Borries | Schwesternspiegel im 15. Jahrhundert | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 553 Seiten, Gewicht: 10 g

Borries Schwesternspiegel im 15. Jahrhundert

Gattungskonstitution - Editionen - Untersuchungen
1. Auflage 2009
ISBN: 978-3-11-021076-7
Verlag: De Gruyter
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark

Gattungskonstitution - Editionen - Untersuchungen

E-Book, Deutsch, 553 Seiten, Gewicht: 10 g

ISBN: 978-3-11-021076-7
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1;Frontmatter;1
2;Vorwort;7
3;Inhalt;9
4;I. Einleitung;15
4.1;1. Zur Forschungssituation;15
4.2;2. Die besessene Schwester Agnes: Ein Text als Leitmodell;19
4.3;3. Ziele und Vorgehensweise;20
5;II. Die besessene Schwester Agnes: Überlieferung und Textgeschichte;23
5.1;1. Zur Erarbeitung der Überlieferung;23
5.2;2. Die Handschriften;24
5.3;3. Ursprung und Verbreitung des Textes;37
6;III. Vorstudien zur Edition des Textes;48
6.1;1. Einleitende Überlegungen;48
6.2;2. Die Abhängigkeitsverhältnisse der Textzeugen;50
6.3;3. Schematische Darstellung der wahrscheinlichen Textentwicklung;67
6.4;4. Eine Mehrfassungs-Edition als Konzept;68
6.5;5. Die Anlage der Edition;71
7;IV. Edition des Redaktionstextes 1 nach SG2;72
7.1;1. Editionsprinzipien;72
7.2;2. Editionsrichtlinien;80
7.3;3. Sprachbeschreibung des Textes in der Handschrift SG2;83
7.4;4. Edition Die besessene Schwester Agnes nach SG2 (Redaktion 1);98
7.5;5. Stellenkommentar zum Redaktionstext 1;167
8;V. Teileditionen des Redaktionstextes 2 aus C und SG1;230
8.1;1. Hinweise zur Teiledition von C;230
8.2;2. Sprachbeschreibung des Textes in der Handschrift C;231
8.3;3. Teiledition Die besessene Schwester Agnes nach C (Redaktion 2);237
8.4;4. Hinweise zur Teiledition von SG1;288
8.5;5. Sprachbeschreibung des Textes in der Handschrift SG1;289
8.6;6. Teiledition Die besessene Schwester Agnes nach SG1 (Redaktion 2);294
9;VI. Untersuchungen zum Text;315
9.1;1. Sprachelemente und Stilmittel;315
9.2;2. Textstrukturen;318
9.3;3. Die Textinhalte im Einzelnen;336
9.4;4. Bemerkungen zur Autorschaft;355
9.5;5. Intentionen der ’Autoren‘ und Funktionen des Textes;363
9.6;6. Aspekte der Textrezeption;379
10;VII. Der Text als Gattungsmodell;393
10.1;1. Einführende Bemerkungen;393
10.2;2. Die Gattungsermittlung des Textes;396
10.3;3. Schwesternspiegel als Forschungsdesiderat;408
10.4;4. Merkmale des Modelltextes als Paradigmen des Texttyps;410
11;VIII. Ein Textkorpus als Aufgabe;412
11.1;1. Texttitel und Textadressierungen: Probleme und ihre Überwindung;412
11.2;2. Die Gattungskonstitution: Der Texttyp als Reihe mit Randtexten und Mustertexten;418
11.3;3. Textbeispiele zur Demonstration von Ausgrenzungsentscheidungen;421
12;IX. Das Textkorpus:Schwesternspiegel des 15. Jahrhunderts;429
12.1;1. Beispiele für Randtexte;429
12.2;2. Beispiele für Mustertexte;442
12.3;3. Weitere Beispiele des Texttyps;459
13;X. Literar- und frömmigkeitshistorische Einordnung;464
13.1;1. Zum problematischen Gebrauch des Begriffs ’Frauenmystik‘;465
13.2;2. Monastische Frauenfrömmigkeit im 15. Jahrhundert;468
13.3;3. Literatur für Schwestern: Die didaktische Funktion bestimmt die sprachlichen Mittel;474
13.4;4. Schwesternbücher als Vergleichstexte;482
14;XI. Ergebnisse;493
14.1;1. Der Modelltext;493
14.2;2. Die ermittelten Schwesternspiegel;496
15;Verzeichnisse und Register;501
15.1;Abkürzungsverzeichnis;501
15.2;Literaturverzeichnis;503
15.3;Register;549


