Bradley | Das Ministerium der Zeit | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 384 Seiten

Bradley Das Ministerium der Zeit

Roman. „Eine sehr spannende, komische und traurige Geschichte über uns Menschen und darüber, wie die Zeit, in der wir leben, uns prägt.“ Christine Westermann, „Zwei Seiten“
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-641-32052-2
Verlag: Penguin
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman. „Eine sehr spannende, komische und traurige Geschichte über uns Menschen und darüber, wie die Zeit, in der wir leben, uns prägt.“ Christine Westermann, „Zwei Seiten“

E-Book, Deutsch, 384 Seiten

ISBN: 978-3-641-32052-2
Verlag: Penguin
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ein Mann trifft eine Frau. Die Vergangenheit trifft die Zukunft. Der Anfang trifft das Ende. – Romance, Zeitreise und große Literatur vereinen sich im aufregendsten Debüt des Jahres!

Als eine junge Frau einen neuen Job bei einem geheimnisvollen Ministerium antritt, ahnt sie nicht, dass dieser schwüle Sommer ihr Leben für immer verändern wird. Denn das Ministerium der Zeit hat das geschafft, was niemand jemals für möglich hielt: Menschen durch die Zeit zu transportieren. Und so soll sie dem eigentlich 1847 verstorbenen Polarforscher Commander Graham Gore das Ankommen im lärmenden London des 21. Jahrhunderts erleichtern.

Während er sich an mit den Wundern der Moderne wie Toilettenspülungen und Spotify vertraut macht, muss sie ihn damit konfrontieren, dass sich die Welt nicht unbedingt nur zum Guten gewandelt hat. Und als sei nicht alles ohnehin kompliziert genug, entwickelt sich aus dem anfänglichen Unbehagen weit mehr als nur eine tiefe Freundschaft. Doch das Ministerium hat seine ganz eigenen Pläne mit dem Zeitreisenden und plötzlich verschieben sich heute, morgen und gestern, und was die beiden zusammengeführt hat, droht sie nun mit aller Macht auseinanderzureißen.

»Liebe Leserinnen und Leser, Sie sind zu beneiden: In der Zukunft wartet dieser kluge, witzige Roman auf Sie!« Washington Post

Kaliane Bradley ist eine britisch-kambodschanische Autorin und Lektorin. Ihre Kurzgeschichten sind in verschiedenen Magazinen erschienen. Sie ist Gewinnerin des Harper's Bazaar Short Story Prize 2022 und des V. S. Pritchett Short Story Prize 2022. »Das Ministerium der Zeit« ist ihr erster Roman und erscheint in über 25 Ländern. Kaliane Bradley lebt in London.

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Kapitel zwei


Wir fuhren mit der U-Bahn zum Ministerium. Ich gab ihm Ohrstöpsel.

Die U-Bahnfahrt schreckte ihn nicht, selbst bevor er sich die Stöpsel in die Ohren steckte. Aber ich musste ihm einen Witz erklären, mit dem eine Matratzenfirma warb, und dazu musste ich ihm das Konzept Dating erklären – kein Thema, über das ich gern schreiend in der ratternden U-Bahn referierte. Als ich ihm das Grundwissen vermittelt hatte, das nötig war, um die Werbung zu verstehen, sagte mir sein Blick, dass er die Frage bereute.

Im Ministerium nahm ihn eine diskret bewaffnete Eskorte in Empfang, um ihn zu den anderen Expats zu bringen. Ich ging davon aus, dass ihnen eine Gruppentherapiesitzung bevorstand, aber Gore schien sich eher eine Art Salon vorzustellen, denn er war bestens gelaunt.

Ich machte mich auf die Suche nach Quentin, meinem Führungsoffizier. Die Führungsoffiziere wurden im Ministerium »Handler« genannt und hatten ihre Büros im Allerheiligsten. Dort waren die Wände aus Glas, und ich kam mir vor wie ein grauer Fisch in einem Aquarium.

Quentin behandelte mich mit einer ungeduldigen Vertrautheit, als wären wir beide klebrig und hinterließen Spuren aneinander. Er war früher Agent im operativen Dienst gewesen. Ich wusste nicht, ob sein Posten als Handler eine Beförderung oder eine Degradierung darstellte.

