Anthologie der Landsberger Schreibwerkstatt 2019
Buch, Deutsch, 200 Seiten, Format (B × H): 122 mm x 185 mm, Gewicht: 193 g
ISBN: 978-3-944810-04-1
Verlag: Liccaratur-Verlag
Früher gaben die kirchlichen Feste der bäuerlichen Bevölkerung im Jahreskreis eine feste und unveränderliche Struktur. Beginnend mit dem 6. Januar, im alten Brauchtum oft als Neujahr gefeiert. Josefi am 19. März, welcher bis 1968 sogar noch gesetzlicher Feiertag war, Ostern, Mariä Himmelfahrt am 15. August, Martini, Weihnachten ...
Obwohl viele dieser Feste ihre Bedeutung verloren haben, oder den Menschen außer einigen übrig gebliebenen Feiertagen nichts mehr sagen, so strukturieren sie dennoch unseren Jahreslauf. Hinzugekommen sind Feste, wie das Landsberger Ruethenfest, das sich seit 1647 entwickelte. Alle vier Jahre begeistert es Einheimische und Besucher immer wieder neu. Aber auch ein Grillen am See oder das Wandern im Herbst sind Ereignisse, die in einem dichten Alltag für die notwendigen Unterbrechungen sorgen.
Die »Jahreszeiten zwischen Lech und Ammersee« sind die vierte Anthologie, die aus der Arbeit der Landsberger VHS-Schreibwerkstatt hervorgeht. Die Geschichten sind durchweg Perlen und ein Leseabenteuer in der allernächsten und doch so geheimnisvollen Nachbarschaft geworden, wie sich Dr. Albert Thurner ausdrückte.
Dazu beigetragen haben vor allem die Mitglieder der Schreibwerkstatt der VHS Landsberg, aber auch einige externe Autoren. An erster Stelle Herr Oliver Pötzsch, der Schöpfer der Henkerstochter-Saga, der mit seinen historischen Romanen den Lechrain international bekannt gemacht hat. Für sein persönliches Vorwort über das Autorenleben in einem Schäferwagen am Ammersee, danken wir ihm herzlich.
Ein weiteres Highlight ist die Lech-Geschichte der Bestsellerautorin Nicola Förg. Sie ist sozusagen die Mutter des Regionalkrimis und mit ihren beiden Reihen um die Garmischer Kommissarin Irmi Mangold und dem Weilheimer Kommissar Gerhard Weinzierl sehr erfolgreich und überregional bekannt.
Aber auch Dr. Johannes Wilkes, der die Spiekeroog-Krimis um den skurrilen Kommissar Mütze erdacht hat, oder Helmut Glatz, der Gründer des Landsberger Autorenkreises und Literatur-Urgestein sind mit von der Partie.
Ein herzliches Vergelt´s Gott geht aber auch an die vielen Unterstützer für dieses Projekt, angefangen bei der VHS Landsberg unserer literarischen Heimat, repräsentiert durch die Leiterin, Frau Frey-Wegele. Nicht zu vergessen auch die Testimonialgeber, die die Vielfalt und Qualität der Geschichten schnell begeistert hat: Dr. Albert Thurner, Bürgermeister der Landkreisgemeinde Vilgertshofen und Alois Kramer, Chefredakteur des Dießener Ammerseekuriers.
Ihr Liccaratur-Verlag
Zielgruppe
Menschen, die im Landkreis Landsberg am Lech leben und arbeiten, bzw. die dort gerne ihren Urlaub verbringen.
Weitere Infos & Material
Seit einiger Zeit habe ich am Ostufer des Ammersees einen kleinen Schäferwagen stehen, den ich als meine Schreibhöhle nutze. Ich bin da ganz für mich, nur ab und zu hüpfen Eichhörnchen aufs Dach, oder ein Specht klopft an. Das klingt sehr romantisch, nur leider hatte ich beim Kauf übersehen, dass echte Schäferwagen, gelinde gesagt, nicht sehr ergonomisch gebaut sind. Zumindest weiß ich jetzt, was so ein Kutschen-Jetsetter wie Mozart für Kreuzschmerzen gehabt haben muss ...
