbst gesehen, wie sie mit der Krone auf dem Haupt durch die fertiggestellten Räume des Westturms wanderte.
»Bald werden dort oben schwarze Türmchen stehen«, sagte sie, und Bess folgte ihrem in die Höhe gerichteten Blick. »Wusstest du, Bess, dass die Kriegerkönigin Aethiel mit dem Bau des Volroy begonnen hat?«
»Ich weiß das«, verkündete Gilbert, bevor Bess auch nur zu einer Antwort ansetzen konnte. »Aethiel hat ihn begonnen, dann hat die Elementwandlerin Elo, die Feuerspuckerin, ihn fortgesetzt, genau wie unsere letzte Königin, die Kriegerin...