»Hi, Quentin.«

»Ah. Londons berühmter Toilettenzerstörer.«

»Ach, na ja.«

»Nein, ehrlich. Ich bin froh, dass nichts Ernstes passiert ist. Hat er sonst noch gewalttätige Neigungen gezeigt?«

»Er hat die Toilette nicht mit Gewalt zerlegt. Ich bin nicht mal aufgewacht. Er war einfach nur sehr gründlich.«

»Anzeichen von kognitiven Beeinträchtigungen?«

»Bei der Entlassung sagte man mir, er sei über das Schicksal seiner Expedition informiert worden. Aber er wusste nichts davon. Er dachte, sie hätten überlebt.«

»Ah. Das ist ein Problem. Man hat es ihm gesagt. Dreimal. Nach den ersten beiden Malen unternahm er seinen zweiten und dritten Fluchtversuch. Beide Male war er … desorientiert. Anscheinend hat er beim Transit etwas abbekommen. Als er nach dem dritten Mal nicht ausriss, dachten wir, er hätte es begriffen.«

»Gibt es so etwas bei den anderen Expats auch?«

»Neunzehn-Sechzehn fragt immer wieder, wann wir ihn zurück an die Front schicken. Er kann sich nicht merken, dass der Krieg seit über einhundert Jahren vorbei ist. War sonst noch etwas? Depressive oder manische Schübe?«

»Er ist der besonnenste Mann, der mir je begegnet ist.«

»Schön für Sie. Na gut, ich spreche es bei der Vizeministerin an. Achten Sie auf jede Veränderung in seinem Verhalten. Physische oder psychische Verschlechterungen müssen sofort gemeldet werden.«

»Was passiert, wenn sie anfangen, wahnsinnig zu werden?«

Quentin machte eine Grimasse. »Dann kommen sie wieder in die Klinik«, sagte er ausweichend. »Falls die Zeitreise Folgen hat, die ihre ernsthaft einschränken, sind sie in einer Umgebung besser aufgehoben, wo sie … gut versorgt werden.«

Die Aussage stand zwischen uns.

Ich sagte: »Haben Sie meine E-Mail wegen des Budgets bekommen? Und dass ich eine Reinigungshilfe brauche? Und ich meine nicht meine Festplatte. Ich brauche jemanden, der das Haus putzt.«

»Beteiligt er sich nicht?«

»Er findet es unpassend, dass Leute ›unserer Klasse‹ den Boden schrubben. Ich habe ihm versucht, zu erklären, dass ich noch nie eine Putzhilfe hatte und dass meine Mutter als Putzhilfe gearbeitet hat. Ohne Erfolg. Es hat einen halben Tag gedauert, bis er mir abnahm, dass ich studiert habe, und jetzt hält er mich für eine emeritierte Professorin. Wussten Sie, dass er zur See gefahren ist, seit er elf Jahre alt war?«

»Er scheint Sie ziemlich zu beeindrucken«, sagte mein Handler trocken.

»Wir haben vierzehn Tage rund um die Uhr miteinander verbracht. Schwer, sich davon nicht beeindrucken zu lassen.«

»Und Ihr Budget reicht nicht für eine Putzkraft?«

»Nicht, wenn er weiterhin so viel raucht.«

»Dann sollten Sie es ihm abgewöhnen.«

»Was? Und seine einschränken?«

Er lachte kühl. »Touché. Ich kümmere mich darum.«

*

Nach dem Gespräch mit Quentin ging ich zum Brücken-Meeting bei Vizeministerin Adela, die mir seit unserer ersten Begegnung nicht sympathischer geworden war. Sie war eine kleine, zähe, drahtige Frau und erinnerte mich an einen eleganten Alligator. Zu Beginn des Zeitreiseprojekts hatte ich erfahren, dass sie früher Agentin im operativen Dienst gewesen war – Spionin alter Schule – und 2006 in Beirut ein Auge verloren hatte. Die schicke schwarze Augenklappe lenkte beinahe von ihrem Gesicht ab, dessen seltsame Architektur wohl eher das Ergebnis rekonstruktiver und nicht kosmetischer Chirurgie war.

Die Brücken hatten alle viel zu erzählen. Zwar hatte keiner der anderen Expats während eines höflichen Nervenzusammenbruchs die Toiletten zerlegt, aber einer hatte versucht, über Radio 3 mit Gott zu sprechen, und ein anderer hatte Streit mit einem geparkten Auto angefangen.

»Komplexe PTBS«, begann Simellia, »ist …«

»… komplex«, fiel ihr Adela ins Wort. »Danke für den Beitrag. Nach so einer Erfahrung war mit einem Trauma zu rechnen. Ich erinnere Sie daran, dass wir an der Machbarkeit des Transports von Menschen durch die Zeit interessiert sind. Wir wollen wissen, ob der Prozess des Zeitreisens gravierende Auswirkungen auf den Expat oder seine Umgebung hat.«

»Können wir sie zurückschicken?«, fragte Ivan. »Ich frage im Namen meines Expats, nicht weil ich …«

»Nein.«

»Warum nicht? Ma’am«, setzte er schnell nach.

»Wir dürfen kein Zeitparadoxon riskieren«, sagte Adela. »In ihrer Zeit werden sie für tot gehalten. Solange sie hier sind, ändert sich daran nichts. Ich betone noch einmal, dass Sie sich auf die Langzeitprognose der Expats in unserer Zeit konzentrieren sollen. Ihr Auftrag könnte nicht klarer sein.«

»Was passiert, wenn sie überleben?«, fragte ich.

