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Blei Die Frivolitäten des Herrn von D.

Roman
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-96130-600-8
Verlag: apebook Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Roman

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ISBN: 978-3-96130-600-8
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'Die Frivolitäten des Herrn von D.' sind Geschichten von Frauen und Liebe. Erzählt wird von Frauentausch, Entführung und Rendezvous. Die Frauen heißen Jenny, Nadine, Chloe, Adrienne, Irene und Lillebil. Der Ich-Erzähler schwankt lakonisch durch das Nachtleben der Großstadt in den wilden 20er Jahren des vorherigen Jahrhunderts, auf der Suche nach Glück und Abenteuer und doch zugleich mit einem Blick leichter Bitterkeit ob des Scheins und des dahinterliegenden menschlichen Elends.

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Die Entführung
Im Zwischenakt nach Romeos einziger Nacht meldete der Logenschließer, Baronesse Albertine würde ans Telefon gebeten. Kam zurück und sagte: »Fini Brockhausen hat angerufen. Sie und ihr Mann erwarten uns nach der Vorstellung bei sich zu Hause. Sie schicken ihr Auto. Ich habe auch für dich zugesagt, Mie.« Mie hatte nichts dagegen, da Albertine ihr versicherte, sie würde ihren Gatten bestimmt bei Brockhausens nicht treffen. Mie, eine junge Frau von dreißig Jahren, bereitete gerade ihre dritte Ehescheidung vor. »Weiß Gott, warum du immer gleich heiraten mußt, wenn du genau weißt, wie's ausgeht«, sagte Albertine, deren neunzehn gänzlich unerfahrene Jahre sich darin gefielen, von Liebessachen etwas frivol zu sprechen. Sie wußte übrigens auch, daß das gut zu ihrem schlanken, jungenhaften Körper paßte und zu dem kleinen Köpfchen im halblang geschnittenen Haar. »Mir machen halt Verhältnisse nur Spaß, wenn sie legitim sind«, erklärte Mie. Da flog der Vorhang auseinander vor dem Klostergarten. »Der Julia ist es genauso gegangen.« Der Chauffeur erwartete die beiden Damen im Foyer und brachte sie zum Auto. »Rührend ist die Fini«, meinte Mie, als man im Coupe vor Pelzdecken kaum Platz zum Sitzen fand. »Als ob's drei Stunden auf den Semmering ginge und nicht drei Minuten in die Gußhausgasse.« »Und die Heizung ist auch eingeschaltet«, stellte Albertine fest, »es ist wie in einem Treibhaus.« Der Wagen sprang an. Glitt nach kurzem Manöver in eine wagenleere Seitengasse und nahm ein Tempo, daß die Damen mit einem Ruck gegen die Rückwand prallten. »Na, na, der hat's pressant«, meinte Mie und nahm ein unterbrochenes Gespräch wieder auf. »Schau, Berti, das verstehst du eben noch nicht. Das hat auch mit der Freundschaft nicht das mindeste zu tun. Wir stehen im Anfang der Saison. Ohne alle Absicht, ganz von selber gibt's da leicht Ähnlichkeiten, Wiederholungen und so, im Schnitt, in der Linie. Ich habe sie entdeckt, ich habe sie nach Wien gebracht, sie gehört mir allein vorläufig. Ich kann sie dir nicht geben, Berti. Im Frühjahr vielleicht, nach dem ersten Rennen.« Man erkennt, daß es sich um Mies Schneiderin handelt, wenn solche Bezeichnung hinreicht für eine Person, die, wie Mie in bisher acht Toiletten gezeigt hatte, wahre Wunder schuf. Albertine war nicht die einzige, die sich bemühte, diese geheimnisvolle, fabelhafte Person herauszukriegen. »Also sei mir nicht bös.« Albertine schaute zum Wagenfenster hinaus. »Wie fährt denn der Mensch? Wir müßten doch, bei dem Tempo, schon da sein!