(S. 379-381)

1. Einführende Bemerkungen

Volkssprachliche Texte des Mittelalters erscheinen in allen Überlieferungsformen und formalen Typen.1 Auch wenn die Versuche, diese Texte in Gattungssysteme einzuordnen, nicht selten an Grenzen stoßen, ist es unbestreitbar, dass die „Ordnungsmacht Philologie“2 das Instrumentarium der Gattungen nicht nur deshalb benötigt, „um die chaotischen Massen an Literatur zu ordnen und handhabbar zu machen“,3 sondern auch, weil gattungstypologische Analysen zum Verständnis spätmittelalterlicher Texte in ihrer historischen Situierung einen ganz wesentlichen Beitrag leisten können.4

Für die Ermittlung der Gattung eines spätmittelalterlichen Textes ist bei einer Überlieferung in Sammelhandschriften zunächst der Blick auf die Autoren und Gattungen der Mitüberlieferung5 zu richten, weil die Kompilationen nicht als zufällig einzuschätzen sind.6 Zahlreiche Texte der Sammelhandschriften, in denen der Text von der besessenen Schwester Agnes tradiert ist, sind anonym überliefert. Die deutliche Mehrzahl der genannten Verfasser waren Franziskaner, einige gehörten der Devotio moderna an. In die Codices wurden unter anderem Texte oder Textauszüge aufgenommen von Pseudo- Augustinus, Bonaventura und Pseudo-Bonaventura, Bernhard von Clairvaux und Pseudo-Bernhard, Johannes Brinckerinck, Hendrik Herp, Dirc van Herxen, David von Augsburg, Marquard von Lindau, Caesarius von Heisterbach, Heinrich Vigilis von Weißenburg, Heinrich von Neustadt, Bernhardin von Siena und Heinrich Seuse.

Neben Gebeten findet man Exempel, Legenden, Viten, allgemeine Belehrungen für Ordensleute sowie Klosterhistoriographie und verschiedene geistliche Unterweisungstexte, die zum Teil für religiös lebende Frauen bestimmt sind. Eine einheitliche Ausrichtung der jeweiligen Kompilationen auf eine spezielle Adressatengruppe ist jedoch nicht festzustellen. Durch die Beurteilung von Autoren und Schriften der Mitüberlieferung kann also keine gattungstypologisch spezifische Zuordnung des Textes von der besessenen Schwester Agnes vorgenommen werden. Sichtet man deshalb im nächsten Schritt Termini, die heute zur Gattungseinordnung mittelalterlicher Texte herangezogen werden, bieten sich bei einer deduktiven Vorgehensweise zunächst zusammenfassende Oberbegriffe an wie zum Beispiel der Terminus ’Gebrauchsliteratur‘.

Dieser Begriff ist jedoch wenig spezifizierend, weil rund neunzig Prozent der überlieferten mittelalterlichen Literatur zur Gebrauchsliteratur gerechnet werden können. 7 Konzentriert man sich auf das religiös-theologische Schrifttum, findet man am häufigsten die Bezeichnungen ’Erbauungsliteratur‘8 oder ’geistliche Literatur‘. Doch auch mit diesen Termini werden immerhin noch rund sechzig bis siebzig Prozent der mittelalterlichen Literatur erfasst.

Spezieller sind die Einteilungen der geistlichen Literatur nach ihrer Gebrauchsfunktion in ’Katechetik‘, ’Aszetik‘ und ’Mystik‘ Es erscheint plausibel, die aus dem Text von der besessenen Schwester Agnes ermittelten Themenkomplexe (1) und (2), also die ’Praktischen Verhaltensanweisungen für das gemeinsame Leben in geistlichen Frauengemeinschaften‘ und die ’Weisungen für die innere geistliche Entwicklung der Schwestern‘,11 bestimmten Materien und Themen, die sich mit Glaubensleben (Aszetik) und Glaubenswissen (Katechetik) befassen, zuzuordnen. Überprüft man diese Zuordnung, stellt man jedoch fest, dass sie unzureichend ist. Im Zentrum der spätmittelalterlichen katechetischen Literatur standen der Dekalog, das Glaubensbekenntnis, das Vaterunser und Ave Maria, die sieben Hauptsünden und die sieben Gaben des Heiligen Geistes.12 Egino Weidenhiller nennt zusätzlich die sieben Sakramente.


Ekkehard Borries, Göttingen.



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