»Dann können Sie sich freuen, dass Sie einen Beitrag zu einem humanitären Projekt geleistet haben.«

»Und wenn sie sterben?«

»Dann haben Sie einen Beitrag zur Wissenschaft geleistet. Wie all die Atome, die erfolglos gespalten wurden et cetera.«

»Falls sie überleben, was machen wir dann mit dem Portal?«, fragte Simellia.

»Das Portal hat Sie nicht zu interessieren«, sagte Adela mit honigsüßer Härte. »Es hat niemanden zu interessieren, bis wir nachgewiesen haben, dass es überhaupt funktioniert. Sie werden sich einen Platz in den Geschichtsbüchern verdienen, Simellia, aber nur, wenn wir garantieren können, dass die Geschichte weitergeht.«

*

Ich ging mit Simellia zum Haupteingang zurück, die den Konferenzraum verlassen hatte wie eine Taucherin, die sich von einem Kraken befreite. Ihr Expat war Captain Arthur Reginald-Smyth, den man aus der Schlacht an der Somme geborgen hatte. Das Team, das ihn geholt hatte, berichtete, seine Evakuierung sei die schlimmste gewesen – mehr Gedärm als in der Schlacht von Naseby, mehr Gebrüll als unter der Guillotine. Als sich das Portal wieder schloss, klebte einer Agentin ein menschlicher Augapfel am Stiefel. Eine explodierende Granate hatte ihn durch das Portal geschleudert.

»Wie läuft es so?«, fragte ich Simellia.

Sie sah mich mit gerunzelter Stirn an. »Oh, es läuft. Wir können auf jeden Fall sagen, dass es .«

Ich beeilte mich, um mit ihr Schritt zu halten. Simellia war nur ein paar Jahre älter als ich, aber sie war schon viel länger beim Ministerium. Vor dem Projekt hatte sie eine Abteilung in der Verhaltensforschung geleitet. Ich bewunderte sie, was sich bei mir in künstliche Dreistigkeit übersetzte, weil ich das Gefühl hatte, sie konnte mit unterwürfigen Frauen nichts anfangen. Als wir nebeneinander hergingen, hörte ich, wie sich meine Fußsohle bei jedem Schritt schmatzend von der Innensohle meiner Lederschuhe löste.

»Ist Ihnen aufgefallen, dass sich Adelas Gesicht wieder verändert hat?«, fragte Simellia.

»Ja. Ich weiß nicht, was sie sich spritzen lässt, aber der Filler sieht aus, als wäre er lebendig. Ich könnte schwören, dass ihre Wangenknochen umhergewandert sind.«

»Sie ist eine interessante Frau«, sagte Simellia, was alles bedeuten konnte. Ich versuchte es mit einem anderen Thema.

»Wetten Sie mit, dass wir vom Innenministerium geschluckt werden?«

»Was ist das für eine Wette?«

»Wenn die Expats ein Jahr schaffen, ohne an einer Zeitreisekrankheit zu sterben, fällt das Ministerium für Expatriation unter das Innenministerium. Transhistorische Einwanderung bleibt Einwanderung. Ich habe fünfzig Pfund darauf gesetzt.«

Eine von Simellias Brauen zuckte.

»Ich glaube nicht, dass wir so viele von ihnen holen, dass wir die Manpower des Innenministeriums brauchen.«

»England ist dicht, oder?«

»Ja, die sogenannte ›Politik des feindlichen Umfelds‹.«

»Wenn es euch nicht passt, verpisst euch zurück ins Mittelalter.«

Simellia lächelte rätselhaft. »Da ist Ihr Knabe«, sagte sie.

Wir hatten die Eingangshalle erreicht. Gore stand in einem Sonnenfleck und sah hinauf zur Decke aus Glas und Stahl. Das Dach des Gebäudes gab den Blick auf den halben Himmel frei, und er staunte wie ein Kind.

»Schlangenhüftiger Ladykiller«, sagte Simellia trocken, und ich lachte. »Wir sehen uns beim...


Zeitz, Sophie
Sophie Zeitz, geboren in Frankfurt am Main, übersetzt seit vielen Jahren Literatur aus dem Englischen, darunter die Bücher von Kaliane Bradley, Taffy Brodesser-Akner, John Green und Douglas Stuart.

Bradley, Kaliane
Kaliane Bradley ist eine britisch-kambodschanische Autorin und Lektorin. Ihre Kurzgeschichten sind in verschiedenen Magazinen erschienen. Sie ist Gewinnerin des Harper's Bazaar Short Story Prize 2022 und des V. S. Pritchett Short Story Prize 2022. »Das Ministerium der Zeit« ist ihr erster Roman und erscheint in über 25 Ländern. Kaliane Bradley lebt in London.



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