« »Das sieht ja aus wie Meidling oder so«, meinte Mie, zum andern Fenster hinausblickend. Der Wagen sauste durch eine Gegend, deren geringe Beleuchtung ganz niedere Häuser zuweilen sichtbar machte, kaum hier und da einen Fußgänger oder das gelbe Licht aus einer Kneipe. »Chauffeur!« Mie klopfte an das vordere Fenster. Der krumm über das Lenkrad gebeugte Mann rührte sich nicht, hörte nichts. Der Wagen nahm Fahrt, daß man das Rechts und Links der Straße nur als einen etwas helleren Strich im nächtlichen Dunkel merkte. Da zerfloß auch dieser Strich, zerging in Nacht. »Berti!« Mie faßte nach einer Hand, die sich ihr aus gleichem Gefühl entgegenstreckte. »Was ist das?« Angst preßte die beiden Frauen aneinander, daß sie sich umklammerten, als ob sie im nächsten Augenblick in einen Abgrund stürzten. »Entweder ist der Mensch wahnsinnig oder ...« Albertine wollte die besseren Nerven haben, löste sich los, griff an die Tür: sie war von außen verschlossen. Auch die andere. Mie tat einen langen Schrei, wie es ihr vorkam; aber es war nur ein ganz dünner, hoher Laut, kaum ihr selber hörbar im Krachen des Auspuffs. Der Mann am Lenkrad pumpte Öl wie ein Besessener. Albertine legte das Gesicht hart an das Fenster. Mondlicht kam über hohe Bäume. Man fuhr durch Wälder. Mie vergingen die Sinne. Sie sank in die Ecke. Albertines Flakon mit dem zartduftenden Coty-Mystère hatte unter Mies kleine Nase gesteckt nicht die geringste Wirkung. Wenn man ein Fenster einschlüge? Aber den verrückt gewordenen Chauffeur würde das kaum vernünftig machen, und hören würde es auch niemand. Albertine sank an die ohnmächtige Freundin und schloß die Augen. Es war eine scharfe Kurve des Wagens, welche die beiden Damen etwas grob aufweckte aus halbem Schlaf, halber Ohnmacht. Da wurde auch schon die Tür aufgerissen, eine Hand streckte sich ins Coupé, eine Männerstimme wurde hörbar, welche die Damen auszusteigen bat. Der nun aufblitzende Scheinwerfer des Autos zeigte ein halboffenes Portal mit einem Stück alter Fassade, efeubewachsen, einen Diener mit flackerndem Armleuchter und die zum Aussteigen einladende Person, einen älteren Mann mit der Würde eines Schloßkastellans. »Fürchten Sie nichts, meine Damen, es ist nur eine kleine Überraschung«, sagte er, als die beiden auszusteigen zauderten, »nichts als das.« Die mutigere Albertine wollte sprechen, fragen, aber das Wort blieb ihr im Munde stecken, der, ganz ausgetrocknet, sich kaum öffnete. Da kam es ganz weinerlich aus dem Wagen: »Was wollen Sie denn von uns, um Gottes willen?« Es war Mie, die sich in Tränen auflöste. Der Scheinwerfer erlosch, und zum Diener mit den Kerzen trat aus dem Portal ein zweiter, der ein Windlicht trug. Von irgendwo aus einem Fenster des im Dunkel starrenden Gebäudes kam, mehr Befehl als Frage, eine Stimme: »Wird's bald?« -- »Sie sehen, meine Damen, es ist Zeit und in Ihrem Interesse. Je rascher Sie folgen, um so früher sind Sie wieder zu Hause.« Der Diener mit dem Kandelaber schritt voran in die Halle. Hinter ihm, mehr sich schleppend als gehend, Mie und Berti. Dann kam der mit dem Windlicht. Eine Wendeltreppe ging's hinauf, ein Stockwerk, ein zweites, ein drittes. Das Zimmer war kreisrund, in dem nun die Lakaien die Lichter auf den gedeckten Tisch stellten und das einzige Fenster schlossen. Das Mobiliar schien etwas a l'improvisato in den kahlen Raum gebracht worden zu sein, denn ein Sofa, eine Couchette, ein reichlich versehener Toilettentisch standen etwas geniert und allzu füllend herum. Da trat der Kastellan mit einer älteren weiblichen Person herein, wohl einer Kammerfrau. Und sagte zu Mie: »Das Fräulein wird Ihnen behilflich sein. Die Gnädige sind nämlich gebeten, sich sofort auszuziehen.