Na ja, wenn ich ehrlich bin, fläze ich dort auch oft nur auf der Bank und schaue zum Fenster raus. Dort sehe ich dann die Jahreszeiten über den See ziehen: Den Frühling, wenn um meinen Wagen die Krokusse und Narzissen sprießen, als sei die ganze Welt auf Drogen, den Sommer, wenn der Badelärm der Kinder zu mir hereindringt, den Herbst, wenn die Stürme und der Regen am Wagen rütteln und den Winter, wenn die Fensterscheiben beschlagen, mein Ofen bullert und mich die Hitze schläfrig macht. Dann denke ich manchmal zurück an die Zeit, als die Menschen noch ganz im Lauf der Jahreszeiten und ihrer Feste und Feiertage lebten.
Das Jahr begann nach Silvester mit Dreikönig, aber viel wichtiger war Mariä Lichtmess am 2. Februar, wenn die Kerzen geweiht wurden und die Dienstboten ihren Jahreslohn bekamen (und oft gleich wieder versoffen ...) Auf Fasching, Fastenzeit und Ostern folgte dann der Georgentag am 23. April. An ´Georgi´ traten Mägde und Knechte ihren Dienst an, nun zog auch bald der Sommer ein, für die Bauern – anders als für uns heute – keine Ferienzeit, sondern harte, schweißtreibende Arbeit auf den Feldern. Mit Mariä Geburt am 8. September kam langsam der Herbst übers Land, der dann an Allerheiligen und Allerseelen seinen Höhepunkt fand. Es folgten ´Martini´, die Adventszeit, die unheimlichen Raunächte, wenn die Finsternis am längsten ist, und schließlich Weihnachten, das Fest von Christi Geburt, aber auch die Freude darüber, den Winter wieder einmal besiegt zu haben. Ein steter Kreislauf der Jahreszeiten, den die Menschen auch mit ihrem eigenen Lebenslauf in Verbindung brachten. So heißt es in einem alten Gedicht:
Ein Jahr ist unser gantzes Leben:
Der Frühling hat der Blumen Art:
Der Sommer / der Eh-Leute paart/
Kann edle Frucht zu wiegen geben.
Der Herbst bringt uns den Wander-Stab:
Der Winter legt uns in das Grab.
In katholischen Gegenden kam man mit all den Sonntagen und Feiertagen übrigens auf jährlich 120 Ruhetage (!), an denen nicht gearbeitet werden durfte. Ein durchaus ökonomischer Nachteil gegenüber den spröden Protestanten, wie damals schon einige Pfennigfuchser anmerkten. Nun ja, vielleicht sagt man deshalb den Katholiken ein wenig mehr Gemütsruhe nach. Eine Ruhe, die uns heute mehr und mehr abgeht. Viele Feiertage kennen wir nur noch, weil die Kinder dann schulfrei haben. Ihre Bedeutung ist verloren gegangen. Und auch die Jahreszeiten verschwimmen. Wem es im Winter zu kalt ist, der fliegt im Januar auf die Malediven, der Schnee kommt mittlerweile, wenn überhaupt, im März, der Sommer dauert eben gerade so lange wie die jeweiligen Sommerferien in den einzelnen Bundesländern – und unsere Heiligen heißen längst nicht mehr Georg und Martin, sondern Google und Amazon.
Ich will mich nicht beklagen, die Zeiten ändern sich eben, das haben sie schon immer getan. Aber manchmal tut es vielleicht ganz gut, dem alten Lauf des Jahres zu folgen, so wie mit diesem Buch hier. Also lehnen Sie sich zurück und blättern sie gaaanz gemächlich durchs Jahr. Die Jahreszeiten haben ihr eigenes Tempo, nicht hektisch schnell, sondern eher gemütlich, wie ein Schäferwagen, der quietschend und rumpelnd, aber stetig, durch unsere Lebensweide fährt.
Viel Spaß beim Lesen wünscht,
Oliver Pötzsch