« Mie tat einen großen Schrei, Albertine machte das Echo. »Ein Protest wird nichts nützen, meine Damen. Wir scheuen auch vor der Gewalt nicht zurück, sosehr wir es bedauerten. Wir warten vor der Tür.« Die drei Männer verließen das Zimmer. Man hörte, wie ein Riegel vorgeschoben wurde. Die hagere Person lächelte süßsäuerlich, aber sprach kein Wort zu den auf sie mit Fragen einstürmenden Frauen, sprach kein Wort als »Ich bitte«, und ihre Hände streckten sich nach den vermuteten Degraffen von Mies Toilette. »Wir sind wahrscheinlich in einem Irrenhaus, Mie, es ist das beste, darauf einzugehen. Man soll Narren nicht reizen.« »Aber ich kann mich doch nicht so ausziehen lassen -- es ist entsetzlich!« »Also es sollen schon schlimmere Dinge passiert sein auf der Welt, Mie. Mörder würden jedenfalls nicht erst verlangen, daß man sich entkleidet.« »Und warum denn gerade ich? Sagen Sie, warum denn gerade ich?« Aber die Person an der Tür zuckte nur die Achseln. Von draußen eine Stimme laut und befehlend: »Wir geben noch eine halbe Minute Zeit!« Ich will, verehrte Leserinnen, Ihre Geduld nicht in der Weise erschöpfen, wie es Mie und Albertine gegenüber den Bösewichtern taten, und rasch sagen, was Sie ohnedies schon dachten: Mie zog sich aus. Stand oder lag vielmehr aufweinend in ihrer blühweißen und sehr aparten Unterwäsche an Albertines Hals, die tröstend tat, was sie konnte, und das war weiß Gott nicht viel in so ungewohnter Situation, während die ältliche Person mit dem Kleide verschwand durch die eine Tür, die sich ihr auf ein Klopfen öffnete, um gleich wieder verriegelt zu werden. Da sie erst unmittelbar bei Eintritt des Grauenvollen, das sie erwarteten, das Bewußtsein verlieren wollten und nicht schon früher, nahmen sie von den delikat angerichteten Speisen, denn der Hunger ließ sich merken, nichts, das vergiftet oder berauschend hätte sein können, weder Wein noch kalten Braten, sondern Eier in der Schale, die fast noch warm waren, und Obst. Mie hatte sich, kein Wunder, daß sie fror, ihren Mantel und den Albertines angezogen, die -- es ist ihrer Jugend und dem gestillten Hunger zuzuschreiben -- die ganze Geschichte komisch zu nehmen anfing. »Weißt du was? Es ist eine Filmaufnahme!« »Aber wieso denn, Berti? Beim Filmen geht's doch ganz anders zu, soviel ich hörte. Nein, es ist sicher was Schreckliches. Du weißt nicht, zu was Männer alles imstande sind.« »Na, die wir bis jetzt gesehen haben, machten nicht den Eindruck, liebe Mie.« »Aber da rief doch einer, erinnerst du dich nicht, wie wir noch vor dem Tor im Auto saßen, eine wilde Stimme ...« »Der Heldentenor des Abenteurers, stimmt. Wenn ich nur mehr von der Frau Courths-Mahler gelesen hätte, dann könnte ich ihn mir genau vorstellen.« »Mir ist deine Frivolität unbegreiflich, Berti. Wo nimmst du nur den Mut dazu her?« »Ich hab' es, Mie! Es hängt irgendwie mit deiner Ehe oder einer deiner Ehen zusammen.« Mie ließ auf die reizendste Weise ihr Mäulchen offenstehen. »Aber natürlich, Mie. Dein eifersüchtiger Gatte arrangiert hier mit Hilfe weiß Gott welcher Spitzbuben so was wie ein flagrant délit ...« »Hör auf, Berti, die Vorstellung ist zu entsetzlich, daß ich hier mit einem ganz fremden ...« »Aber dazu braucht es ja nicht zu kommen, Liebste, es genügt doch, daß man dich in dem...



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